10.11.30

(P: Hampstead), Montag (Karte an Gertrud Hartmann mit Grüßen an KAH): KAH in München (Elvirastraße 18/3 l)

Schon lange wollte ich Ihnen Grüße schicken, doch kam leider nie dazu. Es ist immer etwas anderes los. Ich bin jetzt schon 6 Wochen hier und gewöhne mich immer besser ein, wenn auch das heimweh [sic] manchmal wiederkommt. Die Schwestern sind hier ja furchtbar nett und auch sonst geht es uns gut. Natürlich mußte man sich an das nun ganz andere Leben gewöhnen. Ich hoffe es geht Ihnen gut. Erlaube mir Sie recht herzlich zu grüßen

Ihre Elisabeth Reußmann.

Herrn Karl Hartmann laße [sic] ich recht herzl. danken für den Brief, ich werde ihm bald schreiben. Grüßen Sie bitte Ihre Söhne vielmals von mir.

30.11.30

Hampstead, Donnerstag (Brief): KAH in München

Hampstead, den 30. November 1930.
Lieber Herr Hartmann!
Ich habe Ihnen für zwei außerordentlich liebe Briefe zu danken und Sie dürfen mir glauben, daß ich mich immer sehr freue, von Ihnen etwas zu hören. Besonders hat es mich gefreut, daß Sie an meinen Namenstag [19. Nov.] gedacht haben, der, wie immer diese Festtage nicht gerade der Schönste für mich war. Doch hoffe ich, daß ich ihn nächstes Jahr daheim doppelt lustig feiern kann. Seien Sie nicht böse, daß ich so spät schreibe, doch wir dürfen ja nur Samstag und Sonntag schreiben und da ist oft was anderes los. Mit großem Interesse habe ich Ihre Neuigkeiten gelesen besonders über Ihre Oper. Es tut mir sehr leid, daß Sie solche Schwierigkeiten bekommen, doch werden Sie es schon durchsetzen können und dann freut es hernach umso mehr, wenigstens ginge es mir so. Von mir kann ich Ihnen nicht viel Neues erzählen. Je mehr ich die Gebräuche dieses Landes kennen lerne, desto leichter tue ich mich, doch bleibt doch vieles sehr fremd. Im Convent gewöhne ich mich immer besser ein, doch das heimweh kommt immer wieder einmal zurück und Sie brauchen nicht Angst haben, daß ich nach Deutschland nicht mit Freuden zurück kehre. Wir sehen viele Museen, Galerien und die anderen Sehenswürdigkeiten an. Mit dem Theater hatte ich allerdings ziemlich Pech. Einmal gingen wir in Friederike, da war ich erkältet und konnte nicht mitgehen und einmal versäumte ich Galli-Curci, weil mich eine bekannte dann zum ausgehen abholte. Vorige Woche sahen wir ein Schauspiel von Ch. Dickens an. Die Spieler waren etwas steif, doch sonst war es schön. (Nebenbei, Wagennummer von Patzak 23454.) Auch sah ich schon 2 Nationalfeste der Engländer, wo es interessant war, Ihre Art, sich hier zu geben, zu beobachten. Jetzt habe ich aber wieder zu lange von mir erzählt. Ihr Herr Bruder ist recht treulos, er hat mir noch nicht eine Karte geschrieben. Sagen Sie bitte Ihrer Frau Mutter und Ihren Brüdern herzliche Grüße. Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen den besten Erfolg zu Ihrer Oper und Ihren Stücken und das Sie glücklich durchdringen.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich
Ihre Elisabeth Reußmann.

 

Friederike: Franz Lehar
Galli-Curci: Amelita Galli-Curci
Patzak: Julius Patzak
Gertrud Hartmann, Brüder von KAH
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Oper: Rasputin (Wachsfigurenkabinett)

29.12.30

Hampstead, Montag (Brief): KAH in München

Hampstead, den 29. Dezember 1930.
Lieber Herr Hartmann!
Diesmal haben Sie mir aber eine rasende Überraschung und Freude bereitet. Ich bin aber beinahe in Verlegenheit, daß ich für Sie gar nichts tat an Weihnachten, doch werde ich es bei meiner Rückkehr einholen. Jedenfalls nehmen Sie meinen allerherzlichsten Dank entgegen und seien [Sie] versichert, daß gerade dieses Buch mich unendlich freut. Hoffentlich verlebten Sie im Kreise Ihrer lieben Frau Mutter und Ihrer Brüder ein schönes Weihnachtsfest. Sie hatten ja die Freude vor sich, nun bald Ihre Oper aufgeführt zu wissen, was doch etwas wunderschönes ist. Mit großer Freude erfuhr ich, daß Sie es durchgesetzt haben. Von mir kann ich diesmal nur sagen, daß ich ein echt englisches Weihnachten verlebte und kennen lernte. Es war lange nicht so traurig, als ich fürchtete. Die Weihnachtsvorbereitungen in London gefielen mir ja gar nicht, es ist hier wie an Fasching. Alles war lustig und so ziemlich rein äußerlich, doch hier im Convent wurde das Fest sehr feierlich gefeiert. Am hl. Abend ist in England gar nichts los, das ist ein Tag wie jeder andere, erst am Weihnachtstag in der Früh wurden wir vor den brennenden Baum und die Geschenke geführt. Nebenbei gesagt, hatte ich einen ganzen Berg Pakete vor mir. Sonst ist es jetzt hier wirklich nett. Es sind Ferien bis zum 18. Januar. Wir sind hier 5 Mädels und es wird uns wirklich alles so schön als möglich gemacht. Allerdings, so wie daheim ist es ja nie, und manchmal bekomme ich noch immer furchtbar Sehnsucht nach Hause. Wir spielen z. Z. viel Tisch Tennis und Karten und dann hat man viel Gelegenheit zum lesen. Neulich war ich hier in London das erste Mal in einem Film. Es war ein Tonfilm und gut gespielt, wenn mir auch das Stück selbst nicht übermäßig gut gefiel. In der Winterzeit herrschen in England die starken Nebel, wo es selbst bei hellem Tag stockfinster ist und man in der Stadt nur die Lichtreklamen sehen kann, die hier in sehr großem Ausmaße sind. Ich bin aber froh, daß München noch davon verschont blieb. Das erste mal ist es interessant so einen Nebel zu sehen, doch später sehr unangenehm, weil sie d. Luft sogar im Zimmer vergiften. Der Schnee geht mir hier sehr ab und besonders das Ski laufen, es ist seit 13 Jahren der 1. Winter, daß ich diesen Sport nicht ausübe. Jetzt werden Sie aber schon ungeduldig über mein Geschreibsel werden. Für das neue Jahr wünsche ich Ihnen von Herzen alles Gute, besonders, daß Sie in allen Ihren Werken mit Glück durchdringen. Sagen sie bitte Ihrer Frau Mutter und Ihren Brüdern auch meine besten Glückwünsche und Grüße. Mit herzlichen Grüßen bin ich
Ihre Elisabeth Reußmann.

Gertrud Hartmann, Brüder von KAH
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Oper: Rasputin (Wachsfigurenkabinett)

29.12.30

(P: München) (E: 18), Montag (Karte mit Umschlag): E.R. in Hampstead 1931.

Liebes Fräulein Elisabeth,
zu diesem Jahr sei Ihnen viel Glück und Freude beschieden. Hoffentlich sehen wir uns froh und gesund im Jahre 1931 in München wieder. Prosit Neujahr – und bleiben Sie versichert, daß ich bin und bleibe
Ihr Karl A. Hartmann.

23.02.31

(P: München) (E: 18), Montag (Brief mit Umschlag): E.R. in Hampstead

München 23. Februar 31.
Liebes Fräulein Elisabeth.
Leider habe ich gestern erst von Ihrem werten Eltern erfahren, daß Sie, sehr verehrtes Fräulein am 18. Februar Ihren Geburtstag feiern konnten. Ich will nicht versäumen, Ihnen nachträglich alles Liebe und Gute zu Ihrem Wiegenfeste zu wünschen. Hoffentlich gehen alle Wünsche in Erfüllung und verbringen Sie die letzte Hälfte Ihres Aufenthaltes in England glücklich und froh.
Gerne würde ich Sie fragen, ob Sie meinen letzten Brief empfangen haben, da ich keine Antwort darüber erhalten habe. Ich könnte mir keinen Grund denken. Ich bin in Unruhe da längere Zeit verstrichen ist. Sollte Ihnen mein Briefwechsel lästig werden?
Teilen Sie bitte mir umgehend mit was los ist.
Alles Gute nochmals für das begonnene Lebensjahr. Herzliche Grüße
Ihr Karl Amadeus Hartmann

Alfred und Antoinette Reußmann