(P: Winterthur), Montag (Karte): E.H. in München (K: 31)

4.

Karte Winterthur 26. II. 40.

Liebe Elisabeth! Vielen Dank für Deine Karte. Ich sehr froh daß alles beim Alten ist. Grüße bitte Dein[e] lieben Eltern. Was macht mein Bub. Grüße und küsse ihn herzlichst von mir. Mein Konzert klingt sehr gut, bin selbst überrascht. Die Aufführung wird mittelmäßig gut. Lebe wohl ich bin immer Dein Kl. Ich bringe keinen Biss von Schlagsahne oder Süssigkeiten hinunter ohne an Dich bzw. an Euch zu denken.

(P: Bern), Samstag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Meine Liebe!
Vielen Dank für Deine Karten. Ich habe mich sehr gefreut von Dir und Euch zu hören. Mir geht es wieder besser bis auf den Husten und die Heiserkeit. Bitte! laße die Weisheit von Herrn Wenk bei Dir – diese Sachen interes[s]ieren mich durchaus nicht. Die Aufführung von Klug war bedeutend schlechter wie die von Marsik. Hast [Du] noch eine Vorstellung? Jetzt bin ich in Bern. Erwarte um 3 h im Theater Herrn Rothenbühler! Lebe wohl! Grüße bitte die Deinen! Ich grüße und umarme Dich und bleibe Dein treuer Karl.

10.11.30

Elisabeth Reußmann von September 1930 bis Mitte Juli 1931 in England; (P: Hampstead), Montag (Karte an Gertrud Hartmann mit Grüßen an KAH): KAH in München (Elvirastraße 18/3 l)

Schon lange wollte ich Ihnen Grüße schicken, doch kam leider nie dazu. Es ist immer etwas anderes los. Ich bin jetzt schon 6 Wochen hier und gewöhne mich immer besser ein, wenn auch das Heimweh [sic] manchmal wiederkommt. Die Schwestern sind hier ja furchtbar nett und auch sonst geht es uns gut. Natürlich musste man sich an das nun ganz andere Leben gewöhnen. Ich hoffe es geht Ihnen gut. Erlaube mir Sie recht herzlich zu grüßen
Ihre Elisabeth Reußmann.
Herrn Karl Hartmann lasse [sic] ich recht herzl. danken für den Brief, ich werde ihm bald schreiben. Grüßen Sie bitte Ihre Söhne vielmals von mir.

30.11.30

Hampstead, Donnerstag (Brief): KAH in München

Hampstead, den 30. November 1930.
Lieber Herr Hartmann!
Ich habe Ihnen für zwei außerordentlich liebe Briefe zu danken und Sie dürfen mir glauben, dass ich mich immer sehr freue, von Ihnen etwas zu hören. Besonders hat es mich gefreut, dass Sie an meinen Namenstag [19. Nov.] gedacht haben, der, wie immer diese Festtage nicht gerade der Schönste für mich war. Doch hoffe ich, dass ich ihn nächstes Jahr daheim doppelt lustig feiern kann. Seien Sie nicht böse, dass ich so spät schreibe, doch wir dürfen ja nur Samstag und Sonntag schreiben und da ist oft was anderes los. Mit großem Interesse habe ich Ihre Neuigkeiten gelesen besonders über Ihre Oper. Es tut mir sehr leid, dass Sie solche Schwierigkeiten bekommen, doch werden Sie es schon durchsetzen können und dann freut es hernach umso mehr, wenigstens ginge es mir so. Von mir kann ich Ihnen nicht viel Neues erzählen. Je mehr ich die Gebräuche dieses Landes kennen lerne, desto leichter tue ich mich, doch bleibt doch vieles sehr fremd. Im Convent gewöhne ich mich immer besser ein, doch das Heimweh kommt immer wieder einmal zurück und Sie brauchen nicht Angst haben, dass ich nach Deutschland nicht mit Freuden zurückkehre. Wir sehen viele Museen, Galerien und die anderen Sehenswürdigkeiten an. Mit dem Theater hatte ich allerdings ziemlich Pech. Einmal gingen wir in Friederike, da war ich erkältet und konnte nicht mitgehen und einmal versäumte ich Galli-Curci, weil mich eine bekannte dann zum ausgehen abholte. Vorige Woche sahen wir ein Schauspiel von Ch. Dickens an. Die Spieler waren etwas steif, doch sonst war es schön. (Nebenbei, Wagennummer von Patzak 23454.) Auch sah ich schon 2 Nationalfeste der Engländer, wo es interessant war, Ihre Art, sich hier zu geben, zu beobachten. Jetzt habe ich aber wieder zu lange von mir erzählt. Ihr Herr Bruder ist recht treulos, er hat mir noch nicht eine Karte geschrieben. Sagen Sie bitte Ihrer Frau Mutter und Ihren Brüdern herzliche Grüße. Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen den besten Erfolg zu Ihrer Oper und Ihren Stücken und das Sie glücklich durchdringen.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich
Ihre Elisabeth Reußmann.

29.12.30

Hampstead, Montag (Brief): KAH in München

Hampstead, den 29. Dezember 1930.
Lieber Herr Hartmann!
Diesmal haben Sie mir aber eine rasende Überraschung und Freude bereitet. Ich bin aber beinahe in Verlegenheit, daß ich für Sie gar nichts tat an Weihnachten, doch werde ich es bei meiner Rückkehr einholen. Jedenfalls nehmen Sie meinen allerherzlichsten Dank entgegen und seien [Sie] versichert, daß gerade dieses Buch mich unendlich freut. Hoffentlich verlebten Sie im Kreise Ihrer lieben Frau Mutter und Ihrer Brüder ein schönes Weihnachtsfest. Sie hatten ja die Freude vor sich, nun bald Ihre Oper aufgeführt zu wissen, was doch etwas wunderschönes ist. Mit großer Freude erfuhr ich, daß Sie es durchgesetzt haben. Von mir kann ich diesmal nur sagen, daß ich ein echt englisches Weihnachten verlebte und kennen lernte. Es war lange nicht so traurig, als ich fürchtete. Die Weihnachtsvorbereitungen in London gefielen mir ja gar nicht, es ist hier wie an Fasching. Alles war lustig und so ziemlich rein äußerlich, doch hier im Convent wurde das Fest sehr feierlich gefeiert. Am hl. Abend ist in England gar nichts los, das ist ein Tag wie jeder andere, erst am Weihnachtstag in der Früh wurden wir vor den brennenden Baum und die Geschenke geführt. Nebenbei gesagt, hatte ich einen ganzen Berg Pakete vor mir. Sonst ist es jetzt hier wirklich nett. Es sind Ferien bis zum 18. Januar. Wir sind hier 5 Mädels und es wird uns wirklich alles so schön als möglich gemacht. Allerdings, so wie daheim ist es ja nie, und manchmal bekomme ich noch immer furchtbar Sehnsucht nach Hause. Wir spielen z. Z. viel Tisch Tennis und Karten und dann hat man viel Gelegenheit zum lesen. Neulich war ich hier in London das erste Mal in einem Film. Es war ein Tonfilm und gut gespielt, wenn mir auch das Stück selbst nicht übermäßig gut gefiel. In der Winterzeit herrschen in England die starken Nebel, wo es selbst bei hellem Tag stockfinster ist und man in der Stadt nur die Lichtreklamen sehen kann, die hier in sehr großem Ausmaße sind. Ich bin aber froh, daß München noch davon verschont blieb. Das erste mal ist es interessant so einen Nebel zu sehen, doch später sehr unangenehm, weil sie d. Luft sogar im Zimmer vergiften. Der Schnee geht mir hier sehr ab und besonders das Ski laufen, es ist seit 13 Jahren der 1. Winter, daß ich diesen Sport nicht ausübe. Jetzt werden Sie aber schon ungeduldig über mein Geschreibsel werden. Für das neue Jahr wünsche ich Ihnen von Herzen alles Gute, besonders, daß Sie in allen Ihren Werken mit Glück durchdringen. Sagen sie bitte Ihrer Frau Mutter und Ihren Brüdern auch meine besten Glückwünsche und Grüße. Mit herzlichen Grüßen bin ich
Ihre Elisabeth Reußmann.

29.12.30

(P: München) (E: 18), Montag (Karte mit Umschlag): E.R. in Hampstead 1931

Liebes Fräulein Elisabeth,
zu diesem Jahr sei Ihnen viel Glück und Freude beschieden. Hoffentlich sehen wir uns froh und gesund im Jahre 1931 in München wieder. Prosit Neujahr – und bleiben Sie versichert, daß ich bin und bleibe
Ihr Karl A. Hartmann.

01.01.31

München (Brief); an E.R. nach ihrem Englandaufenthalt: privat

Anrede mit „Sie“
„Dank, tausend Dank für Ihren lieben Brief.“

23.02.31

(P: München) (E: 18), Montag (Brief mit Umschlag): E.R. in Hampstead

München 23. Februar 31.
Liebes Fräulein Elisabeth.
Leider habe ich gestern erst von Ihrem werten Eltern erfahren, daß Sie, sehr verehrtes Fräulein am 18. Februar Ihren Geburtstag feiern konnten. Ich will nicht versäumen, Ihnen nachträglich alles Liebe und Gute zu Ihrem Wiegenfeste zu wünschen. Hoffentlich gehen alle Wünsche in Erfüllung und verbringen Sie die letzte Hälfte Ihres Aufenthaltes in England glücklich und froh.
Gerne würde ich Sie fragen, ob Sie meinen letzten Brief empfangen haben, da ich keine Antwort darüber erhalten habe. Ich könnte mir keinen Grund denken. Ich bin in Unruhe da längere Zeit verstrichen ist. Sollte Ihnen mein Briefwechsel lästig werden?
Teilen Sie bitte mir umgehend mit was los ist.
Alles Gute nochmals für das begonnene Lebensjahr. Herzliche Grüße
Ihr Karl Amadeus Hartmann

1931

München (Brief): E.R. in Hampstead

Mein liebes Fräulein Elisabeth
Dank, tausend Dank für Ihren lieben Brief. Meine Arbeit hielt mich davon ab, Ihnen näheres über mein Ich zu schreiben. Aber ganz bestimmt, in den nächsten Tagen, werde ich Ihnen, geliebtes Fräulein Elisabeth Stunden dazu widmen. Ich habe so viel zu schreiben, ich komme mir vor wie eine Komponier-Maschine, dann noch die vielen Proben. Wie war es in Mittelengland? Hatten Sie schönes Wetter.
Ich grüße Sie tausendmal. Ein herzliches Lebewohl
von Ihrem sehr ergebenen Karl A. Hartmann

06.04.31

Ben Rhydding, Montag (Brief): KAH in München

Ben Rhydding, den 6. April 1931.
Lieber Herr Hartmann!
Endlich habe ich wieder einmal Freiheit im Schreiben, das ist auch der Grund, warum ich meine Osterwünsche so weit hinausschob. Sie sind aber deshalb trotzdem so herzlich gemeint, als ich sie nur wünschen kann. Sagen Sie bitte auch Ihrer Frau Mutter und Brüdern meine frohsten Wünsche, doch sende ich Ihnen ganz besonders innige Ostern nach Deutschland hinüber. Für Ihren lieben Brief herzlichen Dank. Es freut mich, daß Sie mit Ihrer Kunst so viel zu tun haben, Arbeit hilft über schwere Stunden und trübe Gedanken am besten weg. Besonders neues schöpfen in Musik! Wie Sie ja schon hörten bin ich während der Osterferien in Mittelengland bei einer reizenden Familie. Ich fühle mich hier restlos glücklich und freue mich besonders über die neugewonnene Freiheit. Seit langer Zeit, seit fast 7 Monaten kann ich wieder einmal tun was ich will. Das soll aber nicht heißen, daß ich nicht gern im Convent bin, ich sehe vollkommen ein, daß in einem Institut, wo so viele Mädels sind, eine bestimmte Tagesordnung eingehalten werden muß. Uns Ausländerinnen ist sowieso viel mehr Freiheit gegeben und ich tue oft etwas ohne zu fragen, was sich kein englisches Mädel erlauben dürfte. Aber doch fühle ich manchmal den Zwang. Ich hätte vor Freude hüpfen können, als ich allein im Zuge hierher war. Hier ist es herrlich. Ich bin auf dem Land, auf London hin ein unschätzbares Vergnügen. Es ist hier herrliche Luft, und Hügelland. Wunderbare Gelegenheit zu Spaziergängen und es macht mir größtes Vergnügen zwischen den Felsblöcken herumzusteigen oder auf den Waldwegen zu gehen. Eben höre ich durch das Radio, Martha an, aus Heidelberg. Das Radio hier ist für mich hier eine andere Freude, ich höre viel Deutschland, heute hörte ich sogar schon München, die Meistersinger. Es ist eine Erholung deutsche Musik zu hören, englische ist nämlich miserabel schlecht. Sogar die große Oper ist nichts wert. Wenn Sie das hörten, würden Sie wohl über die deutsche Musik nicht so scharf kritisieren. Ich habe eine Bitte. Bitte schreiben Sie nicht, „München schläft weiter“ ich weiß wie es gemeint ist, doch die Engländer haben große Achtung vor deutscher Musik und ich möchte nicht, daß uns das auch noch genommen wird. Sie sind doch nicht bös, wenn ich Sie darum bitte? Ich mußte mich hier an recht viel gewöhnen und muß oft und oft etwas gegen Deutschland hören und lesen. Das tut manchmal weh. Je länger ich hier bin, desto lieber mag ich mein Vaterland und desto weniger mag ich die Engländer. Der Deutsche ist in jeglicher Hinsicht edler und feiner und auch jetzt noch ein gesünderes Volk. Erst im Ausland kann man seine guten Seiten richtig erkennen und man fühlt da erst wie sehr man an seinem Vaterland hängt. Das Schlimmste ist, daß man sich in englischer Sprache nicht verteidigen kann und immer ruhig sein muß. Doch jetzt genug von dem. Es sind nur noch 4½ Monate bis zu meiner Heimreise und hoffe und freue mich aufrichtig auf ein fröhliches Wiedersehen. Bitte machen Sie ja keine Bemerkung über alles was ich schrieb, es ist zu ekelhaft, daß uns alles gelesen wird. Doch konnte ich wenigstens einmal ehrlich schreiben was ich meinte. Meine Prüfung rückt immer näher heran, nächstes term muß ich richtig ochsen, halten Sie mir bitte den Daumen, daß ich nicht durchfliege. Die Schwestern sind hier alle eine netter wie die andere und tun alles um den Ausländerinnen ein Heim zu ersetzen. Das Wetter ist z. z. verhältnismäßig kalt und bei meiner Reise hierher regnete es stark so, daß die englische Landschaft ziemlich düster aussah. Jetzt muß ich schließen. Eben höre ich eine schöne Sonate von Schubert. O, Musik! Recht herzlich grüßt Sie, Ihre auf baldige Antwort wartende Elisabeth Reußmann
Bitte, schicken Sie Ihren Brief nach London.

undatiert, vor Pfingsten: 24./25. Mai 1931

München (Brief): KAH an A. H.

Mein lieber Adolf.
Zu Pfingsten alles Gute. Hier regnet es unaufhörlich; immer fort. So ist man leider an die Wohnung gebunden. Was gibt es neues? Ich möchte gern reduzieren daß Dr. Will nicht sehr gute Sachen aber sehr nette Arbeiten macht. Es geht viel raus nach Baierbrunn und Leutstetten zum malen.
Bei Mille war ich auch, sie war sehr nett und gut. Schicke bitte die Briefe an Mille an mich so kann ich dann immer mal vorbeigehen bei Rinder. Schreibe bald an Mille es sind immer – – M. Furtwängler mit seinen Preussen war hier. Gehst Du in die Festspiele –? in was? Die Kritiken würden mich interes[s]ieren. Im Glaspalast ist noch nicht’s los. Hoffentlich kommen alle herein. Bei mir ist noch nichts mit dem Konzert, da Dorfmüller einen Hindemith-abend macht. Immer – und immer Hindemith. Es ist wahnsinn – kein Schönberg – kein Strawinsky – kein Hartmann – Ist Weiler noch in Berlin? Es wäre mir Un[an]genehm wenn er die Jazz-Toccata-Fuge spielen würde. Wann kommt er nach München? Viele Grüße an Karl Weiler. Warum schreibt mir Lenz nicht über die Bedingungen des Mendels[s]ohn-Preises?
Nun lebe Wohl verbringe frohe Pfingsten und grüße alle Pitsche’s und sei gegrüßt von Deinem Karl A Hartmann
Grüße an Seläfne [?] Maxe.
Meine 2. Oper „Rasputin“ ist fertig. See ist begeistert. Kommt die[sen] Herbst, September nach München wegen Dekorationen. Grß Kal.

05.06.31

(P: München) (E: 18), Freitag (Umschlag): E.R. Hampstead

Brief nicht erhalten

06.06.31

(P: Bamberg-Maroldshausen) Junkersdorf (Karte): E.R. in Hampstead

Liebes Fräulein Elisabeth.
Von meiner Sommerfrische will ich Ihnen herzliche Grüße senden. Sie werden wohl mitten im Examen stehen. Hoffentlich haben Sie guten Erfolg – natürlich! Ich freue mich Sie bald in München begrüßen zu dürfen und bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute. Leben Sie wohl auf frohes Wiedersehn
Ihr Karl Amadeus Hartmann
Auch ich erlaube mir, Sie liebes Fräulein Elisabeth herzlichst zu grüßen
Ihre Gertrud Hartmann
Herzliche Grüße Fritz H.

um den 20. 0ktober 1931

Garmisch (Brief): KAH in München?

Mein heißgeliebter Karl!
Jetzt sitze ich abends auf meinem Zimmer und – denke an Dich, wie es ja immer tue. Je weiter Du von mir entfernt bist, desto stärker fühle ich, wie sehr wir miteinander verbunden sind und meine Sehnsucht zu Dir geht dann ins unermeßliche. Dürften wir doch endlich einmal beisammen sein, alles zusammen ausführen und beraten. Doch die Hoffnung auf die Zukunft ist auch schon schön. Wie werden wir glücklich sein. Wie muß ich dankbar sein Dich, einen Mann von solchem Verständnis und von solcher Größe gefunden zu haben. Du machst mich so stark, den Kampf, den ich gegen die Menschen, die uns unser Glück nicht gönnen wollen zu führen haben, aushalten kann. Was wäre ich ohne Dich. Für heute sage ich Dir gute Nacht und küsse Dich innigst. Mit dem Gedanken an Dich schlafe ich ein u. wache damit täglich auf.
Guten Morgen!
Mein lieber Karl, ich weiß nicht ob ich Dir raten soll hierher zu kommen. Einesteils wäre es ja herrlich, andernteils weiß ich nicht, ob Papa nicht sagen würde, es ist hinausgeworfenes Geld wegen einem Tag hierher zu fahren und ob er nicht etwas Angst vor Mama hätte. Ich überlasse es jetzt ganz Dir, wie Du es am besten hältst. Es ist wirklich gemein daß wir immer noch auf andere Leute Rücksicht zu nehmen haben, doch da muß jetzt bald Schluß werden. Gestern, gleich als wir ankamen, gingen wir noch durch die Partnachklamm. Heute scheinen wir schönes Wetter zu bekommen. Adolf soll nur Mama anrufen u. schreibe mir dann bitte, was damit herauskam. Wir kommen Freitag Nachmittag heim und wenn Du auch kommst, erwarte ich Dich dort am Zug. Ich schreibe das noch näher. Für heute sage ich Dir adieu, und bin mit tausend Küssen Deine Dich innig liebende Elisabeth.

21.10.31

Garmisch, Mittwoch (Brief): KAH in München?

d. 21. Okt. 31.
Mein liebster, bester Karl!
O wärst du nur hier, es ist hier so schön. Und immer wenn ich schönes erlebe, möchte ich es mit Dir zusammen haben, dann ist es erst das vollkommene. Doch vielleicht kommst Du noch!? Was machen Deine Arbeiten? Überanstrenge Dich nur nicht zu sehr, denn, wenn jetzt Deine Konzerte angehen, wirst Du so viel Aufregungen und Arbeit haben, daß Du nicht schon im voraus halb kaputt sein darfst. Und außerdem brauche ich Dich auch noch für später. Ohne Dich hätte mein Leben ja gar keinen Zweck, wie es vorher auch keinen hatte. Du weißt, wie ich damals immer gedacht habe. Für deine Karte herzl. Dank, mit Sehnsucht erwarte ich immer Deine Post. Gestern waren wir am Eibsee und mußten 6 Stunden tüchtig marschieren. Heute in aller früh regnete es stark, doch jetzt hellt es sich schon wieder auf. Die Ruhe tut hier außerordentlich wohl, endlich einmal kein Gezank mitanhören [zu] müssen. Auch Papa schlägt es gut an. Wir kommen auf jeden Fall am Freitag heim, ich weiß aber noch nicht mit welchem Zug. Jedenfalls so, daß Mama nicht an die Bahn kommen kann. Ich schreibe dir das noch genauer. Mein lieber Karl, bitte sei vorsichtig, Du weißt nicht, welche Angst ich immer um Dich ausstehe. Auch traue bitte keinem Menschen zu sehr, Du kannst ja doch nicht in sie hineinschauen. Vergiß mich nicht und auf ein frohes Wiedersehen freut sich
Deine treue Elisabeth.
Bitte grüße auch Mutter u. Brüder recht herzlich von mir. Was ist mit Adolf u. Mama los?

nach dem 21. Oktober 1931

Garmisch (Brief): KAH in München?

Mein Karl!
Soeben Deinen lieben Brief erhalten, vielen Dank dafür. Karl, niemand weiß so sehr – und hat es auch schon gefühlt – wie ich, wie sehr gegen uns gekämpft wird. Doch Mut!! Kein Mensch kann uns etwas anhaben. Was wollen sie denn machen! Sei versichert, ich halte zu Dir, koste es was es wolle, und wenn die gemeinsten Schikanen gebraucht werden. Mögen sie uns auch jetzt alles erschweren, das Endziel wird doch sein – unsre Ehe. Mein Karl, ich habe gar keine Angst. Unsere Liebe ist zu groß, als daß jemand uns auseinanderbrächte. Rege Dich nur nicht auf, das behindert Deine Arbeit. Papa ist uns fest, der springt nicht ab, das sehe ich immer deutlicher. Wir kommen Freitag 64 h (184) nachmittags in M. an. Freue mich schon auf unser Wiedersehen. Stelle Dich vielleicht so auf, daß Du Mama sehen würdest, im Falle sie auf die Bahn käme, was ich ja nie glaube, weil Dr. kommt und ich schreibe ihr nicht genau unsere Ankunft. Wenn wir uns wirklich nicht sehen würden, rufe bitte noch abends an. Papa drängt sehr zum fortgehen, deshalb muß ich so schnell schreiben.
Also, mein Karl, fürchte nichts ich bleib Dir treu und sei innigst geküßt u. umarmt von Deiner Dich heißliebenden Braut Elisabeth.
Herzl. Gruß Vater R.

01.01.32

(Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„O Gott!!“
KAH auf der Rückfahrt von Arnshausen.
Grüße an die Tante und den „Herrn Pfarrer“ (meinen väterlichen Freund)
→Bamberg, um Briefpapier zu besorgen.

01.01.32

(Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Ich sitze eben in der Bahn nach Junkersdorf“.
Grüße an die Tante und den „Herrn Pfarrer“ („unsern väterlichen Freund“)

1932!!!

Anfang Juli 1934c(Brief): privat

→Fahrt nach Bad Kissingen am Donnerstag, den 7. Juli
H. Scherchen, 2. Arbeitstagung in Paris: 1. Juni bis 1. August 1934

01.01.32

München (Brief) E.R. wo?: privat

„Oh Dank für Deinen lieben Brief.“
Versand von 700 Programmen. Beendigung von „Concerto für 2 Violinen Fagott und Schlagzeug“ am morgigen Tag; dann Reinschrift. Plan für eine „kleine Konzertmusik“ für Kammerorchester (Konzert für Streichquartett).

20. ?? 1932

München (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Ich danke Dir für Deinen Brief.“

06.06.32

(P: München), Montag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Bitte komme morgen nachmittag nicht, weil Dr. Schw. nicht zu uns kommt. Wenn es dir möglich ist, komme bitte vormittags ¼ nach 11 h an den Treffpunkt, sonst Mittwoch abends ¾ 6 h. Aber nur wenn Du es leicht ermöglichen kannst.
Herzlich grüßt Dich Deine Elisabeth

14.06.32

(P: Luzern), Dienstag (Karte): KAH nicht München, sondern in Donauwörth (bei W. Kiechle [Maler])

Sind gestern ½ 5 h von München weggefahren, sahen uns Memmingen und Zürich etwas an und kamen 8 h abends nach Zug, wo wir übernachteten. An der Grenze hatten wir gar keine Schwierigkeiten. Heute Früh fuhren wir nach Luzern weiter, wo ich schnell die Karte schreiben kann. Die Gegend ist hier sehr, sehr schön, aber sehr heiß. Fahren heute noch nach Interlaken u. Vevey weiter.
Tausend herzliche Grüße Deine Elisabeth.
Haben soeben noch eine schöne Motorbootfahrt auf dem Vierwaldstätter See gemacht.

15.06.32

(P: Interlaken), Mittwoch (Karte): KAH in Donauwörth (Kiechle)

Recht herzl. Gruß Elisabeth

15.06.32

(P: Vevey), Mittwoch (Karte): KAH in Donauwörth (Kiechle)

Lieber Karl!
Endlich ist der 3. Tag überstanden, fuhren heute von Interlaken nach Vevey. Landschaftlich sehr schön aber sonst – Man merkt schon, daß die Schweizer noch viel mehr Geld haben. Morgen geht es über Genf, Lausanne nach Chamonix. Voraussichtlich fahren wir nicht nach Nizza. Die herzlichsten Grüße auch an Deine Mutter von Deiner Elisabeth

18.06.32

(P: Chamonix), Samstag (Karte): KAH in Junkersdorf

Lieber Karl.
Wir sahen uns nun schon Genf u. Lausanne an, beides sehr schön. Heute bleiben wir einen Tag in Chamonix. Der Mont Blanc ist frei ohne Wolken. Wir kletterten auf einen Gletscher mit einem Führer herum, aber ohne jegliche Gefahr. Ich freue mich aber schon, wenn ich wieder zurückfahre, die Reise hat doch viel Unannehmlichkeiten!! Erhole dich recht, recht gut. Alles Liebe von Deiner Elisabeth.

20.06.32

(P: Grenoble), Montag (Karte): KAH in Junkersdorf

Herzliche Grüße Deine Elisabeth

22.06.32

(P: Avignon), Mittwoch (Karte): KAH in Junkersdorf

Viele, herzliche Grüße Elisabeth

24.06.32

(P: Marseille), Freitag (Karte): KAH in Junkersdorf

Lieber Karl!
Leider verspätete ich mich diesmal mit dem Schreiben, aber ohne Schuld. Wir waren jetzt in Monte Carlo, Nizza, Cannes und sind heute in Marseilles, wo wir noch nach Nimes, Arles u. Carcassonne weiterfahren wollen. Ich freue mich so sehr auf Kissingen. Manchmal ist es entsetzlich heiß; heute regnet es. Unser Auto gleicht mehr einem Kraftwagen als einem Personenwagen. Ich würde mich sehr freuen von Dir eine Nachricht dort zu finden, wenn ich am 30. Juni ankomme. Tausend herzl. Grüße Deine Elis.

24.06.32

(P unleserlich) wohl Carcassonne, Freitag (Karte): KAH in Junkersdorf

Herzliche Grüße Elisabeth
Antoinette Reußmann

26.06.32

(P: Tours, Indre et Loire), Sonntag (Karte): KAH in Junkersdorf

Lieber Karl!
Jetzt geht die zeit schon immer mehr dem Ende zu am 5. Tag fahre ich schon fort.
Heute Abend kommen wir nach Paris. Ich habe schon eine schöne Reise hinter mir. Bitte schreibe mir auch gleich, ob Du am Montag [4. Juli] kommst u. mit welchem Zug u. ob ich ein Zimmer bestellen kann, das muß ich nämlich sofort wissen. Ich schreibe schon noch ein paarmal. Die herzlichsten Grüße von Deiner Elisabeth.

30.06.32

Frankreich, Donnerstag (Brief; Datierung „30. Juni 1931“ ist falsch): KAH in Junkersdorf

d. 30. 6. 31.
Mein lieber, lieber Karl!
Endlich kann ich dir ungestört schreiben, ich sitze gerade im Zug nach Würzburg, bin aber noch in Frankreich. Herr Seidl fuhr bis hierher mit mir, soeben werden wir auseinanderrangiert. Ich brenne geradezu vor Freude auf unser baldiges Wiedersehen u. von Dir heute noch etwas zu erfahren, (denn ich hoffe bestimmt in Arnshausen etwas von Dir zu erfahren). Hoffentlich bist Du wohl auf u. hast Deine Nerven einigermaßen erholt. Das ist dringend nötig für Dich. Über die Reise viel zu schreiben ist unnötig, weil mündlich erzählen viel leichter geht ich kann nur das eine sagen, daß mich die Sehnsucht nach Dir halb umgebracht hat, während der ganzen Zeit. Auch war es sehr anstrengend. Jeden Tag an einem anderen Ort, die Städte ansehen und noch dazu fast täglich 300 km fahren. Immerhin waren Land und Leute sehr interessant und ich bin einesteils froh, daß ich alles das gesehen habe. Nur Du hättest dabei sein sollen!! Für Paris hatte ich allerdings etwas wenig Zeit, nur 3 Tage, so konnte ich nur das allerwichtigste sehen. Gestern waren wir noch in einem Varieté. Moralisch sehr tief stehend, aber einmal ganz interessant. Natürlich bin heute furchtbar müde, weil wir erst um 2 h heimkommen u. um 6 h ging der Zug schon wieder. Aber ich wollte es mir nicht entgehen in Paris wenigstens etwas angesehen zu haben. Ärger hat es natürlich auch genügend gegeben. Du mußt meine herrliche Schrift entschuldigen, der Zug wackelt nämlich entsetzlich. Wenn Du nicht abgeschrieben hast, bestelle ich für Montag ein Zimmer. Politisch ist es wie mir Papa schrieb z. Z. unruhig. Verhalte Dich nur schön ruhig u. brav, Du mußt noch diplomatischer werden u. sage keinem Menschen mehr, wie sehr Du gegen die Nazis bist. Passe auch ja gut auf, daß nichts passiert, wenn Du zu mir fährst. Morgen schreibe ich Dir schon wieder. Auf Wiedersehen, in steter Treue u. Liebe bin u. bleibe ich immer
Deine Elisabeth.
Grüße auch bitte Deine Mutter u. Brüder.

Ende Juni – Anfang Juli 1932

Junkersdorf (Brief): E.R. in Arnshausen

Meine liebe Elisabeth.
Hoffentlich bist Du gesund und froh in Arnshausen angekommen. Kann mir leicht vorstellen, daß du sehr müde warst. Ruhe Dich aus. Bleibe mir nur gesund. Ja – Du weißt, daß ich mich ängstige um Deine Gesundheit, daß mein Leben abhängig ist davon. Ich brauche Dich zum arbeiten, durch Dich bekomme ich Mut. Dein Mütterliches Sorgen – Dein frauliches Tun um mich beruhigt mich; um all dies muß ich Dir danken.
Hast Du meinen Brief bekommen; derselbe ist doch nicht in fremde Hände gegangen oder gar geblieben. Ich habe immer so Angst um Dich. Mit meinem Brief werde ich doch nichts unklares geschrieben haben, ich werde Dir doch nicht weh getan haben, ich werde doch nichts schmerzliches Dir geschrieben haben. Meine Elisabeth, nein – jedes Wort ist mit Liebe, mit viel Liebe geschrieben. Mein Alles will ich Dir geben. O Gott – Elisabeth bangen Herzens erwarte ich das Wiedersehn. Wir müssen uns sehen. Sollte mein Kommen Deiner Tante unangenehm sein, so komme ich, wohne in Kissingen, und bleibe zwei Tage dort, so können wir uns heimlich dort treffen. Ich muß Dich sehen – ich muß Dich treffen – ich muß dich sprechen – und küssen – Elisabeth! Mein Freund bleibt bis Sonntag abends (3. Juli). Schreibe mir wann ich kommen soll?
Die Tage waren sehr ruhig für mich, bin sehr froh, daß ich mal von Nichts höre. Nichts.
Mit Ruhe arbeite ich jetzt etwas, doch nicht viel. Jetzt habe ich nur eine Freude, unser Wiedersehn.
Meine Umarbeitung (meiner „Witwe“ habe ich begonnen. Textlich bringe ich Änderungen, musikalisch werde ich vieles noch aggressiver bringen (hauptsächlich in der Instrumentation). Sobald ich fertig bin (lange arbeite ich nicht mehr damit), werde ich Dir alles zeigen, damit Dich nicht’s beunruhigt, damit Du Dich nicht im geringsten ängstigen braucht [sic].
Werde Dir bald wieder schreiben. Ich bin glücklich, daß ich weiß, wo Du bist, wohin ich dir Grüße senden darf. Elisabeth! nimm meinen Dank für all Deine Liebe entgegen, ich umarme Dich, überschütte Dich mit Küssen und bleibe wie ich war
Dein Karl A. Hartmann
Den letzten Brief habe ich nicht eher weggeschickt (aus Berechnung) damit er gleich in Deine Hände kommt und nicht in fremde – man weiß nie?
Dein Karl.

Anfang Juli 1932

München (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Wie freute ich mich von dir heute einen lieben Brief bekommen zu haben.“
„Meiner Mutter geht es besser.“
Zum Datum:→Fahrt nach Bad Kissingen am Donnerstag, den 7. Juli

Anfang Juli 1932

München (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Hoffentlich bist Du gesund und froh in Arnshausen angekommen.“
Zum Datum: Freund bleibt bis Sonntag, 3. Juli.
KAH plant, zwei Tage nach Kissingen zu kommen, um E.R. dort heimlich zu treffen (falls es der Tante in Arnshausen unangenehm sein sollte).
Umarbeitung der „Witwe“ von Ephesus begonnen, textliche Änderungen, musikalisch aggressiver.

Anfang Juli 1932

Junkersdorf (Brief): E.R. in Arnshausen

Meine Elisabeth! Mein Lieb!
Wie freute ich mich von dir heute einen lieben Brief bekommen zu haben. Vielen Dank! Elisabeth! Du schreibst von Befürchtungen Deinerseits, daß Du mir nicht so viel geben könntest. Ja – auf eine überaus geistreiche Frau, oder besser gesagt ein[e] Frau mit nur Geist und alles andere wird verneint – auf ein solches seperates [sic] Glück kann ich verzichten. Du wirst mich verstehen? Ja – ? Scherz beiseite – meine Geliebte, ich will Dich wie Du bist – hab keine Angst, alle glücklichen Ehen sind auf ganz einfache Prinzipien aufgebaut. Nichts überspanntes. Wie in der Kunst – so im Leben – einfach und grenzenlos ehrlich alles zu gestalten versuchen.
Meine liebe Elisabeth, ich habe Dich „undankbar“ genannt? Nein, Liebe, ich kann es doch nicht getan haben. Im Gegenteil, Du bist so gut zu mir, Du bist so lieb zu mir, so verständig. Wie du auf mich bestimmt eingehst; nein, da ist sicherlich unklar von mir geschrieben gewesen. Verzeihe mir. Bitte!
Meiner Mutter geht es besser. Ich bin froh, ich hatte viel Sorgen damit. Ich soll Dich herzlichst grüßen, auch von Bruder Fritz.
Am Donnerstag werde ich zu Dir kommen mit dem Zug, der in Kissingen 1347 einläuft. Mit viel Liebe komme ich zu Dir und ich freue mich, Dich gesund und fröhlich zu sehen. Dann können wir uns mit Ruhe, ohne Angst zu haben, erzählen. Wie freue ich mich auf Dich, wie will ich Dich küssen, oh meine liebe Elisabeth! – Also am Donnerstag (7. Juli), Ankunft 1347
in Kissingen und bis dahin lebe wohl!
Sei herzlichst gegrüßt von den meinen und ich umarme Dich, küsse Dich als Dein Geliebter und bleibe Dein Karl Amadeus Hartmann.
Hoffentlich habe ich gute Zug-Verbindung. So käme ich mit dem nächsten. Auf alle Fälle komme ich. Dein Karl.

01.07.32

Arnshausen, Freitag (Brief): KAH in Junkersdorf

Geliebter Karl!
Tausend herzlichen Dank für Deinen so lieben, langen Brief, Du weißt nicht wie bitter es war, wochenlang nichts von dem Menschen zu wissen, den man so sehr liebt.
Jetzt bin ich unbeschreiblich glücklich und wie Du ja weißt fürchte ich mich nicht im geringsten vor dem Kampf, den wir noch zu bestehen haben, ja ich führe ihn sogar gerne, und habe das bestimmte Gefühl, daß alles zu einem guten Ende führen wird. Für unsere Liebe ist das alles ja nur gut. Oft fürchte ich, ich könnte Dir später einmal nicht genügend Stütze sein, doch werde ich immer versuchen mein möglichstes für Dich zu tun. Ein großes Glück ist es, daß wir uns auch ohne viel Worte so gut verstehen u. kennen. Ich weiß was ich an Dir habe und möchte, daß Du Dich nicht so allein fühlst, wie du es oft tust.
Dein Erzählen über Deine Arbeiten interessierte mich sehr, doch schriebst Du mir nicht, ob Dich Deine Werke jetzt selbst wieder befriedigen. Es ist tatsächlich wunderbar, wie schnell die Juryfreien in einem Jahr durch ihre Konzerte berühmt wurden. Nur Mut! es geht bald alles gut. Nur eines fürchte ich, Du übersiehst die politische Gefahr doch nicht ganz. Es war immer schon ein kleiner Fehler von Dir alles auf einmal so stürmisch haben zu wollen. Bitte nenne mich nicht undankbar, ich weiß selbst, daß Du vieles meinetwegen tust und schnell berühmt werden möchtest, doch fürchte ich immer, Du schadest eher als nützt uns durch zu radikale Art. Natürlich darf ich jetzt noch nicht viel sagen, da ich Deine Sachen, die Du aufführen willst noch gar nicht kenne. Nur warnen will ich Dich, vorsichtig zu sein. Selbstverständlich in Deine eigenen Werke rede ich Dir gar nicht ein, weil Du der bleiben sollst, der Du von Natur bist und ich weiß, daß Du ein großer Künstler bist. Ich habe nur immer so entsetzlich Angst um Dich. Ich freue mich für Dich, daß Du Deinen Freund wieder einmal gesehen hast u. Du Dich aussprechen konntest über alles. Heute bekam ich von Papa einen Brief, er teilte mir mit, daß ihm Richard erzählt hätte, Deiner Mutter ginge es gar nicht gut, bitte willst Du mir umgehend mitteilen, wie es geht, wenn ich etwas helfen kann, komme ich selbstverständlich. Bitte grüße sie recht herzlich von mir u. ich lasse ihr recht gute Besserung wünschen. Versuche doch, wenn es Dir möglich ist wenigstens am Donnerstag hierher zu kommen, ich möchte gerne abends mit Dir ins Symphoniekonzert gehen, schade, daß Du Montag nicht kommen kannst, ich freute mich so sehr darauf. Die gestrige Reise hierher war entsetzlich. Ich sitze gerade am Radio und höre Rom, sehr schön. Ich lasse jetzt natürlich so viel als möglich den Radio laufen. Ich könnte noch viel schreiben, und zwar über meine Liebe zu Dir, doch läßt sich das schwer ausdrücken. Wie schön wird es sein, wenn wir wieder beisammen sind. Mein lieber Karl, lebe wohl, sei so fröhlich so gut es geht, ich denke immer in treuer Liebe an Dich. Ich möchte Dir ja so viel geben. Gute nacht ich küsse Dich herzlich u. bleibe stets
Deine dichliebende Elisabeth.
Unendlich freute ich mich über Deine Photographie, vielen, vielen Dank dafür. Jetzt soll Scherchen im Radio kommen, bin schon gespannt darauf. Morgen werde ich Schallplatten von Strawinsky hören.

04.07.32

Arnshausen, Montag (Brief): KAH in Junkersdorf

d. 4. 7. 32.
Lieber Karl!
Du bist reichlich schreibfaul, jetzt hast du doch meine Adresse u. könntest mir wenigstens alle 2 Tage einen kleinen Gruß zukommen lassen. Ich habe Samstag auf eine Nachricht ganz bestimmt gewartet, hoffentlich kommt heute etwas.
Bitte schreibe mir sofort, ob Du am Donnerstag oder Freitag kommst, ich muß es wegen des Zimmers u. auch wegen der Konzertkarten wissen. Mir wäre es Donnerstag lieber u. gib mir auch den genauen Zug an. Aber bitte schreibe alles genau. Ich war bis jetzt erst 1 mal in Kissingen, ich bin z. Z. sehr müde, und bleibe fast lieber zu Hause. Die Ruhe tut mir so wohl, einmal keine Streitigkeiten hören zu müssen. Auch fühle ich mich hier mehr zuhause, als bei meiner Mutter. Ich sitze fast den ganzen Tag am Radio. Heute muß ich zum Zahnarzt, wahrscheinlich, muß ich mir eine Goldkrone machen lassen.
Meine Tante weiß alles zwischen uns beiden, Du darfst also ruhig Du zu mir sagen u. wir dürfen uns ganz natürlich geben. Natürlich herrscht hier eine ganze andere Welt u. andere Ansichten wie wir gewöhnt sind u. ganz besonders Du, es ist am besten nicht viel dagegen zu sagen. Ich weiß warum ich das sage, u. ich glaube Du verstehst mich. Es hängt viel davon ab, ob sie sich hier für oder gegen uns stellen. Bitte, komm aber bestimmt diese Woche noch, wir müssen uns endlich einmal wiedersehen u. ich habe vieles mit Dir zu besprechen. Ich vermute, du hast Besuch u. kamst deshalb nicht zum schreiben. Wie geht es der Mutter. Hoffentlich besser. Bitte grüße sie von mir.
Nun auf baldiges wiedersen [sic], tausend Grüße von Deiner Elisabeth.
Eigentlich sollte man ja so einem Schreibfaulpelz nicht so viel erzählen. Grüße auch Deinen Bruder Fritz.

06.07.32

Arnshausen (Brief): KAH in Junkersdorf (geschrieben Mittwoch nachts.)

Mein Karl! Mein größtest Glück!
O Karl, ich bin so todunglücklich, daß ich nicht mit dir fahren darf. H. Pfarrer ist doch auch recht gefühllos, ich muß mich gerade zusammen nehmen, daß ich ihm noch freundlich antworten kann. Warum muß er uns das verpatzen? Meine Tante wäre viel netter gewesen, sie hätte das ruhig auf sich genommen. Wann darf ich einmal ein freier Mensch sein, ohne daß mir jedermann dreinredet. Karl, ich bin heute in einer Stimmung, daß ich laut ausweinen könnte. Wärst Du doch nur bei mir! Noch dazu ist es nachts 11 h und diese Stille macht mich noch trauriger. Ich meine, ich könnte es nicht mehr aushalten vor Sehnsucht nach Dir. –
Ich freue mich mit Dir, daß Dir Deine „Witwe“ so gut glückt, jedes Dir gelungene Werk ist für mich eine große Freude und ich werde noch stolzer auf Dich (wenn das überhaupt noch geht). Aber je mehr die Leute Deine Stärke erkennen, desto größer werden Deine Kämpfe und Deine Sorgen werden. Doch das alles trage ich so gerne mit Dir, ich freue mich sogar darauf einem Menschen, Dir, eine Stütze sein zu dürfen. Durch meine Liebe zu Dir, fühle ich mich stark genug Dir beizustehen. – Ich war nie sehr dafür das textliche Deiner Witwe stark umzuändern sondern mehr die Handlungen. Das ist es was bei den Leuten abstoßend wirkt, weniger die Worte und am wenigsten die Musik, weil sie das eben nicht begreifen. Und ich bin fest überzeugt, keine fünf Personen verstehen das Stück im vollen und ganzen. Hoffentlich mißverstehst du mich nicht, es ist nicht so ganz einfach, das begreiflich aufs Papier zu bringen. Ich glaube jetzt selbst, daß Dir dieses neue Werk Erfolg bringen wird, nachdem es geändert ist u. freue mich darauf, wenn ich auch nicht verstehen will, daß ich noch immer etwas angst vor diesem Abend habe. Doch ich habe Vertrauen auf Dich und weiß, daß Du um unserer Zukunft u. Liebe willen nichts unvorsichtiges unternehmen wirst. Um eines möchte ich Dich noch bitten. Wenn Du nach München kommst sei vorsichtig, daß nichts passiert. Lasse Dich mit keinem Menschen in politische Unterhaltungen ein, da kommt nie etwas gescheites heraus u. sei auch nicht neugierig bei Straßenaufläufen. Karl, ich bitte Dich schone Dich für mich. Willst Du mir das versprechen, worum ich Dich jetzt gebeten habe? Ich komme sonst aus der Angst nicht heraus. Ich komme spätestens am Dienstag heim. Vor mir auf dem Tisch stehen Deine Nelken, sie sind noch in schönster Blüte. Karl, ich glaube nicht, daß eine Liebe noch größer werden kann. Was gäbe ich darum, dürfte ich Dich jetzt an mich drücken, Dich küssen, Dir sagen wie ich Dich liebe. Du wirst jetzt wahrscheinlich schon schlafen. Gute Nacht, schlaf wohl, ich küsse Dich und bleibe in rasender Liebe
Deine (Frau) Elisabeth.
Ich habe eine furchtbare Wut auf Herrn Pfarrer, weil er so wenig Schneid hat, da für mich hinzustehen. Bitte grüße mir Deine Mutter und Bruder Fritz aufs herzlichste.

Juli 1932

Arnshausen (Brief): KAH in Junkersdorf

Heißgeliebter Karl!
O wie bin ich ärgerlich, daß ich morgen nicht mit Dir fahren darf, ich darf mir die schönen Stunden, die wir miteinander hätten genießen dürfen, gar nicht vorstellen. Es wäre so wichtig, daß wir uns über alles unterhalten könnten. Ich hätte H. Pf. anders gehalten. Auf jeden Fall komme ich bald nach München, die Sehnsucht nach Dir treibt nach dort, wenn ich sonst dort nichts verloren habe. Karl, ich danke Dir für Deine Güte und Dein überaus großes Verständnis zu mir. Doch durch all diese Hindernisse wird unsere Liebe nur noch gestärkt. Ich möchte den kennen, der uns auseinander reißen könnte. Hoffentlich kannst Du in München ungestört weiterarbeiten. Du brauchst jetzt wieder unglaublich viel Nervenkraft, verbrauche nicht mehr als unbedingt nötig ist, das kann man schon etwas einrichten. Und sei mir vorsichtig mit Deinen „Freunden“, Du weißt wen ich meine. Gestern schrieb mir Mama, sie war scheinbar doch etwas besorgt um mich, worüber ich ganz angenehm überrascht war. Vielleicht sorgst Du dafür, daß Adolf bald bei Mama anruft, sie soll mit ihm für nächste Woche, am besten am Mittwoch oder Donnerstag etwas ausmachen, daß wir da ein paar Stunden beisammen sein können. Sage Adolf ich bitte ihn darum, er kann Mama schon irgendwie dazu bringen. Ich schreibe schon noch genauer, wo wir uns gleich treffen können.
Mein lieber Karl, ich muß schließen, weil der Postbote da ist, der meinen Brief mitnehmen will. Vergiß mich nicht, wie ich stets an Dich denke und grüße mir auch Deine Brüder. Erhalte Dich für mich wohl u. gesund und ich bleibe in steter Treue unter herzlichen Grüßen und Küssen Deine Elisabeth.

11.07.32

Maroldsweisach, Montag (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

Brief fehlt (eventuell einer der Briefe von Anfang Juli)

11.07.32

(P: Maroldsweisach-Bamberg), Junkersdorf, Montag (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

Liebe Elisabeth. Meine liebste Braut.
Ich sitze eben in der Bahn nach Junkersdorf. Glaube mir die Reise bzw. Die Heimreise war sehr traurig. Leider bin ich jetzt nicht mehr in der Fassung Dir klar einen Brief zu schreiben. Elisabeth, wenn man sich so in inniger Liebe versteht, wenn man sich in so großer Treue gegenseitig vertraut, kann man schwer scheiden. Dann ist es sehr hart, wenn man sich trennen muß. Doch es gibt ein Wiedersehn. Elisabeth hoffentlich dürfen wir uns bald sehen! Elisabeth hoffentlich dürfen wir uns bald küssen, Dich o meine Geliebte. Ich werde morgen Dir schreiben und ich freue mich Dich brieflich zu unterhalten.
Mitteilen möchte ich Dir noch: ich kam gesund und „froh“ nach hause. Bitte grüße mir Deine Tante und unsern väterlichen Freund Herrn Pfarrer und nochmals möchte ich meinen Dank Dir schreiben und übermittle ihn Deiner Tante.
Nimm bitte mir die schlechte Schrift nicht übel, doch ich sitze im Zug und die Bahn nimmt keine Rücksicht auf meinen Brief. Morgen schreibe ich Dir wieder einen ordentlichen Brief.
Nun lebe wohl! Mein Lieb! Gute Nacht! Ich drücke dir die Hände und küsse Dich meine liebste Elisabeth und bleibe Dein Karl.
Im Zuge wird es immer finsterer. Hu! ich fürchte mich – – nur ein Scherz, meine Geliebte doch im finsteren schreibt sich’s schlecht. Dein treuer Karl.

12.07.32

Arnshausen, Dienstag (Brief): KAH in Junkersdorf

Liebster Karl!
Guten Morgen.
Ich war sehr überrascht, gleich einen Brief gestern von Dir erhalten zu haben, umso größer war die Freude. Tausend Dank dafür und für Deine Liebe. Ja, auch für mich ist es jetzt traurig. Doch ich muß jetzt in Eile schreiben, weil ich den Brief jemandem nach Kissingen mitgeben muß, daß er noch rechtzeitig bei Dir eintrifft. Ich schreibe heute noch mehr u. nehme den anderen Brief selbst mit nach Kissingen, am Abend. Wir fahren also am Freitag 15. Juli nach Bamberg und kommen dort kurz vor 9 h an. Dein Zug geht 803 h von Junkersdorf ab und kommt 942 h in Bamberg an, wo wir Dich dort erwarten. Wie wahnsinnig freue ich mich auf ein Wiedersehen. Hoffentlich kommst Du gut an. Ich schreibe heute noch mehr und denke, daß der Brief auch noch am Donnerstag ankommt, ich schicke diesen hier nur zur Vorsorge fort. Also 942 h in Bamberg am Bahnhof. Wenn Du nicht da wärst, komme ich auf den darauffolgenden Zug. Hoffentlich kommen wir rechtzeitig an u. versäumen keinen Zug.
Auf Wiedersehen. Viele Grüße u. Küsse von Deiner Elisabeth.
Entschuldige mein herrliches Deutsch, aber es eilt wirklich sehr, weil um 7 h früh das Mädchen kommt um ihn mitzunehmen u. ich bin natürlich noch verschlafen.

13.07.32

Arnshausen, Mittwoch (Brief): KAH in Junkersdorf

d. 13. Juli 32.
Mein einzig lieber Karl!
Du gehst mir jetzt so furchtbar ab, daß ich es nicht beschreiben kennst [sic]. Wie schön waren doch die Tage, wo Du bei mir warst! Du bist mein einziges Glück und ohne Dich wäre das Leben ohne jeden Zweck für mich. Das fühle ich jedesmal deutlicher, wenn du von mir fort bist. Was hast Du mir nicht schon alles gegeben und wie arm war ich vorher! Wir müssen bald zusammen kommen, mein Vater muß uns unterstützen u. er versteht uns auch. Diesmal wird meine Mutter den Kopf nicht durchsetzen können. Wie Du ja weißt kann ich den Tag nicht erwarten, an dem ich aus diesem Gefängnis herauskommen und für immer bei Dir sein darf. Hier wirst Du natürlich ganz falsch eingeschätzt, man hält Dich tatsächlich für innerlich tief religiös und ich bekam schon einen Vortrag von meiner Tante, daß ich Dich noch religiöser erziehen müßte, nur schwer gelingt es mir dann manchmal meinen Mund zu halten und die Meinung nicht offen herauszusagen. Wenn Du nämlich nicht da bist, muß ich noch viel mehr über Religion hören. Es ist so scheußlich, wenn man sich immer verstellen mußt [sic], aber tue ich es nicht, dann heißt es: „Früher warst Du auch nicht so.“ Wir dürfen aber damit rechnen, daß wir hier gut unterstützt werden. Sonst geht hier alles seinen alten Gang, natürlich sitze ich viel am Radio. Mein Karl, erhole Dich jetzt noch recht gut, Du hast, wenn Du nach München kommst noch schwere Kämpfe zu bestehen und da müssen die Nerven gut sein. Wenn dem Künstler auch vieles schwerer gemacht wird als anderen Menschen, so hat er auch mehr Recht auf das Errungene stolz zu sein. Habe Mut, und versuche Deine oft niedergedrückten Stimmungen so rasch als möglich zu überwinden. Wie freue ich mich auf den Freitag. Erwarte Dich also am Freitag um 942 h am Bahnhof, sollten wir uns durch Zufall dort nicht treffen, komme dann um 11 h an den Bamberger Dom. Ich hoffe, Du bekommst meinen Brief von heute früh rechtzeitig, da habe ich alles näher geschrieben. Grüße Deine Mutter recht herzlich von mir u. auch Bruder Fritz.
Auf baldiges Wiedersehen am Freitag. Lebe wohl mein lieber Karl, die herzlichsten Grüße u. Küsse von Deiner Dich nie vergessenen Elisabeth.
Auch meine Tante u. H. Pfarrer lassen Dich herzlich grüßen.

Juli 1932

Junkersdorf (Brief): E.R. in Arnshausen

O Gott!! Wie freue ich mich Dir, meine liebe gute Elisabeth, herzliche Grüße senden zu dürfen. Immer von neuem muß ich Dir schreiben. –
mein bist Du! mein mußt Du bleiben! mein!!
Mein Lieb, bitte erhalte Dich gesund und schenke mir Dein langes Leben. Bitten will ich zu dem Wesen, das uns führet, daß wir zwei eingehen dürfen – als Weib und Mann – in das Reich der höchsten Menschlichkeit. – – und Freude und Glück wird unser Los sein.
Geliebte! Elisabeth hilf mir zu bauen das Glück der Liebe. Nur Du kannst dieses dunkle Reich ergründen. Du bist geschaffen dazu.
Möchtest du viele herzliche Grüße an Herrn Pfarrer, meinen väterlichen Freund und an Deine Tante, Deiner mütterlichen Freundin übermitteln, und tausend Dank für alles was mir Liebes gegeben worden ist im Pfarrhaus.
Du, meine über alles Geliebte – Elisabeth sei umarmt – in Sehnsucht nach Dir, geküßt und ich bleibe Dein Karl.
Entschuldige dies Briefpapier, doch ich muß erst nach Bamberg um welches zu holen.

Juli 1932

Arnshausen, Montag (Brief): KAH in Junkersdorf

Mein liebster Karl!
Du hast halt doch immer sehr gescheite Einfälle. Wie furchtbar gerne würde ich am Freitag mit dir heimfahren, doch ich muß hier noch einige Schwierigkeiten überwinden. Meine Tante möchte mich natürlich mit aller Gewalt zurückhalten, daß ich erst Anfang nächster Woche fahre und da muß ich nun versuchen fortzukommen ohne sie zu kränken. Auf jeden Fall versuche ich mein möglichstes zu tun und hoffe, daß alles gut gehen wird. Es wäre zu schön, wenn wir 7 volle Stunden allein beisammen sein dürften und uns wieder einmal ungestört über alles unterhalten dürften. Wie würde ich mich freuen!! Hoffen wir das beste. Dann mußt du aber Adolf schreiben, daß er Mama nicht sagt, daß du am Donnerstag Freitag kommst, sonst bekommt sie alles heraus. Auf welche Hintergedanken muß man nicht immer kommen. Ich gebe Dir morgen oder spätestens bis Mittwoch eine entscheidende Antwort. Hoffentlich kann ich mit Dir sein, Dich nur sehen dürfen u. ich werde wieder froh. Mein geliebter Karl, gute Nacht! Ich liege schon im Bett, weil es mir zu kalt war im Zimmer aufzubleiben. Auf frohes Wiedersehen, ich küsse Dich und bleibe mit vielen Grüßen
Deine Dich innig liebende Elisabeth.

16.07.32

Arnshausen, Samstag (Brief): KAH in Junkersdorf

Mein lieber, guter Karl!
Schon wieder mußten wir die schwere Stunde des Abschieds mitmachen. Wie oft wohl noch?! Von mal zu mal wird es schwerer für mich und ich meine, ich könnte es keinen Tag mehr ohne Dich aushalten. Wie viel Glück durften wir schon durch unsere Liebe erfahren und auch wie viel Schmerz. O, diese ewige Sehnsucht nach Dir und und diese dauernde Angst um Dein teures Leben. Mein Karl, erhalte Dich für mich, ich könnte nicht ohne Dich sein. Ich freue mich so sehr darauf, wenn ich einmal alles mit Dir teilen darf. Ich kann es mir nicht anders vorstellen, als daß wir die glücklichsten Menschen werden.
Hoffentlich bist du gut angekommen, grüße bitte deine Mutter u. Bruder herzlichst von mir. Ich habe es Herrn Pfarrer wegen des Briefpapiers gesagt. Als ich gestern heimkam hatte ich die Nacht über etwas Fieber, infolge einer Halsentzündung. Ich hatte schon seit ein paar Tagen etwas Halsweh. Bitte sei mir nicht bös, daß ich Dir gestern nicht sagte, ich wollte Dich nicht unnötig ängstigen und es ist auch wirklich nicht schlimm. Bis Montag wird es schon wieder vorbei sein. Ich schickte heute an Mama ein Telegramm, daß ich deshalb nicht kommen könne. Ich bin so froh, daß ich nicht zu diesen dummen Kerls muß. Nebenbei bin ich jetzt auch etwas Krankenpflegerin, d h. ich mache ganz kleine Hilfsleistungen od. bleibe im Zimmer sitzen, wenn niemand Zeit hat dazubleiben.
Mein lieber Karl, bleibe froh, und freuen wir uns über unsere schöne Liebe, auch wenn wir nicht beisammen sind. Ich küsse Dich und bleibe stets in großer Treue Deine Elisabeth

Nach dem 16. Juli 1932

Arnshausen (Brief): KAH in Junkersdorf

Mein Karl!
Tausend Dank für Deinen lieben Brief aus Bamberg. Du kannst Dir meine Freude über jeden Deiner Briefe nicht vorstellen, jedes Wort ist mir so lieb und immer und immer wieder muß ich ihn lesen. Du hast so unendlich viel Liebe und Verständnis für mich, wie ich es von niemandem gewöhnt bin. Ich will mich aber damit nicht beklagen über meine Mutter. Meine Gedanken sind jetzt nur mehr bei Dir und ich lebe nur für Dich und versuche Dir einigermaßen gleichzukommen. Welches Glück ist es doch, daß wir uns gefunden haben und wie selbstverständlich nimmt man es manchmal hin. Oft denke ich, Mädchen die ihr Brot selbst verdienen müssen sind doch viel höher zu schätzen, während ich daheim sitze und nichts tue. Jetzt seitdem ich Dich habe, kann ich mich im Leben wenigstens darin verdienstlich machen, indem ich versuche einen Menschen glücklich zu machen und in seinen schweren Sorgen u. dem schweren Lebenskampf zu unterstützen. „O Karl, wie glücklich machst Du mich“, das ist das einzige was ich immer nur sagen kann. Gebe Gott, daß Du dasselbe kannst. Es geht mir schon wieder ganz gut, also bitte, keine Angst. Unsere arme Rieke muß morgen oder übermorgen totgemacht werden. Wir sind alles sehr traurig darüber, meine Tante weint viel. Voraussichtlich fahre ich nächsten Sonntag heim. O, Gott, jetzt beginnt wieder meine Angst um Dich, wenn Du nach München kommst, bis jetzt war ich doch ziemlich sicher, daß Dir nichts passieren konnte. Aber glaube mir, es liegt ganz an Dir, ob Du überall gut durchkommst, also handle danach.
Geliebter Karl, lebe jetzt recht wohl, bis wir uns wiedersehen, müssen wir von der Erinnerung an die schönen Stunden, die wir zusammen genießen durften, leben. Ich umarme und küsse Dich in heißer Liebe Deine Elisabeth

Nach dem 16. Juli 1932

Arnshausen (Brief): KAH in Junkersdorf

Mein liebster, bester Karl!
O Karl, habe doch nicht immer so viel Angst um mich. „Unkraut verdirbt nicht.“ Aber Scherz beiseite, ich bin doch noch nicht aus Glas, daß ich gleich zerbreche, wenn man dranstößt. – Ich wurde jetzt 2 Stunden unterbrochen, weil Rieke totgemacht wurde. Es ist doch arg traurig, wenn so ein Tierchen, das immer treu an einem gehängt ist plötzlich getötet wird. Aber doch bin ich froh, daß sie erlöst ist, sie mußte unangenehme Dinge mitmachen. Mutter von H. Pf. geht es auch nicht besonders gut. Meine Tante ist heute natürlich tief unglücklich. O, mein Karl, ich hoffe immer noch, daß ich Freitag mit Dir fahren kann, doch ist diese Möglichkeit sehr gering. Bitte rechne nicht damit, nur wenn ich fahren kann, dann schicke ich Dir noch entweder ein Telegramm od. telephoniere. Wenn Du auch nichts mehr von mir hörst, sagen wir, es entscheidet sich so spät, daß jede Antwort zu spät bei Dir ankäme, so bin ich in dem Zug in Bamberg. Es kommt jetzt alles darauf an, ob Papa eine Karte schreibt, daß ich noch diese Woche kommen solle. Jedenfalls tue ich mein möglichstes. Wie würde ich mich freuen! Mich wieder einmal mit Dir unterhalten können, Dich für länger sehen dürfen! Mein Karl, wie schön wird die Zeit werden, in der wir für immer zusammen vereint sein werden. Manchmal nur ein Kuß, welches Glück würde das bedeuten. Aber Du bist mein, schon jetzt, und ich bleibe Dein.
Geliebter Karl, ich küsse Dich und bleibe, noch immer eine schwache Hoffnung im Herzen auf ein Wiedersehen am Freitag
Deine dich innig liebende Elisabeth.
Wenn Du nichts mehr von mir hörst, kann ich nicht kommen, aber selbstverständlich ohne jegliche Schuld. Wie feig ist doch H. Pf. Aber man kann halt doch von kaum einem Menschen etwas erwarten.

18.09.32

(P: München, 19.09.1932), Sonntag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Morgen fahren wir voraussichtlich nach Garmisch u. bleiben dort. Wenn es etwas zu schreiben gibt, schreibe bitte postlagernd. Ich gebe Dir natürlich sofort Nachricht von unserer Adresse. Bitte sei vorsichtig in allem.
Lebe wohl u. viele herzl. Grüße auch an Mutter u. Brüder von Deiner Elisabeth.

19.09.32

(P: München, Stempel: 4. Okt. 1932), (E: 18), Montag (Karte): E.R. in Garmisch (postlagernd)

Liebe Elisabeth.
Möchte Dir nur liebe Grüße senden.
Bitte erhole Dich gut und vergiß mich nicht. Viele Grüße und gute Erholung sende und wünsche ich unserm lieben Vater und sei Du gegrüßt von Deinem Karl.

21.09.32

München (Brief) E.R. in Garmisch Partenkirchen: privat

„Meine liebe Elisabeth, Du schreibst ob ich komme.“
„Deine Mutter will unbedingt zur Schraube.“ Sie ist gegen die Verbindung.

21.09.32

München (E: 18), Mittwoch (Brief mit Umschlag) E.R. in Garmisch (Sonnenstr. 17, Haus Ludwig)

Meine liebe gute Elisabeth.
Oh Dank für Deinen lieben Brief. Wie gerne wäre ich bei Dir. Wie gerne wäre ich bei Euch beiden. Mit euch alle Lust, alle Freude teilen und dann die Stunden wo wir alleine sein könnten. Elisabeth ich muß arbeiten. Heute Programme fort senden, 700 Stück. Froh bin ich, daß ich arbeiten kann für Dich, damit wir bald anerkannt werden. Mein Concerto für 2 Violinen Fagott und Schlagzeug werde ich morgen fertig, dann kommt die Reinschrift. Dann schreibe ich eine „kleine Konzertmusik“ für Kammerorchester. Elisabeth wir werden bald anerkannt werden, wir müßen [sic] bald anerkannt werden. Ja – und dann werde ich Dich mit Ruhe lieben dürfen. Ja – und wir werden dann ein frohes und freudiges Paar weil wir wissen, daß nur uns die reine Liebe zusammengeführt hat. Ich will arbeiten was nur möglich ist, damit wir beide alles erreichen was wir uns ersehnen – und dann können wir Deinen Verwandten zeigen wie Unrecht sie uns tun. Elisabeth ich muß leider jetzt zum Bahnhof die Post (Programme) aufgeben und nehme Deinen Brief gleich mit. Also meine liebe Elisabeth sei mir gut und behalte mich lieb wie ich Dich liebe und bleibe unter tausend Küssen
Dein Karl.
Meine liebe Elisabeth, Du schreibst ob ich komme. Die Zeit ist doch recht kurz und ich habe viel Arbeit. Natürlich käme ich gerne zu Dir. Das weißt Du ja. Aber gerade vor einem Konzert. Ich hätte doch keine richtige Ruhe. Froh in ich, daß Du Dich und unser lieber Vater gut erholst. Hoffentlich bleibt das schöne Wetter für Euch.
Elisabeth habe bitte keine Angst. Bitte glaube mir ich suche mich gesund zuerhalten [sic] für uns beide. Auch mit anderen Menschen – nun ja – da brauche ich nichts zu schreiben, doch eine Beruhigung zur Zeit komme ich fast mit keinem Menschen zusammen.
Meine Mutter dankt vielmals für die Grüße und soll auch Grüße erwidern. Deine Mutter will unbedingt zur Schraube – was Sie vor hat, wissen wir nicht. Sie arbeitet mit Macht gegen uns. Sie scheut sich nicht zu verleumden – es könnte sein, daß sie vielleicht einen Eid schwören müßte, – und dann – ! Elisabeth, denke jetzt nicht viel, erfreue Dich an der Natur und wir beide werden dann uns glücklich wiedersehen und bis dahin werden wir uns freuen auf die Zukunft. Nimm einen festen Kuß und ich umarme Dich und drücke Dich an mein Herz und bleibe Dein Karl.
Hast Du den letzten Brief vernichtet?
Vater soll sich gut erholen und alles Grüßen Euch herzlichst.

22.09.32

(P: Garmisch-Partenkirchen), Donnerstag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Ich habe vergessen, Dir zu schreiben daß wir am Starnberger Bahnhof ankommen 604 h
Heute ist ein herrlicher Tag. Auf frohes Wiedersehen und recht herzliche Grüße auch an Deine Mutter u. Brüder Deine Elisabeth.
Herzl. Grüße Vater R.

07.10.32

München, Montag (2. Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Vielen Dank für Deine Postkarte.“
Heute (Montag) gearbeitet, auch Dienstag und Mittwoch. Skizziert sein neues Orchesterwerk. Freut sich auf ein Wiedersehen am Sonntag. „Morgen werde ich Dir wieder einen Gruß senden. Ich bin froh, daß wenigstens dies möglich ist in den schmerzlichen 8 Tagen“ (des Nichtsehenkönnens).

16.10.32

München, Sonntag (1. Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Heute abend muß ich dir noch liebe Grüße und Küsse senden.“
Intensives Arbeiten. Briefe an [Jean] Vigue und [Felicie Hüni-Mihacsek] Hüni Myhacek und [Hermann] Scherchen (in Wien). Hofft auf das Konzert im November. Sollte Scherchen nicht dirigieren, dann würde KAH die Leitung übernehmen. Beginnt mit einem Orchesterwerk für Scherchen.

16.10.32

München, Sonntag (Brief:) E.R. in Arnshausen

1. Brief München 16. Okt. 32
Meine liebe Elisabeth. Meine liebe Braut.
Heute abend muß ich dir noch liebe Grüße und Küsse senden. Ich bin froh, Dir heute noch schreiben zu dürfen damit Du siehst, daß ich immer Deiner gedenke. Ich sitze tief in der Arbeit. Heute schreibe ich Briefe an Vigué und Frau Hüni Myhacek. Hoffentlich das Konzert im November. Ich werde anschließend gleich an Generalmusikdirektor Dr. Scherchen schreiben nach Wien. Wenn er das Konzert nicht dirigiert, dann werde ich es selbst dirigieren.
Wie bist Du in Arnshausen angekommen. Ich freue mich, bald von Dir zu hören. Ich denke noch gerne an die schönen Stunden in Arnshausen. Erhole Dich gut, bleibe mir ja gesund und vergiß mich nicht und ich bleibe unter heißen Küssen Dein Karl.
Jetzt beginne ich ein Orchesterwerk für Scherchen zu schreiben. Bis auf morgen bleibe glücklich, morgen schreibe ich wieder
Dein Karl.

17.10.32

(P: München), Montag (Karte): KAH in München (E: 18)

Montag früh 7 h. Abfahrt.
Lieber Karl!
Noch vor meiner Abreise möchte ich Dir tausend herzliche Grüße senden. Auch Mutter und Richard. Papa hat mir fest versprochen mich sofort zu holen, wenn ich nicht mit zurück kann. Also sei ganz ruhig.
Nochmals alles Liebe und lebe wohl Deine Elisabeth.

17.10.32

München, Montag (Brief): E.R. in Arnshausen

2. Brief.
Meine Liebste! Meine Elisabeth!
Vielen Dank für Deine Postkarte. Du kannst Dir denken wie ich mich freute, da ich heute noch keine Post erwartete von Dir. Heißen Dank. Wie gefällts Dir in Arnshausen – wie ist die Lage? Riesig freue ich mich auf den Sonntag; auf unser Wiedersehn!! Hoffentlich sehen wir uns gesund wieder. Halte Dich gut – schon Dich!! Liebe Elisabeth, ruhe Dich aus!!
Heute habe ich den ganzen Tag geschrieben, morgen und Mittwoch wird mir nichts anders überbleiben. Nebenbei mache ich Skizzen rein formal – für mein neues Orchesterwerk. Morgen werde ich Dir wieder einen Gruß senden. Ich bin froh, daß wenigstens dies möglich ist in den schmerzlichen 8 Tagen.
Meine gute Elisabeth. Sei froh und glücklich fühle meine gedankliche Nähe und vergiß Deinen Karl nicht der Dich innigst umarmt und küßt
Dein Karl.

18.10.32

München, Dienstag (3. Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Der zweite Tag vergeht langsam – .“
KAH geht in den Rundfunk, um Weiler zu hören. Hat ihn ein halbes Jahr nicht mehr gehört.

18.10.32

(P: München) (E: 18), Dienstag (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

3. Brief.
Elisabeth! Meine liebe Braut!!
Der zweite Tag vergeht langsam –. Unsere Trennung wird immer schmerzlicher. – wann endet diese Qual? Wie gerne möchte ich jetzt bei Dir sein, und wie gerne möchte ich mich mit Dir unterhalten. Doch warten – warten – warten –. Ich tu es!!
Heute gehe ich in den Rundfunk. Weiler spielt! Bin sehr neugierig auf sein Spiel. Ich habe ihn ein halbes Jahr nicht mehr ordentlich gehört? Wie geht es Dir? Mein Lieb bist Du gesund? Bleibe ruhig! Ich freue mich Dich bald wieder zu sehen, und bis dahin lebe wohl, ich küsse Dir Deine Augen und behalte Dich wie immer lieb
Dein Karl.
Kommen die Briefe ordentlich an?

19.10.32

München, Mittwoch (4. Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Nimm meinen Dank für Deine liebe Karte.“
Gestern Weiler gehört, der schlecht gespielt hat.

19.10.32

(P: München, 20.10.1932), (E: 18), Mittwoch (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

4. Brief.
Meine Liebste! Beste Elisabeth!
Nimm meinen Dank für Deine liebe Karte. Ich bin glücklich von Dir Nachricht zu bekommen. Ich zähle schon die Tage – ich warte schon auf den Augenblick wo wir uns sehen – ich harre der Stunde die uns zusammenbringt – Elisabeth bald – bald sehen wir uns und dann – –
Gestern war ich bei Weiler im Rundfunk, Weiler spielte schlecht. Er sollte Mozart und Bach spielen, das fehlt ihm – das kann er nicht. Ich will nicht weiter urteilen, Du weißt den Grund.
Nur eines möchte ich Dir schreiben es ist unbeschreiblich die Freude die ich habe Dich umarmen zu dürfen und zu sagen – vertraue auf mich –!!!!! – und ich bleibe Dein Karl!
Nimm einen festen Kuß von mir als Zeichen unserer großen Liebe.

20.10.32

München, Donnerstag (Karte) E.R. in Arnshausen: privat

Nach dem 20.10.1932 (?)

München (Brief). E.R. in München:

„Dich in München zu wissen macht mich glücklich und froh.“
KAH freut sich auf Sonntag.
Gestern „wieder“ Besuch im Rundfunk. KAH wird durch Dr. Steffl dem Dirigenten Prof. [Karel Boleslav Jìrák] Jirak aus Prag vorgestellt. „[…] es gibt nur einen Münchner jungen Komponisten und das ist Hartmann.“ Komponistenaustausch zwischen Prag und München geplant, vor allem junge Komponisten. U.a. ein Abend „Junge tschechische Komponistenschüler“. Eine Hälfte des Abends mit „Vierteltonmusik“ ohne Klavier.

20.10.32

München, Donnerstag (Brief): E.R. in Arnshausen

5. Brief.
Meine liebe Elisabeth. Meine beste Braut.
Ich bin froh, Dir wieder schreiben zu dürfen. Meine Gedanken weilen immer bei Dir. Sie verfolgen Dich und nehmen immer zu – jetzt denkst Du auch an mich. Ja – !? Wie gerne möchten meine Gedanken eine Auswirkung haben – doch ich kann ja nicht alles zu Papier bringen, ich kann nur nur einmal schreiben. Oh! Was gäbe ich darum, wenn ich mein Herz ausschütten dürfte – jetzt – ja – Du
nein es geht nicht.
Mein Lieb, Dir gefällt es scheinbar sehr gut. „Es ist hier sehr schön“ Wirklich!!! – ? Soll ich mich freuen – ? Bleibe mir gesund. Elisabeth schone Dich. Bleibe stark und vertraue auf mich. Denke immer unser Ziel geht aufwärts. Bitte erwidere die Grüße.
Bei mir gibt es nicht viel neues. Das nächste Konzert fällt aus. Tut mir nicht weh. Doch als nächstes Konzert ist angesetzt am Donnerstag 10. Nov. abend ½ 11 h: „Songs, Balladen und allerlei Grotesken“. Hoffentlich gelingt mir der Abend. Ich freue mich darauf. Dann kommt ein großer Kammermusikabend Ende Nov. mit meinem neuen Concertino. Konzertmeister Stuhlfauth und Prof. Härtl haben mir zugesagt, die Soli zu übernehmen. Arnold gibt im Herkules-Saal (Residenz) am 13. Nov. einen Klavierabend. Er wird meine „Klaviersonatine“ uraufführen. Paar Tage darauf wird Arnold in Augsburg meine Sonate spielen. Ich habe meinen Plan verschoben mit Orchester. Doch ich beginne ein Kammeroratorium: „Bau der Bahn Türksib.“ für Soli, Sprecher, Kammerchor und Kammerorchester. Morgen werde ich den architektonischen Plan entwerfen. Wenn Du in München bist zeige ich Dir das ganze. Auf Dein Urteil bin ich gespannt. Ich will auch bald fertig sein damit. Hoffentlich gelingt mir alles. Deine Liebe gibt mir soviel Kraft, daß ich imstande bin schwierige Probleme lösen zu können.
Ich möchte Dich aufmerksam machen am Sonntag sehen wir uns. Ja!? Noch was Neues? – Ich rauche nicht mehr, und werde auch nicht mehr rauchen. Es bekommt mir sehr gut.
Nun meine Heißgeliebte bleibe glücklich und froh – und gesund!! Ich freue mich Dich bald in meinen Armen zu haben. Oh wie werde ich dich drücken – an mich drücken und ewig bist Du mein. Ich küsse Deine Hände in Ehrfurcht und bleibe Dein treuer Karl.

21.10.32

(P: München), (Brief mit Umschlag): E.R. in München, Schwanthalerstraße 14/0

Elisabeth! Endlich – endlich meine liebe Elisabeth! Endlich – endlich liebste Braut.
Dich in München zu wissen macht mich glücklich und froh. Hoffentlich bist Du gut angekommen, gesund! ja!! Dann bin ich glücklich – glücklich über alles. Ich freue mich auf den Sonntag.
Gestern war ich wieder im Rundfunk. Prof. Jirak Rundfunkdirektor aus Prag dirigierte. Am Schluß wurde ich Jirak vorgestellt. Nach langer Unterredung machte er mir den Vorschlag Kompositionsaustausch zu machen Prag – München. Hauptsächlich junge Komponisten. Da sagte Dr. Steffl der mir Jirak vorstellte, ja es gibt nur einen Münchner jungen Komponisten und das ist Hartmann. „So dann schicken Sie mir Arbeiten nach Prag – Radio“ war die Antwort Jiraks. Ich bin sehr froh. Natürlich werde ich einen Abend geben – „Junge tschechische Komponistenschüler“. Die Hälfte des Abends werde ich der „Vierteltonmusik“ widmen. Ohne Klavier.
Nun wie fühlst Du Dich wieder in München ist es auch schön hier? Ja? Dann bin ich zufrieden. Elisabeth ich freue mich auf Sonntag. Ja – hoffentlich bist Du hier – nein nein du bist da – natürlich: – es muß ja sein –
Elisabeth! lebe wohl auf frohes Wiedersehn ich küsse Dich und bin und bleibe Dein Karl
Sei glücklich!

28.11.32

(P: München), Montag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Bitte bleibe morgen liegen wenn es Dir nicht ganz gut ist. Schließlich kann mich ja auch Adolf anrufen wie es Dir geht. Sonst rufe mich bitte möglichst zwischen 10 – 11h an. Bitte schone Dich.
Viele herzl. Grüße an Dich u. auch Mutter u. Brüder Deine Elisabeth.

11.01.33

München, Mittwoch (Brief) E.R. in München: privat

„Ich muß Dir noch schreiben, ich kann nicht eher ruhen […]“

11.01.33

(P: München), (E: 18), Mittwoch (Brief mit Umschlag): E.R. in München (Schwanthalerstr. 14)

Elisabeth! Meine liebe gute Elisabeth!
Ich muß Dir noch schreiben, ich kann nicht eher ruhen, bevor ich Dir meine Entschuldigung schreibe. Bitte, bitte grolle mir nicht. Ich habe Dir weh getan! Ich weiß es. Elisabeth! es tut mir leid und weh zu wissen, seine Braut unrichtig behandelt zu haben. Darum schenke mir Frieden! Elisabeth sei bitte Du großzügig.
Über mich kam ein unheimliches Gefühl, daß ich nicht mit Dir aus dem Theater gehen durfte. Nicht mit Dir gehen zu dürfen. Dich zu verläumden!! Nein nein, das kann ich nicht. Elisabeth Du mußt mit mir gehen – alle Wege der Freuden und der Leiden – ich weiß genau, daß wir zwei doch für immer zusammen gehören, und darum darf uns kein Mensch verläumden.
Meine liebe Elisabeth, Du weißt wie ich stolz auf Dich bin, wie glücklich ich bin; nur Dein Ich gibt mir Ruhe, gibt mir alle produktive Schaffenskraft, und darum flehe ich Dich an alles zu vergessen und wieder die Meine zu sein. Komm bitte in meine Arme ich drücke Dich herzenslust an mich, küsse Dich und flüstere Dir ins Ohr: Bleibe bei mir, dann kann ich ein Künstler werden.
Dein treuer und Dich über alles verehrender Karl.
Schlafe wohl!

21.02.33

(P: München), Dienstag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Bitte rufe morgen zwischen 10 – ½12 h an, nicht später, weil ich dann fortgehen muß.
Herzliche Grüße an Mutter und Brüder, ganz besonders Dich grüßt Deine Elisabeth.

10.03.33

(P: München), Freitag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Warum hast Du mich nicht angerufen? Bitte rufe mich morgen wenn möglich bis 8¼ h früh an sonst 1 h. Herzlichst grüßt Dich Deine Elisabeth.

Um den 12.03.1933

München, Sonntag (Briefkarte): KAH in München

Mein lieber Karl!
Noch ehe ich fortfahre möchte ich dir noch tausend herzliche Grüße senden. Auch an Mutter und Brüder. Der Zug geht schon 620 h ab! Meine genaue Adresse ist: Berghotel Schmittenhöhe. Zell am See. Bitte schreibe mir manchmal. Es küßt Dich Deine dichinnigliebende Elisabeth.

13.03.33

(P: Zell am See), Montag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Bin soeben hier angekommen. Das Wetter ist schön. Für heute Dir, Mutter und Brüder viele, herzliche Grüße Deine Elisabeth
Berghotel Schmittenhöhe Zell am See. Tirol.

15.03.33

(P: München), (E: 18) Mittwoch (Karte): E.R. in Zell am See (Schmittenhöhe)

Mein liebe Elisabeth.
Vielen Dank für Deine Grüße. Hoffentlich erholst Du Dich gut. Es gibt allerdings gerade nicht viel Neues. Nun ja – .
Grüße von Deinem Karl.

15.03.33

(P: Zell am See), Mittwoch (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl.
Warum läßt Du denn gar nichts von dir hören? Die Hälfte unseres hiesigen Aufenthaltes ist Gott sei Dank schon vorüber. Sonst gibt es gar nichts zu erzählen. Auf ein Wiedersehen freut sich riesig Deine Elisabeth.
Auch an Mutter herzl. Grüße.
Berghotel Schmittenhöhe Zell am See.

Um den 15.03.1933

Zell am See (Briefkarte): KAH in München

Berghotel Schmittenhöhe Zell am See
Mein lieber, lieber Karl!
Wie furchtbar langsam vergeht die Zeit! Ich freue mich schon wieder so auf unser Wiedersehen. Es ist halt nirgends schön für mich, wo Du nicht dabei bist. Sonst kann ich mich ja über nichts beklagen. Die Gegend ist hier herrlich. Man hat nicht das bedrückende Gefühl der Berge, weil man gleich hoch zu sein scheint. Die Sonne brennt sehr stark, doch habe ich immer nur das eine Verlangen, bei Dir zu sein. Wie geht es Dir? Gestritten haben wir noch nicht, es waren auch noch keine Sticheleien, also brauchst Du Dir in dieser Hinsicht bis jetzt keine Sorge zu machen. Mein lieber, lieber Karl, ich denke die ganze Zeit an Dich, bei jeder schönen Aussicht wünsche ich, Du könntest es auch sehen usw. Du weißt das ja alles selbst.
Nun lebe recht wohl, laß es Dir gut gehen und sei innigst geküßt von Deiner treuen Elisabeth.

17.03.33

(P: Zell am See), Freitag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Besten Dank für Deine Karte, ehrlich gesagt habe ich sie nicht ganz verstanden. Ich habe doch deutlich genug geschrieben, daß es hier nicht lustig war, ohne Dich. Leb wohl, auf ein frohes Wiedersehen am Sonntag Deine dichliebende Elisabeth.

Nach dem 17.03.1933

Zell am See (Briefkarte): KAH in München

Mein geliebter Karl!
Vielen herzlichen Dank für Deine lieben Grüße. O, wie gräßlich ist meine Sehnsucht nach Dir. Wir sind halt doch so zusammengewöhnt. Wir kommen am Samstag 8 h abends in München an. Leider geht nur der eine Schnellzug, u. wir haben in München schon eine Schnellzugkarte gelöst. Ich komme also am Sonntag vormittag zu euch. Wie freue ich mich! Jetzt geht ja die Zeit hier schon stark dem Ende zu. Das Wetter war bis jetzt herrlich. Hoffentlich bist Du wohl auf. Alles andere mündlich. Tausend Grüße und Küsse von Deiner dichliebenden Elisabeth.

05.05.33

(P: München), Freitag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Bitte komme morgen um 4 h zu meinem Zahnarzt ich bin ¼ nach 3 h bestellt, hoffe also daß ich bis dahin fertig bin. Recht herzliche Grüße Deine Elisabeth.

16.06.33

(P: München), Freitag (Karte): KAH in München (E: 18)

Lieber Karl!
Voraussichtlich kommen wir morgen schon gegen 3 h heim. Dann lassen wir es also wie ausgemacht. Andernfalls rufe bitte abends an.
Herzl. Grüße auch an Mutter Deine Elisabeth.

22.06.33

(P: München), Donnerstag (Karte): KAH in Junkersdorf

Mein lieber Karl!
Hoffentlich bist du gut angekommen. Bei mir gibt es natürlich noch nichts zu erzählen. Erhole Dich gut und arbeite nicht zu viel. Viele herzliche Grüße an Mutter u. Fritz und ganz besonders Dir von Deiner Elisabeth.

22.06.33

(P: München), Donnerstag (Karte): KAH in Junkersdorf

22. 6. 33.
Mein lieber Karl!
Möchte Dir heute nur liebe Grüße senden. Erwarte heute eine Karte von Dir. Es gibt noch etwas zu erledigen, woran du nicht gedacht hast, Adolf macht es für Dich. Ich erzähle es Dir am Montag [26. Juni], ich schreibe es nicht gerne. Hoffentlich habt Ihr besseres Wetter als wir, heute regnet es. Ich schreibe Dir noch genau, mit welchem Zug ich komme. Für heute lebe wohl, Dir, Mutter u. Fritz tausend herzliche Grüße Deine Elisabeth.

23.06.33

München, Freitag (Briefkarte): KAH in Junkersdorf

Mein liebster Karl!
Mit großer Sehnsucht erwartete ich Deine Karte, sie kam ziemlich spät an. Heute besorgte ich Melos, Anbruch ist noch nicht erschienen. Ich bringe das Heft am Montag [26. Juni] mit, weil Du es, wenn ich es heute fortschicke auch nicht viel eher bekommen würdest. Voraussichtlich komme ich am Montag mit dem Zug ab Mü. 920 –
an Bamberg 149 an. Frühestens könnte ich 1216 in Bamberg ankommen, doch ist das ziemlich unwahrscheinlich. Ich lege Dir die Kritik über das Dortmunder Musikfest bei, wenn Du es noch nicht gelesen haben solltest. Schreibe nur möglichst bald Scherchen, je eher Du etwas erfährst, desto besser. Hoffentlich ist das Wetter jetzt besser, daß Du Dich in der frischen Luft erholen kannst. Bitte schone Dich gut, Du hast es nötig. Auf Montag freue ich mich riesig. Also voraussichtlich komme ich 149 h in Bamberg an. Bei mir gibt es keine Neuigkeiten. Behalte mich lieb, mit tausend Grüßen und Küssen bin und bleibe ich Deine treue, dichheißliebende Elisabeth.
Wastl war wieder bei Bauer, er sagte auf ganz kurze Zeit, er will diesen Monat noch fort. Er läßt Dich grüßen!!

Um den 23.06.1933

Junkersdorf (Brief mit Umschlag): E.R. in München (Schw: 14)

2
Mein liebste Elisabeth.
Trostlos ist das Wetter – immer Regen – gut, daß ich Arbeit mitgenommen haben [sic]. Ich habe heute mein Kinderspiel begonnen mit der Reinschrift. Wie geht es Dir. Nun ja hat sich viel ereignet. Auf alle Fälle mehr wie bei mir – ich arbeite – höre Radio − die Mutter ist ganz toll – sie kann nichts mehr hören. Nun schrenke [sic] ich mich auf’s Wichtigste ein. Ich freue mich riesig auf den Montag; – dann noch 14 Tage und dann am 7. [Juli] bin ich bei Dir.
Elisabeth bleibe mir nur gesund und froh. Gib acht auf Dich selbst. Deine Nerven sind sehr angegriffen. Denke an mich!!
Bitte grüße Deinen Vater herzlichst. Hoffentlich kommt der Montag bald. Fahre bitte sehr früh ab. Bis dahin grüße ich Dich und küsse Dich inniglich Dein Karl.

Um den 25.06.1933

Arnshausen (Briefkarte): KAH in Junkersdorf

Mein lieber, guter Karl!
Auch mir ist die Zeit in Bamberg so furchtbar kurz vorgekommen, es gäbe immer so vieles zu sprechen, was man schriftlich nicht richtig erledigen kann. Hier hat man endlich einmal Ruhe nicht diesen ewigen Ärger, es tut schon gut. Wenn man auch mit den hier herrschenden Ansichten nicht mitgehen kann. Ich höre halt viel Radio und abends lese ich in Deinem Buch, es ist außerordentlich interessant. Hast Du oder Mutter Richard und Adolf geschrieben, bitte tue es doch möglichst bald. Wenn das Wetter nur endlich besser werden würde. Mein lieber Karl, ich freue mich schon so sehr auf unser Wiedersehen, ich habe schon wieder so Sehnsucht nach Dir. Für heute sei innigst geküßt und umarmt von Deiner treuen Elisabeth.
Herzliche Grüße an Mutter u. Fritz.

Um den 26.06.1933

Bad Kissingen oder Arnshausen (Briefkarte) KAH in Junkersdorf: privat

„Soeben Deine Karte u. Brief erhalten. Es wird Mutter doch besser gehen!!!“
E.R. rät KAH, seine Mutter nach München zu bringen.
→ „Wir fahren entweder Montag abends oder Dienstag Mittag nach München zurück.“

Um den 27.06.1933

(P) Junkersdorf (Karte) E.R. in Arnshausen: privat

„Mutter geht es besser. Sie kann ruhig bleiben.“

27.06.33

(P: Bad Kissingen), Dienstag (Karte): KAH in Junkersdorf

Mein lieber Karl!
Bin gestern gut hier angekommen, Tante Cilly hatte meine Karte allerdings noch nicht bekommen, so mußte ich alleine herübergehen. Hoffentlich bist Du auch gut angekommen. Arbeite nur nicht zu viel, Du mußt Dich ja erholen. Tausend herzliche Grüße auch an Mutter u. Fritz Deine Elisabeth.

27.06.33

(P: Pfarrweisach) Junkersdorf, Dienstag (Karte): E.R. in Arnshausen

Elisabeth!
Morgen werde ich mit meinem Kindspiel fertig – Du kannst Dir denken, daß ich froh bin.
Ich arbeite gleich weiter an meinem Konzert. Sonst gibt es nichts neues – nun ja – Du weißt so alles. Ich bin froh, wenn ich das fränkische Sibirien wieder verlasse. Du wirst wohl viel Radio hören. Hast recht. Dann steht man wenigstens mit der wirklichen Welt in Verbindung. Grüße bitte Frau Feller und Herrn Pfarrer vielmals von mir. Lebe wohl, bleib gesund
Dein Karl.

28.06.33

(P: Maroldsweisach) Junkersdorf, Mittwoch (Karte): E.R. in Arnshausen

Liebe Elisabeth,
Hoffentlich erreicht Dich meine Post immer in bester Gesundheit. Ich freue mich Dich in meiner Nähe zu wissen. Sei froh und lustig. Heute vormittag habe ich meine Bearbeitung des Konzertes begonnen. Wird sehr schön. Werde morgen Dir einen Brief senden. Wenn nur besser Wetter werden würde – mehr Sonne, Sonne brauch ich, viel Sonne. Durch das Wetter komm ich nicht aus dem Haus. Grüße bitte Frau Feller und Herrn Pfarrer vielmals von mir. Ich denke gar oft an Herrn Pfarrer. Lebe wohl! Ich bleibe dein Karl.
Herzlichste Grüße sendet Dir liebe Elisabeth Mutter Hartmann

29.06.33

(P: Bad Kissingen), Donnerstag (Karte): KAH in Junkersdorf

Lieber Karl!
Mir geht es, recht herzliche Grüße Deine Elisabeth.

30.06.33

Pfarrweisach, Freitag (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Hier schicke ich Dir die Karte die ich eben bekam – 1 Stunde später, als ich den letzten Brief abschickte.“
Ankündigung eines Briefes für den Samstag.
Bittet um Zusendung einer Karte von [Hermann] Scherchen.
→Am Montag Fahrt nach München.
H. Scherchen: 1. Arbeitstagung in Straßburg „15 Jahre neue Musik“: Juli bis August 1933

30.06.33

(P: Pfarrweisach, Expreßbrief), Freitag (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

Liebe Elisabeth!
Hier schicke ich die Karte die ich eben bekam – 1 Stunde später, als ich den letzten Brief abschickte. Was soll ich tun – auf alle Fälle fahre ich Montag ab nach München. Schreibe mir was tun! Wann kommt Deine Mutter nach Arnshausen?
Mein Lieb – was nun – !? Dein Karl.
Samstag um 5 h kommt noch ein Brief. Gib acht! Schicke mir auf alle Fälle die Karte von Scherchen. Ich fahre nur wenn ich Dich gesehen habe!!!!!

30.06.33

(P: Pfarrweisach), Freitag (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

Mein Liebe!
Elisabeth in Eile teile ich Dir mit daß ich Freitag nach hause fahre!
Bitte teile mir umgehend mit ob du am Freitag fährst.
In Eile!! Dein Karl.

30.06.33

Arnshausen (Briefkarte) KAH in München: privat

„Vielen herzlichen Dank für Deine lieben Grüße.“
→ „Wir kommen am Samstag 8h in München an.“

01.07.33

(P: Schweinfurt), Junkersdorf, Samstag (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

Elisabeth!
Leider liege ich hier im Bett. Ich habe mich stark erkältet. Hab keine Angst. Bitte! Es geht etwas besser Mutter und Fritz sind sehr besorgt Ich fahre wahrscheinlich am Mittwoch oder Donnerstag – Hoffentlich. Die letzte Nacht war nicht angenehm. Heute habe ich einen Wickel bekommen. Also keine Angst. 3 – 4 Tage wird alles vorüber sein. Was sagst Du zu Scherchen.
Also mein Lieb – Bleib gesund Ich freue mich auf unser Wiedersehn Sei herzlichst umarmt Ich küsse Dich in inniger Liebe Dein Karl.

Nach dem 1. Juli 1933

Junkersdorf (Brief): E.R. in Arnshausen

Meine Liebe! Meine gute Elisabeth!
Hab’ bitte keine Angst um mich. Es geht schon viel besser. Es war eine Darmgrippe – und diesselbe [sic] spürte ich schon lange. Dann noch meine Nerven. Bitte hab’ keine Angst. Alles ist vorbei. Ich bleibe heute noch liegen. Morgen werde ich sehen. Ich fahre am Donnerstag nach Hause. Ich denke wohl Du fährst am Samstag, so treffen wir uns Sonntag. Ich wäre nie nach Straßburg weggefahren ohne Dich zu sprechen und Dich mehrere Tage zu sehen. Ich wollte Montag weg um meine Sachen mit Ruhe zu erledigen. Wird alles nachgeholt.
Ich bin mal neugierig, ob sich nun alles geregelt hat, mit meiner „Antigone“, ob ich K – B. Mitglied wohl werde? Ich glaube fast – – – – – – –
Ich studiere heute im Bett, Bach’s „Wohltemperiertes Klavier“ Das nimmt Scherchen durch. Nun am Sonntag können wir reden und uns nun ja. Mein Lieb Du kannst Dir kaum denken wie ich mich freue auch unser Wiedersehn. Elisabeth nimm Küsse von mir mein teuerstes Mädchen. –
Ich umarme Dich, schließe Dich ein und küsse Dein Haupt
in Verehrung und bleibe Dein Karl.
Ich bleibe wahrscheinlich bis Freitag in München. Hast Du alle Briefe bekommen, ich habe jeden Tag geschrieben. Bis auf Freitag da 2 Briefe.

Nach dem 1. Juli 1933

Junkersdorf (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

Meine liebe Elisabeth.
Heute bin ich wieder auf. Es geht langsam – doch bin ich froh, daß meine Krankheit (Darmgrippe) einigermaßen vorüber ist. Am Donnerstag um 4 h fahr ich hier weg. Mutter sagt eben, ich soll um 8 h fahren – gut ich werde mir den besten Zug heraussuchen. Mein liebes Kind wir sind öfters zusammen. Ich freue mich riesig – herrlich herrlich wird es. Elisabeth bleib mir gesund und froh. Jetzt ich endlich schönes Wetter. Also ich werde noch 2 mal schreiben.
Wie geht es in Arnshausen? Wie geht es Deiner Frau Mutter? Hoffentlich gut.
Ich freue mich auf unser Wiedersehn! Oh, diese Küsse!! Du – ! Mein Lieb! Alles Gute und Liebe wünsche ich Dir – komm – Du
Dein Karl

02.07.33

(Junkersdorf), Sonntag (Telegramm) E.R. in Arnshausen

fahre mittwoch Karl.

Vor dem 4.07.1933

Arnshausen (Briefkarte): KAH noch in Junkersdorf

H. Scherchen: 1. Arbeitstagung in Straßburg „15 Jahre neue Musik“ Juli bis August 33
(lt. KAH „eigentliches Fest“ vom 8. bis 16. August)

Mein lieber, guter Karl!
Wie soll die Sache jetzt gehen? Nach Deinem Telegramm zu schließen, willst Du erst nächste Woche [Montag, 10. Juli] nach Straßburg fahren, daß wir uns noch in München treffen können. Das wäre ja herrlich! Aber meinetwegen sollst du auch nichts versäumen. Am Montag hätte ich gut nach Bamberg kommen können, doch am Mittwoch würde es schwerer gehen, weil da Mama schon da ist. Hoffentlich kommt morgen ein Brief von Dir, wie du es dir denkst, ich habe jetzt gar keine Ahnung. Hoffentlich hat Adolf alles für Dich erledigt. Vor nächsten Montag kannst Du jetzt doch nicht fahren, denn in 3 Tagen kannst Du nicht alles erledigen, wenn Du erst Mittwoch zurückfährst. Also haben wir uns noch auf jeden Fall den ganzen Sonntag. Das ist wenig, aber es geht halt schwer anders. O Karl, ich werde ganz traurig, wenn ich denke so lange von Dir fern sein zu müssen, doch Du wirst schöne u. interessante Stunden verleben u. dann bin ich auch zufrieden. Bitte laß möglichst bald etwas hören, wie alles gehen soll. Ich richte mich nach Dir so gut als möglich. Gute Nacht es küßt Dich innigst Deine Elisabeth.

05.07.33

(P: Bad Kissingen), Mittwoch (Karte): KAH in Junkersdorf

Mein lieber Karl!
Hoffentlich geht es Dir wieder besser, ich bin sehr unruhig. Schone Dich u. kuriere Dich gut aus. Gestern Abend kam M. u. T. Maga. Morgen schreibe ich wieder mehr. Lebe wohl, werd bald gesund, herzlichst Deine Elisabeth.
Grüße an Mutter u. Fritz.

14.07.33

(P: München; Strasbourg: 15.07.1933), Freitag (Karte): KAH in Straßburg (Poste restante)

Mein lieber Karl!
Du sollst nicht umsonst zur Post gehen, wenigstens liebe Grüße will ich Dir senden, wenn es auch noch nichts zu erzählen gibt. Ich schrieb soeben Mutter, daß Du gut fortgekommen bist. Hoffentlich bist Du auch gut angekommen u. einquartiert. Heute Nachmittag werde ich zu B. gehen. Hoffentlich erlebst Du nun recht schöne u. besonders anregende Stunden. Ich wünsche es Dir so sehr. Für heute sei herzlichst gegrüßt von Deiner Elisabeth.
Soeben holte ich Deine Antig. ab.

16.07.33

(P: Strasbourg), Sonntag (Brief mit Umschlag): E.R. in München (K: 23)

Meine liebe Elisabeth. Mein Liebste.
Nun es gäbe allerhand zu erzählen. Der große Eindruck: Ich bin sehr enttäuscht.
Doch ich möchte vorsichtig sein – vielleicht bin ich schuld daran? Kann leicht sein – ich lebe zur Zeit in einer großen Depression. – Ich muß arbeiten – ja ich muß arbeiten. Scherchen will das Fest groß aufziehen. Gestern kam Wladimir Vogel – Bartok kommt ebenfalls. Ich glaube bestimmt – das eigentliche Fest wird grandios – also 7 − 16 August. Aber dann gleich nach München – rasch – – – –
Die Arbeitszeit ist von 8 h – 1 h von 2 h – 6 h von 8 h – 11 h – also 12 Stunden pro Tag. Jeder bekommt ein Referat: ich habe 1.) Neue Möglichkeiten – und Spielmöglichkeiten der Blechblasinstrumente – 2.) Tempoanalyse bei der klassischen Musik! Es kommt jetzt aber darauf an – wie das gemacht werden soll. Scherchen arbeitet wie toll. Die Menschen – bzw. die Schüler 99 prozent unangenehm. Mehr will ich bis jetzt nicht schreiben über diese Angelegenheit.
Straßburg selbst Teuer! Teuer! Teuer! Zum Beispiel – ich such ein Zimmer – 300 Fr. 400 Fr. Nein – ich gehe – ich gehe in das Studentenheim – nein Deutsche nehmen sie nicht. – Erst gestern abend bekam ich ein Zimmer – 300 Fr. Aussicht in alten Hof nichts bedeutendes – aber sehr reinlich. Heute Sonntag ziehe ich ein – zwei Nächte mußte ich im Hotel übernachten – das Essen – durchschnittlich 9 – 10 – 12 Fr. – also 1.50 M – 1.70 – 2 M irrsinnig!!!
Meine Noten sind gefunden worden. Ich freue mich riesig auf die Konzerte. Sind nicht viel deutsche Komponisten zur Aufführung. Schicke mir meine Partitur „Antigone“ und „Motette für Chor“ – allerdings liegt die bei uns zu haus auf dem Flügel – oder Grammophon – oder auf dem kleinen Regal. Ist keine Reinschrift – also die ganzen Blätter nimm. Gell viel Arbeit – Mein Lieb!!
Ich wohne Fischerstaden – No 8 bei Frau Hummel
Oh Elisabeth wie schön ist’s bei Dir
Meine Arme lege ich um Dich und küsse Dich inniglich Dein Karl.
Bald schreibe ich Dir – schau mal nach wie es Richard geht. Mutter soll mir schreiben!!!!!!!! Grüße Vater herzlichst von mir. Ich lege Dir 2 Zeitungsausschnitte bei, schicke einen an Erika Schraube, Agnes Bernauerstraße 103 (steht im Telefon-buch)
Fischerstaden − No 8 bei Frau Hummel

17.07.33

(P: Strasbourg), Montag (Karte): E.R. in München (K: 23)

Liebe Elisabeth.
Wieder muß ich Deine Hilfe in Anspruch nehmen. Schicke mir sofort (bitte bald) die Stimmen Alfredo Casella – Blechmusik (Introduzione Choral u. Marsch). Die Stimmen liegen im Bücherschrank bei mir zu hause. Also im Bücherschrank im 2. Fach [Karte hier abgerissen]. Es sind ungefähr 40 Stimmen – [dito]. Auch von Egk sind Stimmen dabei – [dito]. [Schicke mir] den ganzen Stoß. Eingeschrieben an die Adresse: Karl A. Hartmann Straßbourg (France) Conservatoire de musique – Platz der Republik. Du findest sie ganz bestimmt. Auf jeder Stimme steht der Name Casella – und Egk. Jede Stimme ist ein Notenblatt. Also sei so lieb und setze Dich in Verbindung mit Richard. Mein Concert findet am 12. August statt. (Es könnte sein, daß die Stimmen am Flügel liegen oder neben dem Flügel auf dem Gestell.) Es ist viel Arbeit. Lebe wohl! Grüße an Vater. Dein Karl.

18.07.33

(P: München), Dienstag (Karte): KAH in Straßburg (bei Hummel)

Lieber Karl!
Herzlichen Dank für Deinen lb. Brief. Du weißt wie ich mich immer freue von Dir zu hören. Mit der Zeit wird es Dir dort immer besser gefallen. Hoffentlich hast Du meine Karte und d. Brief postlagernd bekommen. Morgen schreibe ich mehr. Lebe wohl, herzlichst grüßt dich Deine Elisabeth.

18.07.33

München, Dienstag (Brief): KAH in Straßburg

München, d. 18. Juli 33.
Mein lieber, guter Karl!
Von ganzem Herzen wünsche ich Dir, daß Du Dich besser eingewöhnt hast!! Gut, daß Ihr 12 Stunden arbeiten müßt, dann hast Du nicht viel Zeit zum nachdenken. O, sei fröhlich, alles andere hat ja keinen Sinn. Auch ich weiß nur allzu gut, wie schwer einem oft ist, da hilft dann auch kein Trost und keine Aufheiterung. Und doch muß man sich zusammennehmen sonst wird es immer schlimmer. Mein Karl, immer mehr fühle ich, wie ich Dich liebe, wie ich mit Deinen Gedanken und Deinem Ich verbunden bin, ohne Dich könnte ich nicht leben. Trotz allem bin ich jetzt so glücklich wie nie zuvor. Hoffentlich hast Du meine Post bekommen. Papa behauptete gestern meine „Kl“ könnte man in Frankreich nicht lesen. Gestern schrieb ich Richard sofort, er solle mich heute anrufen, hörte aber bis jetzt noch nichts von ihm. Hoffentlich finden sich alle Deine Sachen, ich schicke sie ab sobald ich alles habe. Papa meint, ich müsse sie in einer Rolle schicken, da sie sonst leicht verbogen od. zerrissen werden könnten. Heute schickte ich die Tanzsuite von Riisager ab. Soll ich Donderer nichts mehr ausrichten? Daß er ja nicht zu spät dorthin kommt!! Wenn Du noch Geld brauchst, schreibe es rechtzeitig, damit [Du] nichts entbehren mußt. Ich verstehe nicht, wie Sch. schreiben konnte, Du könntest ein Zimmer um so u. soviel haben, wenn er gar keines bereit hatte. Bitte spare dort nicht zu viel, Du sollst es schön haben. Auf Dein Konzert freue ich mich auch sehr. Heute war ich in den Juryfreien, die Ausstellung ist, nach meinem Ermessen, sehr schön, schöner als die letzte. Auch Adolfs Bilder machen sich außerordentlich gut. Ich lese z. Z. viel Bernard Shaw in englisch. Ich schätze ihn sehr. Ich muß viel lesen, um d. Zeit totzuschlagen, tue es allerdings auch sehr gern. Wenn ich Dich nur endlich einmal stärker unterstützen könnte! Nichts ist doch schöner als füreinander arbeiten. Ich hoffe nun, daß ich Dir Deine Sachen bald zuschicken kann, das geht nämlich nicht so einfach, weil Richard so selten zuhause ist. Nun mein lieber Karl, leb recht wohl für heute. Meine Gedanken sind fast den ganzen Tag bei Dir, was ich auch treibe. Ich küsse Dich u. bleibe Deine treue Elisabeth.

19.07.33

(P: München), Straßburger Adresse: Fischerstaden 8, bei Hummel, Montag (Karte): E.R. in München (K: 23)

Liebe Elisabeth.
Bitte schreibe an Benno Balan – Berlin – Charlottenburg – Mommsenstr 46 er möchte eine Partitur – „Burleske Musik“ an Knudåge Riisager, Kopenhagen F Glahnsallee 43 senden. Hier hörte ich keine bedeutenden Werke. Hoffentlich wird es besser. Werde auf alle Fälle ein Ballett schreiben nach Bildern von Beckmann. [Werner] Egk kommt am Donnerstag
Ich bleibe Dein Karl.
Die Herren Dirigenten sind ungenießbar!!!!

19.07.33

(P: München), Mittwoch (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Mein lieber Karl!
Heute kam noch keine Nachricht von Dir. Hoffentlich bist Du gesund wohl auf! Heute früh rief Richard an, es geht ihm gut, er beschwerte sich, weil Du weder ihm noch Mutter geschrieben hättest. Abends hole ich Deine Sachen bei ihm ab. Heute Nachmittag fahren wir nach Starnberg zum baden, mit einer ungarischen Studentin, die Mama wieder einmal in der Universität aufgegabelt hat. Es ist hier wieder sehr heiß, hoffentlich ist es bei euch besser, sonst tust Du Dir im arbeiten so schwer. Deine Uhr habe ich heute abgeholt, jetzt ist es aber zu spät. Sonst gibt es nichts neues. Laß es Dir gut gehen, komme vor Überanstrengung nicht krank heim.
Sei herzlichst gegrüßt u. geküßt von Deiner Elisabeth.

20.07.33

München, Donnerstag (Briefkarte): KAH in Straßburg

Mein geliebter Karl!
Gefällt es Dir dort denn so wenig? Das tut mir wirklich leid. Wie ist Scherchen? Ist er so nett wie früher? Das würde mich sehr interessieren. Heute noch werde ich an den Balanverlag schreiben und Deine Sachen gehen auch noch heute ab. Hoffentlich kommt alles gut an. Wenn es sich um Dich und Deine Angelegenheiten handelt bin ich immer sehr ängstlich. Gut, daß Adolf bald kommt, dann bist Du nicht so alleine. Vielleicht interessieren Dich die neuen Verordnungen, die ich Dir beilege. Kommst Du jetzt dazu ein Ballet zu schreiben oder hast Du es für München vor? Hast Du schon viel mit Sch. privat gesprochen? All das würde ich gerne wissen. Morgen fahre ich für einen Tag nach Freising, weil Mama nach Landshut fährt. Kann sein, daß ich nach Bayreuth zu einem Festspiel fahre, man bekommt einige Karten um 10 M u. freie Fahrt. Ich weiß nur nicht, ob sie nicht schon vergeben sind, weil es nicht viele davon gibt. Scheinbar ist d. Theater so wenig gefüllt, daß man [Karten] beinahe umsonst bekommen kann.
Mein Karl, ich habe so Sehnsucht nach Dir. Alles ist leer u. einsam um mich hier. Wie freue ich mich auf unser Wiedersehen!!! Sei tausendmal umarmt u. geküßt von Deiner Dich heißliebenden Elisabeth.

21.07.33

(P: Freising), Freitag (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Mein lieber Karl!
Kam soeben hierher u. schreibe vom Schwimmbad aus, ich fuhr gar nicht erst zur Wohnung. Gestern gingen Deine Stimmen von Casella ab, die Antigone folgt morgen, weil d. Paket zu schwer geworden wäre. Richard sieht gut aus, er erzählte mir, daß Adolf schon bei Dir sei. Bis jetzt schrieb ich Dir 3 Briefe u. 4 Karten, hast Du alles bekommen.
Für heute sei herzlichst gegrüßt von Deiner Elisabeth.
Auch Grüße an Adolf.

22.07.33

(P: Strasbourg), Samstag (Karte): E.R. in München (K: 23)

Meine Liebe.
Sei mir nicht böse, wenn ich wenig schreibe, doch die Arbeit wird jetzt immer mehr – jetzt muß ich noch einen Bühnen-Inspitienten [sic] machen. Eine ganz heiße Arbeit. Eine Arbeit die nur von Regisseuren gemacht wird. Morgen werde ich Dir einen Brief schreiben. Allmählich wird es immer interessanter.
Bleib gesund und grüße Vater herzlichst. Ich bleibe Dein Karl.

23.07.33

München, Sonntag (Brief): E.R. in München

Mein liebster Karl!
Heute traf ich Adolf, der mir nun über Dein dortiges Leben und Treiben mehr erzählte. Ich bin froh, daß Du Dich dort endlich etwas mehr eingewöhnt hast. Jetzt kommen ja so viel Persönlichkeiten dorthin, da wirst Du dann auch mehr haben. Ich bin so froh, daß es nun interessanter dort wird, sonst wäre es für Dich ja entsetzlich geworden. Sei nur etwas aufdringlicher, Du bist immer zu bescheiden. Die „Stimmen von Casella“ gingen Donnerstag ab u. die „Motette für Chor“ u. „Antigone“ gingen Samstag ab. Das hat sich etwas verzögert, weil man noch Deckel für die Rolle machen mußte. Papa meinte anders eingepackt würden sie zu leicht zerrissen werden. Hoffentlich machen sie gewellt nichts aus. Der Antigone legte ich auch noch eine Kritik über Egk im Völk. Beobachter bei. Sie ist sehr interessant. Hoffentlich kommt alles gut an. Schreibe lieber selbst noch einmal Donderer, daß er ja nichts versäumt. An Deiner Stelle würde ich immerhin sorgen, daß notfalls ein anderes Stück aufgeführt werden könnte. Spreche hierüber einmal mit Scherchen. Er ist ein großer Schlawiner. An Balanverlag schrieb ich auch. Adolf sagte de Witt sei gestern dagewesen, man bräuchte also Deinen Brief nicht fortschicken. Ich hoffe ich habe jetzt alles bestens erledigt. Diese Woche war ein arger Trubel. Ein Vetter von Mama war da, dessen Tochter z. Z. hier ist, es war Stiftungsfest von seiner Verbindung. Der kam nun öfters. Ich sollte auch mitgehen zu den Tanzveranstaltungen, habe aber natürlich entschieden abgelehnt. Am Donnerstag Abend waren wir dann zusammen noch bei Lisl Karstadt u. Karl Valentin u. hernach im Luitpold. Karl Valentin habe ich das erste mal gesehen. Ich kann aber überhaupt mit dieser Art nichts anfangen. Ich mag einfach diese Komiker nicht. Freitag waren wir dann in Freising. Mama holte Eier ab in Landshut! Samstag kam ein Jugendfreund von Mama mit seiner Frau aus Stuttgart. – „Keine Angst, sein Bub ist erst 12 Jahre.“ Ich bin so froh, wenn jetzt wieder einmal Ruhe ist. Nur Dich möchte ich bei mir haben, sonst gar nichts. Mein Karl, ich habe so furchtbar Sehnsucht nach Dir. Es ist mir den ganzen Tag als müßte ich etwas suchen, was ich verloren habe. Doch sei Du froh, glücklicherweise gibt es ein Wiedersehen, dann ist alles auszuhalten. Ich hab Dich so lieb. Ach Gott – man kann ja in Briefen nichts sagen – so leicht entstehen Mißverständnisse, oder es wirkt kalt, oder es ist irgendetwas anderes. Doch wir kennen uns ja so gut, daß Worte unnötig sind. Ich küsse Dich heiß und bleibe Deine Elisabeth.
Ich weiß nicht, ob Dich etwas aus den Rundfunknachrichten interessiert. Auf jeden Fall lege ich sie einmal bei: Es erscheint jetzt in d. M. N. N. gar keine Musik-Rundschau mehr. Hast [Du] meine ganze Post bekommen? Nochmals alles liebe von Elisabeth.

25.07.33

(P: München), Dienstag (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Lieber Karl!
Heute Dienstag erwarte ich einen Brief von dir. An Rümmelein habe ich geschrieben. Jetzt wird Mutter bald kommen, dann besuche ich sie u. schreibe Dir, wie es ihr geht. Hier ist eine entsetzliche Hitze. Wenn Du zum baden gehst sei bitte sehr vorsichtig, nicht im Rhein schwimmen. Ich habe immer angst um Dich. Sonst gibt es nichts neues. Hoffentlich sind alle Deine Sachen gut angekommen.
Sei tausendmal gegrüßt von Deiner Elisabeth.

26.07.33

(P: München), Mittwoch (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Mein guter Karl!
Habe kurz nachdem mein Brief fortging, Adolf getroffen u. besprach mit ihm die Sache wegen Donderer. Sei ganz ruhig! Ich werde es immerhin ermöglichen, daß D. kommen kann. Adolf hat heute auch Sch. geschrieben einen Brief. Es wird alles gut werden! Mutter kam heute gut an, sie sieht gut u. erholt aus. Armer Karl, welchen Schrecken wirst Du wegen D. gehabt haben.
Behalt mich lieb Deine Elis.

27.07.33

München, Donnerstag (Brief). KAH in Straßburg

Mein lieber, guter, armer Karl!
O, in welchem Zustand wirst Du wohl jetzt sein!!! Mein Gott ich habe ja so angst. Du bist dort allein, ganz kaputt und noch dazu so unbeholfen. Bitte, bitte iß jetzt richtig, ruhe Dich aus, rege Dich über nichts auf. Ich werde jetzt sorgen, daß Du immer Geld hast. Ich konnte ja nicht wissen, daß Du so schlecht daran bist. Ich habe doch immer gefragt, ob Du nichts brauchst. Auch sagte mir Adolf heute, daß Du das Zimmer schon vorausbezahlt hast, sonst hätte ich doch gleich etwas geschickt. Karl, glaube mir, es tut sehr weh, wenn man merkt, daß mein Karl in diesem Punkt so fremd mir gegenüber ist. Doch, Du brauchst jetzt nichts mehr darüber zu schreiben, ich schicke es von nun an selbst. Hoffentlich bist Du nicht krank. Sch. hätte Dir doch bestimmt etwas geliehen, Adolf meinte dasselbe. Oder Deine Hausfrau hätte doch bestimmt Dir etwas zu essen gegeben. Wie froh bin ich, wenn Adolf wieder bei Dir ist, da weiß ich Dich wenigstes in guter Hand. Du kleiner Karl! Du bist zu sehr Künstler um im praktischen Leben zurechtzukommen. Doch Du bist schon recht so, ich werde später schon für Dich sorgen. Wegen Donderer sei ganz ruhig, wir sorgen schon dafür, daß er kommen kann, doch von Sch. ist das eine Rücksichtslosigkeit sondergleichen. Adolf hat ihm gestern geschrieben, einen sehr lieben aber entschiedenen Brief. Hoffentlich kam d. Brief auch ordentlich an. In den letzten Tagen habe ich gesehen, wie viel Adolf doch für Dich tut u. wieviel Mühe er sich um alles gibt. Gestern kam Mutter an, es geht ihr gut u. sie sieht sehr gut aus. Ich besuchte sie gleich um nach ihr zu sehen. Natürlich jammerte sie etwas, wie d. Wohnung aussah. Gestern war auch Hilde da, ich habe den Eindruck, daß sie R. ziemlich verhetzt. Hier ist starke Hitze, hoffentlich ist es nicht so schlimm bei Dir. Gehe nur jetzt nicht zum baden, Du bist geschwächt, da ist kaltes Wasser nicht gut. Sorge Du nur, daß Dein Stück gut herauskommt. Noch eine Bitte, schreibe bitte, wenn Du wieder Geld hast eine Karte an Papa, nur Grüße, es wird ihn sehr freuen. Er ist auch ganz außer sich, daß du so schlimme Tage hattest u. kein Wort an mich hierüber geschrieben hast. Von nun an lasse es Dir gut gehen. Bitte, bitte, bitte!! Ich habe noch in Adolfs Namen ein Telegramm geschickt, daß Du nicht heimfährst.
Mein Karl, glaube mir meine Gedanken weilen Stunde für Stunde mit großer Liebe bei Dir, ich freue mich so riesig auf unser Wiedersehen. Sei tausendmal geküßt von Deiner Dich so heißliebenden Elisabeth.
Wen ich nur wüßte wie es um Dich steht!!! Geld geht noch diese Woche ab. Du hast mir einen so wahnsinnigen Schrecken eingejagt. Ich bin noch immer ganz aufgeregt. O, hab doch Vertrauen zu mir!! Auch in diesem Punkt.

27.07.33

(P: München), Donnerstag (Karte, Absender ist Adolf Hartmann): KAH in Straßburg (Hummel)

Lieber Karl!
Eigentlich bin ich Dir richtig böse. Warum schreibst Du mir nicht? Du sagst es doch mir u. nicht Papa. Es ist schon sehr traurig, daß Du so wenig Vertrauen zu mir hast. Wie kann ich wissen, daß Du nichts mehr hast, wenn Du kein Wort sagst. Ich mache es schon so, daß Du wegen Papa keine Angst zu haben brauchst. Jetzt tu mir wenigstens den einen Gefallen u. iß ordentlich, wenn Du das Geld hast. Du hast mir einen Riesenschrecken eingejagt. Mach doch nicht solche Dummheiten!!!! Du bist ja beinah wie ein kl. Kind. Morgen schreibe ich mehr. Bitte werde vernünftiger u. hab Vertrauen zu mir. Sei herzlichst gegrüßt von Deiner Elis.
[Vorderseite]
Lieber Karl hab dir heute früh per Postanweisung 16.70 das sind Hundert franken gesand Also ruhe hier versäumst Du wirklich nichts Es ist nichts los also arbeite und schau daß Deine sache gut wird. Du bist wirklich unbeholfen
Also Gruß Dein Adolf

28.07.33

(P: München), Freitag (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Lieber Karl!
Wenn du wüßtest, welche Angst ich um Dich habe. Hoffentlich ist d. G. [Geld] schon in Deinen Händen. Bitte sei bei der Hitze im essen vorsichtig, nimm ja nichts, was verdorben sein könnte. Seit ich weiß, wie schwer Du Dir tust, habe ich keine Ruhe mehr. Bitte sei vorsichtig. Wenn nur Adolf schon bei Dir wäre. Auch mit dem Baden sei vorsichtig. Ich weiß mir vor Angst kaum mehr zu helfen. Bleib gesund, erhalte Dich wohl, und sei vielmals gegrüßt von Deiner Elisabeth.
Hier ist alles in Ordnung.

Um den 29.07.1933

München (Briefkarte): KAH in Straßburg

Lieber Karl!
Weißt Du auch, daß ich seit Dienstag, – also fast seit einer Woche keine Nachricht mehr von Dir bekommen habe. Ich bin verzweifelt. Wenn Dir nichts zugestoßen wäre, müßte ich doch etwas gehört haben. Ich weiß daß Du wegen d. Geldes einige Tage nicht schreiben konntest, doch Freitag hast Du doch schreiben können. Mein Gott, wenn ich nur wüßte, was mit Dir los ist. Wenn Du auch viel zu tun hast, einen Gruß kann man immer schreiben. Wenn bis Montag früh nichts da ist, schreibe ich an Scherchen, was da los ist. Schon die letzten Tage regte ich mich so auf, weil Du hungern mußtest u. so schlecht dran warst – all das nur wegen Deinen Stolz mir nicht um Geld zu schreiben – jetzt muß ich fürchten, daß Du krank bist od. muß noch schlimmeres befürchten. Es ist entsetzlich!!! Ich kann schon 3 Nächte nicht mehr schlafen. Das Geld mußt Du Freitag früh bekommen haben, also hätte bis Samstag etwas da sein können. O Karl, quäle einen doch nicht so, ich weiß mir ja nicht mehr zu helfen vor Aufregung. Gestern schickte Papa an Dich 200 Fr. ab, er meint im kleinen u. öfters schicken sei besser. Ich lege Dir einige Ausschnitte bei, ich glaube nicht, daß es Dich sehr interessieren wird. Es war hier ein 3tägiges Sommerfest, ich war aber nicht dort. O, Gott wenn ich nur Gewißheit hätte, wie es Dir geht, Stunde um Stunde grüble ich nach, was die Ursache Deines Nichtschreibens ist.
Nun grüße ich Dich herzlich als Deine Elisabeth.
Bitte, bitte erhalte Dich gesund für mich. Ich muß Dich haben!!

31.07.33

Straßburg (Fischerstaden 8 bei Hummel), Sonntag (Brief) E.R. in München:

„Hab keine Angst um mich.“
„Konzert kommt nach meinem Wunsch zur Aufführung.“ [Hermann] Scherchen übernimmt die Kosten für den Trompeter [Georg] Donderer. KAH plant [Alois Hába] Haba, der „morgen“ aus Prag kommt, wegen Aufführungen anzusprechen.
→beabsichtigt in 16 Tagen wieder bei E.R. zu sein.

31.07.33

(P: Strasbourg), Montag (Briefpapier und Umschlag: „Conservatoire de Strasbourg“): E.R. in München (K: 23)

Mein Lieb!
Hab keine Angst um mich. Bitte, bitte! Ich bin wohlauf und gesund. Mein Konzert kommt nach meinem Wunsch zur Aufführung. Scherchen zahlt Donderer. Ich bin froh.
Liebe Elisabeth Du darfst mir nicht böse sein. Du kannst Dir nicht vorstellen wie ich auf Dich baue – meine ganze Zukunft liegt in Deinen Händen. Denn ich vertraue Dir ganz. Laß’ all den Zweifel – komm zu mir – ich küsse Dich! mein Lieb!!
In 16 Tagen bin ich bei Dir! oh wie ich mich freue. Dann werde ich erzählen. Erzählen – und Dich umarmen in Liebe mein teures Mädchen.
Morgen kommt Haba aus Prag. Ich gehe gleich fest auf ihn los wegen Aufführungen.
Elisabeth heute erhielt ich 200 Fr. nimm meinen Dank. Grüße alle von mir und ich bleibe Dein Karl.
Ich umarme Dich, drücke Dich fest an mein Herz und bleibe Dein Karl der Dich wahrhaft liebt.

01.08.33

(P: München), Dienstag (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Lieber Karl!
Zu Deinem Geburtstag wünsche ich Dir alles Gute und sende Dir herzliche Grüße. Deine Elisabeth.
Der Brief war sehr kurz für eine wöchentliche Pause.

Um den 2.08.1933

Straßburg (Brief) E.R. in München:

„Bist du mir wirklich böse.“
Aufführung des Stückes (Trompetenkonzert) war durch die Abreise dreier Herren gefährdet. Der fristlos gekündigte Klarinettist [Willy] Tautenhahn solle sogleich zu [Hermann] Scherchen. Geplante Aufführung des Konzerts in Brüssel. Aufführungsgespräche mit [Alois] Haba für Prag und mit Prof. [Walter] Frey für Basel oder Zürich. Tautenhahn wird für Freitag oder Samstag erwartet. Er hat Scherchen ein „blödes Telegramm“ geschickt. Die Sache mit [Georg] Donderer ist „saudumm“. Scherchen besteht auf der Aufführung des Konzerts. Zusammenstellung einer Kurzbiographie, die vor der Konzertübertragung im Rundfunk verlesen werden soll. Am morgigen Tag Gang auf das Konsulat: Paßverlängerung für zehn Tage.
→beabsichtigt in 14 Tagen wieder bei E.R. zu sein.

02.08.33

Straßburg, Mittwoch (Karte) E.R. in München:

„Liebe Grüße sende ich Dir.“
Frage nach [Georg] Donderers Ankunft und ob dieser die Noten erhalten hat. „In meinem Konzert [für Trompete und Bläserorchester] blasen 3 Musiker aus Brüssel – besonders einer (Tuba) ist ganz fabelhaft. Fast besser als der Münchner Tubaist.“ KAH hält nun Einzelproben ab. „Mein Stück fällt aus dem Rahmen bei dem Deutschen Konzert. Ich glaube den besten Erfolg werde ich haben.“

02.08.33

(P: Strasbourg), Mittwoch (Karte): E.R. in München (K: 23)

Meine liebe Elisabeth.
Liebe Grüße sende ich Dir. Hab keine Angst, ich bin gesund. Nun ist ein nettes Freundschaftsband entstanden zwischen alle[n]. Doch gibt es viele Zwistigkeiten. Ein großer Krach zwischen alle[n] Dirigenten und Komponisten gegen einen Maler – Adolf kennt ihn. Wann kommt Donderer genau! Hat er meine Noten erhalten. Adolf soll nur kommen. In meinem Konzert blasen 3 Musiker aus Brüssel – besonders einer (Tuba) ist ganz fabelhaft. Fast besser als der Münchner Tubaist. Ich bin sehr froh. Ich halte jetzt Einzelproben. Mein Stück fällt aus dem Rahmen bei dem Deutschen Konzert. Ich glaube den besten Erfolg werde ich haben. Glaube bestimmt.
Mein Lieb, bleib gesund. Grüße Deinen Vater herzlichst und meine Lieben. Ich freue mich bald bei Dir zu sein, und ich bleibe fest Dein Karl.

Um den 4.08.1933

München (Brief): KAH in Straßburg

Mein liebster Karl!
Eigentlich wollte ich Dich wenigstens halb so lang zappeln lassen, wie Du mich, aber das bringe ich nicht fertig. Ich war wirklich sehr ärgerlich, weil Du doch weißt wie ich mich immer ängstige u. ein paar Worte kann man schon schreiben, auch wenn noch so viel zu tun ist. Ich war wirklich ganz aus dem Häusl. Doch nun Schluß damit. Ja – zu erzählen gäbe es eigentlich schon, aber sehr wenig bedeutendes. Vorige Woche war hier eine ganz entsetzliche Hitze, Du wirst darunter auch sehr gelitten haben. Ich war täglich beim Baden. 3 mal in Maria Einsiedel, einmal in Gräfelfing und einmal in Starnberg. Dort war es am schönsten. Für Dich bin ich jetzt so froh, daß es wieder kühler ist, da fällt Dir dann das Arbeiten nicht so schwer. Strenge Dich nur nicht zu sehr an. Wenn Du zurück bist, dann hoffe ich, daß wir 3, Papa, Du u. ich im Sept. auf ein paar Tage fortkönnen, Du mußt Dich dann erholen. Am Mittwoch war ich bei Mutter, es geht ihr gut, sie sieht sehr gut aus. Lepsche sei mit ihr sehr zufrieden gewesen. Auch sind sonst alle wohl auf. Wie hast Du Deinen Geburtstag verbracht? Hoffentlich nicht zu schlecht. Ich konnte nichts schicken, weil es ins Ausland gar so schwer und umständlich geht. Ich habe sehr, sehr viel an Dich gedacht, wie ich überhaupt den ganzen Tag, Stunde um Stunde mit Dir lebe. Ich weiß, künstlerisch wirst Du alles schmeißen, daran hab ich nie gezweifelt. Ich bin ja so stolz auf Dich. Ich habe den prächtigsten Mann von der Welt. Und im praktischen Leben, das kann ich ja für Dich machen. – Wenn ich das Zeug dazu habe? – Mein Karl, ich freu mich so auf Deine Aufführung. Die Menschen werden sehen, was du kannst. Egk hat wieder einen Auftrag bekommen. Hiermit begründet er sein Nichtkommen. Adolf hat ihn neulich angerufen. Papa freute sich sehr über Deinen Brief. Er ist ein Mensch, den so etwas besonders freut. Ich habe sehr heimweh nach Dir. O, welche Freude wird das sein, wenn Du wieder hier bist. O Karl! Mutter hat auch sehr Sehnsucht nach Dir. – Mein guter Karl, jetzt erschrick nicht. Soeben, diese Minute hat mich Adolf angerufen. Donderer soll keinen Urlaub bekommen, doch ist es noch nicht ganz sicher. Das ist so: Er erfuhr vorgestern daß die Musiker heuer keinen Urlaub bei den Festspielen bekommen u. schrieb sofort an Adolf. Adolf sagte ihm nun er solle heute noch mit Knappertsbusch sprechen, vielleicht geht es doch noch. Also morgen treffe ich Adolf um 11 h und da werde ich es erfahren. Wenn Du dann kein Telegramm bekommst, ist alles in Ordnung. Sonst mußt Du halt mit Sch. sprechen, daß der andere Trompeter unbedingt Deines [Dein Stück] blasen muß, das wird Sch. schon zuwege bringen. Oder Sch. soll etwas anderes von Dir aufführen. Notfalls halt die „Burleske“, das wird ja gehen. Adolf schreibt dann noch an Sch., wenn die Sache mit Donderer nicht ginge. Auf jeden Fall möchte ich haben, daß Donderer die Partitur schickt, daß der andere Trompeter blasen könnte, wenn D. im letzten Augenblick abgehalten wäre. Sch. wird die Sache schon irgendwie deichseln. Verliere nicht den Mut. Kopf hoch. Du bist es ja schon gewöhnt, daß bei Dir immer Schwierigkeiten dazwischenkommen. Bleibe auf jeden Fall bis 16. August. Nützen tut es Dir immer mit den Leuten dort möglichst lag beisammen zu sein. Also rege Dich nicht auf! Wenn kein Telegramm kommt ist alles in Ordnung, sonst mußt Du eben mit Sch. sprechen, er muß es eben machen. Auf Adolfs Anruf hin schicke ich den Brief expreß fort. Lieber Karl, auch wenn Donderer kommen kann, würde ich mit der Möglichkeit rechnen, daß er nicht kommen könnte. Besprich das mit Sch. er soll bereit sein, etwas anderes von Dir aufführen zu können. Darauf mußt Du dringen. Nun es wird schon noch gut werden. Ich fürchte es steckt eine Schikane dahinter. Manchmal scheint sich die ganze Welt gegen einen verschworen zu haben. Und wenn es wirklich schief gehen sollte, dann ist auch nicht das größte Unglück geschehen, wenn es auch sehr, sehr peinlich wäre.
Mein Karl ich wollt ich wäre bei Dir und könnte mit Dir tragen. Unsere Liebe kann ja nichts in der Welt brechen, da helfen Schikanen nichts, das bleibt uns sicher, und solange das ist, sind wir immer noch glücklich. Das andere sind ja alles äußerliche Unannehmlichkeiten, die auch wieder vorübergehen, doch unsere Liebe bleibt. Und was gibt es schöneres?! Nur noch 2 Wochen, dann sind wir wieder beisammen. O was für eine Freude auf diesen Tag unseres Wiedersehens. Ich überschütte Dich mit heißen Küssen, habe Deine guten Augen vor mir und bleibe unter tausend Umarmungen Deine treue, Dich innig liebende Elisabeth.
Brauchst Du Geld? Schreibe bitte rechtzeitig darum!

04.08.33

(P: München), Freitag (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Mein lieber Karl!
Das ist jetzt alles sehr dumm gegangen. Heute traf ich Adolf u. Donderer. Donderer bekam von Kna. keine Erlaubnis, er reichte jetzt noch um Urlaub ein, er erfährt es heute abend. Doch ist es sehr, sehr unwahrscheinlich, daß er Urlaub bekommt. Er schickt heute noch die Solostimme ab, daß der andere Trompeter sie üben kann. Hoffentlich kann er einigermaßen an Donderer hin. Auf jeden Fall hoffe ich, daß es Scherchen ermöglichen wird. Du mußt stark auf die Aufführung dringen, es muß gehen. Natürlich ist es nicht dasselbe, wie wenn Donderer spielen würde, doch besser als nichts. Adolf wird voraussichtlich kommen, doch mit dem Zug. Lieber Karl, rege Dich nicht auf, auf jeden Fall bleibe dort bis Ende der Tagung. Noch etwas wird Dich interessieren. 14 Leuten vom Rundfunk wurde gekündigt, darunter auch Tautenhahn, aber nicht Herbert.
Mein lieber Karl, sei jetzt ruhig u. nicht nervös, als Ersatz muß halt d. andere Trompeter gehen. Natürlich ist es großes Pech. Nun grüße ich Dich recht innig, leb wohl, behalt mich lieb und ich bleibe Deine Elisabeth!

04.08.33

(P) Straßburg, Freitag (Brief [Briefpapier und Umschlag: „Conservatoire de Musique“] mit Umschlag): E.R. in München (K: 23)

Meine liebe Elisabeth.
Bist du mir wirklich böse. Ja – ! das wäre traurig. Ich glaube vielmehr, Du bist zu ängstlich für mich. Mein Lieb. Glaube mir: ich bin gesund, ich bin nicht überarbeitet: aber ich [bin] nur – verrückt nach Dir. Elisabeth. Nimm mir’s nicht übel – doch ich muß morgens 8 – 11 h arbeiten. Letzte Tage war ein Krach, 3 Herren sind abgefahren – mein Stück war gefährdet. Doch jetzt hat sich alles gelegt. Tautenhahn muß sofort zu Scherchen. (Du wirst wohl wissen, daß Tautenhahn fristlos entlassen worden ist.) Mir tut Tautenhahn sehr leid. Mir ist’s ein großer Schaden, doch ich habe mit Scherchen darüber gesprochen, er wird tun – was er kann. Ich habe heute ein Telegramm an Tautenhahn abgeschickt. Also – Du siehst, es kommen immer neue Einwände und Hindernisse.
Mein Trompeten-Konzert wird sehr wahrscheinlich in Brüssel aufgeführt. Heute spreche ich noch mit Haba wegen Prag und mit Prof. Frey wegen Basel oder Zürich. Vieles ist nicht zum schreiben – darüber spricht sich besser. In 14 Tagen bin ich wieder bei Dir, ich freue mich das kannst Du dir denken. Mein Lieb!!! Oh wie freue ich mich! Du –
Jetzt habe ich Probe!!
So, diese Probe wäre vorbei! Hoffentlich kommt Tautenhahn bald. Er wird Freitag, Samstag hier erwartet. Die „Musikalische Situation“ ist überall gleich. Alle jammern. Viele aber ohne Grund. Nun ja – das kann man nur Erzählen. Mein Lieb. Ich freue mich riesig auf unser Wiedersehn, da ich sehe, daß ich allein bleibe. Du und Adolf kommen wahrscheinlich nicht. Leider! Morgen muß ich auf das Consulat – Paßverlängerung – für 10 Tage. Wie geht es eigentlich bei Euch zu hause. Was macht Deine Mutter – ist sie ruhig. Für heute küsse ich Dich bleibe Dein treuer Karl.
Telegramm: ich bin sehr erschrocken, mein Lieb! mehr übers Telegramm als über den Inhalt. Ich dachte es wäre jemand krank – von Euch allen in München meine Lieben. Ach bin ich froh, daß nichts von Krankheit darin stand.
Nun mit Donderer? Saudumm Scherchen sagt: das Konzert muß steigen! und ich bin schwer dahinter her. Wie, weiß ich noch nicht. Heute habe ich meine wichtigsten Daten und meine wichtigsten Werke angegeben für eine kleine Biographie, die vor der Aufführung meines Werkes im Rundfunk vorgetragen wird. Also eine großartige Reklame, es werden nur 4 Konzerte übertragen. Und nun soll mein Konzert ausfallen. Nein – Nein – Nein. Liebe Elisabeth sei ruhig, gehe zur Mutter und sage, daß alles gemacht wird. Du kannst Dir denken, wie ich jetzt arbeite. Tautenhahn hat ein blödes Telegramm an Scherchen gesandt. Ein dummer Bub. Er telegraphierte: Klarinette in Reperatur [sic] – Brief folgt. Man glaubt, man arbeitet mit Kindern. Mein Konzert muß steigen! und wenn ich –
Elisabeth! bleib mir nur gesund. Dann bin ich auch glücklich und nur dann erreichen wir das Ziel. Komm! ich umarme Dich mein Lieb. Komm! ich küsse Dich und mit heißem Verlangen sehne ich mich nach Dir. Grüße Vater und die meinen alle herzlichst.
Lebe wohl! bleib gesund und froh ich denke jede Minute an Dich – oh mein Lieb
In unserer festen Liebe küsse ich Dich mein liebe Elisabeth Dein Karl.
Bringe Mutter auch ein Programm

05.08.33

Straßburg, Samstag (Karte) E.R. in München:

„Vielen Dank für Deinen Brief.“
Frage nach dem Ausbleiben von [Georg] Donderer (mit dem Notenmaterial). Wo bleiben die Stimmen. Bis Sonntagmittag muß KAH die Solo-Stimme nochmals ausschreiben. Ersatz für Donderer ist ein französischer Trompeter aus Paris.

05.08.33

(P: Strasbourg), Samstag (Karte): E.R. in München (K: 23)

Meine liebe Elisabeth!
Vielen Dank für Deinen Brief. Dies war eine Überraschung. Was ist eigentlich mit Donderer? Komisch!! So einen sitzen lassen. Warum hat Adolf die Stimmen nicht sofort Express geschickt. Nun muß ich die Solo-Stimme nochmals schreiben. Heute werde ich mit dem 1. Satz fertig. Nun muß die Nacht daran glauben. Sonntag mittag muß ich fertig sein – ich muß fertig sein – ich muß! Nun habe ich einen Trompeter aus Paris. Ein sehr guter Trompeter, leichter Ton – sehr interessiert für moderne Musik. Ein interessanter Kerl. Aber die Arbeit die ich dadurch bekommen habe. Irrsinnig. Morgen schreibe ich einen Brief! es ist besser. Hoffentlich komme ich dazu!! Grüße Vater vielmals von mir und sei Du herzlichst gegrüßt von Deinem Karl.

06.08.33

(P: München), Sonntag (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Mein lieber Karl!
Hoffentlich haben sich jetzt alle Schwierigkeiten begeben. Ich wäre ja so froh! Kann sein, daß Adolf vielleicht doch noch kommt. Bitte, schicke mir bald Nachricht, wie alles geht, ob Dein Stück gut herauskommt. Heute brachte ich Mutter das Programm, und erzählte ihr alles. Sie war auch sehr unruhig wegen Donderer, doch sonst geht es ihr gut. – Wie steht es in Straßburg? Bitte schreibe mir, ob Dir das Geld reicht, oder ob Du noch etwas brauchst? Mir kannst Du es doch sagen. Kann sein, daß jetzt, nachdem ich kaum noch etwas für Dich zu tun habe, daß ich am Mittwoch auf ein paar Tage nach Freising fahre. Doch ist es noch nicht bestimmt, nur wenn es hier für Dich nichts mehr zu tun gibt. Zur Vorsorge schicke also bitte von Montag ab die Post zu Papa, der sorgt denn schon dafür, daß sie in meine Hände kommt. Wie freue ich mich auf den 17. August. Welches Glück dann. Recht viel Glück u. Erfolg. Leb wohl, sei herzlichst geküßt von Deiner Elisabeth.

Um den 7.08.1933

Straßburg (Brief; die Angabe „1934“ stimmt nicht!):

„Vielen Dank für Deine Zeilen.“
Der französische Musiker ist ausgezeichnet, besser als [Georg] Donderer und möchte das Konzert am Brüsseler Sender aufführen. KAH nutzt jede Minute, um mit den Musikern zu arbeiten. Hinweis auf Radioübertragung am Samstag (1045). Bittet um Geld bis Donnerstag, weil er u.a. den Franzosen zweimal eingeladen hat. Aufführungen in Prag und Budapest in Aussicht. Aufenthalt in Straßburg über einen Monat, daher Paßverlängerung nötig.

07.08.33

(P: Strasbourg), Montag (Brief mit Umschlag: „Conservatoire de Musique“): E.R. in München (Schw: 14)

Mein Lieb!
Heute war der Anfang. – Bis jetzt war es nicht sehr interesant [sic]. Heute Morgen hat Bartok sein Konzert gespielt, wunderbar – ein großartiges Werk. Was dieser Mann kann, unerhört. Wenn alles so wäre. Doch man muß viel über sich ergehen lassen. Mein Werk kommt sicher gut heraus. Hab keine Angst. – Doch, das liebe ich bei Dir, denn Du fühlst wunderbar mit mir – ich weiß bestimmt Du wirst mich immer verstehen, Du wirst immer mit mir gehen – und wenn ich verlassen – so bist Du bei mir – und du und ich werden immer zusammen bleiben – das fühl ich genau und das macht mich namenlos glücklich. Ich verehre Dich auch und schätze Deine Menschliche Größe. Habe Vertrauen zu mir und beide werden [wir] alles erreichen.
Meine liebste Elisabeth ich freue mich wenn Du nach Freising fährt, dann erholst Du Dich. Unsere Nerven brauchen es sehr. Nimm doch Vater mit!
Bleibe mir – und behalt mich lieb und ich umarme Dich in inniger Liebe und küsse Dich Dein Karl.

07.08.33

(P: Strasbourg), Montag (Brief mit Umschlag; die Angabe von E.H. „1934“ stimmt nicht! Anbei die Einladungskarte von „Le Docteur et Madame E. Théodore“ für den 7. August nach dem Konzert): E.R. in München (Schw: 14)

Meine liebe Elisabeth.
Vielen Dank für Deine Zeilen. Alles klappt. Der Trompeter ist ausgezeichnet. Unter uns gesagt: besser als Donderer; ja wirklich. Beruhige Dich. Jetzt wird es heiß mit der Arbeit. Sei mir nicht böse, bitte wenn ich wenig schreibe. Jede freie Minute nutze ich aus, um mit den Herren zu sprechen.
Höre bitte am Samstag am Radio um 1045 h mein Stück an – vielleicht in Freising oder bei Schraube. Diese Tage sind mir sehr teuer geworden. Den Trompeter habe ich zweimal zum Essen eingeladen – und Zigaretten anbieten – aber er arbeitet wunderbar. Er will es in Brüssel am Radio blasen. Ich habe noch 40 Franken. Könntest Du mir bis Donnerstag noch etwas schicken – Ich muß für das Zimmer 30 Franken noch bezahlen, da ich 3 Tage länger bleibe als einen Monat. Meinen Paß muß ich verlängern lassen. Gell ich bin unartig.
Meine liebe Elisabeth! Ich freue mich sehr auf unser Wiedersehn und ich umarme Dich ich küsse Dich in heißer Liebe Dein Karl.
Mein Lieb, bleibe gesund – froh! Ich bin ja so glücklich mich Dein zu nennen. Grüße bitte Vater herzlichst von mir. Prag – Budapest habe ich in Aussicht! Heute sind alle Komponisten eingeladen bei einem Kunstmäzen.

Um den 8.08.1933

München (Brief): KAH in Straßburg

Mein liebster, bester Karl!
Vielen Dank für Deinen lb. Brief. Einesteils ist es ein Glück, daß Du so viel zu tun hast. Auch ist es doch ein Zeichen von Vertrauen, wenn Dir Sch. so viel tun läßt. Manches verstehe ich allerdings nicht. Sch. wußte doch, daß Donderer nur ein paar Tage kommen kann, warum hat er Dir denn nicht gleich alles gesagt. Das wäre doch rücksichtslos, Dir jetzt Schwierigkeiten wegen der Aufführung zu machen. Soll ich ev. mit Donderer sprechen, daß er versuchen soll es etwas zu verlängern? Bestimmt wird aber doch Donderer sehr wenig verlangen, er ist doch froh, wenn er überhaupt dorthin kommen kann. Ev. soll Papa wenigstens eine Hälfte d. Fahrt bezahlen. Auf jeden Fall muß Dein Stück aufgeführt werden oder irgend etwas anderes von Dir. Das wäre ja noch das schönere, wenn Sch. jetzt auf einmal so daherkommen würde. Zuerst etwas versprechen, dann nicht halten. Mein Karl, da mußt Du hinstehen, da hilft Bescheidenheit gar nichts, so kommt man sonst nicht weiter. Du darfst auch die Sache nicht einfach so weiterlaufen lassen bis es zu spät ist, sondern immerzu machen. Du weißt ja selber, was Du zu tun hast, aber Du darfst nicht nachgeben. Dein Grundsatz muß jetzt sein: „Ich will aufgeführt sein, was auch dazwischenkommen mag.“ Auch versuche dort alle kennenzulernen, nur nicht zurückstehen, das ist ja alles so wichtig. Nur frech sein, so kommt man am besten vorwärts im Leben.o Es liegt an Dir, ob Du von der Tagung viel haben wirst oder nicht. Jetzt habe ich aber viel „Lehren“ gegeben, doch bitte höre etwas darauf, und lach mich nicht aus. Heute bekam ich die Antwort von Rümmelein, er habe die Geschichten [sic] vom Soldaten schon längst fortgeschickt, hoffentlich kommen sie jetzt an. Hast Du die Antig. die Stimmen u. Motette for [für] Choral bekommen? Mein Karl, bedank Dich doch bei mir nicht für so Besorgungen, das ist doch das selbstverständlichste von der Welt u. nur meine Pflicht. Für Dich bin ich doch so froh etwas tun zu können, ich helfe Dir ja sowieso viel zu wenig. Bitte strenge Dich doch nicht so sehr an, Du wirst ja noch krank. Sei nur klug und vorsichtig. O wie gerne wäre ich bei Dir. Nur wieder einmal aussprechen können, mit einem Menschen der einem alles ist. Hier fühle ich mich so entsetzlich allein, ich verstehe meine ganze Umgebung nicht. Auch Papa, wenn er nur nicht so entsetzlich materialistisch wäre, kein Ideal – nichts. Nur Geld – Geschäft und wieder Geld – Geschäft. Mag sein, daß ich auch Schuld habe, daß ich ihn so wenig verstehe. Und so geht es mir mit den meisten Menschen. Nur mit Dir kann man vernünftig reden. Mama jammert den ganzen Tag, daß ich so wenig in d. Universität gehe usw. Doch, wenn ich an Dich denke ist alles gut. Hier ist nichts los. Jetzt gehe ich manchmal zu baden bei der Hitze. Ende nächster Woche fahre ich vielleicht auf 8 Tage nach Freising. Ich bin froh, wenn Adolf wieder zu Dir kommt. Bitte esse auch nicht zu schlecht. Nächste Woche schicke ich noch Geld.
Mein lieber, guter Karl, wie freue ich mich auf unser Wiedersehen. Bleib gesund u. froh. Ich küsse u. umarme Dich u. bleibe Deine dichheißliebende Elisabeth.
o Verbindungen sind gerade für Deinen Beruf so wichtig. Sei aber bei einer Freundschaft vorsichtig, du weißt wie mißtrauisch ich bin. Du bist schon manchmal reingefallen.
Bitte entschuldig diese Schrift, ich wurde alle Augenblicke ans Telefon gerufen.

08.08.33

München, Dienstag (Brief): KAH in Straßburg

d. 8. 8. 33.
Mein über alles geliebter Karl!
Jetzt bleibst Du doch nicht allein! Adolf kommt mit dem Zug am Mittwoch. Ich bin froh, daß Du dann nicht mehr so allein bist. Von Donderer war es eine Schlamperei, die Stimme so spät fortzuschicken, er wollte sie Freitag abschicken, dann hätte sie Samstag dort sein müssen. Armer Karl, auch noch unnütze Arbeit hast Du bekommen. Gut, wenn Du bald wieder herkommst, daß Du etwas ausspannen kannst. Adolf habe ich Deine Uhr, Zigaretten u. eine kleine Krawatte mitgegeben, vergiß nicht sie zu verlangen, wenn Adolf nicht daran denken sollte. Am Freitag lasse ich noch 100 F. schicken, hoffentlich reicht Dir das. Bitte schreibe von nun an nach − Freising b. München − Tuchfabrik Bayern − Deutschland. Und sei im schreiben vorsichtig, ich fürchte immer es könnte mir jemand öffnen. Hoffentlich hast Du keinen Brief geschrieben, der erst Mittwoch abend ankommt, weil Papa verreist, und Mama traue ich nicht recht, ob sie ihn mir nachschickt ohne zu öffnen. Auf jeden Fall schreibe mir bitte, wie oft Du in letzter zeit geschrieben hast, daß ich mich auskenne, ob nichts unterschlagen wurde. Am Mittwoch fahre ich also nach Freising, ich komme ganz gern auf einige Tage etwas hinaus. Wie furchtbar schade, daß ich Dein Stück nirgends hören kann, doch wüßte ich wirklich nicht wo. Trotz allem freue ich mich ja so sehr darauf. Wie schön ist es an Deinem Schaffen Anteil nehmen zu dürfen. O, Karl ich bin so glücklich mit Dir. Ich weiß auch ganz genau, daß Du viel erreichen wirst und durchdringen wirst. Das ist für mich Gewißheit. Dann können wir den Menschen zeigen, wie Unrecht sie einem tun. Hier in Deutschland geht es gut, es sind jetzt überall geordnete Verhältnisse. Ich lese zur zeit viel, besonders Balsac. Ich hatte noch nie etwas von ihm gelesen und bin ganz begeistert von ihm. Besonders seine Auffassung über Liebe ist so hoch. Über diesen Punkt habe ich nie gerne gelesen, weil es mir bei den anderen Schriftstellern immer profan vorkam, wie ich überhaupt finde, daß man hierüber nicht sprechen sollte, doch bei Balsac ist das anders. Man fühlt da das Höchste heraus. – Doch mein Karl, hiermit sollte ich Dir jetzt nicht kommen, Du hast wichtigeres zu tun, als Dich mit meinen Gedanken zu befassen. Die größte Freude wird für mich der 17. August. O, dieses Wiedersehen. Du – ! Meine Sehnsucht nach Dir ist kaum noch auszuhalten. Ich muß mich gewaltsam betäuben, um nicht zu traurig zu werden. Doch weißt Du, das bringe ich bei Dir nicht fertig. Du lebst so sehr in mir. Komm gleich nach der Tagung!!! Ich küsse Dich tausendmal umarme Dich und hab Dich so lieb als Deine glückliche Elisabeth.
Im Münchener Konzertleben ist z. Z. nichts los.
Besten Dank für Brief und Programm. Ich bin ja so froh, daß sich noch alles zum Guten wandte, u. daß Dein Werk doch noch aufgeführt wird. Vergiß nicht, mir von nun an nach Freising zu schreiben Deine dichinnigliebende Elisabeth.

09.08.33

(P: München), Mittwoch (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Mein lieber Karl!
Herzlichen Dank für Deine beiden lieben Briefe, sie kamen soeben, als ich meinen Brief fortschickte. Gut, daß Du jetzt interessante Tage erleben wirst. Jetzt wird es nicht mehr so viel zu tun geben. Sehe Dir auch Straßburg gut an, es soll so schön sein. Bleibe lieber noch einen Tag länger, wenn Du gar nichts sehen konntest bis jetzt. Man ist ja um jeden schönen Eindruck froh. Inzwischen wird Adolf angekommen sein. Das ist gut für Dich, ich fürchte Du bist wieder recht niedergedrückt. O, sei froh, es wird schon alles gut werden. Ich fahre jetzt nach Freising, wahrscheinlich bis nächsten Mittwoch, vielleicht komme ich auch früher heim. Hoffentlich brauche ich nichts mehr zu erledigen für Dich, das wäre jetzt peinlich. Schreibe dann mir, ich fahre eben dann nach München. Heute ging G[eld]. ab. Hoffentlich reicht es, sonst schicke ich noch.
Nun alles Liebe u. Gute sei herzlichst gegrüßt von Deiner Elisabeth
Grüße auch Adolf.

10.08.33

(P: Freising), Donnerstag (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Mein lieber Karl!
Nun bin ich in Freising. Es ist herrliches Wetter. Zwar nicht sehr unterhaltend hier, aber zur Erholung immerhin sehr gut. Fahre Montag wieder nach München zurück. Und wie geht es Dir? Wie freue ich mich, daß Du doch noch alles durchgesetzt hast mit Deinem Werk. Hoffentlich sind die 150 F gut angekommen. Ich grüße Dich aufs allerherzlichste und bleibe in Liebe Deine Elisabeth.
Morgen schreibe ich einen Brief. Grüße Adolf herzlichst von mir.

Um den 10.08.1933

Freising (Brief): KAH in Straßburg

Mein heißgeliebter Karl!
Wie geht es Dir? Ich bin gespannt von Dir wieder zu hören. Du wirst nun ganz in gespannter Erwartung Deines Konzertes leben. Mir geht es ebenso. O Karl, schön – schön ist das alles. Ich wollt ich wäre bei Dir und könnte alles mit Dir erleben. Ich muß Dir danken für all das Schöne, das Du mich mit Dir erleben läßt. Du gibst mir mehr – als ich oft verdiene. Ohne Dich fühle ich mich ja so allein, auch hier, wo ich doch in ganz anderer Umgebung bin. Ich denk halt Minute für Minute an Dich. –
Mein hiesiges Tagesprogramm ist. In der Früh radle ich zum baden, dort ist ein herrliches Freibad und nehme Sonnenbäder. Nachmittags lese ich im Garten und gegen abend wird dann Tennis gespielt. Ich laufe den ganzen Tag im Strandanzug herum, das ist ein schönes Luftbad. Also, Du siehst, ich tue alles um mich gut zu erholen, ich war in letzter zeit etwas herunten, doch geht es mir wieder ganz gut. Aber erst wenn Du wieder bei mir bist geht es mir richtig gut. Egk hatte Donnerstag wieder einmal die musikalische Leitung der Stunde der Nation im Rundfunk. – Jetzt habe ich den Brief über Nacht liegen lassen und hoffte, früh Nachricht von Dir zu bekommen, doch wieder nichts. O Karl, sollen wieder diese Aufregungen angehen, wo ich Tag um Tag warte und nicht weiß was los ist. Bitte schreibe doch bald. Von Samstag ab schreibe bitte wieder an Papas Adresse, weil ich Montag heimkomme, voraussichtlich. Schreibe mir bitte sofort über Dein Werk nachdem es aufgeführt wurde, ich bin ja so furchtbar gespannt.
Nun wünsche ich Dir für Samstag alles Gute, es wird bestimmt alles recht, und grüße und küsse Dich tausendmal und bleibe in heißer Liebe Deine Elisabeth.
Grüße bitte Adolf von mir bestens. Schreibe genau wann und mit welchem Zug Du kommst. Wie entsetzlich freue ich mich auf den Donnerstag. Auf Wiedersehen! Deine Elisabeth.

11.08.33

Straßburg, Freitag (Karte) E.R. in Freising:

„Dein letzter Brief hat mich sehr gefreut.“
Am gestrigen Tag Gespräch mit [Béla Bartók] Bartok (Begründer der neuen ungarischen Musik) und [Alois] Haba (Begründer der neuen tschechischen Musik). Offizieller Empfang für die Komponisten und [Hermann] Scherchen. Gute Probenarbeit für das Konzert. Auch Scherchen lobt Hartmanns Probenarbeit. Vortrag über sein Schaffen vor Kollegen. Hinweis auf Radioübertragung am Samstag (1045) mit Ausschnitten aus dem Vortrag vor der UA.

11.08.33

(P: Strasbourg), Freitag (Karte): E.R. in Freising

Meine liebe Elisabeth.
Dein letzter Brief hat mich sehr gefreut. Vielen Dank. Zur Zeit habe ich hier viele Einladungen. Gestern war ich bei einer Dame zum Tee eingeladen mit Prof. Bartok – der Begründer der neuen ungarischen Musik und Habá, der Begründer der neuen tschechischen Musik, Du kannst Dir [denken], daß es sehr interessant war. Heute abend sind nur die Komponisten mit Scherchen beim Minister eingeladen. Adolf ist mit mir auch eingeladen worden. Jetzt ist es sehr interes[s]ant. Die Tage hindurch hatte ich Proben für meine Arbeit. Das Konzert ist jetzt sehr gut. Die Probe habe ich selbst geleitet. Scherchen ist begeistert über meine Probenart. Also morgen Vormittag steigt mein Werk. Vielleicht kannst Du in Freising hören. 1045. Ich werde Dir gleich schreiben wie es war? Große Spannung ist über mein Werk – Die anderen Komponisten warten alle. Ich habe einen kleinen Vortrag gehalten über mein Schaffen nur vor Komponisten. Im Rundfunk wird etwas wiederholt von meinem Vortrag. Nun meine Liebe. Ich freue mich riesig auf unser Wiedersehn.
Sei herzlichst gegrüßt von Deinem Karl.
Erhole Dich gut und bleibe mir gesund.

12.08.33

Straßburg, Samstag (Karte) E.R. in München:

„Große Spannung war.“
Großer Erfolg für Vortrag und Bläserkonzert (Ltg. Hermann Scherchen?; andere Quelle: Ernst Klug) am Vormittag. „Ich mußte 8 mal aufs Podium.“ Aufführungen für Paris und Brüssel geplant.

12.08.33

Freising, Samstag (Brief): KAH in Straßburg

Mein liebster, bester Karl!
Gerade jetzt wird Dein Stück aufgeführt und ich kann nicht zuhören. Das sind Enttäuschungen!!! Ich hoffte immer, hier doch noch irgendwo hören zu können, doch es geht nicht. Niemand näher Bekannter hat einen großen Radio. Nach München zu Fr. Dr. Schraube fahren konnte ich auch nicht, weil ich zu Papa sagte, Adolf sei mit ihr in Straßburg. Ich habe alles versucht, doch vergebens. Wie schlimm ist es doch, wenn ich Deine Werke nicht einmal von weitem hören kann. Nur hoffe ich, daß ich es bald einmal hier oder wo anders hören kann. Hoffentlich ist alles gut gegangen, o teile mir hierüber bald mit. Und hoffentlich hattest Du viel Freude an Deinem Werk. Das glaube ich ja bestimmt. Dein Können ist ja so groß. Mein Karl, glaube mir, in dieser Stunde lebe ich ganz besonders mit Dir. Doch etwas beunruhigt mich. Es ist noch keine Nachricht von Dir da. Es wird Dir doch gut gehen. Nachdem Adolf bei Dir ist, bin ich etwas ruhiger, doch kann ich mir den Grund Deines nichtschreibens nicht recht erklären. Du wirst mich doch in nichts mißverstanden haben! Wir kennen uns doch so gut, daß wir alles gegenseitig verstehen. Karl, seit Du fort bist gibt es täglich eine andere Aufregung. Es ist schrecklich, wenn ich nur endlich wüßte was mit Dir los ist. Nur wenn Du bei mir bist bin ich ruhig. Schreibe bitte jetzt wieder an Papas Adresse. Noch 6 Tage und dann haben wir uns wieder. Wie freu ich mich!!! Dann können wir und erzählen und uns küssen. Bis dahin lebe wohl, bleib gesund, ich küsse Dich und bleibe Deine Elisabeth.
Schreibe genau den Zug mit dem Du kommst, versuche es so einzurichten, daß Du nachmittags oder gegen Abend ankommst, nicht zu spät.

12.08.33

(P: Strasbourg), Samstag (Karte): E.R. in München (Schw: 14)

Meine liebe Elisabeth!
Große Spannung war. Alles war Neugierig. Was kommt. Durch meinen Vortrag war alles gespannt. Dann dieses Staunen. Am Schluß meines Stückes wollte der Beifall nicht enden. Ich mußte 8 mal aufs Podium. Ich [habe] vorher ½ Stunde selbst geprobt. Dann hat Scherchen die Probe abgenommen. Der Erfolg war kolossal. Nun habe ich für Paris und Brüssel eine Aufführung vor. Doch die Arbeit vorher war schrecklich. Den ganzen Tag im Conservatorium. Gestern bin [war] ich um 8 h morgens bis 11 h abends dann noch Besuch beim Minister.
Also freue Dich mit mir grüße unsern Vater herzlichst!
Tausend Grüße und ich bleibe Dein Karl.
Verzeihe wegen der Schrift, aber du kannst denken – –

15.08.33

(P: München), Dienstag (Karte): KAH in Straßburg (Hummel)

Mein liebster Karl!
Herzlichen Dank für Deine Karte. Ich bin gespannt, wie Dein Konzert aufgenommen wurde. Hoffentlich haben die Musiker gut gespielt. – Meine Karte blieb jetzt ein paar Tage liegen. Kam nun gestern abend heim und fand Deine Karte vor. Ich freue mich sehr! Überrascht war ich über Deinen Erfolg allerdings nicht sehr, ich habe es nicht anders erwartet. Mutter konnte nichts im Radio hören, es waren an dem Tag große Gewitterstörungen. Leider! Übrigens regte sich Mutter furchtbar auf, weil Du nichts geschrieben hast. Jetzt können wir uns ja bald alles erzählen. Noch einen letzten Gruß nach Straßburg sende ich Dir. Auf frohes Wiedersehen, komme gut heim ich bleibe in glücklicher Erwartung Deine Elisabeth.
Morgen fahre ich in d. Wies. Hoffentlich schreibst Du noch genau, wann Du kommst.

Mitte August 1933

München, (Brief) KAH in Straßburg

Mein geliebter Karl!
Schwer ist es, dich noch einmal fünf Tage länger entbehren zu müssen, ich habe mich so sehr auf den Donnerstag gefreut. Doch glaube nicht, daß ich Dir böse bin. Nein, ich sehe vollständig ein, dass Du die Gelegenheit benutzen mußtest, in das Innere Frankreichs etwas hineinzukommen und ich bin ja so froh für Dich, wenn Du schönes zu sehen bekommst. Ich finde das reizend von Scherchen, daß er euch da eingeladen hat. Genieße nur, soviel Du kannst. Auch ist es gut, wenn Du mit den anderen noch etwas beisammen bleibst. Nur – natürlich war es eine kleine Enttäuschung im letzten Augenblick zu erfahren, daß Du 5 Tage später kommst. Doch Du hast vollständig recht. – Die Kritiker scheinen überall gleich zu sein. Doch mein Karl, laß Dich nicht beirren, geh Deinen Weg ruhig weiter, wie Du ihn jetzt angefangen hast und Du kommst zum Ziel. Bei den Künstlern hattest Du Erfolg und das ist die Hauptsache. Ich bin so fest überzeugt, daß Du etwas erreichen wirst, daß ich keine Minute daran zweifle. Ich fühle das genau. Hier in Deutschland wird es für Dich ein ruhiges, schönes Schaffen geben. Mein Karl, ich glaube es ist am besten Du fährst Montag 905 h in Str. ab und kommst 1726 h hier an. Bitte komme nicht später, wenn es möglich ist. Das wird der beste Zug sein. Hoffentlich passiert auf dem Ausflug nichts ich habe immer angst und hoffentlich erreicht Dich der Brief noch. Was ist übrigens mit Adolf? Ich habe keine Ahnung, ob er mit Dir fährt.
Nun mein Karl, ich freu mich auf den Montag, Du kannst Dir nicht vorstellen wie. Sei innigst geküßt u. umarmt, auf frohes Wiedersehen und ich bleibe immer Deine Dich heißliebende Elisabeth.
Ich bin ja gespannt, wie Du gesundheitlich dran bist.

Um den 3.09.1933

(P: fehlt) Junkersdorf (Karte) E.R. in München, (K: 23)

Mein Lieb.
Ich fahre am Dienstag ab, wenn [sic] ich abfahre und ankomme weiß ich noch nicht – ich werde viel erzählen! Am Mittwoch werde ich mich mit Herrn Staatskapellmeister Tutein in Verbindung bringen. Aus Brüssel habe ich gute Nachricht. Nun habe ich mich mit Bern (Schweiz) in Verbindung gesetzt. Scherchen arbeitet in Paris mit Marya Freund. Nun muß ich mal sehen, daß ich zu Scherchen nach Paris komme.
Mutter geht es besser. Was sie hatte werde ich erzählen. Sie hat sich richtig gefreut, daß ich gekommen bin. Adolf u. Dölze bleiben dort und ich fahre ab.
Ich rufe Dich gleich an am Mittwoch (vormittag 9 h) – so treffen wir uns bald – welche Freude.
Meine Liebste, sollte mein Concert in München nicht klappen – so beginne ich gleich was neues. Hoffentlich hast Du Dich gut erholt! Hoffentlich – grüße Vater vielmals. Nimm meine Grüße ich küsse Dich und bleibe Dein Karl.

06.09.33

München, Mittwoch (Karte, auf der Vorderseite Photo von KAH): E.R. in Mittenwald (postlagernd)

Meine liebe Elisabeth!
Wie geht’s Euch beiden. Ruhe nur viel! und lege Dich in die Sonne. Ich habe gute Nachrichten aus Brüssel. Heute muß ich feste schreiben, Briefe und Noten. Morgen gehe ich zu Tutein.
Lebe wohl, grüße Vater herzlichst ich küsse Dich und bleibe Dein Karl.

11.09.33

(P: Pfarrweisach) Junkersdorf, Montag (Karte): E.R. in München (K: 23)

Meine Liebste.
Mutter geht es besser. Sie kann ruhig bleiben. Ich freue mich die Mutter in München zu treffen. Am Mittwoch fahre ich ab. Ich freue mich riesig auf unser Wiedersehn. Hier ist eine sommerliche Temperatur bei Euch wird es kälter sein. Ich rufe vielleicht wenn es noch geht an. Elisabeth auf unser Wiedersehn freue ich mich und sei tausendmal gegrüßt von Deinem Karl.
Grüße bitte Vater herzlichst.
Recht herzl. Grüße erlaubt sich zu senden F. Dölze

18.11.33

Straßburg (bei Ernest Bour, Foyer Universitaire, 1, Quai Dietrich), Samstag (Karte) E.R. in München: privat

„Herzliche Grüße sendet Dir Dein Karl“

18.11.33

(P: Strasbourg) (bei Ernest Bour, Foyer Universitaire, 1, Quai Dietrich), Samstag (Karte): E.R. in München (K: 23)

Liebe Elisabeth.
Herzliche Grüße sendet Dir Dein Karl.

19.11.33

München, Sonntag (Brief): KAH in Straßburg

München, den 19. November 1933.
Mein liebster Karl!
Ich muß Dir schreiben, es ist hier so einsam und leer ohne Dich. Ich merke immer mehr, wie ich zu Dir gehöre. Heute vormittag war ich bei Mutter, es geht ihr ganz gut. Sie gab mir die freudige Nachricht mit, die ich Dir beilege. Mutter hatte den Brief geöffnet, nicht ich. Na jedenfalls ist es sehr erfreulich. Ich bin neugierig Nachricht von Dir zu bekommen, wie es dort ist, wo Du wohnst, und wie es Dir gefällt. Es ist ein großes Glück für mich, daß Du nicht lang fort bist, ich habe jetzt schon wieder so Sehnsucht nach Dir. Heute bin ich allein zuhause, einesteils ist es ganz schön seine Ruhe zu haben. Ich schreibe alle meine schuldigen Briefe nach England, das ist ein Geschäft was ich weniger gern tue. Sonst hat sich seit der kurzen zeit nichts ereignet. Lasse es Dir recht gut gehen, sei lustig und vergnügt und lasse bald etwas von Dir hören. Glaube mir, ich bin in Gedanken immer bei Dir und denke mir, was Du wohl gerade machst. Heute Abend wirst Du sicher eine herrliche Othelloaufführung sehen. Ich freue mich für Dich. Schau Dir diesmal nur den Dom an. Also nun lebe wohl, sei tausendmal gegrüßt und geküßt von Deiner Dich so innig liebenden Elisabeth.
Lege die Würste besser, nachts vor das Fenster. Das nächste mal schreibe ich nach St. Gallen. Ich soll Dir auch von Mutter und den Brüdern herzliche Grüße sagen.

20.11.33

Straßburg (Fischerstaden 8 bei Hummel), Montag (Karte) E.R. in München:

„Meine letzte Karte wirst Du erhalten haben.“
Probenbesuche von „Otello“, Ltg. [Ernest] Ansermet. Dienstag Aufführung. „Geschäftliche“ Unterredungen am Mittwoch. [Hermann] Scherchen besteht auf KAHs Abreise erst am Donnerstag (stellt Gespräch in Aussicht).

20.11.33

(P: Strasbourg), (bei Hummel), Montag (Karte): E.R. in München (K: 23)

Liebe Elisabeth.
Meine letzte Karte wirst Du erhalten haben. Die „Otello-Aufführung“ ist erst morgen Dienstag. Scherchen will haben, daß ich erst am Donnerstag wegfahre, was ich auch tue. Heute nachmittag ist Hauptprobe von „Otello“ morgen vormittag hat Ansermet Probe – sehr interes[s]ant. Geschäftlich habe ich erst am Mittwoch zeit zum reden. Ich habe Scherchen andeutungen gemacht und er geht auf alles sehr eingehend ein. Hoffentlich habe ich Glück.
Grüße bitte alle. Tausend Grüße von Deinem Karl.
Erzähle alles Adolf oder Mutter. Bleib mir nur gesund Dein Karl.

Um den 20.11.1933

München (Briefkarte): KAH in der Schweiz?

Lieber Karl!
Es scheint Dir dort ja wieder sehr gut zu gefallen, weil Du gar keine Zeit zum schreiben findest. Die letzte, ganz kurze Karte bekam ich Donnerstag. – Vielleicht lernst Du dort zufällig einen Regisseur namens Feurer kennen. Er ist der geschiedene Mann von Käthe Wolf. Aber erwähne hierüber nichts, es könnte Käthe unangenehm sein. Sonst geht es Dir hoffentlich gut. Hier gibt es nichts neues. Heute schneite es das 1. mal ordentlich. Es wäre mir angenehm, wenn Du schreiben würdest, wann Du kommst. Montag werden sie Dich ja noch nicht fortlassen, doch dann wenigstens Dienstag oder Mittwoch. Bist Du zu Reinhardts gefahren? Sei einstweilen noch recht vergnügt und erhole Dich gut und sei herzlich gegrüßt von Deiner Elisabeth.
Riisager hat bis jetzt noch nichts geschrieben.

21.11.33

Straßburg, Mittwoch (Karte) E.R. in München:

„Gestern war die ,Othello-Premiere‘.
Schöne „Otello“-Vorstellung. Gespräch mit [Wladimir] Vogel. Termin mit [Hermann] Scherchen. Für Budapest sind zwei Aufführungen des Trompetenkonzerts geplant. Über die Straßburger Aufführung sind einige Kritiken erschienen.
→Abreise nach St. Gallen am Donnerstag oder Freitag. Auf der Karte ist Adresse in St. Gallen bei [Ernst] Klug angegeben.

21.11.33

(P: 22.11.1933: Strasbourg), Mittwoch (Karte): E.R. in München (K: 23)

St. Gallen bei Klug, Frongartenstr. 11.
Meine liebe Elisabeth.
Gestern war die „Othello-Premiere“. Eine schöne Aufführung. Mit Vogel habe ich gestern längere Zeit gesprochen – heute fährt er nach Paris dann nach Italien. Scherchen spreche ich heute um 4 h. Wann ich nach St. Gallen fahre ist unbestimmt. Donnerstag oder Freitag. Kritiken sind mehrere erschienen. Aufführungen werde ich bekommen! Es ist irrsinnig schwer!! Die 2 Aufführungen in Budapest freuen mich. Vielen Dank für Deinen Brief. Ich freue [mich] auf unser Wiedersehn.
Tausend Grüße Dein Karl.

Undatiert, Nov. 1933

(Brief): KAH in Straßburg

Mein lieber, guter Karl!
Für Deine beiden Karten herzlichen Dank. Ich bin froh, daß Du interessante Theateraufführungen miterleben konntest. Heute Vormittag war ich bei Mutter; sie läßt Dich herzlich grüßen. Sie hat einen kleinen „Bestrahlungskater“ und muß etwas ausruhen, doch sonst geht es ihr ganz gut. Ich sagte, ich will für sie schreiben. Du brauchst Dich nicht im geringsten zu beunruhigen, die Bestrahlungen, so viele auf einmal, strengten sie eben etwas an. Adolf ist ein guter Hausvater geworden, er hilft ganz tüchtig mit. Ich lege Dir einen Brief von Nikolay bei, er soll sehr nett geschrieben sein. Jemand wird ihn Dir schon übersetzen können. Hoffentlich bekamst Du meinen letzten Brief, ich schickte ihn an Adem. Kommst Du mit dem Geld hinaus? Bitte schreibe rechtzeitig, wenn Du noch etwas brauchst. Papa ist wieder von seiner Braunschweiger Tagung zurück, er sagt, sie sei sehr schön gewesen. Heute hat er längere Zeit mit Richard wegen des Geschäftes gesprochen, ich bin neugierig, ob etwas daraus wird. Sonst gibt es nichts neues. Wann kommst du zurück, ich erwarte Dich am Montag. O, wie ich mich freue!!! Doch erhole Dich dort nur gut, Du hast es sehr nötig. Mein lieber, lieber Karl nun lebe noch recht wohl, sei lustig und vergnügt und auf ein glückliches, frohes Wiedersehen freut sich unter vielen, lieben Grüßen und heißen Küssen Deine Elisabeth.
Entschuldige diesen süßlichen Briefbogen, doch er muß so klein sein, daß der Brief nicht so schwer wiegt. Lege die Würste nachts vor das Fenster. Iß gut. (Die guten Lehren dürfen doch nicht wegbleiben.)

Undatiert, Nov. 1933?

Ohne Ortsangabe

Meine liebe Elisabeth.
Ich danke dir für Deinen Brief, ich habe mich riesig gefreut. Solange nicht zu hören – von Montag bis Freitag ohne Post von Dir. Mein Lieb bald komme ich zu Dir, oh endlich wieder bei Dir!!! Zu erzählen habe ich natürlich viel – viel. Jeden Tag – jede Stunde zähle ich – wann komme ich zu Dir. Scherchen gibt am Mittwoch ein Konzert in Winterthur. Er wird mich bei Bekannten unterbringen – wo weiß ich noch nicht. So komme ich Donnerstag nach München. Oh wie freue ich mich!!
Meine liebe liebe Elisabeth mich zieht es fürchterlich zu Dir. Wie freue ich mich auf den Donnerstag. Komm ich küsse Dich innigst.
Also ich war in Basel und Zürich – nun werde ich Dir alles erzählen. Könntest Du mir 15 Schweizerfranken senden ich habe nämlich kein Fahrgeld! Ich weiß auch nicht ob ich dort Essen habe oder nicht. Ich möchte am Dienstag abfahren. Bist Du mir deswegen böse! Ich habe es mir wirklich lange überlegt. Scherchen will haben, daß ich unbedingt komme. Ich hoffe, daß ich mit vielen Leuten zusammenkomme. Hoffentlich! Sei mir bitte nicht böse wegen den 15 Fr. Vielleicht kommt es noch Dienstag vormittag an.
Wie geht es Mutter! Bitte schreibe mir wenn es schlechter geht. Oh! wie freue ich mich auf Donnerstag. Ich glaube es ist besser, wenn ich nicht am Montag fahre und noch am Dienstag zu Scherchen fahre. Hier sind die Menschen verrückt nach mir. Ich soll bleiben, noch eine Woche. Nein Nein auf mich wartet ein Wesen [mit] viel Liebe und Treue – ja Elisabeth. Sei nicht traurig ich freue mich auf unser Wiedersehn. Grüße meine Lieben zu hause.
Liebe Grüße an Vater
und Du – ich umarme Dich – küsse Dich und bleibe Dein Karl.

1934/1935

Angabe E.H. 1934; oder 1935??? (Brief)

„Ich danke Dir für Deinen Brief, ich habe mich riesig gefreut.“
Aufenthalt in Basel und Zürich. [Hermann] Scherchen gibt am Mittwoch ein Konzert in Winterthur. KAH soll unbedingt noch eine Woche bleiben.
Fragt nach dem Wohlergehen der Mutter.
→Am Dienstag nach Winterthur.
→Am Donnerstag nach München.

19.01.34

(P: München), Freitag (Karte): E.R. in Arnshausen

Elisabeth!
Hoffentlich bist Du gut angekommen! Bleibe gesund! Ich arbeite viel. Grüße bitte Deine Frau Tante und Herrn Pfarrer. Tausend Grüße Dein Karl.

23.01.34

München, Dienstag (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Vielen Dank für Deinen Brief.“
Viel Arbeit. Hofft, daß die Partitur (Miserae?) diese Woche fertig wird. Hofft auf Treffen am Samstag Nachmittag.

23.01.34

(P: München), Dienstag (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

Meine liebste Elisabeth.
Vielen Dank für Deinen Brief. Bin ich froh, daß Du mir geschrieben hast. Ich habe viel Arbeit – viel Arbeit. Ich hoffe, daß die Partitur die Woche fertig wird. Diesselbe [sic] wird sehr schön.
Wie freue ich mich auf Dein baldiges Kommen. Wann denkst Du, wenn ich Dich erwarten darf. Hoffentlich bald! Bitte. Ich denke wohl, daß Du Samstag nachmittag kommst. Oh wie brenne ich darauf − Dich in meinen Armen zu haben, in Deine lieben Augen zusehen [sic]. Elisabeth! mein Lieb!!!! Komm ich küsse Dich, ich sehne mich nach Dir. Gute Nacht mein Lieb
bleib gesund unter tausend Küssen bleibe ich Dein Karl.

24.01.34

München, Mittwoch (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Ich habe Angst um Dich!“

24.01.34

(P: München), Mittwoch (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

Nichts – keine Karte kein Brief keine Küsse keine Grüße − Nichts!
Meine liebste Elisabeth!
Ich habe angst um Dich! Was ist los. Heute kam keine Post von Dir. Zwei Tage ohne Lebenszeichen. Bist Du krank oder was ist los. Hoffentlich werde ich morgen nicht enttäuscht. Ich habe so Sehnsucht nach Dir nach Deinen Augen, mein Lieb. Komm bald – ich küsse Dich im Traum und bleibe in Wirklichkeit Dein Karl.
Gute Nacht! Morgen mehr!

25.01.34

München, Donnerstag (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Ich will Dir tausend Küsse senden.“
Hofft mit seiner Arbeit bis zum Samstag fertig zu sein.

25.01.34

(P: München), Donnerstag (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

Meine allerliebste Elisabeth.
Ich will Dir tausend Küsse senden. Freuen will ich mich am Samstag wenn ich dich sehe und fertig bin mit meiner Arbeit. Meine gute gute Elisabeth bleib mir nur gesund!!!!!! Ich habe heute 11 Stunden geschrieben mir schmerzt mein Arm heute. Aber ich muß arbeiten für Dich und Deine Liebe.
Ich umarme Dich in heißer Liebe Dein Karl.
Komm ich küsse Dich.

01.03.34

München, Donnerstag (Karte) E.R. in Cortina d’Ampezzo:

„Hoffentlich seid Ihr gut angekommen.“
Arbeitet an einer „Ouvertüre für Orchester“. Probleme mit dem Themenmaterial. Fertigstellung bis Anfang April. [Hermann] Scherchen beginnt mit seiner nächsten Arbeitstagung im Mai. KAH soll am 15. Juli in Paris sein, was er zum jetzigen Zeitpunkt ablehnt. (2. Arbeitstagung in Paris: 1. Juni bis 1. August 1934)

01.03.34

(P: München, 2.03.1934), Donnerstag (Karte): E.R. in Cortina d’Ampezzo (Hotel Corona)

Liebe Elisabeth.
Hoffentlich seid Ihr gut angekommen. Mir geht es gut. Keine Angst. Ich habe endgültig mit [der] Arbeit begonnen, und schreibe eine „Ouvertüre“ für Orchester. Mit dem Themenmaterial sitze ich in vielen Klemmen. Bis Anfang April muß ich fertig sein. Scherchen beginnt seine nächste Arbeitstagung im Monat Mai – bis 15. Juli in Paris. Ich warte jeden Tag auf die Einladung. Trotz alledem werde ich nicht nach Paris gehen.
Mit Tausend Grüßen bleibe ich Dein Karl.

02.03.34

München, Freitag (Karte) E.R. in Cortina d’Ampezzo

„Wie geht es Dir?“
Krankheit. „Ich werde am Sonntag aufstehn.“
KAH berichtet von einem Brief [Willy] Tautenhahns, der ein Konzert bestellt, um es in Bern in einem Symphoniekonzert aufzuführen. KAH hat keine Zeit. Immer noch Schwierigkeiten mit dem Themenmaterial zu der geplanten „Ouvertüre“. Noch kein fester Titel.
„Bin neugierig ob Prag etwas wird.“

02.03.34

(P: München), Freitag (Karte): E.R. in Cortina d’Ampezzo

Liebe Elisabeth.
Wie geht es Dir? Hoffentlich bist Du gesund. Hab keine Angst um mich. Ich werde Sonntag aufstehn. Heute bekam ich von Tautenhahn einen Brief, er möchte ein Konzert (was ich ihm schreiben soll) in Bern in einem Symphoniekonzert aufführen. Doch jetzt habe ich keine Zeit. Bin Neugierig ob Prag etwas wird! Ich arbeite immer noch am Themenmaterial. Ab Montag beginnt die eigentliche Arbeit. Titel habe ich natürlich noch keinen festen – nun ja – den werde ich auch bekommen.
Bleibe mir nur gesund und ich freue mich riesig auf unser Wiedersehn. Die besten Wünsche Dir von Deinem Karl.

03.03.34

München, Samstag (Karte) E.R. in Cortina d’Ampezzo

„Heute wieder ohne Post!?“
Fast gesund, arbeitet. Studium orientalischer Musik „mit ¼ _ ¾ tönen.“ Entdeckt Verwandtschaft mit altkatholischer Musik.

03.03.34

(P: München), Samstag (Karte): E.R. in Cortina d’Ampezzo

Liebe Elisabeth
Heute wieder ohne Post!? Mir geht es sehr gut. Fast gesund. − natürlich. Das wirst Du an meiner Arbeit sehen. Ich studiere zur Zeit – orientalische Musik – wirklich interes[s]ant; mit ¼ _ ¾ tönen. Ganz geschloßen und verwandt mit alt-katholischer Musik.
Wie geht es Dir − Ruhe Dich bitte aus. Schone Dich! Ich freue mich riesig auf unser Wiedersehn und bleibe Dein treuer Karl.

Undatiert, um den 4.03.1934

Cortina d’Ampezzo (Brief): KAH in München

Mein liebster Karl!
Heute Deinen lb. Brief mit Dank erhalten. Es tut mir so leid, daß Du so angst hattest, ich weiß, was es ist, wenn man tagelang auf Post wartet. Auch für mich war es unangenehm, da ich vor Sonntag auch keine Post bekommen konnte und ich wegen Deiner Krankheit immer etwas besorgt war. Ich bin so froh, daß Du nun mit Deiner Arbeit vorwärts kommst und so zufrieden bist. Wenn Du eine Einladung von Scherchen bekommst, schreibe es mir bitte gleich. Vielleicht führt er etwas von Dir auf. Ich glaube bestimmt. Denn er kennt Dich ganz genau und weiß, was Du kannst. Doch darüber sprechen wir wieder mündlich. Am Freitag früh fahren wir von hier aus ab nach Brixen. Hoffentlich fällt nicht wieder so viel Schnee, daß der Zug nicht fährt. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, weil das nur einmal im Jahr hier vorkommen soll und es ist jetzt herrliches Wetter hier. Am Freitag nachts fahren wir dann von Brixen ab und kommen gegen 8 h an. Bitte rufe mich dann so um 9 h an.
Wie freue ich mich! Nur mehr 3½ Tage! Heute machten wir eine kleine Tour nach Tre Croci. Die Gegend ist dort prachtvoll ich wünschte so sehr, Du wärest dabei gewesen. Nur brannte die Sonne furchtbar. Sonst bin ich viel gelegen. Heute schrieb Papa daß „Ottchen“ bei ihm gewesen wäre. – Lustig, nicht wahr. –
Mein lieber Karl, nun leb recht wohl ich umarme und küsse Dich innig und bleibe in heißer Liebe Deine treue Elisabeth.
Eben entsetzte sich Mama über Papa’s „Ottchen“. Er meinte damit Hr. Kohler. Das war also ein Mißverständnis von mir. Ich dachte er meinte den Otto.
Auf Wiedersehen!

07.03.34

(P: München), Mittwoch (Karte) E.R. in Cortina d’Ampezzo

Liebe Elisabeth.
Auf ein Wiedersehen freue ich mich Dein Karl.

2. bis 7. April 1934

H. Scherchen, 12. Musikfest der IGNM in Florenz: 2. bis 7. April 1934

* Mai 1934

Junkersdorf (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Hab’ bitte keine Angst um mich.“
Krankheit (Darmgrippe) einigermaßen überstanden, bleibt „heute noch liegen“.
→Abreise krankheitsbedingt erst am Donnerstag (anstatt am Montag) nach München. Dann: „Ich bleibe wahrscheinlich bis Freitag in München.“ E.R. möge am Samstag (von Arnshausen) abreisen, so daß man sich am Sonntag treffen könne. „Ich wäre nie nach Straßburg weggefahren ohne Dich zu sprechen“. Ist neugierig in Bezug auf eine Regelung mit seiner „Antigone“ und ob er K – B. Mitglied wird. Studium von Bachs „Wohltemperierten Klavier“ im Bett. („Das nimmt Scherchen durch.“) Frage, ob sie alle Briefe bekommen habe, jeden Tag, Freitag zwei.

* Mai 1934

Junkersdorf (Brief) E.R. in Arnshausen: privat

„Heute bin ich wieder auf.“
Krankheit (Darmgrippe) einigermaßen überstanden.
→Abreise am Donnerstag. „Wie geht es in Arnshausen?“

27.05.34

Pfarrweisach, Sonntag (Karte) E.R. in Arnshausen

„Morgen werde ich mit meinem Kindspiel fertig – Du kannst Dir denken, daß ich froh bin.“
Morgen Abschluß mit dem „Kindspiel“ [R.H.: für Cillio]. Als nächstes Arbeit an dem „Konzert“.

02.08.34

(P: München), Donnerstag (Karte): E.R. in Arnshausen

1. Karte.
Meine liebe Elisabeth!
Hoffentlich seid Ihr gut angekommen. Nun wirst [Du] Dich mal feste ausruhen. Ich habe viel zu tun mit meinen 3 Arien-Fragmenten.
Auf frohes Wiedersehn freut sich Dein Karl.

03.08.34

(P: München), Freitag (Karte): E.R. in Arnshausen

2. Karte.
Meine liebes Elisabeth
Heute fahre ich nach Freiburg zu meinem Konzert. Morgen abend bin ich wieder in München. Ich freue mich auf unser Wiedersehn. Hoffentlich kommst Du gesund nach München. Meine Arbeit wächst feste!!
Ich bleibe Dein Karl.
Addio! addio!

09.08.34

(P: Bad Kissingen), Donnerstag (Karte): KAH in München (Elvirastr. 18)

Mein lieber Karl!
Gestern bekam ich Deine 1. Karte. Wir bleiben noch bis Sonntag früh hier, schreibe also bitte Deine letzte Karte hierher am Freitag, ich gebe Dir dann noch genaue Nachricht wohin Du noch schreiben kannst. Sonst geht hier alles gut. Arbeite Du nicht zuviel, Du darfst Dich nicht zu sehr überanstrengen.
Es küßt Dich Deine Elisabeth.

09.08.34

(P: München), Donnerstag (Karte): E.R. in Arnshausen

3. Karte!
Meine liebe Elisabeth!
Heute bin ich schon wieder in München. Ich hatte viel Erfolg [Konzert in Freiburg], − (mündlich erzähle ich alles). Nun habe ich eine Einladung nach Frankfurt, Köln und Winterthur. Heißen Dank für Deine Karten. Bitte schreibe schreibe mir jeden Tag! wenn es geht!! Meine Arbeit beruhigt mich sehr. Wenn es so weiter geht. Die 1. Arie wird in 10 Tagen fertig. Hoffentlich!
Ich freue mich sehr Dich in München begrüßen zu dürfen und bleibe Dein Karl.

10.08.34

München, Freitag (Karte) E.R. in Arnshausen:

„Große Freude habe ich immer von Dir Post zubekommen.“
„Mein Streichquartett wird im Musikkollegium – Winterthur aufgeführt.“
Beabsichtigt, das „Concert de Bruxelles“ an Ernst [Klug] in St. Gallen zu schicken, „damit [Hermann] Scherchen es bekommt“.

10.08.34

München, Freitag (Brief) E.R. in Arnshausen

„Schluß damit!“
KAH verwirft den Plan, einen Büchner-Text zu bearbeiten.

10.08.34

(P: München), Freitag (Karte): E.R. in Arnshausen

4. Karte
Liebe Elisabeth!
Heute habe ich wieder eine Karte bekommen. Heißen Dank. Wie lange bleibt Ihr in Kissingen? Ich freue mich auf unser Wiedersehen. Meine Arbeit macht mir viel Freude.
Ich bleibe Dein Karl

10.08.34

(P: München), Freitag (Karte): E.R. in Arnshausen

Liebe Elisabeth.
Große Freude habe ich immer von Dir Post zubekommen. Ich freue mich daß es Dir gut geht. Mein Streichquartett wird im Musikkollegium – Winterthur aufgeführt. Sonst gibt’s nichts neues.
Auf frohes Wiedersehn Dein Karl.
Mein „Concert de Bruxelles“ schicke an Ernst St. Gallen damit Scherchen es bekommt.

10.08.34

(P: München), Freitag (Brief mit Umschlag): E.R. in Arnshausen

München, August 34.
Meine liebe Elisabeth!
Schluß damit! Es hat keinen Zweck weiter zu arbeiten mit diesem Text. Büchner wirkt nicht. Wenn ich das Ganze als Musikdramatisch behandle – dann sehen, aber ich gehe doch nicht 10 Jahre zurück. Nein – was Neues – ? Was?? Wenn Du nur da wärest! −
Für heute nicht mehr – ich freue mich riesig auf unser Wiedersehn! Komm bald!
Unter Küssen bleibe ich Dein Karl

Undatiert, August 1934

Dresden (Karte): KAH in München (E: 18)

Mein lieber Karl!
Etwas schreibfaul bist Du ja schon. Heute haben wir den ganzen Tag Dresden angesehen. In den beiden Museen sind sehr schöne Bilder, besonders schöne Franzosen sind dort. Dieses Bild gefiel mir in Wirklichkeit sehr gut, nur ist es hier wegen der Farben so schlecht. Am Samstag kommen wir in München an, ich werde Dich anrufen, wenn es nicht zu spät wird, was ich befürchte.
Auf Wiedersehen Deine Elisabeth
Ich erzähle Dir dann mündlich, was ich dahin geschrieben hatte [am oberen Rand unkenntlich gemacht].

13.08.34

München, Montag (Brief; Doppelbrief?) E.R. in Halle/Saale

„Das Manuskript der 1 Arie habe ich vernichtet.“
Wartet auf den Cocteau. Reinschrift von „Miserae“. Möchte die Arbeit in 14 Tagen abgeschlossen haben.
„Hoffentlich seid Ihr gut angekommen!“
Vernichtung eines Teils von „Miserae“, war bis jetzt sein größtes Sorgenkind. „Nun schreibe ich gleich alles in Reinschrift.“ Wartet auf die Gedichte (Gryphius?). „Unternimm keine großen Touren.“ Treffen offensichtlich für Montag ausgemacht.

13.08.34

(P: München), Montag (Brief mit Umschlag): E.R. in Halle/Saale (Hauptpostlagernd)

München, August 34.
Meine liebe liebe Elisabeth.
Das Manuskript der 1 Arie habe ich vernichtet. Ich warte, warte auf den Cocteau?
Nun habe ich eine Arbeit in Angriff genommen vor der mich’s bang war – Miserae – schreibe ich rein! in 14 Tagen werde ich fertig werden, darf aber nicht unterbrechen. Ich bin froh, dann ist diese Arbeit weg. Glücklich wäre ich, wenn Du jetzt da wärest. Wie lange bist Du schon weg – 1 oder 2 Jahre? mir kommt es so vor.
Meine Elisabeth ich freue mich heiß auf unser Wiedersehn! Ich küsse Dir die Hände unarme Dich und bleibe Dein Karl

28.08.34

München, Dienstag (Brief mit Umschlag): E.R. in Oberstdorf (Postlagernd)

Meine liebe liebe Elisabeth!
Hoffentlich seid Ihr gut angekommen!
Ich habe zum Teil mein „Miserae“ vernichtet. Doch ich arbeite jetzt wie wild daran. Jetzt wird es schön!! Fast von Anfang an, habe ich alles verbrannt. Nun schreibe ich gleich alles in Reinschrift. Nun kommt die Kraft und Energie hinein. Wann ich fertig werde, weiß ich allerdings nicht mehr. Auf alle Fälle was das „miserae“ bis jetzt mein größtes Sorgenkind. Du kannst Dir denken, mein Lieb, daß ich jetzt elendig schufte – aber [Du] siehst das ist mein Element. Ich warte auf die Gedichte!
Wie ist das Wetter bei Euch? Hoffentlich besser! Wie ist Papa? Ruhe Dich nur fest aus. Unternimm keine großen Touren. Also es bleibt bei Montag. Ich freue mich auf unser Wiedersehn.
Ich umarme Dich küsse Dich innig und bleibe Dein Karl.

Undatiert, um den 30.08.1934

Oberstdorf (Briefkarte): KAH in München

Mein lieber, lieber Karl!
Endlich kam Dein langersehnter Brief. Scheinbar ist die Postverbindung hierher sehr schlecht. Du schreibst mir gar keine Neuigkeit, daß Du wieder einen Teil Deines „Miserae“ verbrannt hast, das habe ich schon lange erwartet. Ich müßte Dich da doch nicht kennen, wenn ich das nicht im voraus gewußt hätte. Doch ich bin froh, daß Du jetzt mit deinem Werk zufrieden bist, ich weiß das gibt Dir immer die letzte Befriedigung. Mein Karl, es ist doch schön, wenn man an etwas bestimmtem arbeiten kann, das einem dann Ruhe bringt und ich freue mich jedesmal mit Dir, wenn Du etwas neues geschaffen hast. Hoffentlich bekommst Du die Gedichte bald. Ich selbst wäre so froh.
Lieber Karl, ich bin hier sehr brav. Ruhe viel, esse viel und mache keine allzu großen Spaziergänge. Körbe habe ich auch schon viele ausgeteilt, weil hier abends immer viel getanzt wird. Das Wetter ist sehr launisch. Einmal schön, einmal schlecht. Überanstrengen darfst Du Dich aber auch nicht. Wie langsam geht hier doch die Zeit, ich freue mich schon riesig auf den Montag.
Nun lebe wohl, sei tausendmal geküßt von Deiner Elisabeth.
Papa ist immer gleich, soeben fuhr er auf 3 Std. nach Sonthofen.

Undatiert, um den 30.08.1934

Oberstdorf (Brief): KAH in München

Mein einzig geliebter Karl!
Was macht Deine Arbeit? Hoffentlich glückt sie Dir weiterhin so gut. Du bist mit den Gedichten etwas sehr ungeduldig. Bedenke doch, daß sie noch gar [nicht] hier sein können. 1. wird sich Vigué kein Bein auslaufen sie zu bekommen, er wird halt einmal im Laufe der letzten Wochen an Cocteau geschrieben haben. Dann weißt Du ja auch nicht, ob sich C. so beeilt, dieselben zu besorgen, ihm wird das nicht so wichtig erscheinen. Oder ob er überhaupt z. Z. zuhause ist. Diese Dinge bekommt man nie so schnell. Wenn gar nichts zu machen wäre, hätte V. sicher geschrieben. Wenn du am Samstag mit Deinem „Miserae“ fertig wurdest mußt Du aber Sonntag gut ausruhen. Das bist Du uns schuldig. Jetzt bin ich froh, daß Du bei dem Wetter nicht hier bist, Du hättest nicht viel davon gehabt. Gestern regnete es wieder den ganzen Tag, heute scheint es etwas besser zu werden. Ich schreibe nämlich noch im Bett. Am Sonntag um ½ 9 h kommen wir in München an ich werde Dich dann noch im Laufe des Abends anrufen, Du brauchst aber nicht extra zuhause bleiben, wenn Du mit noch mit den anderen zu einem Glas Bier fort willst.
Ich habe es jetzt reichlich satt hier zu sein, auch mit P. Es ist sehr schwer da unterhaltsam zu sein. Nun mein lieber Karl leb wohl auf ein glückliches, frohes Wiedersehen am Montag freut sich riesig
Deine dichliebende Elisabeth.
Jetzt gehe ich aber nicht mehr so bald weg von Dir, jetzt mag ich nicht mehr.

31.08.34

(P: München), Freitag (Karte): E.R. in Oberstdorf

Fertig mit der Arbeit.
Liebste Elisabeth. Heute bin ich fertig geworden. Bin ich froh. Vielen Dank für Deinen Briefe [sic]. Nun sind die paar Tage bald bald vorüber. Grüße vielmals Papa. Hoffentlich kommst Du gesund am Montag wieder bis dahin bleibe ich Dein Karl

Undatiert, wahrscheinlich 1934

München (Karte): E.R. in München

„Ich fahre am Dienstag ab, wenn ich abfahre und ankomme weiß ich noch nicht − ich werde viel erzählen.“
„Am Mittwoch werde ich mich mit Herrn Staatskapellmeister Tutein in Verbindung bringen. Aus Brüssel habe ich gute Nachricht. Nun habe ich mich mit Bern (Schweiz) in Verbindung gesetzt. Scherchen arbeitet in Paris mit Marya Freund. Nun muß ich mal sehen, dass ich zu Scherchen nach Paris komme. […] sollte mein Concert in München nicht klappen − so beginne ich gleich was neues.“ Hinweis von KAH, daß es seiner Mutter besser ginge. Er hatte sie offensichtlich besucht; „Adolf & Dölze bleiben dort“.

1935

keine Korrespondenz vorhanden.

H. Scherchen, 3. Arbeitstagung in Brüssel: 16. Mai bis 31. Juli 1935. Gründung des „Ars Viva“ Verlages für alte und neue Musik in Brüssel. – Dirigiert Werke von Hartmann und Burkhard auf dem 13. Musikfest der IGNM in Prag (1. und 2. Sept.)

1936

H. Scherchen, 14. Musikfest der IGNM in Barcelona: April

H. Scherchen, 4. Arbeitstagung in Genf: 20. Juli bis 29. August; Wohnsitz in Neuchâtel.

07.10.36

Winterthur (bei Gottlieb Klemm, Pfarrgasse 2), Mittwoch (Karte)

„Eben war ich bei Scherchen.“
Besuch bei [Hermann] Scherchen. „Er ist begeistert von dem Text des „Symphonischen Fragments.“ Weiterer Besuch am nächsten Tag vorgesehen.

07.10.36

(P: Winterthur), Mittwoch (Karte): E.H. in München (Königinstr. 31/0) K. A. Hartmann Winterthur Pfarrgasse 2 bei Klemm

Meine liebe Elisabeth –
oh – der Schnee – der Bodensee Wellengang – ich bin gut in Winterthur angekommen. Hier ist tiefer Winter – Ich schreibe Dir bald. Rufe Adolf an daß ich gut angekommen bin.
Ich bleibe stets Dein Karl
Grüße bitte Deine lieben Eltern. Sabinden geht es nicht so schlecht.

07.10.36

(P: Winterthur), Mittwoch (Karte): E.H. in München (K: 31)

Mein Lieb!
Eben war ich bei Scherchen. Er ist begeistert von dem Text des „Symphonischen Fragments. Seine Frau ist auch da. Er war äußerst nett und liebenswürdig zu mir. Morgen soll ich um 7 h Uhr zu ihm kommen.
Grüße mir bitte Deine lieben Eltern
Ich bleibe stets Dein Karl.
Rufe bitte Adolf an.

08.10.36

Winterthur, Donnerstag (Karte)

„Gestern habe ich in meinem Geldbeutel 10 M gefunden statt 8 M.“
[Hermann] Scherchen rät KAH, das „Symphonische Fragment“ nach Baden-Baden zu schicken.
KAH bittet um Zusendung der Stagma-Nachrichten.
Ankunft in München am 29. oder 30. Oktober.

08.10.36

(P: Winterthur), Donnerstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein Lieb
Gestern habe ich in meinem Geldbeutel 10 M gefunden statt 8 M. ich habe das Geld nicht gewechselt ich bringe die 10 M wieder nach hause, denn ich bekomme für 10 M – 10 fr. 50 Rappen. Wenn Du mir 10 M schickst so bekomme ich 17 fr. – also 7 fr. mehr. Ich bekomme mein Geld von der Bank erst in 8 Tagen. Ich wäre Dir dankbar, wenn du mir 10 M schicken würdest – dafür bringe ich die 10 M wieder heim.
Jetzt muß ich zu Scherchen mit der Partitur des Fragments. Ich komme am 29. oder 30. Okt. nach hause. Ich bleibe stets Dein Karl.
Scherchen meint ich soll unbedingt nach Baden-Baden einschicken. Darüber schreibe ich Dir noch genauer.
Schicke mir bald die Stagma-Nachrichten.

10.10.36

Winterthur, Samstag (Karte)

„Am Donnerstag bin ich mit Scherchen und Frau nach Zürich gefahren.“
Am Donnerstag Fahrt mit [Hermann] Scherchen (und dessen Frau) nach Zürich.
Am Freitag „Symphonisches Fragment“ „durchgearbeitet“ (mit Scherchen). „Miserae“ ist für London fest vorgesehen. Für Baden-Baden ist nun das Streichquartett vorgesehen (Zustimmung von Scherchen).

10.10.36

(P: Winterthur), Samstag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Meine Liebe.
Am Donnerstag bin ich mit Scherchen und Frau nach Zürich gefahren. Am Freitag nachmittag haben wir von 1 h – ½ 6 h mein „Symphonisches Fragment“ durchgearbeitet – darüber schreibe ich Dir morgen ausführlich. Mein „miserae“ ist für London fest. Ich werde mein Streichquartett nach Baden-Baden einsenden – Scherchen meint es das Beste – auch darüber schreibe ich Dir im Brief.
Bleibe Du mein Lieb mit unsern [sic] lieben Bub gesund in dieser ernsten Zeit
Dein Karl küßt Dich innig.
Grüße mir bitte Deine lieben Eltern herzlichst.

12.10.36

Schweiz, Montag (Brief)

„Endlich komme ich dazu Dir genauer zu schreiben.“
Den ganzen Freitag bei [Hermann] Scherchen in Talwill [Thalwill]. Scherchen begeistert von dem „Symphonischen Fragment“; „Stil äußerst stark und persönlich und (was mir wichtig ist) von mir allein – und nichts gestohlen von anderen! Etc.; äußerst lehrreiche arbeitsmethodische Kompositionsunterweisung. Diskussion über ein neues Orchesterwerk für Kammerorchester von [Fritz] Büchtger, das dieser mit einem Brief an Scherchen geschickt hatte. Beide, KAH und Scherchen halten Büchtger für völlig untalentiert. In seinem Antwortbrief bittet Scherchen Büchtger um Ehrlichkeit in dem was er (B.) tut und was er denkt.
Partitur (Streichquartett) nach Baden-Baden. KAH möchte noch einen Brief schreiben, den E.H. weiterleiten soll.

12.10.36

Schweiz, Montag (Brief): E.H. in München

Schweiz, 12. Okt 36.
Meine liebe Elisabeth!
Endlich komme ich dazu Dir genauer zu schreiben. Also am Freitag war ich den ganzen Tag bei Scherchen in Talwill. Mein „symphonisches Fragment“ findet Scherchen ganz ausgezeichnet. Mein Weg in menschlicher wie in künstlerischer Hinsicht geht gleichmäßig und stetig vorwärts. Er findet meinen Stil äußerst stark und persönlich und (was mir wichtig ist) von mir allein – und nichts gestohlen von anderen! Über meine Melodiebildung wollte er wissen, wie ich dies arbeite – wie ich diese konstruiere – aber leider ich konnte ihm nichts sagen – ich weiß es selbst nicht; denn jetzt beginnt bei mir, das ausbreiten in eine Welt, wo nur wenige hinkommen – (meint Scherchen).
Nachmittags haben wir 4 Stunden (von 2 h – 6 h) gearbeitet, da habe ich dann einen Vortrag bekommen, was ich beim Komponieren alles noch berücksichtigen soll. Da habe ich enorm viel gelernt.
Herr Büchtger hat an Scherchen geschrieben und hat sein neues Orchesterwerk (Kammerorchester) angeboten. Scherchen frug mich ob ich Büchtger für ein Talent halte, darauf ich antwortete, daß ich Büchtger für völlig untalentiert halte – darauf Scherchen mir sagte, daß er die gleiche Meinung habe. Scherchen an Büchtger:
„Sehr verehrter Herr Büchtger!
Ich danke Ihnen für Ihre Zeilen. Ich interes[s]iere mich für Ihr Werk. Schreiben Sie mir bitte etwas von Ihnen – was Sie tun und was Sie denken – aber ehrlich muß es sein
Ihr Scherchen.“
Ich bin neugierig auf die Antwort. –
Für Baden-Baden [schreibe] ich Dir einen Brief – senden [sic] ihn bitte weiter. Die Partitur geht bald ab.
Für Paris habe ich viel Aussicht. Ich schreibe nochmals einen Brief an Osterc. An den Brief schreib[t] auch Scherchen. Überhaupt Scherchen ist, wie auch seine Frau äußerst reizend.
Erzähle niemand von Baden-Baden erst wenn angenommen (auch Deine[n] Eltern nicht) Der Verlag hat nicht mehr Fräulein Escher sondern Madame Badaux, aber das passt mir nicht – da muß ich einen Sprich [Strich] durchmachen.
Nun lebe wohl ich umarme Dich und bleibe Dein Krl.
Bleibe mir mit unserm Bub gesund.
Vergiss nicht, die Stagma-Nachrichten mir bald zu senden. Rufe Adolf mal an!! Den Brief an Baden-Baden habe ich schon weitergesandt.

14./15.10.1936

Winterthur, Mittwoch/Donnerstag (Karte)

„Hast du, meine liebe Elisabeth, meine Post immer erhalten, auch den letzten Brief.“
Am Donnerstag oder Freitag Besuch bei [Werner] Reinhart in Zürich. Des weiteren Verhandlungen mit [Hermann] Scherchen und mit [Hans Curjel] Curjell, Direktor des Züricher Corso-Theaters wegen „Simpl“. „Heute Donnerstag habe ich wieder einen schweren Tag mit Scherchen.“

15.10.36

(P: Winterthur), Mittwoch/Donnerstag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Hast Du, meine liebe Elisabeth, meine Post immer erhalten, auch den letzten Brief. In den letzten Tagen war es sehr ruhig. Am Donnerstag oder Freitag vormittag bin ich bei Reinhard bestellt. Auch in den nächsten Tagen fahr ich nach Zürich, und verhandle mit Scherchen und Herrn Curjell (Direktor des großen Züricher Corso-Theater) wegen des „Simpls“. Meine liebe Elisabeth, wie geht es Dir – was gibt es zuhause neues? Heute Donnerstag habe ich wieder einen schweren Tag mit Scherchen.
Grüße bitte Deine lieben Eltern herzlichst. Was macht die neue Wohnung. Ich sende Dir, mein Lieb, die besten Grüße und die besten Wünsche für Dich und unsern Bubi, ich bleibe Dein Karl.
Deine Post habe ich erhalten sobald ich Zeit habe schreibe ich alle Fragen. Grüße von Scherchen. Ich erwarte Dich bestimmt am 28. hier. darüber schreibe ich noch!!! Schicke kein G. mehr.

17.10.36

Winterthur, Samstag (Karte)

„Ich werde Dir bald einen großen Brief senden –“
Gestern Ankunft von [Ernst] Křenek. Am selben Abend Fahrt nach Zürich zu einem Konzert in Stellvertretung für [Hermann] Scherchen

17.10.36

(P: Winterthur), Samstag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Meine liebe Elisabeth
ich werde Dir bald einen großen Brief senden – jetzt kann ich nicht – Krěnek kam gestern – abends mußte ich nach Zürich zu einem Konzert für Scherchen (Scherchen vertreten –)
Mein Lieb, so bald ich etwas Zeit habe schreibe ich Dir länger
Grüße bitte Deine Eltern. Was macht unser Bubi? Bleibe mir nur gesund und ich bleibe stets Dein Karl.

19.10.36

Winterthur, Montag (Brief)

„Endlich komme ich dazu, Dir etwas genauer zu schreiben.“
Am Samstag Besuch von [Ernst] Křenek, [Willi] Reich und [Hermann] Dubs (Zürich). Aufführung von Kreneks „Karl V.“ „Klanglich sehr schön – ohne festes Melos“. Mitwirkung KAHs an den Glocken. Gespräch mit Křenek wegen Chorwettbewerb; Křenek zurückhaltend. Neidisch auf KAH wegen Kontakt mit [Hermann] Scherchen?
Scherchen und dessen Frau „äußerst reizend“. „Gustl Scherchen werde ich von München aus schreiben.“
Dank an [Walter] Frey (und Frau) für die Aufführung des Quartetts.
Briefe nach Baden-Baden und Paris.
Brief an [Slavko] Osterc, der das „Symphonische Fragment“ durchsetzen soll (in Paris?, 1937 IGNM-Fest). In dem Brief entsprechender Zusatz von Sch. Briefe auch an Gerhard (Barcelona) und [Edward] Clark (London; Mitglied des IGNM-Komitee). Aufführungsmodalitäten „Simpl“ in Zürich, Corso-Theater sehr schlecht.
Dr. Kreitner (?) berichtete Scherchen von der Schönheit des „Simpl“, jedoch schwierig für die Theater. Gespräch mit Křenek wegen des Chorwerks. Nach der Einsendung Briefe an Reich und Redlich.
Bittet nochmals um die Stagma-Nachrichten und darum, [Fidelio (?)] Finkes Concertinos Weiler zu geben.
Genauer Reiseplan für E.H.

19.10.36

Winterthur, Montag (Brief) E.H. in München

Winterthur, 19. Okt. 1936.
Meine beste Elisabeth! Liebe Kameradin!
Endlich komme ich dazu, Dir etwas genauer zu schreiben. Am Samstag war Krěnek –
Dr. Reich – Dubs (Zürich) da. Es war hochbetrieb. Die Tage vorher waren sehr anstrengend. Von Krěnek wurde „Karl V. gegeben – klanglich sehr schön – ohne jedes festes Melos. Ich mußte im Orchester – Glocken schlagen. Ich habe mit Krěnek gesprochen wegen Chorwettbewerb. Es war sehr zurückhaltend. – Er muß etwas Neid haben – da ich immer bei Scherchen war. Dr. Reich war sehr nett; – und Dubs – habe ich nicht viel gesprochen (ein richtiger Schweizer). Prof. Frey mit Frau kam von Zürich herüber. Ich habe mich bedankt für die Aufführung meines Quartettes. Was, – ein sehr schönes Programm das ganze Jahr über. Heute Montag ist es wieder ruhiger. Aber Scherchen hat einen kranken Fuß –. Fürchterlich geschwollen – und ganz Blutunterlaufen am Rist. Gestern (Sonntag) und heute liegt er zu Bett. Hoffentlich wird es bald besser. Er hält sich gar nicht. Immer eine Tücke des Schicksals. Heute schrieb ich an Osterc. Scherchen schrieb auch ein paar Zeilen an meinen Brief. Osterc sollte mit allen Mitteln versuchen, daß er mein Stück durchsetzen sollte u.s.w. – eine schöne Ovation für mich. Also – die Angelegenheit Baden-Baden ist von meiner Seite aus erledigt. Paris so ziemlich auch, nur werde ich noch an Gerhard (Barcelona) und Clark (London), schreiben – das mache ich bevor ich wegfahre. Die Angelegenheit „Simpl“ ist sehr schlimm. Mit dem Corso-Theater-Zürich glaube ich nicht daran. Scherchen hofft! Aber ich weiß nicht – es ist fürchterlich schwer – Scherchens Verlag hat 8 Briefe bekommen – Budapest = Jemnitz – dann Mannheim = Redlich, dann London = Buß und Wien = Reich, Paris = da habe ich den Namen vergessen, die alle begeistert sind und mit vollster Anerkennung über „Simpl“ geschrieben haben. Großartige Briefe – überall Bewunderung – Dr. Kreitner hat Scherchen erzählt wie schön der „Simpl“ wäre – aber es ist schwer an ein Theater zu kommen. Scherchen bemüht sich ehrlich darum. Aber es kommt schon. Nur Geduld. Betreff des Chorwerks habe ich mit Krěnek gesprochen – wenn ich [es] eingeschickt habe so schreibe ich an Reich = und Redlich. Gustl Scherchen werde ich von München aus schreiben. Finkes Concertinos für 2 Klaviere gib Weiler –
Nun zum Schluß das wichtigste: –
Ich erwarte Dich am 28. Okt [in Winterthur]. Du fährst am 28. Okt. morgens 812 in München ab. Um ½ 4 h erwartet Dich Sepp, da ich Probe (Generalprobe) habe. Am 29. Okt. Fahren wir beide nach Zürich – und am 30. Okt. (Freitag) fährst Du morgens nach München und bist um 3 h in München. Wegen Geld – Das Fahrgeld weißt Du ja – (wenn Du nicht so viel hast, rufe Hagen an. Solltest Du 10 M mitnehmen – so kein Deutsches Geld – hat gar keinen Zweck nur Schweizer Franken, laß es gleich wechseln. Es gibt keine Widerrede – du mußt unbedingt kommen – wer weiß ob wir noch nach Paris kommen – man kann nichts sagen. Auf alle Fälle kommst Du – unsern kleinen Richard nimmt Tante Maga – oder Frau Rechtsanwalt Dr. –
Meine liebste und beste Elisabeth!
Ich freue mich, wenn wir beisammen sind – es wird schön, doch mir graust es nach hause [zu] fahren – bei Deinen Eltern wieder zu sein – mich ekelts vor dieser Zeit. Komm – komm – komm – komm komm zu mir meine Liebste!!
ich freue mich auf Dein Wiedersehn! Hoffentlich wird meine Hoffnung kein Traum.
Stets bleibe ich Dein aufrichtiger und treuer Karl. Nimm einen festen Kuss von mir.

24.10.36

Winterthur, Samstag (Karte)

„Wie freue ich mich auf den Dienstag.“
Besuch von E.H. am Dienstag (28. Okt.). Am 29. Okt. GP. Am 30. Okt. Fahrt nach Zürich zu einem Konzert des Pro-Arte-Quartetts; mögliche Interpreten für KAHs Streichquartett.
„Miserae“ ist für London (Rundfunk) und Brüssel bestimmt.
→Am Freitag Fahrt nach München (31. Okt.).

24.10.36

(P: Winterthur), Samstag (Karte): E.H. in München (Wilhelmstr. 8/III)

Liebe Elisabeth
Du fährst am Dienstag mittag 1½ h (glaube ich) ab nach Winterthur. Karte bis Zürich nehmen. (Bubi nimmt Tante Maga – am Dienstag –) An der Bahn wirst Du abgeholt! Unbedingt Dienstag abend in Winterthur und Freitag mittag um 3 h bist Du in München. 10 M habe ich noch (in Reichsmark) die nehmen wir nach München mit. aber ich wechsle in 17 Fr. – Wenn nicht, ist auch wurst. Komme!!! Bist Du Montag um ½ 2 – 2 in der Königinstr.
Auf Wiedersehn Dein treuer Krl. –
Kommt Adolf auch?

25.10.36

(P: Winterthur), Samstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

mein Lieb.
Wie freue ich mich auf den Dienstag. Nicht viel Gepäck mitnehmen. Einen Mantel (Pelzmantel) – Ein Kleid für die Fahrt. Eines für die Strasse. Eines für das Konzert. Am Mittwoch vormittag haben wir zeit für Winterthur und sonstige Geschäftliche Arbeiten*. – um 1 h mittag ist Generalprobe dann haben wir von von 4 h – 8 h Zeit für uns – am Donnerstag fahren wir nach Zürich, abends ist Konzert (Pro arte-Quartett) (das beste Quartett) da muß ich hin – wegen mein[em] Quartett, um 11¼ h fahren wir nach Winterthur – und Freitag geht es in die Heimat. Ich freue mich sehr und bleibe Dein Krl.
* (Besuche)
Mein Miserae ist für London – Rundfunk, und Brüssel bestimmt.
!Haare richten!

01.01.37

Lindau-Bodensee, Hotel Bad Schachen (Brief): privat

„Zum Guten morgen (es ist 6h morgens) wünsche ich Dir alles erdenklich Liebe vor allem Gesundheit.“
Fahrt zum Neracler ???. Bleibt bis Dienstag – Mittwoch. Will [Willy] Tautenhahn schreiben. Brief von [Hermann] Scherchen.

28.04.37

(P: Alassio), Mittwoch (Karte): KAH in München (W: 8)

Mein lieber Karl!
Bin gut angekommen. Die Reise verlief ganz gut, besser als ich gedacht habe. Mir geht es auch besser. Natürlich waren wir alle sehr müde. Bis Mailand waren wir allein im Abteil, konnten also lang liegen, ab Genua waren wir wieder allein. Ich habe ein Hotel gefunden, das mir in allem gefällt. M. Adr. ist: Alassio, Hotel Viktoria. Hier ist heller Sonnenschein u. sehr schön warm. Morgen schreibe ich einen ausführlichen Brief. Bleibe nur Du mir gesund u. wohlauf, ich denke so viel an Dich!
Für heute sei innigst geküßt von Deiner treuen Elisabeth.

28.04.37

Mittwoch (Brief): KAH in München

Alassio, den 28. April 1937.
Mein über alles geliebter Karl!
Hoffentlich bist du wohl auf und geht es dir gut. Ich denke so oft, mit so viel Liebe an Dich. Bitte erhalte Dich wohl für mich und denke immer, wie notwendig ich Dich brauche.
Nun will ich Dir einiges über mich schreiben. Die Reise verlief ganz gut. Mein Zustand hat sich nachts etwas gebessert und heute ist alles so gut wie in Ordnung. Wir waren bis ½ 8 h früh allein im Abteil, dann kamen für 2 Stunden 2 Damen, dann waren wir wieder allein. Das war natürlich sehr angenehm. Richard hat sich auf der Reise sehr gut aufgeführt, nur ist er bis heute sehr, sehr müde. Ich glaube das macht die Luftveränderung. Vom Sand ist er natürlich begeistert. Gleich das erste Hotel, das ich hier ansah sprach mir in allem so zu, daß ich gleich da blieb. Ich habe 2 nette ineinandergehende Zimmer. Beide haben Balkon mit Blick auf das Meer, fließ. warmes u. kaltes Wasser. Außerdem liegt das Hotel so nah am Strand, daß ich von der Terasse, auf der gefrühstückt wird nur 3 Stufen herunterzugehen brauche und bin am Strand. Das ist in jeder Beziehung sehr angenehm. Das Essen ist hervorragend. Z. B. Gestern Abend: Gemüsesuppe, Artischocken, Zunge mit Kartoffelpüree u. Erbsenpürrée, und Kompott: Heute Abend: Hühnersuppe, Lauchspeise, Huhn mit Kart. u. Salat, Karamelkrem. Mittags bleibt die Zwischenspeise aus, doch ist es auch sehr reichlich. – Hoffentlich knurrt gerade Dein Magen nicht, da hätte ich was schönes angestellt. − Die Pension kostet 35 l. Das Wetter ist herrlich. Strahlende Sonne. Alles blüht hier. Die Gegend ist einfach herrlich. Ich kann mich kaum satt sehen an der Vegetation und an dem Meer. Noch nie habe ich das alles so schön empfunden, wie diesmal. Ich glaube, das habe ich von Dir gelernt, mein bester Karl. Aber Moskitos gibt es auch schon. Die Gäste baden alle schon, doch ich warte noch etwas. Sage Adolf, daß ich heute den Platz, den er zweimal, in Aquarell u. in Öl gemalt hat, entdeckt habe. Ich habe ihn sofort wieder erkannt. Das rote Haus habe ich aber noch nicht gesehen. Freilichtkino soll es hier keines geben, sagte mir der hiesige Portier. Glücklicherweise sprechen hier im Hotel alle deutsch, darum bin ich froh. Jetzt habe ich Dir aber alles erzählt, was es in 2 Tagen neues geben kann. Mein liebster Karl, sei mir nicht böse, daß ich so viel schönes erleben darf, während Du nichts hast, ich wünschte jede Stunde, Dich bei mir zu haben. Bitte, bleibe mir, mein ganzes Leben bist ja du. Ich umarme Dich und bleibe mit tausend Küssen
Deine Dich so innig liebende Elisabeth.
Schreibe mir bald u. ausführlich.

30.04.37

(P: München, 1.05.1937), Freitag (Brief mit Umschlag): E.H. in Alassio

München, 30. April (3).
Meine heißgeliebte Elisabeth!
Vor allem danke ich Dir für Deine Karte. Leider schreibe ich Dir keinen genauen Bericht, denn es ist 5/vor 1h nachts. Ich war mit Deinen Eltern im Kino, dann im Spatenhaus – da kam Adolf – und stell Dir vor – obs Dus glaubst oder nicht – Deine Mutter und Adolf haben sich so gut unterhalten, daß sie nicht merkten – daß es ¾1 h war. Was sagst Du nun! Mein Lieb – Dein Vater will auf alle Fälle den nächsten Brief von Dir, den Du mir schreibst, lesen!! Ich sage ihm Du hast mir noch keinen Brief geschrieben, bis Du mir einen schreibst (lege mir einen Zettel bei und schreibe drauf: lasse den Brief Vater lesen!!) Schreibe in diesem Brief wie es Dir geht!!
Mein Lieb, ich möchte folgendes wissen? Was macht der Darm? Deine Telefonnummer vom Hotel? Wie fühlst Du Dich? Wie geht es mit dem Essen? Was macht der Stuhl? Dein Herz? Wie ist Dein Befinden?
Bei mir ist alles beim Alten:
Am Dienstag war ich beim Scharl – am Mittwoch war ich von 7 h – bis 11¼ bei Deinen Leuten – (zuerst war der Herr Rebel – der einen fürchterlichen Unsinn sprach – da, dann unterhielten wir uns bis 11¼, dann ging ich nach hause – am Donnerstag arbeitete ich ebenfalls tagsüber, wie auch Mittwochs tagsüber – abends traf ich um 9¼ im Hotel Eden (am Bahnhof) mit Adolf Familie Pitsch (Berlin) auf der Durchreise nach Italien.
Heute wieder hatte ich gearbeitet – und um 7 h ging [ich] zu Deinen Leuten, gingen ins Kino, dann ins Spatenhaus!! Am Montag bekommst Du wieder Nachricht.
Ich habe nur einen Wunsch: erhole Dich! Werde gesund!! Ich freue mich mit Dir, daß es Dir gut geht und daß es Dir unserm Richard und Fräulein Resi gefällt – aber werde mir gesund und kräftig!
Vor mir steht Dein Bild und ein kleines Bildchen von unserm Buben auf dem Schreibtisch. Werde mir gesund! Stets gedenke ich nur Dein und stets bleibe ich Dein aufrichtiger und treuer Kamerad und Geliebter!
Mein Alles: mein einer Wunsch ist nur: werde gesund!
Am Montag schreibe ich wieder!
Ich küsse Dich innig und bleibe Dein Mann und Geliebter – Dein alles – Dein Karl!
Küsse meinen Buben! Fräulein Resi viel Vergnügen!
Vergiss nicht einen Brief, den Dein Vater lesen darf.

* Mai 1937

München (Brief) E.H. in Alassio (?)

„Meine letzte Post wirst Du erhalten haben.“
Berichtet über die Entscheidung der Emil Hertzka Stiftung [offizielles Anschreiben am 21. Mai 1937, Ana 407]. Jurymitglieder: [Ferdinand] Großmann, [Franz] Moißl, Franz Schmidt, Erwin Stein, Anton von Webern. [Preisverleihung findet immer an Hertzkas Todestag, 9. Mai, statt.]
1. Preis für [Hans Erich] Apostel, Österreich; 2. Preis für [Ludwig Zenk] Lentz; 3. Preis (Ehrenpreis) für KAH für seine Kantate „In memoriam Alban Berg“.
Berichtet über einen Besuch von [Werner] Egks „Zaubergeige“. Schlechte Aufführung; KAH charakterisiert Egk als „sehr äußerlich“.

01.05.37

München (Brief) E.H. in Alassio: privat

„Heute vormittag war ich bei der Devisenstelle (Prannerstr.); mir wurden 100 M bewilligt.“
E.H. bis zum 26. Mai, Mittwoch, Fronleichnam, in Alassio. KAH wartet auf Post.

01.05.37

(P: Alassio, 2.05.1937), Samstag (Karte): KAH in München (W: 8)

Lieber Karl!
Heute ist Samstag und noch keine Post ist da!! Was ist los? Wie lange muß ich noch umsonst zum Postamt laufen? Du weißt doch daß ich mich ängstige, wenn ich nichts von dir höre. Teile mir bitte bald mit, ob ich Willi T. schreiben soll. Gestern habe ich Heini Grüße geschickt. Uns geht es gut. Das Wetter ist gleich schön. Doch erwarte ich jetzt von Dir Post. Passe ja gut auf, wenn Du Montag etwas fort fährst.
Für heute alles Liebe von Deiner Dich liebenden treuen Elisabeth.

03.05.37

Alassio, Montag (Brief): KAH in München

Alassio, den 3. Mai 37.
Mein lieber Karl!
Ich kann es kaum glauben, daß es schon wieder acht Tage her sind, seitdem ich München verließ. Die Zeit vergeht so furchtbar schnell. Uns geht es allen dreien gut. Mein Darm ist wieder ganz in Ordnung. Das macht das gute Essen hier mit der Ölkost. Auch sonst fühle ich mich schon bedeutend wohler. Ich liege den ganzen Vormittag von 9 h ab am Strand. Nach dem Essen lege ich mich wieder hin bis 4 h, dann gehen wir etwas spazieren. Es gibt hier schöne Spaziergänge, die Gegend ist ja so prachtvoll. Abends gehe ich um 9 h zu Bett. Mit dem Hotel bin ich sehr zufrieden. Die Gäste sind hier fast lauter Engländer, auch verschiedene Deutsche sind da. Allerdings weiß ich nicht, ob sie Österreicher sind. Der kl. Richard sieht von Tag zu Tag blühender aus. Er brauchte allerdings 3 Tage um sich zu akklimatisieren, doch jetzt ißt und schläft er sehr gut. Vom Sand ist er kaum mehr wegzubringen, doch bleibt er in 2 m Entfernung vom Wasser, scheinbar fürchtet er es. Nun mußt du mir aber einmal schreiben, wie es Dir geht. Ich schreibe Dir von nun an nur mehr Karten, weil das Porto zu viel kostet. Man braucht auf einer Reise doch immer mehr Geld als man meint. Besonders der Kleine braucht da etwas und da. Warst Du beim Zahnarzt? Esse immer genügend und lasse es Dir ja gut gehen. Bleibe mir nur gesund. Arbeite auch abends nicht zu lang, Du weißt das schadet den Nerven.
Für heute grüße und küsse ich Dich aufs herzlichste und bleibe immer Deine Elisabeth.

[Beiblatt]
Dieser Brief ist nur für meinen Karl! Meine Telefonnummer: 4147
Mein heißgeliebter Karl!
Wie geht es Dir wohl?! Ich denke so viel an Dich und wünschte Du wärest hier bei mir. Wie herrlich wäre es, zusammen alles schöne zu genießen. Was macht Deine Arbeit? Gerne würde ich das von Dir hören. Du weißt, mein ganzes Leben gehört nur Dir allein und so will ich auch an allem teilhaben, das Dich berührt. Bitte erhalte Dich für mich gesund. Ich brauche Dich ja so notwendig. Mir geht es bestimmt schon besser, ich will ja schon für Dich allein gesund werden und tue deshalb alles für meine gesundheitliche Besserung.
Hast Du Redlich und Rascher einmal angerufen? Vergiß das nicht. Hast Du schon Deinen neuen Mantel? Heize auch noch Dein Zimmer, damit Du Dich nicht erkältest. Fr. Hecht soll Dir eventuell kochen. Von Sepp habe ich noch keine Nachricht bekommen. Von Resi soll ich Dir Grüße ausrichten und Sie läßt Dir für Deine Zeilen danken.
Nun mein inniggeliebter Karl, lebe wohl, gute Nacht, meine Gedanken weilen immer bei meinem liebsten Mann, ich umarme u. küsse Dich tausendmal und bleibe immer nur Deine Elisabeth.

04.05.37

(falsche Datierung) München, Dienstag (Brief): E.H. in Alassio

München, 4. April. 37.
Heute kam Dein Brief. Vielen Dank meine liebe liebe Elisabeth!
Ich habe gleich nach Berlin telegrafiert, daß ich gute Nachricht von Dir habe. (die Adresse lautet: A. Reussmann Berlin – Hessler-Hotel am Bahnhof Zoo.) Ich schreibe den Brief ab, lass natürlich bestimmte Sätze aus und zeige denselben Deinen Vater und schicke denselben Deiner Mama.
Ich bin so froh, daß es Dir wieder gut geht. Elisabeth ruhe Dich aus, Du darfst nicht vor Ende Mai zurück. Das ist ganz ausgeschlossen. Sollte Resi mit Bubi raufkommen – so bleibst Du allein noch unten. Du mußt Dich richtig erholen. Ich bin so froh, daß es Dir so gut gefällt. Essen! Essen! Ich finde das Essen, wie Du es schriebst nicht sehr italienisch! Gehe mal in „Eden-Hotel“ und iss mal dort. mich würde es sehr interes[s]ieren. Esse mehr Spaghetti und Huhn – und alles andere spezielle italienische. Wein!!
Ich war am Samstag und Sonntag mit Stefi und Genossen fort (mit dem Auto ((Adolf und ich würden mit dem Auto mitgenommen))). Ich hab’ aber wieder genug mit der Gesellschaft. Es war wohl lustig, doch ein zweitesmal hab’ ich keine Lust mehr. Es war wohl billig, aber das ist nichts für uns. Nun ja, Du weißt ja mein Lieb, ich muß alles zuerst erleben – richtig erleben – dann ist es wieder aus. Gestern Montag war ich in der Früh bei Deinem Vater dann war ich zu hause – abends traf ich Satzinger und Adolf bis 9 h (von 7 h – 9 h) um ½10 war ich wieder zu hause. Wie ich bei Deinem Vater war, erzählte er mir, daß Frau Dr. Kleine da war und erzählte ihm was für große Erfolge ihr Mann in Berlin hat und wie viel Geld er verdiente und wie fleißig und arbeitsam ihr Mann ist. Immer wieder fing Vater an zu erzählen wieviel Geld – wie fleißig – wie große Erfolge ihr Mann hat – ja sie ziehen jetzt für ständig nach Berlin – Frau Kleine erzählte auch wie andere Komponisten in Berlin (z. B. Kreuder) Geld verdienen – der langen Rede – kurzer Sinn ist, sie wollte hetzen als Antwort des Briefes von uns, bei Vater, und siehe da sie fand ein gutes Opfer – ich gehe die Woche nicht mehr zu Vater, erst wenn Deine Mama wieder da ist. Mit Deiner Mama kann man sich viel besser unterhalten.
Dein Vater hat jetzt die Nase voll – Geld verdienen. Weißt Du mein Lieb die Kleine ist schon eine Matz, ein richtiges Dreckmensch! Schreibe Du nicht an Vater ich übergehe die Angelegenheit vollständig. Schau nur zu, daß Du mir gesund wirst, ich brauche Dich notwendig. Post ist nicht gekommen. An Tautenhahn kannst Du jetzt schreiben. Redlich fährt am Sonntag den 9. Mai nach Wien. (((((ich bin auf den 9. Mai neugierig))))) kommt wieder am 15. Juni zurück und fährt mit Familie nach Italien (Gardasee). Sonst passiert nichts, heute Dienstag bin ich den ganzen Tag zu hause. Ich habe an Deine Mama telegraphiert – Dein Vater ist bis Mittwoch nachmittag verreist (seit Montag mittag). Schreibe Deiner Mama! Dein Vater macht ein Gesicht – nun ja wie immer! Grässlich! Adolf sagt, daß das Freilichtkino: Moulin Rouge (rote Mühle) heißt.
Meine liebe Elisabeth, werde mir nur gesund. Ich freue mich von ganzem Herzen und wirklich aufrichtig, daß es Dir so gut gefällt. Komm mein Lieb ich küsse Dich fest und ich bleibe stets Dein aufrichtiger und treuer Krl.
Gib Bubi ein Küsschen von mir.

06.05.37

Alassio, Donnerstag (Brief): KAH in München

Alassio, den 6. Mai 1937.
Mein lieber, lieber Karl! Mein Alles!
Deinen lieben Brief habe ich erhalten. Rege Dich nur ja über Papa u. die Fr. Kleine nicht auf. Hoffentlich hast Du Papa richtig geantwortet und außerdem werde ich ihm den Kopf schon zurechtsetzen über diesen und andere Punkte, wenn ich wieder zurück bin. Eine kleine Rache für den Brief mußten wir ja schließlich erwarten. Alles andere überlasse nur mir. Ich will nur brieflich nichts mit Papa verhandeln. Und das Gesicht –
nun ja das kennen wir ja doch schon – anderen macht er es auch nicht besser. Von einem Geschäftsmann, der keine geistigen Interessen hat kannst Du doch auch nie Verständnis finden. Die Hauptsache ist, daß wir zwei zusammenhalten. Und Du zweifelst doch nicht an mir, daß ich nur mit ganzem Herzen auf Deiner Seite stehe und nur mit u. für Dich kämpfe. Wir zwei bleiben zusammengewachsen, da kann niemand etwas machen. Bitte, bitte mache dir für den 9. Mai keine Hoffnung, wenn dein Werk auch tausendmal das beste ist, so werden genügend dafür sorgen, daß es nicht durchkommt. Es ist zu wenig Aussicht vorhanden. Laß Dich deshalb nicht beirren und bleibe mir. Ich flehe Dich an, Dich für mich zu erhalten. Ich liebe und verehre Dich doch so sehr. Mein lieber Karl, es kommt gar nicht in Frage, daß ich länger bleibe. Ich will wieder zu Dir. Ich habe mich bis jetzt schon ganz gut erholt und bis in zehn Tagen fühle ich mich noch viel besser. In Junkersdorf kommt dann die Nacherholung. Hier gibt es nichts neues. Am Montag möchte ich nach Monte Carlo einen Ausflug machen, erzähle aber hiervon meinen Leuten nichts. Heute habe ich das erstemal gebadet, weil es so heiß war, daß es sonst nicht auszuhalten gewesen wäre. Richard geht seit neuestem ins Wasser, aber nur bis zu den Steinen. Er ist sehr lieb und brav. Ich bin froh, daß Du mit Stefi u. Freunden fort warst, sonst meinst Du wie schrecklich viel Du ohne sie verloren hättest u. wie eingesperrt Du immer bei mir bist. Gehe nur recht viel aus, nütze es aus. Das Essen ist hier schon sehr italienisch, die ganze Zubereitungsart kennt man bei uns nicht. Ich trinke mittags u. abends Rotwein. Ich kann nicht ins Eden zum essen gehen, da ich hier Vollpension habe.
Nun mein inniggeliebter Karl, oftmals im Tag betrachte ich Dein liebes Bild. Bleibe mir gesund. Du mußt. Ich sende Dir tausend innige Küsse umarme Dich heiß und bleibe immer Deine treue Elisabeth.
Schreibe mir bald und viel.

06.05.37

München, Donnerstag (Brief): E.H. in Alassio

Karl Amadeus Hartmann
Komponist, Wilhelmstr.
München, Deutschland.

München, den 6. Mai 1937.
Meine liebe liebe Elisabeth!
Ich schreibe doch lieber mit der Feder, das ist intimer!
Gestern kam die Antwort von Dante Fiorillo. Da ich Redlich traf, hat er mir den Brief übersetzt. Er sagte: den Brief müßen Sie unbedingt Ihren Schwiegervater lesen lassen. Das tat ich auch. Erstens Redlich las den Brief fließend ab – Vater aber gakste und stotterte umher – seine Antwort war: Du hättest halt eine größere Summe vorher verlangen sollen – und nun wenn er „abkratzt“ was dann –??? Pfui Teufel! Wenn Du zurück bist schreibe ich den Brief bzw. die Antwort.
Redlich fährt am Sonntag (den 9. Mai) nach Wien. Ich habe Redlich das Chorwerk: „Gryphius“ das preisgekrönte Werk von Sutermeister [gezeigt?]. Auch er erschrak. Ich habe ihm dann natürlich gleich genügend gesagt über Dubs. Du kannst Dich sicher erinnern, daß Dubs einen so ordinären Brief an Wellesz (Wien) geschrieben [hat]! Nun hab’ ich gleich zu Redlich gesagt: Ich verstünde nicht, wenn ein Mann wie Dubs einen Sutermeister, einen Dilletanten [sic] vorzieht vor Wellesz, das spreche ich Dubs jede geistige Musikalität ab, u.s.w. – u.s.w.
Meine liebe Elisabeth, wie geht es Dir denn? bleib und werde mir nur gesund! Esse! und trinke! Du mußt unbedingt zunehmen. Du kannst unmöglich am Samstag vor Pfingsten nachhause kommen! Ich erwarte Dich frühestens Ende Mai!! Du mußt bleiben – denn jetzt ist es wichtig, daß Du mal richtige Ruhe hast. Ich lasse es nicht zu! Du mußt bis Ende Mai bleiben. Gewiss habe ich Sehnsucht nach Dir, wie gerne hätte ich Dich wieder bei mir. Gar zu gerne hätte ich Dich bei mir – so allein schlafen! niemand in der Wohnung! Ich hab Dich zu lieb und zu gern bei mir. aber: der Verstand muß schon vorherrschen: und Du mußt Dich so ziemlich auskurieren. Also überlege es Dir nicht – sondern bleibe mir! Du mußt schon mir zuliebe, meine Allerliebste gesund werden – wann kommst Du wieder da hinunter! Alle Bekannte schütteln den Kopf, wenn ich sage Du kämst vor Pfingsten – jeder sagt – 4 – 5 Wochen = und das ist für Dich wenig. (((Ach wenn ich nur einen Preis bekäme für Dich – dann kämst Du mir vor Ende Juli nicht rauf.))) Am Dienstag schrieb ich Dir schon daß ich tagsüber gearbeitet hab und abends war Adolf und See bei mir, dann spielten wir 4händig dann um 9½ h gingen wir zum allein Wirt bis 11 h. am Mittwoch war ich zu hause bis 5 h. Dann ging ich zu deinem Papa – vorher traf ich Redlich. Nach Deinem Papa traf ich Mayer – unseren Drucker und Adolf. Meyer lud uns bei sich zum Essen ein um ½ 11 gingen wir nach hause.
Was macht unser Bub!? Mein Lieb – lebe wohl ich küsse Dich innig und umarme Dich fest. Dein aufrichtiger und treuer Krl.

07.05.37

München (Brief) E.H. in Alassio: privat

„Ich danke Dir herzlichst für Deinen Brief; und ich freue mich sehr, daß es Dir so gut gefällt.“
E.H. soll bis Ende Mai in Alassio bleiben.
Frage, ob E.H. den Brief von [Dante] Fiorillo erhalten hat. Brief an [Karel Anĉerl] Ancerl als Anlage. KAH erhielt aus Brüssel eine Prospektkarte von [Hermann] Scherchens V. Tagung [5. Arbeitstagung in Budapest,1. Juni bis 31. Juli 1935]; „[…] nun hat er alle modernen Werke gestrichen – nur Beethoven – Mozart und Haydn. Die erste Tagung in Straßburg nur moderne – dann Paris: halb – halb –; dann Brüssel, wenig aber ein paar – dann Genf: 3 – 4 und jetzt Budapest nichts mehr – das ist eine Stagnation, die mein Freund Sepp schon lange prophezeite! Ancerl schreibt: „denn es ist jetzt von Tag zu Tag schwieriger neue Musik aufzuführen“.
Berichtet von Bruder Fritz, der sich in Bamberg stellen mußte.
„sei außer Sorge wegen Klavierspiel und Radio laufen lassen – zwischen 1h und 3h ist Pause.“

07.05.37

München, Freitag (Brief): E.H. in Alassio

München, 7. Mai 1937.
Meine beste, meine allerliebste Elisabeth.
Ich danke Dir herzlichst für Deinen Brief; und ich freue mich sehr, daß es Dir so gut gefällt. Glaube mir ich habe keinen Neid, daß du da unten bist. Natürlich wäre ich gerne da unten, aber ich freue mich aufrichtig daß es Dir gefällt und daß Du sehr lange unten bleibst; auf alle Fälle bis Ende Mai. Sonst hat es keinen Zweck. Nütze die Zeit aus! (Wann kommst Du wieder darunter?) Mein heißes Lieb, du mußt bedenken, die richtige Erholung beginnt erst, nachdem Du mindestens 8 – 10 Tage unten bist; und dann gleich rauf wieder – nein – bis Ende Mai! –
Den Brief von Fiorillo wirst Du erhalten haben, heute schrieb Ancerl ich lege Dir den Brief bei! Bringe alle Briefe mit! Auch von Brüssel kam eine neue Prospektkarte von Scherchen’s V. Tagung; nun hat er alle modernen Werke gestrichen – nur Beethoven – Mozart und Haydn. Die Erste Tagung in Straßburg nur moderne – dann Paris: halb – halb –; dann Brüssel, wenig aber ein paar – dann Genf: 3 – 4 und jetzt Budapest nichts mehr – das ich [sic] eine Stagnation, die mir mein Freund Sepp schon lange prophezeite! Ancerl schreibt: „denn es ist jetzt von Tag zu Tag schwieriger neue Musik aufzuführen“. Ja ja es wird immer weniger. Doch es ist eine logische Weiterentwicklung. Doch davon, wenn Du mein Lieb wieder bei mir bist. Fritz schrieb auch eine Karte aus der Kaserne! Ja ja aus der Kaserne. Er hat sich in Bamberg stellen müßen. Allerdings weiß er noch nicht wann er einrücken muß. Ihm wurde nichts gesagt. Das wird er früh genug erfahren!
Mein gestriges Tagesprogramm war: (gestern war Feiertag –) ich war bis abends 8 h zuhause (ich arbeitete den ganzen Tag;) dann ging ich auf die Bahn(=hof) und trug Deinen Brief hin, damit er 1155 h nachts noch weg geht, um 9 h traf ich Adolf und gingen zu einem Glas Bier (ehrlich gesagt es waren 2 Glas Bier) um 11 h ging ich nach hause.
Meine allerliebste Elisabeth, sei außer Sorge wegen Klavierspiel und Radio-laufen lassen – zwischen 1h und 3h ist Pause. Nun, liebe Elisabeth, lebe wohl, bis morgen (morgen kommt eine Karte.) werde gesund – rund – und dick – ja ja nur gesund werden, dann bin ich sehr froh! Ich freue mich sehr, wenn Du wieder bei mir bist, aber gut erholt mußt Du Ende Mai zurückkommen, dann werde ich Dich wieder…
Dein treuer Krl.
Küsschen für Dididi
Die Visitenkarten kannst Du Resi geben oder auch nicht. wie Du meinst?
Brief von Ancerl liegt bei!
werde mir gesund, das bringst Du mir mit!! Küsschen –!

08.05.37

Ancer Karel, Fiorillo Dante, Mozart,

„Du hast die Wette verloren, mit unserem (also Adolf und meinen) Besuch von Arnolds Klavierabend.“
Besuch von Probst. „Er hat die Einreiseerlaubnis bekommen.“ Adolf glücklich darüber, daß E.H. alle Orte, wo er gemalt hat, aufsucht. KAH erwartet E.H. erst Ende des Monats.

08.05.37

München, Samstag (Brief) E.H. in Alassio: privat

„Mein Lieb, den heutigen Brief widme ich nur einer Sache.“
Besuch von Probst. „Er hat die Einreiseerlaubnis bekommen.“ Adolf glücklich darüber, daß E.H. alle Orte, wo er gemalt hat, aufsucht. KAH erwartet E.H. erst Ende des Monats.
E.H. soll sich in jedem Falle bis Ende des Monats, bis zum 29. Mai (Samstag) in Alassio erholen. „[…] (es sollten unbedingt 6 Wochen sein)“.

08.05.37

(P: München), Samstag (Karte) E.H. in Alassio

Meine liebe Elisabeth,
Du hast die Wette verloren, mit unserem (also Adolf und meinen) Besuch von Arnolds Klavierabend. Gestern war ich bis 7 Uhr zu hause, dann ging Adolf und ich bis ½ 10 Uhr zum grossen Wirt, ich ging dann wieder heim, Adolf ebenfalls. Probst war bei mir und verabschiedete sich, er hat die Einreiseerlaubnis bekommen. Der Mensch war froh. Sonst gibt es nichts neues. Adolf war sehr erfreut über Deine Karte – besonders darüber, dass Du alle Orte aufsuchst wo er gemalt hat. Ich möchte nochmals darauf zurückkommen dass ich Dich erst Ende Mai hier erwarte. Das ist eigentlich zu wenig. Wann kommst Du wieder dort hin.
Also meine Elisabeth ich wünsche Dir alles Schöne. Vor allem Gesundheit. Lebe wohl, alles Liebe Dein Karl.
Grüsse bitte Fräulein Resi und unsern lieben Dididi.

08.05.37

München, Samstag (Brief): E.H. in Alassio

München, 8. Mai nachts 1937.
Mein Lieb, den heutigen Brief widme ich nur einer Sache. Es ist traurig, dass man Erwachsenen Menschen so etwas schreiben muß.
Erstens: „Mein lieber Karl, es kommt gar nicht in Frage, daß ich länger bleibe. Ich will zu Dir…
Zweitens: Dein Vater erzählt mir am Telefon Du willst nach hause wegen mir…
Elisabeth – ich glaube Du spinnst!! Wie alt bist Du?!
Mir fehlen die Worte. Ich wollte erst einen groben Brief schreiben und Dir die Meinung schreiben – aber es ist besser ich versuch es mal erst mit Güte!!!
Elisabeth bedenk was hat die Reise bis jetzt Geld gekostet?! bedenk doch, wie krank warst Du?! bedenk doch wie mager schaust Du aus?!
Um Gotteswillen bleib doch bis Ende Mai!! Nicht wegen mir – nein nein und wieder nein. Du mußt erst beginnen mit der Erholung. Du bist ja ein l e b e n d e r L e i c h n a m!
Bitte rege doch einen Menschen nicht durch Eigensinn auf – ich bin ja aus dem Gleise vollständig geworfen – ich kann ja nicht arbeiten! Ich verlange! Du mußt bleiben ich schwör’s Dir, bei[m] Leben Deines Kindes (Du weißt ich bin etwas Abergläubisch) ich mache ein[e] Dummheit! Elisabeth scherze nicht! Sei vorsichtig!
Also mein Lieb – Fräulein Resi mit Richard kommt am 15. Mai und Du genau 14 Tage später, auch an einem Samstag am 29. Mai – das frühestens! (((es sollten unbedingt 6 Wochen sein))) aber ich lass mich auf den 29. Mai ein! Du mußt bedenken: der Körper stellt sich jetzt erst auf den Aufbau um, doch das weißt Du selbst alles genau.
Adolf sagte das sei heller Wahnsinn, wenn du jetzt schon kämest! Mein Lieb, Du schreibst mir einen Brief den auch Deine Eltern lesen können: du fühlst [Dich] noch etwas schwach! Doch die Luft tut Dir so gut. (((das ist ja auch alles wahr!))) Du kannst ja noch gar nicht erholt sein. Ausgeschlossen! Essen Essen, Trinken, Trinken! Ruhe. Ich schreibe Dir jeden Tag! Alles was neues gibt!!!
Das Wetter hier bei uns ist schrecklich: 2 Stunden Sonnenschein dafür 4 Tage Regen! In Junkersdorf ist es etwas besser, viel auch nicht: die See, mein Alles, die See-luft – ach, so was ist unbezahlbar. Wenn Du wieder da bist – beginnt wieder die Hetzjagd! Nein – nein das ist unmöglich und wenn du mich lieb hast, so bleibst Du und sieh zu, daß du etwas runder wirst. Elisabeth glaube mir, und das weißt Du genau, ich liebe Dich immer, so – oder so – Dein fester Charakter macht mich fest in unserer Liebe. Du weißt genau, wie wir zwei zusammengewachsen sind. Ach meine Beste aber bleibe und werde gesund dann gibt es wieder bei uns Feste! Was für Feste! Aber Gesundheit ist das Wichtigste.
Kümmere Dich bitte nicht um mich. Ich gehe nicht unter. Oh Gott – kümmere Dich bitte um Dich selbst. Essen – trinken – ruhen und genießen bis 29. Mai.
Sei doch froh in dieser herrlichen Gegend! Es sind doch herrliche Menschen! Wann kommst Du wieder dort hinunter! Genieße!
Ich hoffe, daß ich nicht umsonst schrieb! Elisabeth, mein Lieb, ich bitte Dich bleib!! Und glaube mir, daß ich diesen Brief um reiflicher Überlegung geschrieben habe.
Komm – ich reiche Dir die Hände – ich küsse Dich fest
ich bleibe stets Dein dankbarer aufrichtiger und treuer Krl.

09.05.37

(P: Alassio, 10.05.1937), Sonntag (Karte): KAH in München (W: 8)

Alassio, den 9. Mai 37.
Meiner [sic] lieber Karl!
Heute dachte ich besonders viel an Dich. Du wirst doch nicht sehr aufgeregt gewesen sein. Nur nie niedergeschlagen sein. Heute machten wir einen Autobusausflug nach San Remo zu besonders günstigen Preisen. Es war sehr schön. Die Gegend ist hier ja so herrlich immer wieder bietet sie neue Reize. Bubi unterhielt im Auto alle Mitreisenden. Morgen schreibe ich einen Brief. Tausend innige Küsse in Liebe Deine treue Elisabeth.

10.05.37

Alassio, Montag (Brief): KAH in München

Alassio, den 10. Mai 37.
Mein lieber Karl!
Dein Brief heute hat bewirkt daß ich am liebsten gleich abgefahren wäre. Es ist nicht sehr rücksichtsvoll mir angst zu machen, ich müsse vorsichtig sein, damit du keine Dummheiten machst. Wie soll man sich erholen können, wenn man immer angst um einen lieben Menschen haben muß. Karl, ich habe keine Ruhe, schon immer bin ich aus diesem Grund um Dich in angst – und erst jetzt. Den ganzen Abend finde ich keine ruhige Minute mehr. Karl, wie kannst Du so etwas tun! Ich bin ganz verzweifelt um Dich. Bitte, bitte bleibe mir. Weißt Du denn nicht, was Du mir antust? Immer, immer in Ängsten sein zu müssen. Karl, Du hast nicht das Recht dazu einen Menschen für immer in das größte Unglück zu stürzen. Ich habe aber das feste Vertrauen zu Dir, daß Du dich mir zuliebe gesund erhältst [sic]. Sonst müßte ich an Deiner Liebe zweifeln. Schreibe mir täglich, daß ich ruhiger werden kann.
Mein lieber Karl, ich habe Papa mit keiner Silbe angedeutet, daß ich deinetwegen heimkommen möchte. Das ist eine reine Vermutung von ihm. Er soll es Dir doch zeigen, wenn er kann. Karl, soweit solltest Du mich doch kennen, daß ich keine solche Dummheit begehe und Papa auf Dich eifersüchtig mache.
Also Karl, ich werde noch nächste Woche hierbleiben, aber nicht länger. Das geht schon aus dem Grund nicht, weil ich kein Geld mehr habe. Wo denkst Du denn hin. Meinst Du diese 390 M dauern ewig? Ich habe schon weit über die Hälfte verbraucht. Weißt Du, gar zu primitiv leben mag ich halt auch nicht. Ich habe mir dieses Eden angesehen. Dort könnte es mir nicht gefallen. Erstens ist die Pension viel primitiver, als wie hier, und das hier ist schon kein Luxushotel. Und dann der Strand in diesem Teil!! Dort sind die Fischer und die Einheimischen, die werfen allen Dreck hin, tote Fischköpfe liegen da, Orangenschalen, Papier u. s. w. das ist alles hier nicht so. Da wird der Strand täglich sauber gemacht. Man braucht nur aus dem Hotel zu treten u. die Liegestühle mit Schirm u. s. w. werden bereit gestellt auf sauberem Sand. Mag ja sein, daß zur Saison wo Adolf war es im Eden besser ist. Weißt Du, lieber habe ich nur 8 Tage aber gut., als wie 6 Wochen u. so einfach. Da könnte ich mich nicht erholen. Bitte sage Adolf nichts hiervon, wir können ja darüber sprechen, wenn ich da bin. Wieso meint er übrigens auf einmal ich könnte mich hier besser erholen als daheim? Also mein lieber Karl, ich bleibe noch nächste Woche. Die Leute hier sagen alle, man könnte mein Aussehen gar nicht mehr erkennen im Vergleich zu meiner Ankunft. Das stimmt auch. Mein Karl Du weißt doch nur zu gut, daß ich für Dich gesund und kräftig werden will. Wenn ich nur ruhig um Dich sein könnte!!! Der kl. Richard ist der Liebling vom Hotel geworden, alle spielen mit ihm u. photographiert wird er am Strand auch unzähligemal. Ich esse u. trinke sehr viel. Der Brief von Fiorillo freute mich sehr. Ich würde Dir raten, das Werk vorerst in Amerika zu lassen, dort ist es vielleicht viel anzufangen. Heini hat mir geschrieben, es geht ihm sehr gut, er wird Dir bald persönlich schreiben. Warst du einmal bei Kozendorfers? Du mußt unbedingt hingehen. Heute weiß ich nichts neues mehr.
Mein Alles, erhalte Dich für mich, ich küsse Dich herzinniglich, überall u. bleibe Deine Dich innig liebende Elisabeth.
Bleibe mir! Bleibe mir! Bleibe mir!

10.05.37

München, Montag (Brief): E.H. in Alassio

Mein Lieb!
Heute vormittag war ich bei der Devisenstelle ((Prannerstr.)); mir wurden 100 M bewilligt. Das letzte Mal. Denn es sind neue Bestimmungen herausgekommen. Der Olle wollte unbedingt mit um Dich heimzubringen. Ich habe ihm abgeraten – und sagte ihm, er möchte unbedingt im Herbst mal 14 Tage allein hinunter fahren. Ja, das hat er eingesehen – und somit bist Du allein (zu Dritt bis 26. Mittwoch ((Tag vor Fronleichnam)) Mai in Alassio. Sei froh!
Deinen Paß wirst Du unterdessen an die Dresdner Bank – Filiale München = Eingeschrieben geschickt haben! Die Dresdner Bank schickt Dir den Paß mit der Eintragung von 100 M zurück!
Ruhen – Essen – Trinken = bitte befolg diesen Rat! Liegen und Naßfuttern setzt Fett an. Also los. Rege dich über nichts auf! Freue Dich nur und genieße die Natur. Jeder Tag ist ein Geschenk. Wenn Du das Wetter bei uns sehen würdest – 2 Stunden schön – dafür 2 Tage Regen! Wirklich ich freue mich so mit Dir.
Es ist keine Post – nichts gekommen! Nun lebe wohl ich sage Dir: Freue Dich
Allen Grüße und Dir viele Küsse!!! stets Dein Karl.

11.05.37

München, Dienstag (Brief) E.H. in Alassio: privat

„Wie geht es Dir.“ „Meine Arbeit geht so langsam vorwärts.
Spaziergang mit Adolf und [Josef] Scharl.
Partitur „Anno 48 – Friede“ noch nicht zurückbekommen. (UA 22. Okt. 1968 in Köln)

11.05.37

München, Dienstag (Brief): E.H. in Alassio

Liebe Elisabeth!
Wie geht es Dir. Ich muß Dir schildern was ich die letzten Tage getrieben habe. Ich habe viel an Dich gedacht!
Am Samstag war ich zu hause – meine Arbeit geht so langsam vorwärts. Abends bin ich um 7h zum Alten, und war bis 11 h bei ihm. Wir zwei allein! Was taten wir – die „Neueste“ den Völkischen restlos durchgelesen! Ich las sogar Annoncen was verkauft und gekauft wird. Ich las alle Heiratsanzeigen. Lächerlich – aber ich kann ja kein Gespräch mit dem beginnen.
Am Sonntag war vormittags Deine Mutter bei mir – mittags und nachmittags war Adolf, Scharl und ich spazieren dann hat es von 3 h geregnet – wir gingen ins Kino. (Fern Andra-Lichtspiele) Ein Stück von Heinz Rühmann – den sah ich zum erstenmal im Kino, abends ging ich um ½ 9 h nach hause.
Gestern Montag – Vormittag war ich auf der Devisenstelle nachmittags arbeitete ich und abends war ich beim Essen bei Deinen Eltern.
Bei mir gibt es nicht’s neues. Mein[e] Partitur „Anno 48 – Friede“ habe ich noch nicht zurück bekommen. Ich habe gestern einen Brief erwartet von Dir – vielleicht heute mittag. Nun bin ich froh, daß Ihr Drei bis 26. (bzw. 25.) dort bleibt. Heute Dienstag in 14 Tagen reist Ihr ab. Oh Elisabeth genieße – denke nur nicht ans heimfahren. Grüße bitte Fräulein Resi von mir und meinen Dididi!
Meine liebe Elisabeth! Essen – Trinken – Ruhen! Ich freue mich wahnsinnig auf unser Wiedersehn. aber jetzt genieße noch. Glaub mir ich freue mich riesig, daß es Dir gefällt. Ich weiß ja wie gerne Du da unten bist. Genieße!!!
Ich wünsche Dir alles Liebe und ich bleibe stets Dein Karl.

12.05.37

Alassio, Mittwoch (Brief): KAH in München

Alassio, den 12. 5. 37.
Mein liebster, bester Karl!
Deine beiden Briefe haben mich sehr, sehr gefreut. Vielen Dank dafür. Mein liebster Karl, mir geht es so oft wie Dir und ich w… beinahe jeden Abend mit Gedanken und Erinnerungen an Dich. Lasse übrigens um Gottes willen meine Briefe nicht herumliegen!! Zerreiße sie. Heute war ein trüber Tag, das macht aber nichts, die Luft ist trotzdem schön und es ist hier nie so kalt wie bei uns. Morgen fahre ich nach Genua um mir das etwas anzusehen. Auf Grund meiner Fahrkarte bekomme ich 50% Ermäßigung für jede Bahnfahrt. Sage Adolf, daß das Freilichtkino erst am 15. Juni eröffnet wird. In dem geschlossenen Kino hier wird lauter Mist gegeben. Heute habe ich meinen Paß eingeschrieben an die Bank geschickt. Leider kann ich nicht nach Monte Carlo fahren, weil ich das Visum von Deutschland aus bräuchte, hier kostet es eine Menge Geld.
Mein bester Karl, habe Geduld bei Deiner Arbeit, plötzlich geht es schnell vorwärts, da ist doch immer so bei Dir. Und mit dem Preis war doch gar keine Aussicht vorhanden. Herr Krenek hat schon das nötige dafür getan, dessen kannst du versichert sein. Nur nicht den Kopf hängen lassen! Wir sind noch immer durchgekommen. Nur fest zusammenhalten. Und das weißt Du ja, daß mein ganzes Leben nur Dir gilt. Übrigens, wozu gehst Du denn so viel zu Papa. Vorige Woche hast Du ihn doch nicht immer aufzusuchen brauchen. Aber laß Dich auch hier durch nichts verdrießen. Bitte.
Nun mein Einziger und mein Alles, bleib mir treu, wie auch meine Gedanken immer bei Dir weilen und ich bleibe in heißer Liebe Deine Elisabeth.

13.05.37

München, Donnerstag (Brief) E.H. in Alassio: privat

[Datierung eigentlich 12. Mai, Mittwoch]
„Du wirst Dich wundern über meine letzte Karte, über das Verhältnis zwischen Neddy und mir.“ Arbeit geht langsam, „doch sehr sicher“ voran.
(Frau Hecht kommt zum Putzen). „Nun also fahren wir morgen Donnerstag weg.“ E.H. will am 26. Mai nach München kommen.

13.05.37

München, Donnerstag (Karte; 3-4) E.H. in Alassio: privat

„Meine liebe Elisabeth, heute kam von [Hans Ferdinand] Redlich (Wien) eine Karte.“
Post aus Wien von [Hans Ferdinand] Redlich. Mitteilung, daß KAH „eine lobende Anerkennung für seine Komposition erhalten hat“. Absicht, daß die U.E. die Kantate (Friede – Anno ’48) in ihr Verlagsprogramm aufnimmt. Über [Werner] Egk Opernkarten besorgt.
„Morgen früh fahren wir zum Bodensee, das Wetter ist ja miserabel.“
Benachrichtigung vom Sender Beromünster, daß „Preis von 15 Franken auf 10 Franken“ gedrückt werden soll.

13.05.37

(P: München), Donnerstag (Karte): E.H. in Alassio

Donnerstag, den 13. Mai 1937.
Meine liebe Elisabeth, heute kam von [Hans Ferdinand] Redlich (Wien) eine Karte. Er schrieb mir, dass er in der Wiener-Zeitung gelesen hat, dass der „K. A. Hartmann (München) eine lobende Anerkennung für seine Komposition erhalten hat“ – Von der U.E. Wien habe ich noch keine Nachricht. Will mal sehen, ob die Kantate in die U.E. aufgenommen wird. Vielleicht. Für Deine Mama kaufte ich eine Karte für die Mailänder-Scala = Verdi’s Requiem, zu 15 M. Morgen früh fahren wir zum Bodensee, das Wetter ist ja miserabel. Für Deine Mama und Deinen Papa habe ich bei [Werner] Egk Karten mir versorgt [sic], beide haben nun keine Zeit, da sie morgen früh um 8 Uhr wegfahren. Macht nichts, nur schade dass Du nicht da bist, – 1. Parkett-Reihe. Wir hätten schon Zeit. Morgen früh schreibe ich Dir einen Brief. Von Beromünster Radio bekam ich einen Brief, dass der Preis von 15 Franken auf 10 Franken handeln wollen (ist doch unglaublich wegen 5 Franken) aber ich bin doch froh.
Nun bis morgen alles Liebe, ich bleibe stets Deine [sic] aufrichtiger und treuer Krl.

13.05.1937 (eher: 12. Mai)

München, Donnerstag (Brief): E.H. in Alassio

München, (Donnerstag), 13. Mai 37.
Meine liebe Elisabeth!
Du wirst Dich wundern über meine letzte Karte, über das Verhältniss zwischen Neddy und mir. Doch wir verstehen uns ausgezeichnet. Sie ist direkt lieb zu mir – keine Angst nicht daß Du die „Bettliebe“ meinst, doch außerordentlich zuvorkommend und aufmerksam und anerkennend. Der Alte ärgert sich schon dabei! Wenn das Verhältniss so bleibt, (was ich unbedingt glaube) so können wir beide äußerst zufrieden sein. Natürlich ist grundbedingung beide Teile nachgeben und verstehen!!!!!
Meinen Brief (im Brief war ein Doppelbrief) wirst du erhalten haben!!! So könnte ich jeden Tag einen schreiben! Ich danke Dir für Deinen Brief, wenn Du mich überall… u.s.w. ich verstand Dein Verlangen! Sobald Du zurück bist werde ich dem Verlangen nachkommen, hoffentlich mit gegenseitigem Einverständnis! Ich habe 2 Packungen à –.80 M. zusammen 1.60 M. gekauft. Nun ja, die werden wohl für die erste Nacht (oder für den ersten Anprall) langen. Soll ich vielleicht noch 4 Packungen kaufen! Was meinst Du! ich komme von dem Thema nicht mehr weg! –
meine Arbeit geht langsam – doch sehr sicher! Viel kann ich nicht sagen, doch ich bin sehr zufrieden damit. (((Eben ist Frau Hecht gekommen zum Putzen))) Nun also fahren wir morgen Donnerstag weg. Bei mir gibts nichts neues.
Mein heißes Lieb, wann hast Du vor zu kommen – also doch am 26. Mai. Ich dachte mir am 24. Mai fahrt Ihr ab. Dann machst Du in Genua halt; und fährst weiter damit Du am Abend in Verona ankommst. Dann bleibst Du am 25. (Dienstag) einen Tag in Verona. Am 26. Mai fährst Du nach München!
Nun meine Elisabeth ich schreibe Dir morgen wieder. Lebe wohl, ich küsse Dich…… und……. und…….. Dein Karl.

13.05.37

(P: Alassio), Donnerstag (Karte) KAH in München (W: 8)

Mein lieber Karl!
Besten Dank für Deine letzte Post. Es ist einfach unerhört, daß Du schon wieder so einen schönen Film gesehen hast, bestimmt hätte ich mehr davon gehabt, weil ich das Stück schon kenne. Hier gibt es keinen guten Film, solange ich hier bin. Gehe doch bitte abends etwas mehr aus, wenn ich wieder daheim bin fällt es Dir dann bestimmt ein, Du möchtest gerne wieder einmal bis 4 h ausgehen. Nütze bitte jetzt die Zeit aus. Gehe wieder einmal mit Stefi u. s. w. Auf vorstehendem Bild siehst Du Adolfs Kirche. Wie geht es Fritz? Bitte schreibe mir über alles genau. Morgen schreibe ich wieder einen Brief. Hoffentlich bekomme ich noch diese Woche mein Geld, der Paß ist schon wieder da.
Auch ich freue mich sehr, sehr auf uns[er] Wiedersehen u. bleibe in Liebe Deine Elisabeth.

Undatiert, nach dem 13. Mai 1937

München (Brief): E.H. in Alassio

Meine allerliebste Elisabeth!
Meine letzte Post wirst Du erhalten haben. Also bei dem Preisausschreiben habe ich den III. Preis bekommen. Den 1. Preis erhielt ein Österreicher mit dem Namen Apostel (wirklich keine besondere Begabung). Den 2. Preis erhielt wieder ein Österreicher Lentz (den ich gar nicht kenne und noch nie gehört habe). Das waren Geldpreise (denn das Geld müssen Österreicher bekommen). Der 3. Preis ist ein Ehrenpreis (nachdem geht es nach Qualität: den erhielt ich! Immerhin eine Ehrung, für die heutige Zeit sogar eine sehr große! Mehr weiß ich noch nicht!
Nun ja mein Lieb, – wir schaffen es schon: mit viel ausdauer und nervenkraft, vorallem mit viel Liebe gegeneinander. Werde mir nur Gesund und kräftig. Ruhen (liegen) – essen – trinken! Hab keine Angst um mich, denn ich liebe Euch – Dich mein alles und mein liebes Dididi – zu sehr!
Ich war mit Adolf in der „Zaubergeige“ eine fürchterlich schlechte Aufführung, und das Stück klingt und wirkt sehr schwach! Man merkt deutlich daß es keine innerliche, und große Begabung ist – dieser Egk. Sehr äußerlich!
Beste Elisabeth! Ich umarme Dich innig! Bleibe stets Dein treuer und aufrichtiger Mann, Kamerad und Geliebter Krl.
Nimm einen festen Kuss, meine Beste! Sobald ich Zeit habe schreibe ich!

14.05.37

Alassio, Freitag (Brief) KAH in München

Alassio, den 14. Mai 1937.
Mein liebster Karl!
Vor allem meine herzlichste Gratulation für deinen Ehrenpreis. Das ist doch wieder ein Beweis, daß Du sehr viel kannst. Freue Dich darüber mit mir. Ich weiß jetzt nicht, ob Du zu Neracher gefahren bist. Hoffentlich bekomme ich bald mein Geld. Sonst müßte ich Freitag abreisen. Hier gibt es nicht viel zu erzählen. Am Donnerstag war ich allein in Genua einen Tag. Mit Richardi ist es zu beschwerlich eine Stadt anzuschauen. Es war ganz schön nur ist ein Tag oder vielmehr ¾ Tag sehr wenig. Ich machte eine Rundreise, und dann sah ich mir den Hafen an. O Karl, als ich vor diesen Ozeanriesen stand bekam ich eine ungeheure Sehnsucht wieder einmal eine große Fahrt auf ihnen zu machen. Aber nur mit Dir! Um 8 h abends war ich wieder daheim. Die Fahrt 91 km kostete 2,50 M hin und zurück. Jetzt ist hier wieder herrliches Wetter. Heute ist es entsetzlich heiß gewesen. Aber wenn man ins Wasser kann, dann geht es an. Ich glaube, ich habe keine Lust mehr in unseren Pfützen zu baden.
Lieber Karl, schicke mir doch ungefähr 20 Stück deiner Kataloge, wenn sie fertig sind, dann kann ich einige verteilen. Es ist mir unbegreiflich, wie Mama auf einmal 15 M für ein Konzert ausgeben kann. Hast Du sie etwas für Musik interessiert. Ich bin froh, daß Ihr euch gut versteht. Wenn sie einmal einen schlechten Tag hat, dann mußt Du sie eben nehmen wie sie ist. Besser ist immer ein ungespanntes Verhältnis, als umgekehrt. Dem kl. Dididi gehts gut. Heute ist er ganz ins Wasser gegangen. Er hat sich nun mit allen Gästen des Hotels angefreundet u. es ist reizend, wie er verhätschelt wird. Aber trotzdem ist er sehr anständig und lieb. Jetzt, am 15. Mai geht die Saison an. Es wird jetzt voller hier. Halte fein die Wohnung schön sauber. Ziehe die Sonnenvorhänge gut vor, daß die Möbel nicht schießen. Wie steht es bei Dir mit dem Geld? Bleibe mir nur gesund und froh. Ich freue mich wirklich riesig auf unser Wiedersehen und das macht mir den Abschied von der schönen Gegend leicht. Länger könnte ich nicht mehr ohne Dich sein. Grüße auch Adolf. Mit innigen Küssen bleibe ich Deine Elisabeth.

Undatiert, um den 15.05.1937

Lindau-Bodensee, Hotel Bad Schachen (Brief): E.H. in Alassio

Mein teures Lieb!
Zum Guten morgen (es ist 6 h morgens) wünsche ich Dir alles erdenklich Liebe vor allem Gesundheit. Vergiss mich nicht in all der Schönheit!
Um 12 h 15 fahre ich zum Neracher. Von dort aus schreibe ich Dir wieder.
ich bleibe bis Dienstag – Mittwoch. Ich umarme Dich – drücke Dich an mein Herz – küsse Deinen Körper und bleibe Dein Krl.
Schreibe Deiner Mama.
Das Wetter ist herrlich. Ich werde selbst Tautenhahn schreiben! Ein Brief kam von Scherchen – werde ihn morgen oder übermorgen senden. Sonst gibt’s nichts neues.
ich bleibe Dein Karl.

16.05.37

St. Gallen, Sonntag (Karte; 3) E.H. in Alassio: privat

„Gestern war ich im Film.“
„Heute gehen wir mit Sepp und seiner Friedi spazieren.“

16.05.37

(P: Alassio), Sonntag (Karte): KAH (Münchner Adresse) in der Schweiz

Lieber Karl!
Besten Dank für Deinen Brief, morgen schreibe ich Dir wieder einen. Ich habe keine Ahnung wo Du z. Z. bist. Hoffentlich kommt auch das Geld sonst müßte ich Freitag abreisen. Andernfalls bleibe ich bis 23. Mai. Wahrscheinlich bleibe ich einen Tag in Verona. Sonst geht es uns gut. Heute war wieder Sonnenschein. Für heute grüße u. küsse ich Dich aufs herzlichste u. bleibe Deine Elisabeth.
[Ansicht Karte] Unsere Zimmer. Der Strand ist jetzt noch lange nicht so voll.

16.05.37

(P: St. Gallen), Sonntag (Karte): E.H. in Alassio

Meine liebe Elisabeth!
Gestern war ich im Film! Wunderbar – ich will gar nicht erzählen sonst bekommst Du wieder eine Wut. Aber – ich kann auch nichts dazu daß ich hierher komme und läuft gleich ein solch schöner französischer Film. Die Post die Du am Dienstag abschickst: bitte Wilhelmstr. 8. Heute gehen wir mit Sepp und seiner Friedi spazieren. Die Eltern (besonders Mama) waren sehr lieb. Es tut einem sehr wohl. Fritz ist krank – Adolf ist bei Fritz abends. Sonst gibt es nichts neues.
Mein Lieb ich freue mich sehr auf ein Wiedersehn. Genieße doch alles. Die Zeit geht rasch vorüber. Sei versichert, daß ich stets in Gedanken Deiner gedenke und bleibe Dein treuer Krl.
Auf frohes Wiedersehn. Grüße Fräulein Resi u. Dididi

Undatiert, 18.05.1937

Dienstag (Brief): E.H. in Alassio

Mein heißes süsses Lieb!
Oh wie freue ich mich am morgen acht Tage: das süsse Wiedersehn! Ich hungere nach Dir! Und bald gehörst Du mir und ich Dir. Wie freue ich mich auf unsere Liebesfeste, mit Dir allein – mit einem Menschen, den man tief in der Seele liebt.
Die „Pfingstfeiertage“ waren spazieren – am Donnerstag fahre ich nach hause. Ich kann Dir nur versichern, daß ich mich unendlich auf Dich freue – Deinen lieben Augen Deinen Mund Deinen Körper küssen – welche süsse Lust. Stets bleibe ich Dein getreuer und aufrichtiger Krl.
fahre am Montag ab, bleibe Dienstag in Verona und komme Mittwoch zu mir. Gehe bitte in ein Reisebureaux und erkundige Dich über die Züge. Dort wird sicher deutsch gesprochen, auf alle Fälle: englisch. Ich wartete heute Dienstag sicher auf Post – am Donnerstag habe ich die letzte Karte bekommen und jetzt ist es bald eine Woche. Hoffentlich morgen Mittwoch sonst bin ich sehr nervös!!!
In treuer Ergebenheit Dein Diener Kl.

19.05.37

Alassio, Mittwoch (Brief): KAH in München

Alassio, den 19. Mai 1937
Mein inniggeliebter Karl!
Heute habe ich keine Nachricht von Dir bekommen. Hoffentlich geht es Dir gut? Warum schreibst Du mir eigentlich nicht, wann Du dort abgefahren bist.
Ich freue mich nun wirklich sehr auf unser Wiedersehen. Es ist ja hier ganz prachtvoll und ich genieße die Gegend hier von ganzem Herzen, doch wird mir die Trennung von Dir wirklich etwas zu lang. Ich sehne mich unendlich nach Dir. ich weiß nicht, wer schlimmer dran ist, Du oder ich. Du weißt schon was ich meine!! Das wird eine schöne erste Nacht bei uns werden.
Gestern hat wieder die Baderei bei mir aufgehört, das ist aber ganz gut so, dann ist, bis ich bei Dir bin ist alles vorüber. Übrigens ist es diesmal wieder fast 2 Wochen zu spät gekommen, das machte aber sicher die Luftveränderung. Da geht es mir immer so. Das Wetter ist hier herrlich. Ich habe jetzt so ziemlich die ganze Umgebung hier erforscht. Es ist einfach prachtvoll die Riviera. Wo man geht und steht gibt es etwas neues. Am Freitag mache ich noch einen Ausflug nach Mortola, Ventimiglia, Bordighera, Ospedalletti u. San Remo. Ich fahre allein dorthin, denn mit Richard ist es eine zu große Schlepperei. Der spielt lieber Sand. Es fährt da ein Omnibus zu 25 Lire.
Bringe Mama auch etwas Tee, wenn Du nichts dagegen hast, da kannst Du Dich etwas einschmeicheln. Natürlich nicht viel.
Ich lege Dir einige Photos bei. Das ist ein kleines 9jähriges Ungarnmädel, mit der spielt Richard furchtbar gern. Bei der Aufnahme war er verlegen, deshalb streckt er die Zunge heraus. Schicke mir bitte auf jeden Fall die Adresse vom Freunde Deines Vaters in Verona. Ich weiß nicht, ob ich dazukomme ihn zu besuchen, doch immerhin ist es gut, wenn man eventuell zu einem Bekannten gehen kann. Bitte erkundige Dich doch nochmals in der Bank, ob ich bestimmt diese Woche noch mein Geld bekomme. Das wäre schlimm, denn sonst könnte ich ja gar nicht abreisen u. länger bleiben könnte ich auch nicht, da mir dann die 100 M dazu auch nicht reichen würden. Also bitte frage nochmals nach an der Bank und treibe, daß ich sofort das Geld bekomme.
Mein lieber, lieber Karl ich schwelge schon immer in dem Gedanken an unser Wiedersehen. Ich freue mich so riesig darauf. Ich umarme Dich, küsse Dich und bleibe immer Deine treue, Dich heiß liebende Elisabeth.

20.05.37

Schweiz (Brief) E.H. in Alassio: privat

„Warum schreibst Du mir nicht!“
Will nicht nach Paris fahren. „Das Fest [13. IGNM-Fest, 20. bis 27. Juni 1937] beginnt schon in 3 Wochen.“

20.05.37

Poststempel St. Gallen, Donnerstag (Karte, geschrieben am Mittwoch) E.H. in Alassio: privat

„Heute bekam ich wieder keine Post.“
„Heute um 3h fahre ich heim. Hoffentlich finde ich dort Post vor.“

20.05.37

Alassio, Donnerstag (Brief): KAH in der Schweiz

Alassio, den 20. 5. 37.
Mein lieber Karl!
Eigentlich sollte ich Dir ernstlich bös sein. Dieses ewige Mißtrauen! Ich dürfte Dir doch oft genug bewiesen haben, daß ich nie, nicht einmal in Gedanken Dir untreu werden könnte. Warum sollte ich auch? Ich liebe Dich doch so sehr und Du bist und bleibst mir doch mein Alles! Karl, dieses Mißtrauen tut einer Frau doch weh, wenn es so unbegründet ist. Und nun denke einmal nach wie das alles gekommen ist. Nur weil Du immer so unklare Briefe schreibst. Du schriebst mir am Donnerstag, daß Du vielleicht zu Neracher fährst.* Erst am Montag erfahre ich bestimmt, daß Du dort bist. Bis dahin konnte ich doch nicht dorthin schreiben, wenn ich es nicht bestimmt wußte. Dann schreibst Du am Montag, daß Du Dienstag, spätestens Mittwoch wieder abfährst. Also wie soll ich da noch schreiben können! Soll ich vielleicht hellsehen und riechen, daß du doch erst später dort wegfährst. Karl, hättest Du etwas gedacht, so wärst Du selbst darauf gekommen, daß ich gar nicht dorthin schreiben konnte. Gestern schrieb ich nun natürlich eine Karte dorthin, weil ich nun vermutete, daß Du vielleicht bis Samstag bleiben würdest. Meinst Du mir war das angenehm nie zu wissen, wo ich Dich bestimmt erreichen kann? Also bitte nächstes mal etwas mehr Deutlichkeit, da u. da bin ich, bis da und dahin.
Heute habe ich eine schöne Autotour hinter mir, das werde ich Dir alles genauer erzählen. Keine Angst, es war kein einziger Herr dabei! Es war herrlich, der Garten von Mortola, der nur 2 mal in der Woche geöffnet nicht [ist]. Prachtvoll! Dann der Blumenmarkt von Ventimiglia. Karl, so viel Blumen haben wir beide in unserem ganzen Leben noch nicht gesehen, wie man da auf einmal sehen konnte. In San Remo war ich im Casino, habe 60 Lire gewonnen. Bitte erzähle das vorerst nicht daheim, ich weiß noch nicht, ob ich es erzählen soll. Sonst bekommt man da drin einen Ekel vor dem Gesellschaftspublikum. Mich hat es abgestoßen. Diese Geldgier. Die meisten zittern u. haben ganz verzerrte Gesichter. Ich würde auch nicht mehr spielen. Nur einmal hat es mich doch gereizt. Nachdem ich aber heute alle Küstenstädte hier an der Riviera sah, habe ich festgestellt, daß es hier schon am schönsten zur Erholung u. zum ausruhen ist. Besonders ist nirgends so ein schöner Sandstrand. Mit der Heimfahrt mache ich es voraussichtlich folgendermaßen: Ich fahre am Dienstag 651 h hier ab, komme 2 h nach Verona u. fahre am anderen Tag 9 h von dort ab. Ich weiß noch nicht, wann dieser Zug in München ankommt. Voraussichtlich mache ich es so. Ich schreibe Dir jetzt nur mehr eine Karte, die meine genaue Ankunft mitteilt. – Am 24. 5. dirigiert Ansermet am Prager Sender, Schönberg, Honegger, Milhaud u. Debussy.
* dann kommen verschiedene Briefe u. Karten, wo Du kein Wort hierüber erwähnst.
Heute bin ich sehr müde. Ich wünsche Dir eine schöne, gute Nacht. Ich freue mich riesig auf unser Wiedersehen am Mittwoch u. bleibe bis dahin
Deine immer treue Elisabeth.

20.05.37

Schweiz, Donnerstag (Brief): E.H. in Alassio

Meine liebe Elisabeth!
Warum schreibst Du mir nicht? Bist Du beleidigt – oder vielleicht was sonst –! Elisabeth! Ich schrieb Dir doch jeden Tag. Was hab ich getan? oder – ich weiß nicht wie ich mich ausdrücken soll –! Vielleicht bist Du beleidigt, daß ich schon wieder in der Schweiz sitze! Das kostet doch viel viel Geld – nein Elisabeth keinen Pfennig kostet das mir [sic] – keinen Pfennig für die Fahrt – zum Essen – Schlafen nichts – nur zum Tee und Schokolade – und das bezahle ich nicht, sondern andere! Ich habe gespart in München – kein Geld unnütz ausgegeben – sei zufrieden ich fahre nicht nach Paris! Das Fest beginnt schon in 3 Wochen. Nein – nein – aber schreib mir – warum! hast Du alles – Dein Alles – vergessen –! war das mal!? Ich glaube das ist doch unmöglich!
Immer Dein treuer und zu Dir aufrichtiger Klr.

20.05.37

(P: St. Gallen), Donnerstag (Karte, geschrieben am Mittwoch): E.H. in Alassio

Mein Lieb! Heute bekam ich wieder keine Post. Ich kann Dein Verhalten nicht verstehen. Mir ist es unverständlich! Nicht mal einen Kartengruss über Pfingsten. Ich bin ratlos!! Heute um 3h fahre ich heim. Hoffentlich finde ich dort Post vor. Wenn nicht, fahre ich morgen zu Dir!
Ich kann mir beim besten Willen nicht denken was vorgefallen ist. Einem solche Stunden zu bereiten!! Bitte schreibe mir bald und genau wann Du kommst.
Ich freue mich ein gesundes und frohes Wiedersehn! Immer Dein Krl.

20.05.37

(P: Alassio), Donnerstag (Karte): KAH in München (W: 8)

Mein lieber Karl! Heute habe ich Deinen Brief aus d. Schweiz bekommen. Wie kann ich Dir dorthin schreiben, wenn ich Montag erst erfahre, daß Du bestimmt dort bist u. Du schreibst, Du würdest spätestens Mittwoch abfahren? Da wäre doch meine Post gar nicht mehr angekommen, daheim wirst Du genügend Post vorgefunden haben. 2 Briefe u. 3 Karten. Hast Du Mama die Wohnungsschlüssel dagelassen? Ich freue mich sehr auf den Mittwoch.
Sei herzlichst gegrüßt von Deiner treuen Elisabeth.
[Ansichtskarte Moglio (Alassio), Panorama da Costa Lupara] Das ist ein sehr schöner Spaziergang hierherauf.
Wie geht es Fritz?

21.05.37

München, Freitag (Brief) E.H. in Alassio: privat

„Heute Freitag morgen mein letzter Brief!“
„Es klingt grotesk – aber als ich heute Donnerstag um ½ 10h mit dem Zug ankam ging ich gleich nach hause – und fand 2 Briefe! 2 Karten!“

21.05.37

München, Freitag (Brief) E.H. in Alassio

Heute Freitag morgen mein letzter Brief!
Meine über alles geliebte Elisabeth!
Es klingt grotesk – aber als ich heute Donnerstag um ½ 10 h mit dem Zug ankam ging ich gleich nach hause – und fand 2 Briefe! 2 Karten!
Mein treues Weib – ich weinte fast die ganze Nacht durch – ich weinte und weinte und konnte kein Ende finden! Elisabeth – die Nerven haben vollständig versagt! Ich mußte immer fort weinen – die ganze Nacht. Jetzt ist es 4 h morgens und [ich] schreibe Dir den Brief!
Ich habe fürchterliche Tage hinter mir! Tage des Grauens – ich dachte Du hättest mich vergessen! Da kam ich mir so klein vor – so winzig klein. Ich machte mir Pläne – die Musik wollte ich aufgeben – denn es ist doch nicht möglich für mich zu komponieren – Probleme wälzen ohne Elisabeth – dann kam Selbstmord! und noch anderes mehr.
Alles würde ich überstehen – ein[e] Mutter verlieren – alle Brüder verlieren – aber mein teuerstes gut (und das schwöre ich Dir bei meinem Augenlicht) mein alles, meine Seelenspenderin verlieren, wäre für mich mein Tod! Glaube mir, daß meine Mutter, die gewiß mein Alles war, ersetzlich ist; aber Du meine Elisabeth bist gewiß nur meine geistige Lebensexistenz. Ich wäre fertig! Ich habe viele Stunden nachgedacht über meine Mutter und Dich – aber aus reinstem Gewissen sage ich Dir: Du allein machst mir mein Leben wert!!! Du allein gibst mir Kraft zu arbeiten! Du allein mit Deiner Größe stellst meine Mutter in den Schatten. Du fragst nicht nach verdienen! nach sonstigen Kleinigkeiten – wie meine Mutter – oh das weiß ich genau; aber Du grübelst nur in meiner Seele! und hältst mich aufrecht. Du hast bei mir die Stellung der totalen Frau eingenommen.
Ich sehne die Stunden herbei bis Du bei mir bist, dann erst werde ich ruhig – dann erst kann ich arbeiten. Jetzt kann ich nichts tun; nichts arbeiten – nicht denken – immer wieder die Sehnsucht die mich peinigt! O komm! O komm! Gib mir die Ruhe! mein geliebtes Weib! Die Stunden sind so lang – die Stunden dauern ewig! noch 5 Tage! 5 volle Tage!! Schreibe mir jeden Tag jetzt noch – bitte!
Ich möchte Dir noch folgendes schreiben: wenn Du mir nochmals Gratulierst! Wenn ich etwas erreiche so bist Du die Mitschöpferin! Denn nur durch Dich bin ich im Stande zu arbeiten, und Dein fester Charakter gibt mir Kraft!!
Bitte nicht so viel w…! Du weißt warum! Dafür wird es schöner wenn Du bei mir bist – mir schwinden die Sinne beim Nachdenken.
Nach Paris fahre ich nur mit Dir! allein nie! Endweder [sic] fährst Du vom ersten Tag an mit bis zum letzten oder wir beide bleiben zuhause! Entweder oder – ich habe es satt immer jeder allein reisen – nein – andere reisen auch zusammen, oder bleiben allein zuhause!
Zu hause liegen 40 M. wenn Du zurück kommst, und auf der Reise zu Neracher habe ich keinen Pfennig von uns mitgenommen. Alles ist zuhause. Ich habe gespart! Die Wohnung ist in Ordnung (nicht Klavierspielen oder Radio zwischen 1 h – 3 h) (Vorhänge zu) (alles sauber): Frage Deine Mama.
Du schreibst wegen ausgehen – mit Dir will ich ausgehen – mit Stefi und der blöden Bande habe ich wenig Lust mehr – mit Arnold ist es aus. Auch mit Dölze und mir – wie ein entgültiges [sic] Auseinandergehen mit Röhrig. Alles ist Unsinn – die sind ja doch alle falsch – neidig und gemein –!
Ich kann nur eines sagen: o komm! o komm! auf Dich wartet einer, der Dich mit seiner Seele wie mit seinem Leib innig jetzt und immer liebt! Dein treuer Krl.
Schreibe mir Deine genaue Ankunft!
Guten Morgen, mein heißes Lieb. Nun hab ich ein paar Stunden fest geschlafen. Ich küsse Dich zum morgendlichen Gruß. Ich kann Dir nur eines versichern, daß ich die Stunden zähle bis Du kommst.
In heißer Liebe Dein Dir ganz gehörender Karl.
Auf Wiedersehn!
Grüße Resi u. Dididi.

21.05.37

(P: München, Alassio: 22.05.37), Freitag (Expreßbrief mit Umschlag): E.H. in

Alassio
Mein Lieb!
Jetzt ist es morgens (Freitag) – das Wetter sagt gar nichts = kann schön werden = kann schlecht werden! Doch Deine Mutter fährt auf alle Fälle!
Ich grüße Dich mein treues teures Lieb – lebe wohl! Ich bleibe Dein Kl.

22.05.37

(P: Ventimiglia-Genova), Samstag (Karte): KAH in München (W: 8)

Mein lieber Karl!
Vielen herzlichen Dank für Deinen lieben Brief. Ich freue mich immer riesig von Dir zu hören. Also ich fahre am Dienstag früh 9 h von Verona ab und komme 7 h in München an. (Schaue nochmals nach, wann d. Zug genau ankommt.) Fr. Hecht soll am Mittwoch noch die Wohnung schön herrichten. Ich freue mich sehr, sehr auf unser Wiedersehen u. bleibe bis dahin mit innigen Grüßen Deine Elisabeth.
Du kannst Dir meine Freude Dich wiederzusehen gar nicht vorstellen.

23.05.37

(P: Ventimiglia-Genova, 24.05.37), Sonntag (Karte): KAH in München (W: 8)

d. 23. 5. 37.
Mein lieber Karl!
Noch einen letzten Gruss sende ich Dir von dem schönen Alassio. Mittwoch abends 7h sind wir wieder beisammen. Wie freue ich mich. Leb wohl, auf glückliches Wiedersehen freut sich – Deine Elisabeth.

1. Juni bis 32. Juli 1937

H. Scherchen, 5. Arbeitstagung in Budapest: 1. Juni bis 32. Juli 1937

Gründung des „Musica Viva“-Orchesters in Wien

09.11.37

Winterthur, Dienstag (Karte)

„Ich bin gut angekommen.“
[Hermann] Scherchen ist schwer zu erreichen. Noch kein Gespräch. Treffen mit Scherchen und seiner Frau am Nachmittag. „Er spricht immer von Wien, von den großen Erfolgen!!“
„Klemms sind reizend“

09.11.37

(P: Winterthur), Dienstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Meine liebe Elisabeth!
Ich bin gut angekommen. Sch. ist schwer zu erreichen. Er ist sehr höflich. Bin bis jetzt zu keiner Verhandlung gekommen. Ich hoffe heute Nachmittag.
Alles Liebe Dein Krl.
Sch. ist mit Frau da. Er spricht immer von Wien, von den großen Erfolgen!! Klemm’s sind reizend, wie immer.

10.11.37

Winterthur, Mittwoch (Karte):

„Mit [Hermann] Scherchen bin ich so ziemlich fertig mit meinen Verhandlungen.“
Verhandlungen über „Oper – Miserae – Roszavölgyi [Rozsavölgyi; der von H. Scherchen 1935 gegründete Verlag „Ars Viva“ war von dem Budapester Verlag R. übernommen. KAH plante wohl eine Herausgabe der beiden Werke] – und mein neues Stück“. Empfehlungsbriefe von Scherchen bzgl. KAH für [Paul] Sacher und [Walter] Sterk in Basel.
→Am Freitag Fahrt nach Zürich (bis Montag), dann Bern.
→Plant Rückkehr nach München zwischen dem 25. und 27. November.

10.11.37

(P: Winterthur), Mittwoch (Karte): E.H. in München (W: 8)

Liebe Elisabeth
Mit Scherchen bin ich so ziemlich fertig mit meinen Verhandlungen. Über alles habe ich so ziemlich gesprochen! Über Oper – Miserae – Roszavölgyi – und mein neues Stück habe ich alles unterhalten. Von Scherchen habe ich zwei Empfehlungsbriefe für Sacher und Sterk (Basel). Am Freitag geht es nach Zürich, und bleibe bis (mit) Montag, dann nach Bern.
Meine liebe liebe Elisabeth ich bleibe stets Dein Krl.
Hier gibt es schöne Ballons in den Läden. O mein lieber Bubi.
Grüße bitte meinen Bruder Adolf, auch Deine lieben Eltern.

11.11.37

Winterthur, Donnerstag (Karte):

Schickt E.H. den 5. Band von „Verzauberte Seelen“.
→Am Freitag Fahrt nach Zürich (Opernbesuche: „Meistersinger“ und „Don Carlos“). Dort auch Besuch bei Walter Frey. Am Montag nach Bern.

11.11.37

(P: Winterthur, 12.11.37), Donnerstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein Lieb!
Scherchen ist heute fort. Ich reise morgen Freitag weiter nach Zürich. Am Montag geht es nach Bern. In den nächsten Tagen bekommst Du ein Buch zugeschickt – („Verzauberte Seelen“ – V. Band.) gib mir gleich Nachricht wenn Du es erhalten hast. In Zürich höre [ich] „Meistersinger“ und „Don Carlos“. Besuchen werde ich nur Walter Frey. Grüße Adolf und Deine Eltern – was macht unser kleiner Dididi. Seid alle zwei gegrüßt von Eurem Kl Amadeus Hartmann.

12.11.37

Zürich, Freitag (Karte)

„Mein Lieb, ich bin in Zürich“
Ankunft in Zürich. Treffen mit [Ernest] Ansermet am Samstag (dirigiert am Dienstag). KAH bittet Adolf um einen Bürstenabzug von Straubs Konzertprogramm. „Im März wird Scherchen wieder Papa!! Zum drittenmal.“
Post bis Dienstag zu Straub in Zürich; ab Mittwoch zu Tautenhan nach Bern.
→Am Mittwoch Fahrt nach Montreux und Genf, danach Bern.

12.11.37

(P: Zürich), Freitag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein Lieb, ich bin in Zürich – zum Glück dirigiert am Dienstag Ansermet ein Konzert in Zürich. Morgen – (Samstag) gehe ich zu ihm. Telefoniere bitte [mit] Adolf er möchte bald einen Bürstenabzug senden von Straub’s Programm!! Im März wird Scherchen wieder Papa!! Zum drittenmal.
Mein Lieb grüße bitte Adolf – ich bleibe und bin stets Krl. Am Mittwoch fahre ich nach Montreux – Genf – dann Bern. Post bis Dienstag – Zürich (Straub) ab Mittwoch – Bern (Tautenhahn)

13.11.37

Zürich, Samstag vormittag (Karte)

„Heute erhielt ich Deinen Brief.“
Einvernehmen mit [Hermann] Scherchen. Am Abend Treffen mit [Fritz] Stiedry (dirigiert Schönberg) bei Walter Frey. Am Sonntag Besuch bei [Ernest] Ansermet

13.11.37

(P: Zürich, 14.11.1937), Samstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Samstag vormittag.
Liebe Elisabeth!
Heute erhielt ich Deinen Brief. Erhoffte mir eigentlich was anderes. Doch das macht nichts. Mit Scherchen ist alles in Ordnung. Im Gegenteil! Morgen Sonntag 4 h Nachmittag gehe ich zu Ansermet in sein Hotel. Heute abend treffe ich Dr. Stiedry – er dirigiert heute Schönberg – bei der „pro musika“ bei Walter Frey. Jetzt habe ich wirklich enorm viel zu tun!
Lebe wohl
Immer Dein Krl.

17.11.37

Zürich, Mittwoch (Karte)

„Mein Lieb – gestern das Konzert war schön – das Orchester schlecht.“
Konzertbesuch. Orchester schlecht.
Zusammenkunft mit dem Ehepaar Ansermet, [Werner] Reinhart, [Emanuel] Feuermann und [Nathan] Milstein. [„Andrea und ich“; wer ist Andrea?]
Fahrt mit dem Ehepaar Ansermet nach Lausanne.
„Nächste Adresse: Tautenhahn – Bern“

17.11.37

(P: Zürich), Mittwoch (Karte): E.H. in München (K: 31)

Mein Lieb – gestern das Konzert war schön – das Orchester schlecht. Nach dem Konzert war eine Zusammenkunft = Ansermet mit Frau, Reinhard Feuermann Milstein Andrea und ich. War sehr anregend. Ich bin sehr froh – hier werde ich voll und ganz geschätzt und geehrt. Jetzt um 12 Mittag fahre ich mit Herrn Ansermet und Frau Ansermet bis Lausanne.
Nächste Adresse: Tautenhahn – Bern.
Grüße Deine lieben Eltern und meinen Adolf. Küsschen für Richard. Stets Dein Krl.

20.11.37

Bern, Samstag (Karte)

„Heute war ich bei Konservatoriumsdirektor Alphonse Brun“.
Besuch bei Alphonse Brun, Direktor des Konservatoriums, wegen Streichquartett. Aufführung für den nächsten Sommer geplant. Aufführung der „Tanzsuite“ (Bläserquintett) im kommenden Februar (Rundfunk). „Die Kataloge haben große Wirkung. Alles Liebe an Adolf.“
→Am Sonntag Fahrt nach Basel. Im Zweifel, ob er zu [Paul] Sacher gehen soll, da seiner Meinung nach zwecklos.

20.11.37

(P: Bern), Samstag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Meine liebe Elisabeth!
Heute war ich bei Konservatoriumsdirektor Alphonse Brun wegen des Streichquartettes. Er findet es faszinierend und raffiniert! Er hat mich mit Ehren überhäuft. Es sei so fürchterlich schwer. Er will es nächsten Sommer machen. Im Rundfunk wird meine Tanzsuite im Februar gemacht. Jetzt bin ich fertig – morgen geht es weiter nach Basel. Ob ich zu Sacher gehe, ist unbestimmt da es doch keinen Zweck hat. Vielleicht?! Dein Papa bekommt für Dich „Muster ohne Wert“. Morgen mehr. Bin ich froh, daß ich endlich weiss was ich kann!!
Grüße meinen lieben Bub. Ich habe nur eine Hoffnung daß Du überhäuft wirst mit meinen Wünschen. Dein Krl.
Die Kataloge hatten große Wirkung. Alles Liebe an Adolf. Herzliche Grüße an Deine lieben Eltern. Es regnet immer Tag für Tag.

21.11.37

München, Samstag (Brief): KAH in der Schweiz

d. 21. 11. 37.
Mein liebster, einziger Karl!
Deine Post habe ich mit Dank erhalten und freue mich mit dir über deine Erfolge. Auch die Schokolade ist gut angekommen. Soeben sitze ich daheim, ich freue mich immer auf den Sonntag, wo ich hier heraußen schlafen kann. Soeben habe ich Adolfs Kritiken abgeschrieben, es hat 3 volle Stunden in Anspruch genommen. Sonst gibt es hier ja gar nichts neues. Tt. Cilly hat mir zum Namenstag einen „Knirps“ geschenkt. Richardi ist immer munter, er erzählt viel von seinem Papa und den Ballons, die er ihm geschenkt hat.
Mein einziger Karl, ich kann Dir nur sagen, ich zähle schon jeden Tag, der mich näher zu unserem Wiedersehen bringt. Obs Dir wohl auch so geht? Endlich sich wieder mit einem vernünftigen, lieben Menschen aussprechen zu können. O Karl, du hast ja keine Ahnung, wie lieb ich Dich hab und wie leer mein Leben ohne Dich ist. Komm bald in meine Arme! Wir wollen nie mehr streiten, das darf nicht mehr sein.
Gute nacht nun, sei innigst, tausendmal geküßt und umarmt von Deiner treuen Frau u. Freundin Elisabeth.
Dies ist mein letzter Brief. Teile mir rechtzeitig Deine genaue Ankunft mit.
Guten Morgen: Dieser Brief von Roszavolgyi kam heute früh an. Ich finde das von Sch. unerhört. Fahre unbedingt noch mal zu Sterk.

22.11.37

Basel, Montag (Karte)

„(Heute Montag) Eben rief ich Sacher an“
Anruf [Paul] Sacher. Treffen mit [Walter] Sterk (wegen Chorwerk [In memoriam Alban Berg (?)) und Sacher.
Am Sonntag Besuch der Oper „Carmen“ mit [Dusolina] Giannini als Carmen.
→Fahrt nach Zürich.

22.11.37

Basel, Montag (Karte)

Balan Benno,

22.11.37

(P: Basel), Montag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Mein Lieb. (Heute Montag) Eben rief ich Sacher an; war äußerst freundlich und höflich. Um 1h treffe ich Sterk um ½ 4 Sacher um ½ 7 fahre ich nach Zürich. Der Tag ist heute äußerst wichtig. Hoffentlich habe ich Glück. Wenn Sterk nicht zieht mit dem Chorwerk dann gehe ich mit demselben zu Sacher, das ist wohl eine Frechheit, aber nur dann erreicht man was. Hast Du 3 x Schatz bekommen? Schreibe mir immer bis ich komme an Klemm. Wahrscheinlich Freitag. Grüße Deine lieben Eltern herzlichst.
Die gestrige Carmen-Aufführung mit Giannini war äußerst mittelmäßig. Giannini war die Beste – aber auch nicht hervorragend.
Alles Liebe für Bubi – auch an Adolf.

22.11.37

(P: Basel), Montag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Ein mysteriöser Fall: Am Samstag ging ich um 10 h vormittag zu Sterk – klingelte ein paar mal – umsonst. Ich ging daraufhin um 11/30 – nochmals hin, da wurde mir aufgemacht, aber nicht mal im Hausvorplatz wurde mir geöffnet! Herr Sterk sei nicht da, er sei verreist und käme erst am Montag nach hause. Ich machte aus, daß er mir schreiben soll und liess ihm, nämlich er selbst = (aber er verleugnete sich) die Partitur. Ich hatte vor, daß ich gleich weiter reisen wollte – ich überlegte und rief Herrn Sterk abermals an: ich werde am Montag = 1h mittag anrufen aus Zürich. Ja, bekam ich zur Antwort – er sei um diese Zeit da. Da kam mir der Gedanke* – halt ich bleibe bis Montag und gehe persönlich zu Herrn Sterk punkt 1 h. Ich läutete an: da sah ich durch die Tür einen Mann, der sofort verschwand und eine Frau kam heraus: Ihr Mann sei schon wieder fort. Und käme nicht nach hause er hätte so viel zu tun. Auch würde er abends wieder wegfahren. Er wird mir nach München schreiben – und sie verschwand. Und nun: warten! Warum die Comödie? Ich denke oft hin – oft her − !? Vielleicht hat er keine Möbel in seiner Wohnung – auch eine Lösung!? Wie wird es mit Sacher?
Immer Dein Karl.
Immer Regen!
*) halt bleibe ich bis Montag treffe ich Sterk u. Sacher?!

22.11.37

(P: Basel), Montag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Eben war ich bei Sacher! Mein Lieb, das war ein voller Erfolg. Er war äußert anständig und vornehm. Ich soll für ihn ein Streichorchester-Konzert schreiben. (Zirka 20 Minuten) Er meint, daß ich viele Aufführungen bekäme. Überall (Basel, Zürich, St. Gallen), Bern, usw.) Ich erzählte ihm meine Begegnung mit Sterk. Er sagte mir, das käme sicher von dem Streit mit Scherchen von Brüssel. (Er glaubt nur daran.) Nun wieder ein Opfer! Ich schreibe an Sterk. Nun lebe Wohl bis Zürich, um 5h09 fahre ich dorthin. Morgen nach Winterthur.
Alles Liebe nur an Dich immer Dein Karl.

23.11.37

Basel, Dienstag (Karte)

„Eben war ich bei Sacher!“
Voller Erfolg. KAH soll ein Streichorchester-Konzert schreiben, ca. 20 Minuten lang. Sacher macht ihm Hoffnung auf viele Aufführungen. KAH berichtete Sacher von dem Gespräch mit [Walter] Sterk, das offensichtlich wegen eines Streits mit Scherchen in Brüssel nicht wunschgemäß verlaufen ist. KAH will Sterk noch mal schreiben.
→Zürich; am Mittwoch nach Winterthur.

23.11.37

München, Dienstag (Brief) KAH in Basel oder Zürich

München, den 23. 11. 37.
Mein lieber Karl!
Ich kann Dich wirklich nicht verstehen, wie Du sagen kannst ich würde wenig schreiben. Ich habe allerwenigstens jeden 2. Tag geschrieben, sehr oft jeden Tag. Da mußt Du verschiedene Post nicht bekommen haben. Aber wie kann ich nach Zürich schreiben, wo du mir mitgeteilt hast, Du kämest vielleicht noch nach Zürich. Alle Deine Karten liegen noch daheim, da kannst Du es schwarz auf weiß selbst sehen, das war wieder einmal von Dir unklar geschrieben. Du schreibst mir aber auch nie ob u. welche Post Du von mir bekommen hast.
Was hast Du in Basel erreicht? Ich bin neugierig darauf, doch sollte es nichts gewesen sein, so mach Dir nicht zu viel daraus. Die Hauptsache ist, Du kannst viel und Enttäuschungen bleiben einem nie erspart. Auf jeden Fall wollen wir zwei tapfer durchs Leben gehen und wenn es noch so viel zu überwinden gibt. Du weißt genau, ich werde bis zuletzt zu Dir halten und Freud u. Leid mit Dir teilen. Sobald Du wieder zurück bist, mußt du hier zum Arzt, da dringe ich darauf. Heute früh war ich mit Adolf beisammen es geht ihm gut. Mein lieber Karl, wenn Du noch gerne bis Samstag bleiben willst, so bleibe ruhig, meinetwegen mußt Du nicht eher kommen. Natürlich sehne ich mich sehr nach Dir u. freue mich unendlich Dich wieder in meinen Armen halten zu können. Mein einziger Karl, sei immer meiner größten Liebe versichert und auf ein baldiges recht frohes Wiedersehen freut sich Deine Dich innig liebende Elisabeth.
Laß Dir Deine Anzüge noch bügeln u. grüße Familie Klemm herzlichst von mir. Hast Du den Brief von Roszavolgyi bekommen?
Deine beiden Karten habe ich eben vorgefunden. Das mit Sterk ist dumm, wenn jemand so ist, wäre so wieso kein arbeiten gewesen. Das braucht Dir wirklich nichts auszumachen.

24.11.37

Winterthur, Mittwoch (Karte)

B[runo]. Walter dirigiert in Zürich, [Adolf? Fritz?] Busch in Winterthur. Etwaige Verhandlungen mit (Chorleiter) [Walter] Sterk. Lt. [Paul] Sacher ist der Chor ausgezeichnet.
Ankunft in München am 28. November.

24.11.37

(P: Winterthur), Mittwoch (Karte): E.H. in München (K: 31)

Liebe Elisabeth, ich komme bestimmt am Sonntag, 28. Nov. abends ½ 10 in München an. Du kannst Dir nicht denken wie ich mich nach München sehne. B. Walter dirigiert in Zürich, Busch in Winterthur. Ich will vielleicht von hier aus mit Sterk noch verhandeln, womöglich telefonieren der Chor soll ausgezeichnet sein! sagte Sacher. gerade für meine Musik. Hoffentlich geht das nicht schief!! Halte den Daumen. Bitte rufe Adolf an. Am Sonntag, 28. XI. abends ½ 10 in München.
Auf Wiedersehen grüße bitte Deine Eltern. Dein Karl.

13.03.38

Winterthur, Sonntag (Brief; 1. Post)

„Ich kam gut an.“
Meldet gute Ankunft. Wunsch nach seiner Geige, die er hätte mitnehmen sollen. Nachricht von den „Fabers“ erhalten (betr. Adolf), die wissen möchten, „ob er [Adolf] die Sendung bekommen hat“. Ankündigung, wegen Nijnsky [betrifft E.Hs Übersetzung eines Buches über den Tänzer] „nächste Woche“ zu einem Verlag in Zürich zu gehen.
[Hermann] Scherchen noch nicht getroffen. Hat einen „Arschleckerischen“ Artikel über „Englische Musik“ geschrieben. „Er ist und bleibt ein Schwein.“

26.03.38

(P: München), München, Samstag (Karte): KAH in Winterthur (Klemm) d. 26. 3. 38

Mein lieber Karl!
Hoffentlich bist Du gut angekommen, ich habe bis heute noch keine Nachricht von Dir. Hier ist alles in Ordnung. Die Post für Fritz und nach England ist erledigt. Nur für Belgien habe ich noch einige Zettel auszufüllen und muß auch noch auf die Bank. Dafür gibt es extra Bestimmungen. Am Donnerstag gab es im Kaufmanns Casino ein herrliches Essen; ich habe dabei immer an Dich gedacht. Am Freitag war ich nachmittags in Pasing, wo sich Richardi glänzend unterhielt und heute Samstag waren wir im Botanischen Garten, besonders im Gewächshaus. Heute war richtiges Aprilwetter, einmal Schnee, einmal Sonne aber kalt. Morgen bin ich bei Meisels zum essen eingeladen. Palotai hat von Tunis geschrieben, er war bei Mrs. Hart in London, leider ist es nicht möglich, daß er Dein Quartett spielt. Jetzt weißt Du alle Neuigkeiten. Grüße bitte die ganze Familie Klemm recht herzlich von mir. Bleibe mir gesund und laß bald etwas hören, immer bleibe ich Deine dich liebende Elisabeth.

26.03.38

(P: Winterthur), Samstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein Lieb!
Wie immer gut angekommen, mit viel Liebe bei Klemm aufgenommen. Morgen fahre ich mit Sch. nach Genf bin bis Dienstag wieder zurück. Bleib mir nur gesund; und schone Dich hier ist’s ruhig und schön. Mache Dir es schön. Ist mein Richard lieb –
Grüße bitte Adolf. Dir alles Liebe Immer Dein Kl.

27.03.38

Genf, Sonntag (Karte)

„Ansermet kommt am 4. abends zurück.“
Benötigt eine Fahrkarte Winterthur – Genf – Winterthur.
KAH erwartet [Ernest] Ansermet am 4. April. Besuch bei Frau Ansermet. KAH solle gleich wiederkommen, weil das Frankfurter Konzert unsicher ist.
Mitteilung von [Hermann] Scherchen in Neuchậtel, daß er in Genf kein Konzert hätte. „Mit Scherchen ist nichts mehr zu machen.“

27.03.38

(P: Genève), Sonntag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Liebe Elisabeth.
Ansermet kommt am 4. abends zurück. Gehe bitte auf das Reisebüro Schenker und kaufe mir eine Fahrkarte Winterthur – Genf – Winterthur (3. Klasse). Meine Pass-Nummer A 22824 und die Eisenbahn No 17742 (die Nummer steht auf meiner Fahrkarte. Ich habe mit Frau A. alles besprochen. Sie meint daß ich gleich wieder kommen soll, denn das Konzert in Frankfurt ist unbestimmt. Schicke mir die Fahrkarte an Klemm (Express). Also eine Fahrkarte Winterthur – Genf – Winterthur. Soll es nicht gehen, dann soll Adolf mit seinem Pass hin – die andere Strecke fährt er mit dem Auto. Sei mir nicht über meine Aufträge böse. Aber nun bin hier dann will ich alles erledigen.
Alles Liebe Dein treuer Karl.
Scherchen sagte mir in Neuchâtel, daß er in Genf kein Konzert hat!!!
Mit Scherchen ist nichts mehr zu machen.
Bleibe mir gesund!

28.03.38

Genf, Montag (Karte)

Einsicht Original!:
„Jetzt bin ich schon in Genf – niemand traf ich – Ansermet verreist.“
Chartier (Radio Wochenende) [André] de Blonay nicht zuhaus. Will am nächsten Tag nochmals alle anrufen.
→Abreise nach Zürich, nachts nach Genf.
Aufenthalt in Zürich. Hermann Albers [=Scherchen] will von neuer Kunst nichts mehr wissen. „Hermann ist Albers in größter Potenz.“ In Genf niemanden getroffen. [Ernest] Ansermet verreist. Treffen mit Frau Ansermet vereinbart. [André] de Blonay endlich erreicht. Treffen für den morgigen Tag vereinbart. Frau Ansermet getroffen.
Garbo-Film (Waleska) gesehen.

28.03.38

Genf, Montag (Karte)

„Heute war ich bei de Blonay, meine Elisabeth.“
Kühle Atmosphäre; dennoch will ihm KAH sein „Lamento“ zuschicken. Bei Chartier (Radio) kein Erfolg. KAH hofft nun auf [Ernest] Ansermet. Plant noch Besuche bei Walter Frey und [Othmar] Schoeck. Hermann [Scherchen], „der halbgebildete ist so läppisch, daß es einen anwidert. Nur Bach und Haydn sind die großen Komponisten – der ist schlimmer als alle Gegner der Neuen Musik.“
→Fahrt nach Bern (heute). Plant Besuch bei dem Dirigenten Luc Balmer
→Morgen Fahrt nach Winterthur.

28.03.38

(P: Genève), Montag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Samstag Sonntag
Winterthur – Heute regnet es und ich will nach Genf. Um 11 h fahre ich nach Zürich. Um 1 h nach Genf. Einstweilen alles Liebe Dein Karl.
Nun bin ich in Zürich (immer regen und kalt.) Hermann ist Albers in größter Potenz. Er hat sich so ziemlich losgesagt von neuer Kunst. –
Jetzt bin ich schon in Genf – niemand traf ich – Ansermet verreist. Chartier (Radio – Wochenend –) de Blonay nicht zuhaus. Ich probiere morgen früh noch – rufe alle an. Gute Nacht stets Dein Karl. –
Eben habe ich Madame Ansermet angerufen, sie erwartet mich um 3 h bei sich. de Blonay habe ich auch angerufen, erwartet mich morgen morgen früh. Dein Karl. –
Bei Madame Ansermet war ich, sie war sehr lieb – sie hat viel Kummer das erzähle ich Dir. Ich werde aber doch bei ihm meine Angelegenheit durchdrücken. Heute abend war ich im neuen Garbo-Film: „Waleska“! Sie ist eine schöne Frau. Mir der liebste Garbo-Film. Besonders der Darsteller des Napoleon ist ausgezeichnet. Nun gehe ich ins Bett. Gute Nacht, mein Lieb. Ich bin immer in Gedanken bei Dir mein Elisabeth Dein Karl.

28.03.38

(P: Genève), Montag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Heute war ich bei de Blonay, meine Elisabeth! War sehr kühl! und doch sende ich ihm mein „Lamento“! Bei Chartier (Radio) war ich – da ist gar nichts zu machen. Meine Hoffnung bleibt = Ansermet. Adolf soll halt eine Karte nehmen – Rorschach – Genf – Rorschach. Dann werde ich noch zu Walter Frey und ich werde noch zu Schoeck gehen. Was wird bei Dir los sein. Wie geht es Euch (Dir und Richard) wie geht es sonst –. Heute um 2½ h fahre ich nach Bern. Ich werde dort den Dirigenten Luc Balmer besuchen. Morgen − Dienstag − Nachmittag geht’s nach Winterthur.
Liebe liebe Elisabeth das ist ein Kampf. Bleibt gesund − grüße Adolf.
Glaube mir stets bleibe ich Dein treuer Karl.
Hermann, der halbgebildete ist so läppisch, daß es einen anwiedert [sic]. Nur Bach und Haydn sind die großen Komponisten – der ist schlimmer als alle gegner der Neuen Musik. Bald wieder mehr – die Pakete sind alle fort −?
Vielen Dank meine Beste!!!
Sollte der Film „Waleska“ (Garbo) gegeben werden – da gehen wir beide herein.

28.03.38

(P) München, Montag (Brief mit Umschlag): KAH in Winterthur (Klemm) München, den 28. 3. 38

Deine Karte habe ich mit Dank erhalten. Ich bin froh, daß Du Hermann angetroffen hast. Wie steht es mit Ansermet? Ich bin sehr neugierig, wie Du weißt.
Nun teile mir bitte sofort mit, ob die Stimmen nach Brüssel gleich fort müssen, oder ob es zeit hat bis Du wieder zurück bist. Es wäre mir lieb, wenn Du die Sache erledigen könntest, weil es damit einige Schwierigkeiten hat. Also gib mir darüber Bescheid. Sonst ist hier alles in Ordnung. Heute früh ½ 9 h habe ich Adolf angerufen, er war aber nicht daheim, ich glaube er war über den Sonntag in Tegernsee oder sonst wo. Heute hat auch Redlichs Mutter geschrieben, Du sollst sie anrufen, sie möchte mit Dir ausgiebig sprechen. Ich werde ihr nun heute sagen, daß Du verreist bist. Mrs. Osborne habe ich auch heute geschrieben und jetzt trage ich das Buch für die Staatsbibliothek fort. Die ganze andere Post ist auch erledigt. Ich glaube, ich habe nun alle deine Befehle ausgeführt. Das Wetter ist hier schlecht, hoffentlich ist es bei Dir besser. Heute Nacht habe ich in Deinem Bett ausgezeichnet geschlafen. Ich glaube Dir nicht sagen zu müssen, wie sehr ich Sehnsucht nach Dir habe. Fast alle meine Gedanken begleiten Dich und mit viel, viel Liebe warte ich auf Deine Rückkunft. Ich habe nur einen Wunsch, daß es Dir jetzt gut gehen und erhole Deine Nerven. Und rege Dich über nichts auf, bleibe immer ruhig. Du weißt, ich halte zu dir und da kann kommen, was will.
Bleibe mir gesund, ich küsse Dich tausendmal und bleibe immer und immer Deine Dich heiß liebende Elisabeth.
Bussi Dein Richardi [Hs. E.H.]. Das hat Richard selbst geschrieben, er ist sehr lieb. Grüße Familie Klemm mit Dagy und Scherchen herzlichst von mir.

[Beiblatt]

Soeben hat Adolf angerufen, es geht ihm gut. Gestern war ich beim Arzt wegen meiner Flecken am Arm. Seine erste Frage war: „Haben Sie einmal ein Arsen-Präparat genommen?“ Ich muß am Dienstag nocheinmal hin, war [weil] er es bei Tageslicht genau noch einmal sehen muß. Ich war um 5 h dort, da hatte er schon Licht. Auch bin ich z. Z. wieder beim Zahnarzt, hoffe aber, daß ich fertig werde bis Du kommst.
Büchtger gibt am Samstag 19. Nov. im Odeon ein Konzert aus eigenen Werken. Er schickte zwei Ehrenkarten. Ich werde auf jeden Fall hineingehen, schon um dich zu vertreten.
Mein Alles, ich glaube ich muß Dir nicht erzählen, wie ich mich auf Dich freue. Ohne Dich bin ich ein halber Mensch und ich fühle überall, wie mir etwas fehlt. Komm in meine Arme, ich werde Dich lieben, wie man einen Menschen nur lieben kann. Erhole Dich noch recht gut u. komme ausgeruht zu mir zurück. Tausend innige Küsse, denke auch manchmal an mich immer Deine treue Elisabeth.
Hier hat Dir Richardi Grüße geschrieben.

28.03.38

( P: Winterthur), Dienstag (Karte): E.H. in München (Königinstr. 31)

Winterthur 28. III. 39. Dienstag

Liebe Elisabeth!
Ich möchte Dir mitteilen, daß ich am Freitag den 7. April abends ½ 10 h ankomme in München. Hoffentlich gibt es ein gesundes Wiedersehn. Heute schreibe ich Dir noch einen Brief (kann auch morgen früh sein). Nun lebe wohl, sei Du und Richard wie auch Deine lieben Eltern aufs herzlichste gegrüßt, stets bin ich Dein Karl.

29.03.38

(P: Winterthur), (Klemm), Mittwoch (Karte): E.H. in München (W: 8)

Winterthur, 29. III. 39.

Liebe Elisabeth
Heute abend erhielt ich Deinen Brief. Ich danke Dir herzlichst dafür. Auch möchte ich Dir mitteilen, daß Klemm das Paket erhalten hat. Leider sind die Sachen = (Kleider) nicht mehr zu gebrauchen. Morgen mittag fahre ich nach Basel = zu Sacher.
Hoffentlich geht es Dir gesundheitlich gut. Mit den besten Grüßen Karl.

01.04.38

Zürich, Freitag (Karte)

„Mir geht es besser.“
Besuch bei [Walter] Frey, der vom „Lamento“ (1. Fassung für Sopran und Klavier) begeistert war. Frey plant, dieses Stück mit seiner Frau in Zürich und Genf aufzuführen.

01.04.38

(P: München), Freitag (Karte): KAH in Winterthur (Klemm) d. 1. 4. 38

Mein lieber Karl!
Ich habe schon seit 3 Tagen keine Nachricht von dir, hoffentlich bist Du gesund und wohlauf. Gib mir Antwort wegen dem Brüsseler Paket. Fahre unbedingt am 4. nach Genf. Es ist hier alles in Ordnung. Adolf geht es auch gut, ich habe gestern mit ihm gesprochen. Heute hat Papa ein 25 jähr. Jubiläum, ich glaube er bekommt einen Radio. Richardi plagt mich schon, er möchte Dir auch ein Bussi schreiben. Er ist sehr lieb. Post ist sonst keine gekommen.
Grüße bitte die liebe Familie Klemm herzlichst von mir und sei Du innigst geküßt von Deiner dichliebenden Elisabeth.
Bussi und komm bald wieder Dein Richardi [Hs. E.H.].

1.04.1938

(P: Zürich), Freitag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Liebste beste Elisabeth!
Mir geht es besser. Ich war bei Frey, er war begeistert von meinem „Lamento“. Er will es mit seiner Frau in Zürich machen, und in Genf.
Einstweilen immer Dein treuester Kl.
Lieber Richard alles Liebe Dein Krl. Grüße an Adolf

03.04.38

München, Sonntag (Brief): KAH in der Schweiz München, den 3. 4. 38

Wie geht es Dir?
Ich habe so wenig von Dir gehört, daß ich gar nicht weiß was los ist. Hoffentlich hast Du mit Ansermet Glück gehabt. Du bist doch bestimmt hingefahren!! Gestern kamen 2 Briefe aus London. Einer der die Ankunft am 10. April von Mrs. Osbornes Tochter anmeldet. Der andere war vom Kutcher Quartett. Der Brief war reizend geschrieben und das Quartett freut sich Dein Werk spielen zu können. Herr Kutcher schrieb, daß Deine Aufführung am 18. Juni sei. Die Partitur sowie Stimmen hat er alle richtig erhalten. Habe nur Geduld mit Hermann, Du mußt ihn halt nehmen wie er ist. Er wird schon wieder erträglicher werden. Gehe eventuell zu Sacher und Sterk.
Am Freitag hatte Papa Jubiläum und bekam unter anderem einen herrlichen Telefunken 7 Röhren Apparat. Richardi hatte etwas Eichelentzündung es ist aber schon wieder besser. Prof. Hecker sagt es sei nicht gefährlich nur unangenehm und schmerzhaft. Richardi ist aber dabei sehr lieb u. vernünftig. Das hätten Buben ziemlich häufig. Heute gehe ich zu Meisels und abends werde ich wieder in Deinem Bett schlafen. Da freue ich mich darauf!! Und wie. Ich rate Dir am 11. od. 12. April heimzukommen. Wenn das Wetter so schön bleibt, dann kannst Du Dich etwas erholen, besonders Deinen Hals auskurieren. Adolf geht es gut ich spreche ihn so jeden zweiten Tag. Heute, Sonntag ist er in Großkarolinenfeld bei Satzinger. Wegen der Miserae-Stimmen hast Du mir noch immer keine Antwort gegeben.
Mein einziger Karl, bleibe mir gesund und froh. Du gehst mir sehr ab, aber ich freue mich für Dich, daß Du etwas Abwechslung hast. Tausend innige Küsse und in großer Liebe bleibe ich immer und stets Deine treue Elisabeth

05.04.38

Genf, Dienstag (Karte)

„Ich war heute mittag bei Ans. zum Mittagessen eingeladen.“
Besuch bei [Ernest] Ansermet. Durchsicht der Partituren; u. a. „L’Œuvre“. „Die Musik ist ihm vollständig – neuartig – direkt fremdartig!“ KAH findet Ansermet besser als H. Albers [=Scherchen]. „Der ist überall (mit Recht verhaßt!)“ Ansermet zieht [Alban] Berg [Arnold] Schönberg vor; auch von [Paul] Hindemith sehr angetan. Ansermet versprach KAH zu schreiben. Das Warten ist zermürbend.
Absage, das Scherchen-Konzert am Mittwoch in Winterthur zu besuchen; dafür, ebenfalls am Mittwoch, Besuch eines Konzerts [Walter] Frey in Zürich; „(die führen mein „Lamento“ auf.). Frage nach dem Befinden von [Hans Ferdinand] Redlich, auch wann er kommt. „Es sind ja alle Arschlöcher. Sie hängen alle an ihrer alten Kunst.“
→Am Abend Fahrt nach Bern; morgen nach Zürich.
→Am 14. April (Donnerstag, abends ½ 10h) Ankunft in München.

05.04.38

(P: Genève), Dienstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Meine liebe liebe Elisabeth – ich war heute mittag bei Ans. zum Mittagessen eingeladen. Dann waren wir zusammen über meine[n] Partituren. Die Musik von „L’Œuvre“. ist ihm vollständig – neuartig – direkt fremdartig! Er ist natürlich viel besser als H. Albers. Der ist überall (mit Recht verhaßt!) Was wird weiß ich nicht. Ans. liebt Schönberg nicht doch aber Berg – das ist meineserachtens eine kleine Verwirrung! Das ist bei Kapellmeister[n] immer. A[u]ch Hindemith ist ihm alles. Immerhin liebt er mehr, als Albers. Was jetzt wird weiß ich nicht. Warten! Warten! Warten! Das ist zum Verrücktwerden. Er (Ans.) wird mir schreiben. Heute abend fahre ich nach Bern. Morgen nach Zürich. Ich komme am Donnerstag – 14. April abends ½ 10 h nach hause! Dies ist bestimmt! In das Mittwoch Konzert in Winterthur (von Albers) gehe ich nicht. Kommt nicht in Frage. Ich besuche am Mittwoch ein Konzert Frey in Zürich (die führen mein „Lamento“ auf.) Zu hause werde ich Dir alles erzählen. Wie geht es zu hause. Ist Post gekommen. Wie geht es Redlich – kommt er? Es sind ja alle Arschlöcher. Sie hängen alle an Ihrer alten Kunst. Tradition – Gesellschaft – Kultur – kurz und gut: „es gehört sich nicht“! ein schöner Satz!!!
Mit viel Liebe und treuer (absoluter treuer) Anhänglichkeit bleibe ich stets Dein aufrichtiger Karl!
Grüße unsern Bubi Hartm. Karl! Grüße bitte Adolf.

06.04.38

München, Mittwoch (Brief): KAH in der Schweiz d. 6. 4. 38

Mein lieber, guter Karl!
Ich bin froh, daß Du bei Ansermet warst und gut aufgenommen wurdest. Habe nur Geduld, es wird schon alles gut gehen. Das warten lernt [sic] und muß man mit der Zeit lernen. Ich weiß wie schwer das fällt. Bleibe mir nur ruhig und verliere die Nerven nicht. Du kannst etwas und wirst immer wieder obenauf kommen. Laß es Dir noch bis zum 14. gut gehen und komme dann froh zu mir zurück, ich freue mich ja so sehr darauf Dich wieder bei mir zu haben. Immer mehr merk ich, wie sehr ich an Dir hänge und wie Du mir bei allem fehlst. Ohne Dich könnte ich nie mehr leben. Du bist mein zweites ich, du mein lieber, lieber Karl.
Uns geht es soweit gut. Richard ist wieder fast ganz hergestellt. Das war eine unangenehme Sache. Er wird ein richtiger Wildfang ist aber dabei nicht böse. Er frägt immer schon, wann der Papa wieder kommt. Heute habe ich Adolf getroffen. Es geht ihm gut. Tt. Cilly hat ihm schon wieder einen Auftrag für ein Aquarell gegeben. Ich bin froh darüber. Fritz hat noch nichts geschrieben, auch nicht ob er mein Paket erhalten hat. Das finde ich komisch. Am Sonntag kommt Mrs. Osbornes Tochter. Ich werde sie ins Kinderzimmer auf die couch legen und zum essen gehen wir zu meinen Eltern. Hoffentlich ist sie nett. Sie bleibt bis 24. April. Heute traf ich Frau Leo. Ihr Sohn kommt am 20. April nach München. Sonst ist keine Post gekommen. Ich würde Dir raten, trotzdem in Hermanns Konzert zu gehen. Bei ihm weißt du nie, ob seine Stimmung nicht plötzlich wieder für neue Musik umschlägt und dann ist es nicht gut, es mit ihm verdorben zu haben. Glaube mir, ich kann das besser von hier aus beurteilen, weil ich durch sein Benehmen nicht wütend gemacht wurde, und deshalb die Sache ruhiger übersehen kann. Ich weiß bestimmt, daß ich, wenn ich an Deiner Stelle wäre, jetzt auch nicht anders handeln würde, ich weiß, wie furchtbar man sich über so etwas ärgert und doch ist es besser, Du läßt Dir bei ihm nichts anmerken.
Mein innig geliebter Karl, für heute sage ich Dir auf wiedersehen, in steter Liebe u. treuer Freundschaft bleibe ich Deine Elisabeth.
Grüße Familie Klemm mit Sepp.
Mrs. Osborne schrieb, daß das Kutcher Quartett ganz hervorragend sei.

07.04.38

Zürich, Donnerstag (Karte)

„Ich war gestern in Zürich bei [Othmar] Schoeck-Konzert.“
Am Abend zuvor Besuch eines [Othmar] Schoeck-Konzerts. Langweilig. „Aber [Walter] Frey und Frau hat mich gesehen.“
Am Abend Opernbesuch (Werk eines lebenden deutschen [wohl opportunen] Komponisten).
Wiedersehen am 14. April, Donnerstag ½ 10 in München.

07.04.38

(P: Zürich), Donnerstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein Lieb!
Ich war gestern in Zürich bei[m] Schoeck-Konzert, war langweilig, aber Frey mit Frau hat mich gesehen. Das war wichtig. Heute abend gehe ich in die Oper, ein Deutscher Komponist, der heute in Deutschland [einen] Namen hat. Bin neugierig.
Sage bitte, wenn du Deine Stimme mit „Ja“ abgibst, daß ich verreist bin.
Mein Lieb stets denke ich an Dich immer Dein Karl.
Grüße Adolf. Mein Lieber Richardi Wie geht es Dir sei herzlichst gegrüßt von Deinem Karl
Wiedersehn: Donnerstag 14. IV. abends ½ 10.

08.04.38

Zürich, Freitag (Karte)

„Die Oper war gestern fürchterlich“
Hoffnung, daß er nun mit dem „Simpl“ in Zürich Fuß faßt.
→Am 14. April, Donnerstag abends ½ 10 in München.

08.04.38

(P: Zürich), Freitag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein Lieb!
Die Oper war gestern fürchterlich. Nun beginne ich ernstlich mit meinem „Simpl“ in Zürich fuss zu fassen.
Auf Wiedersehn am Donnerstag 14. April / ½ 10 abends [sic].
Stets Dein treuer Kl.
Grüße an Richd

09.04.38

(P: München), Samstag (Karte): KAH in Winterthur (Klemm) d. 9. 4. 38

Mein lieber Karl!
Allzu ausführlich schreibst Du ja gerade nicht, aber du kannst mir ja nun bald alles selbst erzählen. Auch schreibst Du mir nie welche Post Du von mir erhalten hast, darum habe ich Dich immer schon auf Deinen früheren Reisen gebeten. Richardi hat Grippe, aber nicht gefährlich, Prof. Hecker behandelt ihn sehr gut. Sonst gibt es nichts neues. Post ist auch keine gekommen. Am Mittwoch kommt voraussichtlich Fritz, so sagte wenigstens Adolf denn mir hat er ja nicht geschrieben.
Mein lieber Karl, ich freue mich auf den Donnerstag und hoffe auf ein freudiges Wiedersehen. Grüße bitte die liebe Familie Klemm recht herzlich von mir u. sei innigst geküßt von Deiner Elisabeth.

10.04.38

(P: München, Express), Sonntag (Brief mit Umschlag): KAH in Winterthur (Klemm) den 10.4.38

Mein inniggeliebter Karl!

Soeben erhielt ich diesen Brief von Mendelsohn:
„Sehr geehrter Herr Hartmann! Antwortlich Ihrer Karte gestatte ich mir Ihnen mitzuteilen, daß die diversen Auszüge noch immer im Hotel Imperial liegen und die Leitung des Hotels die Noten nicht herausgibt, bis eine Vollmacht von Dr. Scherchen eintrifft. Ich habe diese Vollmacht bereits mehrmals urgiert aber bis jetzt ohne Erfolg. Ich halte es für das beste, wenn Sie direkt an das Hotel schreiben und um die Einsendung der Noten ersuchen, zugleich aber den Betrag für das Porto beilegen, da gerade in dieser Angelegenheit die Hotelleitung sich mehr als unfreundlich benimmt…! Es gibt vielleicht noch eine Möglichkeit. Dr. Redlich fährt nächste Woche
nach München. Da dieser auch noch Partituren dort liegen hat, könnte er so Ihre Noten gleich mitnehmen (angeblich setzen nämlich die Autoren bei persönlicher Vorsprache im Hotel doch die Herausgabe durch) so daß die Noten durch sichere Hände zu Ihnen kämen. Schreiben Sie doch bitte sofort an ihn und ersuchen Sie ihn um diese Gefälligkeit. Ich kann leider derzeit nicht mehr für die Sache tun.“
Lieber Karl, ich habe Dir nun die genaue Abschrift des Briefes geschickt. Mein Brief an Redlich ist schon fort, ich habe ihn sehr dringend gebeten, sich um Deine Noten zu kümmern. Ich schickte den Brief eingeschrieben fort. Es ist nun das beste Du gehst sofort zu Scherchen, er soll dir die Vollmacht geben. Die Adresse von Redlich ist: Wien I, Rothenturmstr. 14 bei Frau Pogány. Schreibe du ihm auch noch einmal. Hoffentlich kommt die Sache bald in Ordnung.
Sonst ist hier alles in Ordnung. Richardi ist wieder fast gesund. Heute um 5 h kommt Miss Osborne. Ich hatte schon eine fürchterliche Hetze heute. Bis man für einen Besuch alles gerichtet hat, dann wählen, und noch dazu Sonntag. Heute schrieb Jean eine Karte aus Tunis von einer Konzertreise. Karl Hagen schrieb auch einen gesalzenen Brief wegen seiner Bilder, recht hat er ja. Miss Osborne hatte eine unglückliche Liebe und da sollen nun einige Assistenten von Prof. Schmidt sie abends manchmal zum tanzen mitnehmen. Darum bat ihre Mutter. Das ist mir ja ganz angenehm.
Mein lieber, lieber Karl bleibe mir gesund, und komme Donnerstag froh in meine Arme. Ich freue mich schon so darauf!! Tausend innige Küsse in heißer Liebe bleibe ich Deine Elisabeth.
Dies ist meine letzte Post. Ich erwarte dich ½ 10 h am Zug

29.04.38

Zürich, Freitag (Brief)

„Also die Uraufführung ist vorüber.“
Besuch der UA „Mathis der Maler“. Urteil: „Die Oper ist ein nichtendenwollender Schmarrn.“ Miserables Textbuch. „Oh armer [Max] See!!!“
Viele Gäste, u. a. [Wladimir] Vogel, [Willi] Reich, [Ernest] Ansermet, [Darius] Milhaud.
Ansermet dirigiert in München ein KdF-Konzert.
Besuch eines „uninteressanten“ Vortrages von [Franz] Beidler über [Richard] Wagner. Erich Bormann anwesend.
„Nach London kommt die gesamte internationale Musikerschaft.“ Direktor [Karl Schmid-Bloss] Schmidt-Bloss kennengelernt. Will ihm von München aus schreiben.
E.H. möge [Hans Ferdinand] Redlich am Donnerstag anrufen, wegen der Berg-Partituren.
Grüße von Erich [Bormann] und Friedel Straub.
H. Scherchen, 6. Arbeitstagung in Braunwald (Schweiz): Sommer

29.04.38

(P: Zürich, 29. [I]V. 1938), Freitag (Brief mit Umschlag) E.H. in München (K: 31)

Liebe Elisabeth!
Also die Uraufführung ist vorüber [28. April 1938]. Die Oper „Mathis der Maler“ ist ein nichtendenwollender Schmarrn. Es waren viele Gäste da: Vogel – Reich – Ansermet – Milhaud. (Ansermet hat nur ein Orchester von 80 Mann – er dirigiert in München: ein Konzert von „Kraft durch Freude“.) Er wird mir noch schreiben. Heute war ein Vortrag von Beidler über Wagner der erzählte uninteressanten Quatsch. Nur noch ein Gast war da: Erich Bormann das weißt Du ja. Nach London kommt die gesammte internationale Musikerschaft. Direktor Schmidt-Bloss habe ich mich selbst vorgestellt. Ich werde von München aus ihm schreiben. Gestern nach der Oper war ein Essen (von 1 h nachts bis ½ 5 h morgens). Ich werde Dir alles erzählen! Der Erfolg der Oper war sehr groß, doch es ist keine Oper von Geist und Theaterbegabung. Miserabel – das Textbuch schon! Oh armer See!!!
Ich werde dir den Brief an den Verlag noch schicken. Bormanns kommen im Sommer auf alle Fälle. Rufe bitte Redlich an, am Donnerstag: ich glaube mittag!! (schon wegen Bergs – Partituren!) Was gibt es wohl bei Euch neues? Was wird wohl bei Euch kommen? Auf alle Fälle bleibe mir gesund
stets in treuer Liebe Dein Kl.
Gehe zu Schenker!! Wie geht es meinem Blubbi!
Liebe Elisabeth! Besten Dank für die prompte Weitergabe meiner Nachricht. Es hat gut geklappt. Karl stand schon an der Bahn. Schade, daß Du und Roswitha nicht mit von der Partie seid. Die Sommerzusammenkunft können wir nun in Ruhe treffen. Viele Grüße Erich
Viele Grüsse u. alles Gute Ihre Friedel Straub
Auch Fritz lässt vielmals grüssen.

11.08.38

(P: Riccione), Donnerstag (Karte): KAH in München (W: 8)

Mein lieber Karl!
Wir sind gut hier angekommen, alles weitere schreibe ich dir morgen brieflich.
Bleibe mir gesund u. mit 1000 innigen Küssen bleibe ich Deine Elisabeth

11.08.1938

Riccione, Donnerstag (Brief): KAH in München d. 11. 8. 38

Mein innig geliebter Karl!
Wie geht es dir? Ich denke so viel an dich und gestern am Tage unserer Ankunft wollte ich schon wieder bei dir sein. Schreibe mir viel, ich muß wissen, was Du immer treibst und daß Du gesund bist. Nun muß ich Dir einiges schreiben, wie es hier ist. Die Fahrt verlief gut. Nur hatte in Kufstein ein Wagen, der der ital. Jugend gehörte einen Achsenbruch und die kamen nun alle in unseren Wagen in die 3. Klasse. Das störte aber weiter nicht, wie konnten bis ½ 9 h früh in unserem Coupée allein bleiben und liegen. In Verona kamen Leute, darunter einer, der sicher schwer lungenkrank war, der sich nicht allein aufrecht halten konnte und da gingen wir in das Abteil nebenan, natürlich hatten wir da keine Fensterplätze mehr. Am Schluß war die Fahrt sehr heiß, der Zug hatte 1 Std. Verspätung. Das Hotel hier ist sehr teuer und dann bekamen wir nicht einmal 2 Zimmer, erst in den nächsten Tagen. Weil es so teuer ist ging ich gleich auf Suche nach einem anderen und nach langem rennen hatte ich endlich eines gefunden, das mir zugesagt hätte. Nun läßt mich aber dieses Hotel nicht gehen, außer ich zahle 5 Tage die Pension, weil es vorausbestellt war. Das geht nun natürlich nicht. Ich muß jetzt 14 Tage hier bleiben, den[n] sonst kostet es noch mehr als 55 Lire pro Tag. Aber nach 2 Wochen werde ich mir für die weiteren 8 – 10 Tage etwas anderes suchen. Das Essen ist ja ausgezeichnet, aber sonst habe ich mich schon über das Hotel geärgert. Natürlich ruhe ich jetzt nicht, ehe ich nicht die 2 Zimmer habe, wenn ich schon so viel bezahlen muß. Gestern Abend war noch ein Gewitter, heute herrlicher Sonnenschein. Die Gegend ist schön, aber Alassio war mir lieber, auch war dort d. Vegetation viel südländischer. Der Strand ist viel, viel größer u. schöner, wie in Alassio, Richardi hat heute schon fest gebadet u. Sand gespielt, das Wetter ist sehr warm. Im übrigen wissen die Leute hier alle, was sie verlangen müssen, es ist natürlich Hochsaison. Vor unserem Zimmer ist eine Terrasse, die sehr schön ist. Jetzt habe ich Dir aber alles sehr, sehr ausführlich geschrieben. In der Stadt laufen sie hier alle im Strand- oder Badeanzug herum. Da könnte sich Papas Mutter wieder entsetzen.
Teile mir bitte bald mit, wie es Fritz geht u. welche Nachricht er gebracht hat. Laß es Dir nur recht gut gehen und überanstrenge Dich jetzt nicht mit Deiner Arbeit. Für heute lebe recht wohl, ich küsse Dich innig und bleibe immer und stets
Deine treue Dich heißliebende Elisabeth.
Vergiß bitte nicht an Nijinskys Frau zu schreiben.

12.08.38

(P: Riccione), Freitag (Karte): KAH in München (W: 8)

Mein lieber Karl!
Bis jetzt habe ich noch keine Nachricht von Dir. Hoffentlich kommt morgen eine, sonst werde ich unruhig. Es wird doch alles in Ordnung sein daheim? Ich kann Dir eigentlich nichts neues schreiben. Wir sind fast d. ganzen Tag am Wasser, wo es herrlich ist. Meine Telefonnummer: Riccione 271
Für heute lebe recht wohl und in großer Liebe bleibe ich Deine Elisabeth.

13.08.38

München, Montag (Brief) E.H. in Riccione

„Ich will Dir tausend innige Grüße senden!“ E.H. offensichtlich wieder krank.

13.08.38

(P: München, 14.08.1938), Samstag (Brief mit Umschlag) E.H. in Riccione (Hotel Vienna – Touring) München, den 13. August 1938

Mein liebes Weib,
ich will Dir tausend innige Grüße senden! Sei versichert dass ich stets Deiner gedenke. Eben erhielt ich Deine Karte. Kümmere bitte Dich nicht um mich. Werde mir gesund, erhalte Dich bitte für uns. Was macht mein lieber Bub!?
Es hat sich nichts neues ereignet. Keine Angst! Es kam keine Post – nichts! Meine Post an Fiorillo, Vigue, u.s.w. habe ich erledigt.
Stets werde ich immer Deiner mitfühlen! Lebe wohl! Mit tausend Küssen immer Dein Karl

14.08.38

München, Dienstag (Brief) E.H. in Riccione

„Wie geht es Dir!?“
Besuch bei [Max] See. Diskussion über ein Opernprojekt. KAH trägt sich mit den Gedanken an eine französische Operette.
„Mit meiner Arbeit geht es flott weiter. Hoffentlich werde ich in dieser Woche noch mit dem zweiten Satz fertig.“
„Heute ist Fritz weg. Wieder nach Junkersdorf“
Besuch bei Zahnarzt Kukowsky.

14.08.38

München, Sonntag (Brief): E.H. in Riccione München, den 14. August 1938

Mein liebes Weib!
Wie geht es Dir!? Hoffentlich bist Du gesund! Vielen Dank für Deine Karte. Bitte rege Dich nicht auf, es ist alles in Ordnung, alles ruhig, alles wie es sich gehört. Heute ist Fritz weg. Wieder nach Junkersdorf, er freut sich schon wieder wenn er nach München kommt.
Heute war ich bei See – er möchte mit mir eine Oper bearbeiten. Er sucht jetzt, wir gehen jetzt in das Theatermuseum und Staatsbibliothek und schnüffeln. Mir schwebt schon etwas vor = unbedingt eine französische Operette. Eine Alte.
Was heute los ist weiss ich noch nicht, Adolf will um 7 Uhr kommen. Mit meiner Arbeit geht es flott weiter. Hoffentlich werde ich in dieser Woche noch mit dem zweiten Satz fertig, hoffentlich. Nur habe ich so viel Kopfschmerzen – wie ist es eigentlich ohne Kopfschmerzen. Immer das grauenhafte wühlen [sic] im Kopf. Das schmerzt! Diese Tage hatte ich noch sehr stark Zahnschmerzen. Kukowsky ist auf Urlaub. Gestern ging es nicht mehr – da ging ich zu einem Dentisten in der Hedwigstrasse, der machte mir den Zahn auf (er machte ein Loch in die Plombe) und es war alles vorüber. Nun warte ich auf meinen Kukowsky der kommt mitte der kommenden Woche.
Nun mein liebes liebes Elisabethchen, bleibe mir gesund, 1.) werde gesund 2.) werde dick!!! 3.) ruhe bitte 4.) rege Dich nicht auf 5.) habe mich immer lieb, dann werde ich Dein treuer und Dich ewig liebender Krl.

14.08.1938

Riccione, Sonntag (Brief): KAH in München d. 14. 8. 38

Mein liebster Karl!
Heute Sonntag habe ich Deine beiden Briefe erhalten, ich war schon ganz ungeduldig, weil ich so lange nichts von Dir hörte.
Natürlich war ich so gut wie Du, mehr als überrascht über Hermanns Karte. Ich verstehe nicht ganz, was er eigentlich will. Es sieht sehr nett aus, doch wie Du weißt ist er mit Vorsicht zu behandeln. Auf jeden Fall mußt Du ihm bald einen Brief schreiben. Ich würde ihm schreiben, äußerst höflich und einschmeichelnd natürlich, daß Du nach seinem Benehmen in London den Eindruck gewonnen hast, daß er nichts mehr von Dir wissen will, und daß Du Dich da natürlich nicht aufdrängen wolltest, daß Du aber immer große Verehrung u. Liebe für ihn empfinden wirst. Das ist ja auch schließlich wahr. Auch solltest Du ihm noch schreiben, daß seine Beschuldigung Dir sehr weh getan habe, da Du doch immer ihn verteidigt hättest. So in diesem Stil, mußt Du ihm unbedingt schreiben. Glaube mir das. Ich glaube, er hängt doch noch an Dir, sonst hätte er nicht diese Karte geschickt. Ich behalte vorerst dieselbe hier.
Ich bin froh, daß Straub nicht kommt. Da kommst Du dann auch mit Deiner Arbeit ganz anders vorwärts. Ich bin so froh, daß Du zufrieden damit bist, da wird Deine Stimmung dann auch etwas gehobener sein.
Ich habe noch immer keine 2 Zimmer, wenn ich bis morgen keine habe suche ich mir etwas anderes, da kann ich dann ruhig gehen, denn ich habe doch 2 Zimmer bestellt und sie haben meine Bedingungen nicht erfüllt. Ich glaube da kann das Hotel gar nichts machen. Schreibe bitte jetzt die nächsten Tage postlagernd, denn wenn ich gehen sollte, so mag ich natürlich dann hier nicht mehr nach Post fragen. Auf jeden Fall bleibe ich nicht länger als 2 Wochen hier, weil es viel zu teuer ist. Morgen, Montag entscheidet es sich, ob ich bis dahin bleibe oder nicht. Ich gebe Dir dann gleich Bescheid. Sonst ist es hier sehr schön, das Wetter warm aber nicht zu heiß. Leider kann ich nun ein paar Tage nicht baden, das tut mir schon sehr leid. Alassio war aber doch noch schöner. Richardi gefällt es natürlich riesig gut, sein Appetit allerdings läßt noch immer zu wünschen übrig.
Nun, mein einzig geliebter Karl, lebe recht wohl, glaube mir, meine Gedanken begleiten Dich immer mit großer, großer Liebe Deine treue Elisabeth.

15.08.38

(P: Riccione, 16.08.1938), Montag (Karte) KAH in München (W: 8)

Igea e Praga, Riccione d. 15. 8. 38.
Mein lieber Karl!
Besten Dank für Deinen lb. Brief. Wie geht es wohl? Ich bin immer etwas unruhig. In dem Hotel bin ich jetzt zufrieden. Auch kostet es nur 39 L in dem anderen 55 L u. dann war es gar nichts besonderes. Nijinsky schreibt man mit j in der Mitte nicht mit y, wie Du mir im letzten Brief geschrieben hast. Sonst gibt es nichts zu erzählen, nach Florenz fahre ich erst nächste Woche. Nur noch 2 Wochen, dann sehen wir wieder. Wenn nur alles ruhig verläuft.
Tausend innige liebe Küsse von Deiner Elisabeth.

16.08.38

Riccione, Dienstag (Brief) KAH in München

Riccione, den 16. 8. 1938
Mein inniggeliebter Karl!
Vielen herzlichen Dank für Deine lb. Briefe. Ich freue mich so sehr, daß es mit Deiner Arbeit vorwärts geht, da bist Du wenigstens in dieser Beziehung ruhig und zufrieden. Mein lieber Karl, um mich brauchst Du keine Angst zu haben, für mich gibt es nur einen Mann, und das bist und bleibst Du allein. Wenn Du in allem so sicher sein könntest, so dürftest Du froh sein. Du mußt immer wissen, ohne Liebe nehme ich keinen Mann, und diese kann ich nie mehr für einen anderen Mann aufbringen als für Dich. Gerade aus diesem Grund bin ich aber auch so anspruchsvoll an Dich, weil ich von Dir mehr erwarte als von jedem anderen Menschen. Du bist mein Ideal und das mußt Du mir in jeder Weise vertreten. Das ist vielleicht auch der Grund, warum Du mich oft so verschroben hälst [sic] und warum ich bei Dir so überempfindlich bin.
Hier ist keine Spur von kalt und regnerisch, im Gegenteil sehr warm. Das Wasser ist herrlich, ich bade jetzt wieder feste. Auch Richardi geht viel und gern ins Wasser. Heute Nachmittag waren wir drei in Ravenna, mit dem Autobus. Diesmal war die Reihe an mir, enttäuscht zu sein. Es hat zwar schöne Bauten und Kirchen, aber als Stadtbild ist es gar nicht besonders. Das stellte ich mir viel schöner vor. Außerdem war es dort fürchterlich heiß. Ich gehe immer früh, 9 – ½10 h ins Bett und stehe so 7 – ½ 8 h auf. Bis jetzt habe ich noch kein Schlafmittel gebraucht, doch fürchte ich, daß es nicht mehr lange ohne das geht. Auf jeden Fall möchte ich aber ausgeruht und mit frischen Kräften zu Dir kommen.
Noch etwas muß ich Dir erzählen. Eine Italienerin, die mit mir in England im Institut war, ist auch hier im Hotel. Das war ein nettes Zusammentreffen. Sie bleibt noch 5 Tage. Meine Telefonnummer ist jetzt: Riccione, 330. Wie steht sonst alles? An Sepp schreibe ich heute auch noch. Sage Mama nicht genau, wie viel Briefe ich Dir schreibe, sonst jammert sie über das Geld.
Nun mein lieber, lieber Karl lebe recht wohl immer bleibe ich nur für Dich allein Deine treue Elisabeth.
Das mit den Stoffen stimmt schon.

16.08.1938

(P: München), Dienstag (Karte) E.H. in Riccione Datum: den 16. 8. 38

Liebe Elisabeth!
Heute sende ich Dir wieder herzliche Grüße. Hoffentlich bist Du sehr ruhig. Rege Dich bitte über nichts auf. Ruhen! Liegen!
Bei mir gibt es nichts neues, meine Arbeit geht sehr gut weiter. Nebenbei: Redlich lässt sich nicht mehr sehen! Ich richte meine Pakete her für Dr. Aber, London. Ich sende mein Streichquartett und das Trompetenconcertino hin. Dann werde ich an Ansermet und Scherchen schreiben. Heute schrieb mir Dein Vater: Grüße! Ich habe ihm gleich einen Brief geschrieben. Heute abend gehe ich zur Mama und unterhalten uns. Sonst gibt es nichts neues. Bitte erhole Dich gut. Grüsse Bubi und Fräulein Resi sehr herzlichst. Bei uns ist es auch wieder schön.
Nun lebe wohl, bleibe und werde gesund, alles Liebe Dein getreuer Karl
Deine Mama braucht noch Spitzen und Du sollst noch welche haben wo sind biite die-se Spitzen.

August 1938

undatiert, August 1938, München, Donnerstag (Brief): E.H. in Riccione

Liebe Elisabeth
Gestern, Mittwoch − war ich abends in Salome. Adolf war dabei − er kaufte 2 Plätze für 22 M − 3. Reihe − War eine anständige Aufführung. Ich habe gestern für 10. − Briefmarken gekauft. Heute morgen habe ich ein Päckchen an Euch geschickt. Hoffentlich kommt es bald an. Ich habe alle Süssigkeiten hineingetan. Freut es Euch? Esst nur auswärts − oder kauft Essen − und esst im Zimmer. Morgen − am Freitag mittag − gehe ich zur Königinstr. zum Essen. Es ist alles beim Alten. Was macht die Liebeslust? Geht was? Ich bin nicht unzufrieden. Und Du?
Meine zwei Lieben! Hoffentlich gefällt es Euch! Lebt wohl ich bin immer Euer treuer Karl.
Der Keller wird diese Woche fertig. Herr Ganselmeier schickte mir in meinen Briefkasten den kleinen Zettel − ein Arschloch.
Adieu!
Richardi was macht das Essen. Ich bin immer Dein Kl.

18.08.38

(P: München), Donnerstag (Karte) E.H. in Riccione

München, den 18. August 38.
Liebe Elisabeth!
Vielen Dank für Deinen Brief. Ich freue mich immer von Dir Post zu bekommen. Ich gehe heute mit Deiner Mama in „Friedenstag“, Deine Mama hat I. Rang Loge 4, Rückplatz 6, und ich habe Galerie-Stehplatz. Ich habe mir ein Textbuch gekauft, ein sehr gutes Buch. Leider wenig aggressiv, aber sehr gekonnt. Ich werde morgen mit meinem „Allegro molto“=Satz fertig, dann beginne ich gleich das Lied. Nur meine verfluchten Kopfschmerzen. Sonst gibt es nichts neues. Sei nur ruhig, sogar sehr ruhig, und werde froh.
Ich grüsse Dich, unsern Bub und Fräulein Resi, stets bleibe ich Dein treuer Karl

19.08.38

München, Freitag (Brief) E.H. in Riccione

„Ich will Dir nun ein bißchen erzählen, was ich in den letzten Tagen getrieben habe.“
Am Mittwoch und Donnerstag gearbeitet. Mit Adolf und Fritz beisammen.
Straub kommt nicht nach München.
Sepp (=Richard Hartmann) und Gottlieb Klemm haben dieselbe Adresse.

18.08.1938

Riccione, Donnerstag (Brief): KAH in München

Riccione, den 18. 8. 38.

Mein lieber, lieber Karl!
Besten Dank für Deine lb. Briefe, die zwar immer sehr kurz sind. Du hast doch nichts postlagernd geschickt?! Als erstes möchte ich Dir sagen. Gehe doch endlich einmal zum Arzt wegen Deiner Kopfschmerzen und wegen dem Magen. Du darfst das nicht so lange hinziehen. Und dann mache Dir abends immer kalte Umschläge auf die Stirne, das tut doch auch gut. Wenn ich nur bei Dir wäre, ich würde Dich schon pflegen. Es ist ja nicht mehr lange, daß wir uns wiedersehen. Glaube mir, ich habe sehr, sehr Sehnsucht nach Dir.
Mama schrieb gestern, und da sagte sie ich solle froh sein, daß ich schon weg sei, ob sie noch fortkämen wüßte sie nicht. Was soll das heißen? Bitte teile mir mit, was los ist, ich bin so unruhig. Aber die Wahrheit bitte. Soll ich kommen?
Hier geht alles seinen alten Gang. Baden, am Strand liegen, das ist unsere Hauptbeschäftigung. Ich habe ein Freilichtkino entdeckt, da bin ich gestern hineingegangen. Es war aber nichts besonderes. Es ist fein, daß Du die Devisen für die Schweiz schon bekommen hast. Fährst Du nicht gleich hin? Oder erst im Oktober? Hast Du Ansermet geschrieben? Der Brief an Frau Nijinsky ist richtig, nur hast Du etwas wenig betont, daß ich das Buch auch seinetwegen übersetzen möchte. Nun wir werden ja sehen. Bis jetzt bin ich noch ohne Schlafmittel!!
Mein lieber, lieber Karl ich umarme Dich und bleibe mit heißen Küssen immer Deine treue Dir allein gehörende Elisabeth.

19.08.38

(P: München, 20.08.1938; Riccione, 22.08.1938), Freitag (Brief): E.H. in Riccione

Mein teures Lieb!
Ich will Dir nun ein bisschen erzählen, was ich in den letzten Tagen getrieben habe.
Am Mittwoch habe ich den ganzen Tag gearbeitet, abends um 7 Uhr ging ich mit Adolf in den grossen Wirt, um ½ 9 Uhr war ich bei Deiner Mama und blieb dort bis 12 Uhr. Wir hörten Radio. Gestern, also Donnerstag arbeitete ich ebenfalls bis ¾ 7 Uhr, ging dann auf eine ½ Stunde in den grossen Wirt, dann zu Deiner Mama (bis ¾ 9 Uhr) dann holte ich Fritz von der Bahn ab. Er wusste auch nicht viel neues, so ziemlich das gleiche. Und heute Freitag wollte ich zum Zahnarzt gehen, war aber (bis Montag) nicht da. So muss ich warten!
Ich bitte Dich erhole Dich gut, ruhe Dich aus, und bleibe ruhig! Ich will Dir noch etwas erfreuliches mitteilen: Straub kommt nicht nach München! Da bin ich schon sehr froh! Meine Arbeit kommt immer gut weiter, es geht jetzt sehr schnell.
Meine liebe Elisabeth, bitte bleibe mir gesund, sei versichert dass ich stets Dein treuer und aufrichtiger Karl bleibe. Tausend Küsse Dir und unserm Bub!
Mein Lieb! Wenn Du an Sepp schreibst, so schreibe an Gottlieb Klemm! Beide wohnen jetzt zusammen. Besuche wenn es geht in Florenz die Oper!
Mein liebes Weib!
Eben kam Dein lieber Brief an. Tausend Dank. Lasse bitte Dir nichts gefallen! Wenn zwei Zimmer ausgemacht sind, dann verlange sie unbedingt! Dränge unbedingt darauf dass Du zwei Zimmer bekommst. Aber rege Dich bitte nicht auf! Immer alles mit Ruhe!
Glaube ich freue mich auch auf ein gesundes Wiedersehn! Aber freue Dich über die Natur!
Stets mit Küssen Dein treuer Karl

20.08.38

Riccione, Samstag (Brief) KAH in München

Riccione, d. 20. 8. 38

Mein lieber, lieber Karl!
Besten Dank für Deine lb. Briefe.
Wie geht es Dir jetzt? Warst Du schon beim Artzt [sic]? Bitte tue das, wenigstens mir zuliebe. Der kann Dir sicher helfen.
Auch solltest Du nicht so lange warten, an [Hermann] Scherchen zu schreiben. An Dr. Aber würde ich schon mehr schicken, als diese zwei Werke. Warte doch noch das von Amerika ab, und eventuell den „Simpl“. Ich finde diese 2 Werke einfach zu wenig.
Mache Dir nichts daraus, wenn Mama solches Zeug daherredet, sie kann ja nichts dafür, daß sie so denkt. Lasse sie nur ruhig reden, Du kannst ja trotzdem tun, was Du willst. Lasse meine Briefe bitte nicht herumliegen, daß sie niemand durch Zufall erwischt.
Von hier gibt es nicht viel neues zu erzählen. Die Zimmer sowie das Essen sind gut. Richardi amüsiert sich am Strand köstlich. Das Wetter ist immer gleich schön. Am Montag, Dienstag möchte ich nach Florenz. Wenn es irgendwie möglich ist, gehe ich in die Oper. Das Leben ist hier viel teurer, als in Alassio. Auch hat es mir dort besser gefallen. Erholen kann man sich hier allerdings ebenso gut. Hoffentlich ist es in Florenz nicht gar so heiß.
Mein lieber, lieber, lieber Karl, hoffentlich sehen wir uns bald in Frieden wieder. Sei versichert, daß ich Dich ebenso heiß liebe wie früher und noch keinen anderen Mann hier angesehen habe. Solltest Du an mir zweifeln so wäre es sehr, sehr unschön u. ungerecht von Dir. Wie steht es überhaupt mit Deiner Treue? Tausend liebe Küsse immer Deine Frau, Elisabeth

21.08.38

(P: Riccione, 22.08.1938), Sonntag (Karte) KAH in München (W: 8) 21. 8. 38

Mein lieber Karl!
Heute möchte ich dir nur liebe Grüße senden. Wir sind alle wohlauf. Heute war ein starkes Gewitter, was auch nötig war. Morgen 855 früh fahre ich nach Florenz u. komme Dienstag 1020 abends wieder zurück. Hole Papa von der Bahn ab. Alles Liebe immer Deine Elisabeth.
Adolf soll Frau Netzer doch das Bild geben.

22.08.38

(P: Firenze), Montag (Karte): KAH in München (W: 8)

d. 22. 8. 38.
Mein lieber Karl!
Bin heute gut in Florenz gelandet. Kennst Du Florenz. Ich finde es einfach herrlich. Ich bin schon fest herumgestiefelt, das Stadtbild ist mir immer das wichtigste. Leider ist die Oper geschlossen, sonst wäre ich bestimmt hineingegangen. Auch die Fahrt durch d. Appeninnen war herrlich. Glücklicherweise ist es heute nicht heiß. Eben sitze ich am Piazza Vittorio Emanuele und trinke Tee und wünschte, daß mein Karl da wäre.
Tausend innige Küsse in steter Liebe Deine Elisabeth.

23.08.38

Riccione, Dienstag (Brief): KAH in München

Riccione, den 23. 8. 38.

Mein einziger Karl!
Eben komme ich von Florenz zurück und finde Deine 4 lieben Briefe vor. Heißen Dank dafür. Bitte tue mir den Gefallen und rege Dich nicht auf, was Mama auch daherredet. Sie ist doch nicht ernst zu nehmen. Das mußt Du nun endlich auch wissen. Ich weiß es ist schwer, da immer zuhören zu müssen, mir geht es ja auch so, aber so oft brauchst Du ja auch nicht hinzugehen. Zeige auf jeden Fall die Schweizer Kritik beiden Eltern her. Die ist ja fabelhaft, aber für mich selbstverständlich. Etwas anderes können die ja über Dich gar nicht schreiben, wenn sie ehrlich sind. Ich bin so froh, daß Du mit Deiner Arbeit so gut vorwärts kommst, ich weiß, weder ich, noch irgend etwas anderes kann Dich befriedigen als Deine Kunst. Und so soll es ja auch sein. Ich will ihr von nun an auch jedes Opfer bringen, wenn ich kann. Was macht Dein Kopfweh? Gehe doch zum Arzt.
Die Männer in Florenz sind unausstehlich. Keine Minute kann man auf der Straße gehen, ohne belästigt zu werden. Die tun ja, als ob sie in ihrem ganzen Leben noch nie eine Frau gesehen haben. Ich war so wütend heute. Wenn die Männer wüßten wie blöd u. dumm das ist, jedes Mal eine Bemerkung zu machen, wenn man vorbeigeht oder an dem A… zu langen, dann ließen sie es bestimmt bleiben. Einmal wäre ich beinahe zu einem Schutzmann gegangen. Aus diesem Grund bin ich mit einem Zug früher weggefahren, so habe ich mich geärgert. Ich bin noch immer zornig. Hier ist das gar nicht so schlimm. Was die sich überhaupt einbilden. Da sieht man d. Nichtachtung einer Frau gegenüber, die sie in Italien noch viel stärker haben. Brauchst natürlich keine Angst zu haben, ich hätte jedem eine Ohrfeige gegeben, der mir zu nahe gekommen wäre. Aber so etwas habe ich noch nie erlebt!
Ich fahre voraussichtlich 31. 8. abends hier ab u. direkt nach München durch. Das brauchst Du aber noch nicht daheim zu erzählen. Versuche eine Opernkarte für den 2. 9. zu bekommen für Papa, wenn etwas einigermaßen passendes gegeben wird für ihn.
Lieber Karl ich befolge Deinen Rat sehr, nämlich die 4 Punkte, aber dicker werden geht bei mir eben nicht so einfach. Ich verspreche Dir auf jeden Fall, dieses Arsen-Feratin [?] zu nehmen, wenn ich zurückkomme. Auch wi… ich jetzt so 3 – 4 mal am Tag. Bist Du zufrieden? Oder zuviel?! Alles Liebe immer Deine Elisabeth.
Gute Nacht! Es ist 12 h. Welche Wonne nun bald wieder an Deinen Körper geschmiegt zu liegen. Sperre meine Briefe sofort ein!! Zeige die Photos nicht meinen Eltern.

26.08.38

München, Freitag (Briefkarte): E.H. in Riccione

Mein Lieb,
Jetzt ist es morgens (Freitag) – das Wetter sagt gar nichts = kann schön werden = kann schlecht werden! Doch Deine Mutter fährt auf alle Fälle! Ich grüße Dich mein treues teures Lieb – lebe wohl! Ich bleibe Dein Kl.

26.08.1938

Riccione, Freitag (Brief): KAH in München

Riccione, den 26. 8. 38.

Mein über alles geliebter Karl!
Wie geht es Dir und Deinem Kopf? Hoffentlich besser! Ich denke so viel an Dich und Deinen Rat zu liegen und zu träumen befolge ich sehr fleißig. Viele, viele Vorstellungen gehen durch mein Hirn und manchmal überwältigen mich die Gefühle jetzt schon sehr stark. Doch bald, bald bin ich wieder bei Dir und dann… Heute war ich mit Richard am Strand und da ging ein kleines Mädchen in seinem Alter vorbei. Da sagte er plötzlich. U, was die für einen dicken Popo hat! Was sagst Du dazu? Erblich belastet!! Ich habe mich halb tot gelacht darüber. Es hat übrigens gestimmt. Etwas sehr früh hat er ja schon ein gutes Auge dafür.
Nun etwas anderes: Warum hast Du meinen Rat nicht befolgt und Scherchen geschrieben wie ich sagte? Übrigens ersehe ich aus der Zeitschrift, daß das Fest in Braunau nicht sehr großartig war. Es steht nichts von einem Modernen darin und dann heißt es doch auch, daß die Zuhörerschaft sehr klein war. Deine Kritik ist fabelhaft. Ich glaube, Burkhardt ist nur unter diesen Fünfen, weil er Schweizer ist.
Mein lieber Karl, ob Du das Gedicht vertonen sollst, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aus den praktischen Gründen, die Du genannt hast, würde ich nein sagen, aber musikalisch verstehe ich nichts davon. Das kannst auch nur Du allein feststellen und denke nur in Ruhe darüber nach, so findest Du bestimmt das richtige, du hast es noch jedesmal gefunden. Du bist ja so schnell bis jetzt mit diesem Werk vorwärts gekommen. Noch einmal sage ich Dir, rege Dich über nichts auf, was meine Leute auch sagen. Zu Papa brauchst Du nicht mehr gehen, wenn Mama fort ist. Besorge für ihn höchstens einmal eine Opernkarte oder einen guten Volkstheaterplatz. Für den 2. 9. brauchst Du keine Karte zu besorgen.
Ich komme voraussichtlich am 1. 9. früh zurück, allerspätestens am 2. früh. Ich fahre wieder die Nacht durch, weil es mit Richard eine so große Plage ist, den ganzen Tag durchzufahren. Meine Beschäftigung hier ist: Früh 8 – ½ h am Strand liegen, baden und Sand spielen. Dann Essen. Dann ruhen, Kaffee trinken. Dann geht Richard immer zum Spielplatz, der hier sehr schön ist und dann zu den Fischerbooten, da könnte er stundenlang zuschauen, wie die Segel aufgezogen werden u.s.w. ½ 8 h Abendessen und dann gehe ich meistens noch bis ½ 10 h in die Stadt, Läden anschauen. Altstadt gibt es hier leider keine. Sage noch nicht, wann ich komme.
Nun mein Alles, für heute lebe wohl, in 6 Tagen liege ich in Deinen Armen. Bis dahin bleibe ich in treuer Liebe Deine Elisabeth.
Hast Du schon eine dicke Frau gefunden zum…

27.08.38

Riccione, Samstag (Brief): KAH in München

d. 27. 8. 38.

Mein lieber, lieber Karl
Deinen Brief habe ich soeben erhalten. So habe doch Geduld mit Deiner Arbeit. Du hast doch bei jedem Werk so eine vorübergehende Krise und erreichst jedesmal was du willst. Was Dir heute nicht einfällt, fällt Dir morgen ein. Also Ruhe und Geduld! Du machst nur Deine Nerven kaputt und diese Angst, daß Du nicht mehr komponieren kannst, kenne ich schon. Alles Nerven. Ich kann Dir nur sagen. Noch jedesmal hast Du erreicht was Du wolltest und manchmal hat es doch schon eine Woche und länger gedauert. Bitte bleibe ruhig. Geduld!
Uns geht es gut. Richardi ißt zwar immer noch nicht besser, ich glaube das behält er bei. Wegen Florenz lege ich mir gar keine Lüge zurecht. Ich sage, daß ich es bedauern würde, wenn ich nicht dort gewesen wäre. Wenn eben Papa für nichts Interesse hat und das nicht verstehen kann, dann ist ihm auch nicht zu helfen. Übrigens habe ich es Mama 2 – 3 mal gesagt, daß ich dorthin fahren werde.
Lieber Karl, Mama fragte mich in ihrem Brief, wo die Spitzen seien und da habe ich ihr eben geantwortet. Ich habe ihr das geschrieben, ehe ich Deinen Brief erhalten hatte, wo Du mich nach den Spitzen gefragt hast. Da konnte ich doch nicht wissen, daß Dir das nicht recht ist.
Morgen Sonntag, nachdem ich die Wochenrechnung erhalten habe, teile ich Dir mit ob ich Mittwoch oder Donnerstag früh in München ankomme. Später keinesfalls. Zu Papa brauchst Du bestimmt nie gehen.
Lieber, lieber Karl mit den besten Wünschen für Deine Arbeit und großer Freude auf ein glückliches, baldiges Wiedersehen bleibe ich bis dahin Deine Elisabeth.

undatiert 1938

München, Samstag (Brief): E.H. in Riccione

Samstag
Mein Liebes!
Bitte schreibe nicht mehr! Heute Deine 2 Karten erhalten! Schreibe nicht mehr – schone Dich! Bleibe solange es nur geht, vor Donnerstag erwarte ich Dich nicht!!! Ich erwarte nur eine kurze Ankunftskarte! Denke an nichts. Ich schreibe auch nichts! Nur Ruhe. Alles beim Alten! Das ist das Wichtigste. Das Hotel ist scheinbar sehr schön. Am Montag hole ich Kaffee! Am Schreibtisch steht ein Zettel auf dem steht Kaffee!! Also nichts mehr schreiben – keine Karte – nichts. Nichts denken. Immer denken: Alles beim Alten! vor Donnerstag kommst Du nichts [sic].
Grüße bitte mir Deine Lieben herzlichst. auch Resi. Euch beiden wünsche ich alles erdenklich Gute
ich küsse Euch immer Euer Krl.

August 1938

undatiert, August 1938 München (Briefkarte): E.H. in Riccione

ici Paris – Hallo – Hallo! der Vigué ist in Paris. Er ist zu hause!
Der Kaffee ist erledigt. Frau Hecht erwartet Dich erst am Donnerstag. Wegen Putz.
Mein liebes Lieb, ich wünsche Euch vergnügte Tage! Grüße bitte alle Deine Lieben herzlichst. Und Ihr Zwei seid tausendmal gegrüßt und geküsst in brünstiger Liebe Euer Karl.
Alles beim Alten! Am Mittwoch 3 h beim Robert
Den Kaffee habe ich geholt. Ich war eben bei Berg. Die Unterstützung geht so weiter. Das ist ja auch sicherlich Deine Meinung. Das ist für uns beide ja klar.
Verbringe schöne Tage! Lebe wohl. Immer und ewig mit den süssesten Küssen bin ich Dein Krl.
Wie geht es der Muschi? Grüße unseren Richerl.

29.08.38

München, Montag (Karte) E.H. in Riccione: privat

„Ich schreibe heute zum letzten Male.“ Freut sich auf das Wiedersehen.

29.08.38

(P: München), Montag (Karte) E.H. in Riccione

München, den 29. August 1938. Montag
Liebe Elisabeth,
Ich schreibe heute zum letzten Male. Ich freue sehr mich auf Euer Kommen. Hoffentlich kommt Ihr alle gesund und froh in München an. Deine Mama ist gestern Sonntag um 10 Uhr weg. Wann sie zu Dir bzw. Euch kommt weiß ich allerdings nicht. Nun ja, das wirst Du dann sehen. Auf alle Fälle, wünsche ich Euch allen einen herzlichen Willkomm in München.
Herzliche Grüsse Dein und Euer Krl.

31.08.38

München, Mittwoch (Telegramm) E.H. in Riccione: privat

„Warum ohne Nachricht = Karl“

31.08.38

(Vermerk München), Mittwoch (Telegramm): E.H. in Riccione

Warum ohne Nachricht = Karl

22.10.38

(P: Berchtesgaden, 23.10.1938), Samstag (Karte): KAH in Winterthur (Klemm)

d. 22. 10. 38.
Mein lieber Karl!
Wir sind Freitag hierher gefahren u. hatten bisher herrliches Wetter. Am Montag geht es wieder nach hause. Hoffentlich bist Du gut angekommen. Grüße bitte die liebe Familie Klemm herzlichst u. sei Du ganz besonders gegrüßt von Deiner Elisabeth.
Herzl. Gruß Papa [Hs. Alfred Reußmann]

25.10.38

Winterthur, Dienstag (Karte)

„Gestern war ich in der Probe.“
Besuch einer [Hermann-]Scherchen-Probe am Montag mit Max Regers „Sinfonietta“. Später versöhnliches Gespräch.Scherchen Hermann,

25.10.38

(P: Winterthur), Dienstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Winterthur, den 25. X. 1938.
Liebe Elisabeth!
Gestern war ich in der Probe. Er dirigierte. Ich hörte zu. Plötzlich drehte er sich unterm dirigieren um und sah mich schon. Er arbeitete weiter. Am Schluss drehte er sich nochmals um. Dann blieb er noch eine Zeitlang oben, ich ging langsam vor. Wie so ziemlich alles fort war, begrüsste er mich, frug ob das Stück im Saal klingen würde (Reger „Sinfoniet[t]a“) unterhielten uns nur über Reger, begleitete ihn zum Hotel. Er kam dann, er lud mich ein zum Bier und Wein. Sprachen über die letzten Tage. Dann gingen wir bis 2 Uhr nachts spazieren – genau so wie früher. Genau so – so – ich kam mir vor als Liebespaar, das im Zwist lag und nun wieder sich liebte –
Dein treuer und aufrichtiger Karl.
Von bzw. für Adolf liegt schon ein Brief von der Bank da, das Geld ist schon überwiesen. Was machen meine Drucke. Was macht „Nijinsky“.

25.10.38

München, Dienstag (Brief): KAH in der Schweiz

25. 10. 38

Mein innig geliebter Karl!
Ich danke Dir für Deine Karte. Schreibe aber bitte sonst alles in die Wilhelmstr. Auch ich bin sehr, sehr neugierig auf den großen Empfang. Bitte rege Dich nie, nie auf und laß Dich auch nie hinreißen. Sage aber trotzdem Deine Meinung. Laße Dir nichts mehr gefallen, sonst machen die Leute mit einem was sie wollen. Bitte schreibe mir alles genau. Von Fritz Straub kam heute eine Karte, der Dir mitteilt, daß am 27. Okt. Pro Arte spielt. Wo, das schrieb er nicht.
Ich war bis Montag Abend mit Papa und Richardi in Berchtesgaden. Wir hatten herrliches Wetter doch auch kalt und es war auch sonst recht nett. Heute brachte mir Adolf die Kritikenauszüge zur Durchsicht, sie sehen sehr gut aus. Sobald sie fertig sind schicke ich sie Dir zu. Schmidt-Garré hat geschrieben aus Düsseldorf, er möchte den Monat November bei Adolf wohnen, was Adolf auch tun will. Immerhin eine kleine Verdiensteinnahme. Er hat wieder eine Kiste Schallplatten aus Amerika bekommen „und rückt nun seinem Ziel näher“, wie er schreibt. Morgen hat Papa Geburtstag, am 26.
Bei See war ich heute auch schon. Er will die Übersetzung nun durcharbeiten. Ich kann das Textbuch von „Simpl“ nicht finden. Bitte erkläre es genauer. Sonst gibt es hier nichts neues, nur daß ich mich schon wieder auf Dein Kommen freue. Nun genieße die Wochen noch recht, recht und ich freue mich mit Dir, wenn Du es schön hast. Ich habe z. Z. so Bauchweh, sonst geht es mir aber gut. Werde mir nur nicht zu oft untreu!! Laß Deine Anzüge richten. Ziehe Dich immer ordentlich an.
Für heute umarme ich Dich innig und küsse Dich heiß, grüße auch Familie Klemm mit Sepp und stets bleibe ich Deine Dich heißliebende Elisabeth.

26.10.38

Zürich, Mittwoch (Karte)

„Endlich – jetzt kam ich in Zürich an – !!“
[Hermann] Scherchen lehnte es ab, KAH zu „empfangen“.

26.10.38

Winterthur, Mittwoch (Karte)

„Traurig – traurig – traurig“
[Hermann] „Scherchen ist zu brutal und gemein.“ H. besuchte dennoch das Konzert. „Heute abend dirigierte er den Reger wunderbar.“

26.10.38

(P: Zürich), Mittwoch (Karte): E.H. in München (W: 8)

mein Lieb
Endlich – jetzt kam ich in Zürich an – !!“
Mit [Hermann] Scherchen ging leider die Sache schneller aus. Er bestellte [mich] heute 8 h morgens – dann ließ er um 8 h in der Krone sagen mir sagen ich soll um 9 h kommen, ich kam um 9 h – er kann mich jetzt nicht empfangen, er sei „krank“. Nun ist es aus.
Mein Lieb immer Dein Krl.

26.10.38

(P: Winterthur), Mittwoch (Karte): E.H. in München (W: 8)

Traurig – traurig – traurig
Es ist aber nichts zu machen. [Hermann] Scherchen ist zu brutal und gemein. Ich habe jeden Konflikt gemieden, ging aber nicht mehr hin. Heute abend dirigierte er Reger wunderbar. Aber – es geht nicht. Leider –
immer Dein Kl.

27.10.38

Zürich, Donnerstag (Karte)

„Nun bin ich in Zürich.“
Fragt nach Kritiken, die er nach der Reise nicht mehr so dringend benötigt.

27.10.38

München, Montag (Brief) KAH in der Schweiz

d. 27. 10. 38.

Mein lieber, lieber Karl!
Mit gleicher Post gehen die Kritikenauszüge ab. Gestern habe ich das „Simpl“ Textbuch eingeschrieben abgeschickt.
Mit Scherchen dachte ich mir gleich, daß es nicht lange anhalten wird. Deswegen darfst du aber nicht gleich sagen „nun ist es aus“. Nun folge einmal unbedingt meinem Rat. Nachdem man sich mit ihm nicht unterhalten kann, so schreibe ihm einmal einen Brief, sorge aber dafür, daß ihn sein sauberer Freund nicht abschnappen kann. Schreibe ihm sehr höflich, aber nicht überschwänglich, ob du ihm denn lästig bist, dann würdest Du ihn natürlich nie mehr belästigen. Nach seiner Handlungsweise Dir gegenüber müßtest Du das schließen. Wenn es so wäre, würde es Dir sehr leid und weh tun, denn Du wirst ihn immer verehren und ihm stets die Stange halten. Mache es mal so, das ist bestimmt der beste Weg. Auch erwähne noch, daß Du den Eindruck hast, daß Dich jemand gewaltsam von ihm zurück hält. Schicke den Brief eventuell nach Neuchâtel. Auf jeden Fall, laße nicht alles fallen und laß Dich in diesem Punkt von keinem anderen Menschen beeinflußen. Glaube mir doch.
Heute kam wieder eine Karte aus Berlin. Der Verlag will dringend Dein Streichquartett. Was soll ich antworten? Teile mir das bald mit.
Mit See fertige ich nun ein Kapitel „Die Pariser Saison“ her, das dann dem Verlag vorgelegt wird. Erst dann entscheidet sich alles weitere. Er hat erfahren, daß man meistens eine feste Summe für Übersetzungen bekommt. Über 600 Seiten gegen 1000 M. Es sind 670 Seiten. Es macht ihm jetzt scheinbar auch Spaß.
Sonst gibt es nichts neues. Richardi ist munter und wohlauf. Er sagt manchmal, er will zum Papa in die Schweiz fahren. Ich habe mich neulich sehr gefreut, nach dem ersten Schreiben, Deine Stimme zu hören.
Mein lieber, lieber Karl, laß es Dir gut gehen u. bleibe mir gesund. Ich brauche Dich ja so notwendig. Sei innigst geküßt von Deiner immer treuen Elisabeth.
Beantworte mir meine Fragen und mache es mit Hermann so, wie ich Dir riet. Gebe eventuell den Brief im Hotel selbst ab. Höflich schreiben aber bestimmt.

27.10.38

(P: Zürich), Donnerstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein teures Lieb!
Nun bin ich in Zürich. Ich will Dir nur Grüße senden. Sonst bin ich so allein. Ich habe für Dich ein schönes Buch von Deinem Freunde. Ich bringe es mit. Die Zeitschrift die kommt gib dieselbe Adolf.
Stets gedenke ich Deiner Lebe wohl vergiss mich nie stets Dein Kl.
Wann kommen die Kritiken? Nach der Reise benötige ich dieselben nicht mehr so notwendig – sage das Adolf.

28.10.38

München, Freitag (Brief): KAH in der Schweiz

d. 28. 10. 38.

Mein lieber Karl!
Endlich kam der langersehnte Brief von Ansermet. Er schreibt folgendes: „Lieber Herr Hartmann! Entschuldigen Sie. Ich wollte Ihnen schreiben, aber bin überbeschäftigt und verspätet. Ich bin leider in Reise (Budapest) zwischen 26. u. 2. Nov. Aber dann zurück und mit meinem neuen, sehr guten (!) Orchester, täglich beschäftigt. Kommen Sie! Mit besten Grüßen Ihr E. Ansermet.“
Sehr nett geschrieben. Also recht viel Glück. Ich würde am 3. Nov. hinfahren.
Mein lieber Karl, Du bist z. Z. etwas niedergedrückt. Immer Mut, glaube mir, ich werde immer und stets zu Dir halten u. Dich nie verlassen. Heute kam die Schokolade, Mama hat sich darüber sehr gefreut. Richardi hat schon die Hälfte davon gegessen. Mit Adolf sprach ich heute und habe ihm alles ausgerichtet. Am Montag beginnt die Stöberei!
Also mein Lieber, sei höflich und ruhig, glaube mir, Du bist nie allein, ich bin immer in Gedanken bei Dir und begleite Dich überall hin. Alles Liebe u. sei umarmt von Deiner Dich so sehr liebenden Elisabeth.
Hast Du die Kritiken erhalten? Bitte teile mir immer mit, wenn Du Post von mir bekommen hast. Verdirb es mit Ansermet nicht.

29.10.38

Winterthur, Samstag (Karte)

„Vielen Dank für Deine Post.“
Besuch bei [Walter] Frey, dem er am Montag einen Brief schicken möchte.
Konzert von [Fritz (?)] Straub in München „(da verdiene ich 100 M)“.

29.10.38

(P: Winterthur), Samstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein teures Lieb.
Vielen Dank für Deine Post. Man merkt wirklich mit wie viel Liebe des alles gemalt ist. Nimm meinen Dank. Heute war ich bei Frey. War sehr nett. Auf alle Fälle schreibe ich am Montag einen Brief. Nimm nochmals meinen Dank. Bleibe mir nur gesund.
Ich bleibe stets Dein aufrichtiger und treuer Krl
Straub gibt in München ein Konzert (da verdiene ich 100 M)
Schreibe immer an Klemm!!

30.10.38

(P: München), Sonntag (Karte): KAH in Winterthur (Klemm)

(P: München), Sonntag (Karte): KAH in Winterthur (Klemm)

d. 30. 10. 38.

Mein lieber Karl!
Heute möchte ich dir nur liebe Grüße senden und Dir sagen, daß es gar nichts neues gibt. Wann fährst Du nach Genf? Teile mir doch bitte mit, was ich nach Berlin dem Verlag antworten soll. Mit Adolf habe ich gestern gesprochen, die Kataloge sind noch nicht gekommen. Also, für heute, mein lieber Karl viele innige Grüße, grüße auch bitte Familie Klemm mit Sepp.
Immer bleibe ich Deine Elisabeth.
Nur Beauty ist krank.

01.11.38

Bern, Dienstag (Brief)

„Nun bin ich in Bern!“
KAH am Montag noch in Zürich.
→Am Mittwoch nach Genf, wo KAH bis Freitag bleiben will.
Am Freitag Konzert in Genf mit [Willy] Tautenhahn und dem Pro Arte-Quartett.
→Am Samstag früh nach Basel, am Abend nach Zürich. Besuch von [Paul] Hindemiths „Mathis der Maler“. (UA der Oper am 28. April 1938 Stadttheater Zürich)
Besuch einer Hindemith-Matinée (Opernhaus) am Sonntagmorgen.
Arbeit am „Simpl“ bis zum 18. November (Freitag).
Bericht aus einem Brief von [Jef] van Durme, daß „Miserae“ in Brüssel einen tiefen Eindruck hinterlassen habe.
[Franz] Beidler (RW-Enkel, 1901-1981; Sohn von Isolde von Bülow = Wagner und dem Schweizer Staatsbürger Franz Philipp Beidler) hatte Besuch eines Herrn aus Prag (Name ist KAH nicht mehr erinnerlich), der berichtete, daß die dortige Aufführung des „Miserae“ (UA 1935 in Prag, Ltg. H. Scherchen) immer noch nicht vergessen sei.
[Walter] Frey getroffen und neuerliches Gespräch für die kommende Woche in Aussicht gestellt.
Der Bruch mit Scherchen ist irreparabel. „Nun ist es und bleibt es: beendet!“
→Rückkehr nach München zwischen dem 20. und 25. November. „(Wenn es geht an einem Samstag)“

01.11.38

München, Montag (Brief): KAH in der Schweiz

d. 1. 11. 38.

Mein lieber Mann! Mein einziger Karl
Ich habe schon sehr lange nichts mehr gehört von Dir, hoffe aber daß du wohlauf bist.
Halte Dich nur gut und bleibe mir gesund.
Ich war in letzter Zeit sehr beschäftigt, am Montag habe ich das große Zimmer gestöbert. Ernst hat es geputzt und alle Türen ausgebessert. Heute am 1. war ich in der früh auf dem Grab Deiner Mutter. Es war recht schön hergerichtet. Ich habe zu den 3 Chrysanthemen in der Vase auch noch eine große dazugetan. Nachmittags waren wir in Freising. Morgen geht die Stöberei noch 3 Tage lang weiter. Da kannst Du Dich schon darauf gefaßt machen, daß Du die erste Zeit recht aufpassen mußt. Deine Schokolade habe ich erhalten, vielen Dank dafür, aber schicke jetzt nichts mehr, Du brauchst das Geld notwendiger. Auch kam das Buch für Adolf. Ich soll Dir von ihm sagen, daß er die beiden anderen Hefte mit Dank erhalten hat. Also im ganzen jetzt 3. das vierte kommt erst im November heraus, vielleicht kannst Du es mitbringen meint er. Gestern Abend ist Schmidt-Garée angekommen.
Seit Du fort bist war ich noch nicht einen Abend aus, aber ich habe mit meiner Übersetzung auch immer zu tun. An Post ist sonst nichts gekommen. Richardi ist wohlauf und sehr munter. Er erzählt jedermann, daß Du in der Schweiz bist. Nächste Woche fahren wir vielleicht noch einmal nach Salzburg. Hast Du übrigens noch Deinen Schirm und Handschuhe? Bei uns war es jetzt sehr kalt und unfreundlich.
Nun mein, lieber, lieber Karl, ich wüßte ja gerne, wo Du eben bist. Wann fährst Du nach Genf, Bern u. Basel? Für heute grüße ich Dich in heißer Liebe, ich bin immer bei Dir in Gedanken u. bleibe Deine Elisabeth.
Das ist das einzige Couvert, das ich aufgegabelt habe. Wie steht es mit Hermann? Daß Du dir doch nie angewöhnst, klar u. deutlich zu schreiben.

01.11.38

(P: Bern, 2.11.1938), Dienstag (Brief mit Umschlag) E.H. in München (W: 8)

Bern, den 1. Nov. 38.

Meine Liebe! Meine sehr sehr liebe Elisabeth!
Nun bin ich in Bern! Am Montag war ich noch in Zürich – fuhr heute morgen nach Bern. Fahre morgen früh 7 h nach Genf. Bleibe bis Freitag dort. Am Freitag spielt Tautenhahn mit „Pro Arte“ in Genf. Freitag – zum Samstag fahre ich nachts 115 nach Basel. Also – so bin ich Samstag morgen 6 h in Basel – bleibe bis abents [sic] und fahre 5 h nach Zürich. Abends gehe ich in „Mathis“-Oper. Am Sonntag Morgen ist im Opernhaus Zürich Hindemith-Mati[n]ée. Am Montag habe ich bis 18. Nov. zu tun, nur mit der Oper „Simpl“! Das ist meine Hauptaufgabe. van Durme schrieb, daß mein „Miserae“ einen sehr tiefen Eindruck in Brüssel hinterlies [sic]. Beidler hatte besuch aus Prag – der Herr, dessen Frau Du und ich nicht leiden können – ich habe den Namen vergessen. Der erzählte mir, daß mein „Miserae“ in Prag immer noch nicht vergessen ist. Im Gegenteil, er sagte mir daß das Werk das bedeuten[d]ste war, was Prag in den letzten Jahren gehört hat.
Auch Prof. Frey traf ich – er sagte mir, daß er nur schreibfaul war, warum er nicht schrieb. Ich treffe ihn ebenfalls nächste Woche. Ich habe noch viel Arbeit vor mir – mit Scherchen mache ich nichts mehr – keine Zeile! Nun ist es und bleibt es: beendet! Ich bin doch kein Narr! Wie geht es Dir – so oft denke ich an Dich. Was macht mein Bub. Ich werde zwischen 20 − 25. Nov. nach hause kommen. (Wenn es geht an einem Samstag).
Ich habe nur einen Wunsch, bleibe mir gesund und werde dick. Wegen Untreue meinerseits – da brauche ich nicht zu schreiben, daß es überflüssig ist und unmöglich ist.
Immer küsse ich Dich am ganzen Körper
stets bleibe ich Dein treuer ewig treuer Kl.

02.11.38

Winterthur, Mittwoch (Karte): privat

„Heute fuhr ich nach Winterthur und fand Deine liebe Post vor.“
Depressive Stimmung. „Wie sehne ich mich nach Frieden“

03.11.38

Genf, Donnerstag (Brief): privat

„Nun werden es schon wieder 8 Tage – und bald bin ich wieder zu hause.“
„Bitte schicke Deine Mutter zu Lebsche!!!“
„Leider reinigt [Gottlieb] Klemm nicht mehr“

03.11.38

Genf (Karte)

„Schon wieder ein Tag in Genf.“ Depressiv. [Ernest] Ansermet kommt erst am Freitag. Frau Ansermet getroffen.

03.11.38

(P: Genève), Donnerstag (Brief mit Umschlag): E.H. in München (W: 8)

Meine liebe Elisabeth.
Nun werden es schon wieder 8 Tage – und bald bin ich wieder zu hause. Hoffentlich kommen dann freudvollere (ich möchte fast sagen: friedvollere). Und trotzdem freue ich mich sehr, wenn ich wieder bei Dir bin. Wie geht es unserm Bub. Er ist sicherlich sehr lieb. Was macht das Starnberg? Wann gehst Du hinaus? Bis jetzt habe ich noch keine Zeile von Dir. Allerdings braucht jede Post 8 Tage. Meine Karte, die ich am Dienstag schrieb (meine Ankunft) kam erst am Dienstag darauf an. Und ich kam schon am Samstag an.
Gib sofort nachricht, ob Konserve angekommen ist. Ich sende Dir nun liebe Grüße und ich umarme Dich fest und küsse Dich sehr lieb. Ich bleibe stets, das sei versichert immer Dein allertreuester Kl.
Konserve nicht aufmachen. Bitte schicke Deine Mutter zu Lebsche!!!
Ein festes Bussi für Bubi!
Immer Dein Karl
Leider reinigt Klemm nicht mehr, da er zu wenig Arbeit hat.
Bleib mir vor allem gesund. In treuer Liebe immer Dein Kl

03.11.38

(P: Genève), Donnerstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Meine liebe liebe Elisabeth
Schon wieder ein Tag in Genf. Ansermet ist noch nicht da, kommt morgen. Frau Ansermet habe ich heute Flieder geschickt und angerufen – war natürlich sehr nett – aber was habe ich davon. Wahnsinnig – Trübsinnig könnte man werden.
Immer und immer bleibe ich Dein Karl.

[4.11.1938]

Genf, Freitag (Brief)

„Vor allem wie geht es Dir – fühlst Du Dich wohl – bist Du gesund.“
Besuch bei [Ernest] Ansermet. Versprechen von Ansermet, entweder „Œuvre“ oder „Symphonisches Fragment“ aufzuführen. Hinterläßt die Partitur von letzterem Werk. Beschreibung der Persönlichkeit Ansermets und Vergleich mit [Hermann] Scherchen. Beiden gemeinsam sei eine schlechte Bildung und noch mehr. „Natürlich spinnen beide“. Probenbesuche.
Probenbesuch Pro Arte-Quartett mit [Willy] Tautenhahn.
Am Abend Konzertbesuch.
„Sage Adolf = Frau Schnabel ist in Paris.“
→Fahrt nach Basel noch in der Nacht.

04.11.38

Genf, Freitag, 23h (Karte)

Poststempel 5.11.1938 Basel:
„Das Konzert von den Pro Arte, meine Allerliebste ist vorüber.“
Besuch des Konzerts mit dem Pro Arte-Quartett und Willy Tautenhahn (Klarinette). Pro Arte bittet um Zusendung des Quartetts. Die Stimmen sollen von Kutscher (Interpreten des Quartetts in London 1938, IGNM-Fest) geschickt werden. Frau Ansermet getroffen.
→Fahrt nach Basel.

04.11.38

Genf, Freitag, 20h(Karte)

Poststempel 5.11.1938 Basel „nichts glaube ich mehr – nicht mir selber“
KAH zweifelt an [Ernest] Ansermets guten Willen, das „Symphonische Fragment“ im Frühjahr aufzuführen.
Pro Arte-Quartett getroffen (bei „Madame Hentsel [?] (Adolf kennt sie)“). KAH solle ihnen sein Quartett senden. „Meister Tautenhahn – der bekommt auch einen Größenwahn.“

04.11.38

Genf, Freitag (Brief): E.H. in München (W: 8)

Mein liebes liebes Elisabethchen!
Vor allem wie geht es Dir – fühlst Du Dich wohl – bist Du gesund. Halte Dich nur, denn Du mußt doch für unseren Buben mal lange leben.
Ich war heute bei Ansermet – war sehr nett er hat mir versprochen sicher entweder „l’Œuvre“ oder „Symphonisches Fragment“ zu machen. Er sagte bestimmt. Ich lasse die Partitur vom „Symphonischen Fragment“ bei Ansermet (vielleicht hat er einen Eisschrank). Ja – ja – es ist schwer – ich glaube ich werde bald irrsinnig, man wird’s bald. Viel Lust zum Leben, das ist schon Heroismus. Sicher ein Westlicher.
Ich habe mich mit Ansermet unterhalten über allerhand wichtige Fragen, die uns heute interessieren. Aber da langts [sic] nicht. Ich weiß nicht, mein Urteil als Musiker muß ich revedieren [sic] – doch bin ich mir noch nicht klar. Vielleicht kann man bei ihm das Wort „interessant“ anbringen. Komisch zwei Männer wie Scherchen und Ansermet. Vieles haben die beiden gemeinsam: eine schlechte Bildung und noch mehr, natürlich spinnen beide – der eine mehr der andere etwas weniger, aber beide kann man nur musikalisch werten.
Heute war ich in der Probe von 9 h – 12 h und 2 h – 5 h. Jetzt gehe ich wieder – 8 h – 10 h . Morgen früh Probe 9 h – 12 h – nachmittag ¼ 4 h – 6 h bin ich bei Pro Arte mit Tautenhahn (Probe), abends Konzert und nachts weiter nach Basel. Es wäre doch schön, wenn es etwas werden würde mit „Symphonisches Fragment“???
Meine Seele – die Dir allein geweiht ist sehnt sich nach meiner Elisabeth Dein Karl.
Sage Adolf = Frau Schnabel ist in Paris. Bei Moos ist eine süssliche Ausstellung.

04.11.38

(P: Basel, 5.11.193), Freitag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Nein mein liebes liebes Weib
nichts glaube ich mehr – nicht mir selber –
Die Pro Arte-Leute habe ich getroffen, ich war eingeladen bei Madame Hentsch (Adolf kennt sie) (sie läßt Adolf grüßen), da wohnen die Pro-Arte-Leute und auch Meister Tautenhahn – der bekommt auch einen Größenwahn. Ich soll mein Quartett den Pro Arte-Leuten senden – nun ja = es könnte ja möglich sein.
Ach Gott, immer bleibe ich Dein treuer und Dich liebender Krl.
Die Pro-Arte-Leute sind sehr lieb!!
20 h Genève – Freitag
Nun bin ich mit Ansermet fertig. Ich glaube er ist nicht ehrlich – auf alle Fälle sagt er noch diesen Winter mein „Symphonisches Fragment“ zu machen – soll das möglich sein – das glaube ich nie.

04.11.38

(P: Basel, 5.11.1938) Freitag (Karte): E.H. in München (W: 8)

23 h Genève – Freitag

Das Konzert von den Pro Arte, meine Allerliebste ist vorüber. Willy hat hervorragend geblasen. Die Pro-Arte-Leute waren äußerst lieb. Ich soll unbedingt mein Quartett senden. Werde ich die Stimmen von Kutcher schicken lassen. Auch habe ich Frau Ansermet getroffen. War wie immer nett. Nun geht es nach Basel jetzt ist es 1230 h; bin so müde, aber morgen ist ein wichtiger Tag – was wird kommen.
In treuen Gedanken Dein Krl.
W. Tautenhahn [Unterschrift Willy Tautenhahn].

05.11.38

Zürich, Samstag (Karte)

„Heute nacht bin ich abgefahren.“
Ankunft in Basel um 6h. Treffen mit [Paul] Sacher. S. verspricht die „Symphonie“ für Streicher (auch: Symphonisches Konzert für Streicher, auch: Symphonie für Streicher) aufzuführen. „[…] verstanden hat er sie nicht, das gibt er zu.“
H. plant die Zusendung von „Œuvre“ zum Warschauer Musikfest, das schon im April stattfindet.

05.11.38

Zürich, Samstag (Karte)

„Heute abend war ich im „Matis“ von Hindemith.“
Besuch von [Paul] Hindemiths Oper „Mathis der Maler“ „äußerst müde Kunst“. „Menschlich und geistig wirklich ein großer Lump. Schade –!“
Am Sonntag früh Hindemith-Matinée.
Am Montag „beginnt ein neuer Kampf: Simpl.“

05.11.38

München, Samstag (Brief): KAH in der Schweiz

München, den 5. 11. 38.

Mein lieber Karl!
Gestern kam ein Brief, folgenden Inhalts von Skulsky.
Sehr verehrter Herr Hartmann! Mit selber Post habe ich Ihnen das [die] letzte Nummer des [der] Zeitschrift versandt, in welchem Sie das [den] biographischen Artikel über Sie [sich] finden werden. Hoffentlich werden Sie davon [damit] zufrieden sein. Haben Sie Ihre Clichees nötig, dann schreiben Sie mir. Sie werden Ihnen dann direkt versandt. Ich kann Ihnen auch mitteilen, daß eine öffentliche Aufführung Ihres Quartetts noch diese Saison möglich wäre. Dazu wurde mich [ich um] Partitur und Partien [Stimmen] gefragt. Wenn Sie diese also frei haben, können Sie mich [mir] diese schicken. Das Werk wird dann aufgeführt, in einer [einem] der Konzerte wovon ich Ihnen hierbei einen Prospekt sende. In musikalischen Kreisen hat [ist] der halbe Satz Ihres Quartetts in unsrer Zeitschrift erschienen, einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Ich habe mit Freude Ihr „Miserae“ am Radio gehört. Das Werk ist wirklich tief und rührend. Ich spreche darüber in der nächsten Nummer der Zeitschrift. Ich hoffe, daß es Ihnen gut geht und grüße sie und Ihre Frau sehr herzlich A. Skulsky
48, rue Van der linden, Bruxelles.
Du mußt ihm selbstverständlich sofort antworten in einem sehr liebenswürdigen Brief, natürlich läßt Du Dein Quartett aufführen. das Material zu schicken. Du mußt jetzt sehen, daß Du die Partitur herbeibringst. Also erledige das bald u. schiebe es nicht hinaus. Die Zeitschrift ist noch nicht angekommen. Sobald sie da ist, lasse ich Deinen Teil übersetzen und schicke es Dir zu. Bin neugierig, was Du mit Ansermet und Sacher ausgemacht hast. Habe nur Mut, Du siehst es geht immer langsam aufwärts und [Du] faßt immer festeren Fuß. Das ist sehr, sehr viele Wert. Mit der Oper [Simpl] habe ich ja nicht allzu viel Hoffnung, lege Dich in keiner Weise, allzu schnell fest, da mußt Du sehr vorsichtig sein.
See u. ich arbeiten jetzt das erste Kapitel zur Vorlage für den Verlag aus und dann muß ich eine Inhaltsangabe sämtlicher Kapitel herstellen, die dann auch dem Verlag vorgelegt werden muß. Ich habe etwas Angst davor, da ich so etwas noch nie gemacht habe, aber es wird schon gehen.
Diese Woche hatte ich Stöberei u. bin jetzt fertig geworden. Ich muß aber feststellen, daß es ohne Dich entschieden reibungsloser verlaufen ist. Jetzt blitzt in der Wohnung alles nur so. Richardi ist sehr stolz auf Deine Karte, er zeigt sie jedermann her und ich habe sie ihm schon unzähligemal vorlesen müssen. Er ißt jetzt übrigens gut und ist sehr lieb. Sonst ist keine Post gekommen.
Mein lieber Karl, glaube mir, daß ich, oft und mit viel, viel Liebe an Dich denke, Du bist nie allein, denn überall hin begleite ich Dich mit meinen Gedanken. Sei innigst umarmt und geküßt von Deiner treuen, Dich heiß liebenden Elisabeth.

05.11.38

(P: Zürich, 6.11.1938), Samstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein lieber Kamerad!
Heute abend war ich im „Matis“ von Hindemith. Wirklich meisterliche Kunst, aber äußerst Müde Kunst. So früh. Menschlich und geistig wirklich ein großer Lump. Schade –! Wie kann man geistig so müde sein – scheußlich. Morgen früh ist Hindemith-Mati[n]èe. Bin sehr neugierig. Am Montag beginnt ein neuer Kampf: Simpl.
Sei versichert daß ich stets nur Deiner gedenke Dein Kl.
Was macht Adolf?

06.11.38

Zürich, Sonntag (Karte)

„Die Hindemith-Matinée war ausverkauft – aber langweilig – immer die gleiche Sauce.“
Besuch der [Paul] Hindemith-Matinée.
→Am Montag oder Dienstag Fahrt nach Winterthur.

06.11.38

(P: Zürich), Samstag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Heute nacht bin ich abgefahren. Morgens 6 h war ich in Basel. Meine Gute ich bin müde. Um 9 h habe ich angerufen an Sacher um ½ 12 h traf ich ihn. War nett – auch Grüße. Wir unterhielten uns gut. Das Musikfest in Warschau ist schon im April. Ich werde das „L’Œuvre“ einsenden. Sacher macht bestimmt die „Symphonie“ für Streicher. Allerdings verstanden hat er sie nicht, das gibt er zu = sehr schwer – aber schön. Ich war 1½ Stunden bei ihm. Ich habe so gut als möglich Klavier gespielt. (Am Klavier bekommt man einen schlechten Eindruck.)
In Liebe immer und immer Dein Krl.
Grüße meinen Buben

06.11.38

(P: Zürich), Sonntag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein Liebe!
Die Hindemith-Matinée war ausverkauft – aber langweilig – immer die gleiche Sauce.
Wie geht es bei Euch morgen Montag oder Dienstag fahre ich nach Winterthur und hole Post von Dir ab. Bleibe mir gesund, und schlafe, Du weiß warum. Morgen beginnt der Kampf „Simpl“.

06.11.38

(P: München), Sonntag (Karte): KAH in Winterthur (Klemm)

d. 6. 11. 38.

Mein lieber, lieber Karl!
Heute möchte ich Dir liebe Grüßen senden und Dir sagen, daß bei uns alles wohlauf ist. Hoffentlich Du auch und hoffentlich bist Du nicht zu sehr überanstrengt. Ruhe Dich nur auch etwas aus. Heute kam die Zeitschrift von Skulsky. Soll ich sie Dir schicken? Es steht eine kurze Beschreibung über Dich darin, wo Du geboren bist u.s.w. und Deine anderen Werke sind darin aufgezählt. Außerdem die beiden Clichéeseiten Deines Quartetts. Die Adresse von Jemnitz ist: Budapest VII Bulyoszky-ucca 21.
Wenn ich für Dich irgendeine Post erledigen soll, so teile es mir bitte mit. Morgen schreibe ich Dir einen Brief. Bin heute nacht in der Wilhelmstr. wo es viel schöner ist, aber nur etwas kalt. Gestern Samstagabend waren wir in King-Kong, das erstemal abends aus, seit Du fort bist. Sehr solide, nicht wahr.
Für heute alles Liebe und Familie Klemm mit Sepp herzliche Grüße
immer u. stets Deine Elisabeth.

07.11.38

Zürich, Montag (Karte)

„Ich will Dir nur meine Grüße senden.“
Treffen mit [Walter] Frey wegen „Lamento“ am Nachmittag.
Treffen mit [Franz] Beidler wegen „Simpl“. „Das wird der letzte Angriff wegen des „Simpls“.
→Am Mittwoch Fahrt nach Winterthur zu einem [Hermann] Scherchen-Konzert.

07.11.38

(P: Zürich), Montag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Meine Liebe.
Ich will Dir nur meine Grüße senden. Heute nachmittag gehe ich zu Frey (Lamento) um ½ 4 Beidler (Simpl). Das wird der letzte Angriff wegen des „Simpls“. Ich fahre nicht eher bis ich eine deffinitive Antwort oder Bescheid habe. Also Los!! Grüße alle! Am Mittwoch fahre ich nach Winterthur zum Konzert auch. (Scherchen dirigiert).
Du weiß immer und stets bin und bleibe ich Dein Krl.
Was macht mein Bubi. Grüße Adolf
In Winterthur werde ich alle Deine Post vorfinden.

07.11.38

München, Montag (Brief): KAH in der Schweiz

München, den 7. 11. 38.

Mein innig geliebter Karl!
Vielen Dank für Deine Karten. Mein einziger Karl, sei doch etwas froher. Im Grund hast Du doch keinen Anlaß so niedergeschlagen zu sein. Du hast immer mehr und mehr Erfolg, und daß es so schnell gehen soll kann man nicht verlangen. Natürlich wirst Du kaum von jemandem verstanden, aber das ist noch allen, die über dem Durchschnitt standen so ergangen. Bedenke doch, wie es all den großen Männern in der Jugend gemacht wurde. Da darfst Du es auch nicht anders erwarten. Und Du mußt durchhalten, das bist Du Dir und der übrigen Mitwelt schuldig. Ich habe das sichere Gefühl und weiß bestimmt, daß Du das erreichen wirst, was Dir vorschwebt. Du bist jetzt überreizt und nervös. Wenn Du wieder etwas ausgeruht hast, wirst Du alles mit anderen Augen ansehen. Also werde wieder ruhig und kehre zu mir lieb zurück.
Dallapiccola hat einen Brief geschrieben. Er schrieb, daß er immer auf Antwort von Bormann gewartet hat, doch bis jetzt vergebens. Ich finde das ungezogen von Erich, dem großen Herrn mit Frau!! Er schreibt, er hätte mit Petrassi gesprochen, wie man über Dich immer sprechen sollte, und hofft sehr, daß Du in Venedig aufgeführt wirst. Sein Jugendwerk wurde in Salzburg nicht aufgeführt, weil die Grenze sehr genau kontrolliert und da ist das Werk einige Tage liegen geblieben. Seine Adresse ist: Firenze, 28, viale Margherita. Er arbeitet an seiner neuen Oper.
Adolf geht es gut, da brauchst Du keine Angst zu haben. Richardi ist immer sehr, sehr übermütig, manchmal macht das richtig nervös, aber er ist halt ein Kind. Er spricht immer viel von Dir.
Mein lieber Karl, bleibe so lange Du willst, ich freue mich sehr, auf Dich, aber auf ein paar Tage kommt es nicht an. Bleibe ruhig bis zum 25. November. Sei versichert, daß ich immer mit großer Liebe nur an Dir allein hänge und immer Deine Elisabeth bin.

09.11.38

Winterthur, Mittwoch (Karte)

„Liebe Elisabeth – ich war nachmittag in der Probe von Scherchen – seine Frau war da“
Besuch der Probe Scherchen-Konzert. Kein Kontakt trotz Hartmanns Bemühungen. („Wie lange bin ich die Solveigh?)“
Blumengruß an Shussien [Shus-ein Scherchen-Hsiao].
→Fahrt nach Zürich „morgen früh“; Ankunft in München am 22. November (Dienstag).

09.11.38

(P: Winterthur), Mittwoch (Karte): E.H. in München (W: 8)

Mein liebes Weib!
Heute fuhr ich nach Winterthur und fand Deine liebe Post vor. Tausend Dank. Die Zeit geht wahnsinnig vorbei. Nun ist es schon wieder Abend – schwer lastet das Grau und Feuchte auf uns. Ein[e] unheimliche Schwermut drückt einen nieder. Wie sehn ich mich nach Frieden – doch dies bleibt mir sehr fern – vielleicht besser – wer weiß!? gib mir Ruhe Dein Kl.

09.11.38

(P: Winterthur), Mittwoch (Karte): E.H. in München (W: 8)

Liebe Elisabeth – ich war nachmittag in der Probe von Scherchen – seine Frau war da, ich begrüßte – ging aber gleich nach der Probe weg – da sahen wir uns: Scherchen und ich – aber kein Wort – kein Gruß nichts – dann ging ich in einen Laden kaufte Nelken und schickte Shussien Blumengrüße und „Ihren lieben Herrn Gemahl meine besten Wünsche“ – und nun ist es wieder aus (wie lange) (bin ich die Solve[i]gh?) Ich glaube wir kommen nie mehr auseinander. Morgen früh fahre ich nach Zürich (ich werde am 22. XI. in München ankommen). Sei meines Glückes Freud verbunden Dein armer Krl
ich hoffe daß niemand (aber auch niemand) meine Post liest.

10.11.38

München, Donnerstag (Brief): KAH in Winterthur

München, den 10. Nov. 1938.

Mein lieber, lieber, guter Karl!
Hast Du eigentlich meine Post bekommen? Ich danke Dir für die Schokolade und auch Mama läßt Dir schön danken. Ich esse ja das meiste davon. Richardi freut sich immer ganz besonders und für Dich ißt er dann auch ein paar Bissen noch extra.
Uns geht es gut. Ich war heute früh mit Adolf in der Stadt, er ist gerade sehr nervös. Ich glaube er ist überarbeitet. Nun habe ich eine Bitte an Dich. Versuche doch einmal herauszubekommen, ob Nijinsky noch in Kreuzlingen ist, oder ob er wirklich wieder gesund ist. Ich bin in letzter Zeit nicht sehr weit gekommen, weil ich für die allgemeine Inhaltsangabe von jedem Kapitel eine Mustervorlage von See erwarte. Und der läßt sich zu allem viel Zeit, weil er noch seine andere Haydnsache für den Rundfunk fertig arbeiten will.
Du solltest an die Juryfreien vom kommenden Musikfest schreiben. Ich glaube, das ist sehr wichtig. Was macht Hermann? Hast Du ihn nocheinmal [sic] getroffen? Die Sache mit der Oper solltest Du nicht so forcieren, wenn nichts daraus wird ist es nicht so schlimm, vielleicht sogar besser.
Mein lieber, lieber Karl, ich möchte Dir nochmals sagen, daß Du meinetwegen nicht eher kommen brauchst, als Du wirklich willst. Ruhe Dich ordentlich aus. Mir ist es lieber, du kommst etwas erholt zurück, als so nervös wie Du abgefahren bist. Das wichtigste ist mir, daß Du lieb wirst und nicht so, wie in den letzten Wochen. Ich freue mich wieder sehr, sehr auf unser Wiedersehen, wir müssen aber auch gegenseitig ruhiger werden.
Ich hab Dich ja so lieb und nur deshalb bin ich bei Dir so empfindlich. Meine innigsten Wünsche begleiten Dich auf allen Wegen, sei tausendmal umarmt und innig geküßt von Deiner Elisabeth.
Morgen gehe ich zum Arzt wegen der Flecken an meinem Arm.

13.11.38

München, Sonntag (Brief): KAH in der Schweiz

München, den 13. Nov. 1938.

Mein lieber Karl!
Herzlichen Dank für Deine Karten. Ich verstehe Dich nur allzu gut und glaube mir, daß ich mit Dir fühle. Doch gib bitte Deinen Gefühlen nicht nach, jeder Mensch muß damit fertig werden. Und Du bist ja noch so jung und mußt deine Kraft und Nerven aufrecht erhalten. Du wirst beruflich noch viel, viel Kampf haben, bestimmt aber mit Erfolg, davon bin ich fest überzeugt: Immer wieder muß ich Dir sagen, Mut! sei zuversichtlich wir erreichen unser Ziel und haben schon viel erreicht.
Gestern kam die Antwort aus Belgien wegen des Preisausschreibens. In Liege (Lüttich) ist ein Internationales Preisausschreiben für den „Guillaume Leken“ Preis. Er ist zu Ehren des Wallonischen Komponisten. Es ist dort eine Ausstellung des Wassers unter dem Hauptvorsitz von Monsieur G. Bodinanx. Es werden 2 Preise verteilt. Der 1. Preis zu 20,000 frs., der zweite Preis zu 15,000 frs. und neun (9) weitere Werke werden mit je 1000 frs. belohnt. Die Komponisten dürfen nicht über 35 Jahre alt sein. Bis 1. Januar muß der Komponist schriftlich Mitteilung machen, ob er sich beteiligen möchte. Vorzutragende Werke: Es muß ein unveröffentlichtes Werk sein für großes Symphonieorchester und muß als Thema das Wasser behandeln. Sei es die Maß [Maas], die Schelde, die Iser, die Sündflut, der Strom, die Flut, die Überschwemmung, das Meer oder d. Quelle. Das Werk kann in einer oder mehrere Partien geschrieben sein. Es soll 15 Min. lang sein aber nicht länger als 20 Min. Die Partituren welche der Jury vorgelegt werden, müssen einen undiskutablen musik. u. Orchesterwert haben. Auch ein Klavierauszug muß vorgelegt werden, außerdem kann man das Werk selbst am Klavier vorspielen oder vorspielen lassen. Das Werk muß spätestens am 15. Feb. 1939 eingeliefert werden. Die Jury besteht aus 5 Herren, davon 3 Belgiern, den Vorsitz hat ein Belgier (Namen sind nicht genannt). Die prämierten Werke werden gedruckt und auf d. Internationalen Ausstellung im Juli 1939 im Palais des Fêtes in Liege aufgeführt von großen Orchester[n].
Das wäre ja alles recht günstig, wenn das Thema nicht das Wasser sein sollte und schon im Febr. eingeliefert werden müßte. Auf jeden Fall überlege es Dir gut, und befasse Dich vielleicht jetzt schon damit. Das mußt natürlich Du selbst wissen. Vielleicht könnte da Skulsky von Nutzen sein. Sonst ist keine Post gekommen.
Es wundert mich, daß bei Euch trübes Wetter ist, wir haben schon seit 2 Tagen den schönsten Sonnenschein, da gehe ich mit Richardi viel spazieren. Wenn Du aber zurück bist, muß er in den Kindergarten, schon damit ich besser Nijinsky arbeiten kann.

13.03.39

Winterthur, Sonntag (Brief, von KAH falsche Jahresangabe): E.H. in München

1. Post.
Winterthur 13. März 1938
Liebe Elisabeth!
Ich kam gut an. Auch wurde ich überall herzlichst empfangen. Nur schade, daß Richardl so spät kam – nicht mal richtig verabschiedet haben wir uns – aber er hat doch eine gute Stimme: denn Papa haben wir vom Bahnsteig doch her zum Zug gehört.
Ich hätte doch meine Geige mitnehmen sollen. Sehr schade! Dann hätte ich arbeiten können. Das nächste mal nehme ich dieselbe mit. Zoll muß ich nicht entrichten. Bitte erledige Du oder Adolf die Angelegenheit mit der Geige. Wenn es geht bald. Sonst komme ich nicht zum arbeiten.
Mein Freund, hier erzählte mir er hat wieder nachricht bekommen von den Fabers. Sie sind außerordentlich lieb. Aber Fabers möchten vom Adolf wissen, ob er die Sendung erhalten hat. Die Fabers sind beunruhigt ob Adolf dieselbe bekommen hat. Nun ja 1. es gehört sich, daß man sich bedankt 2. es gehört sich, daß man eine Briefsendung (die Ankunft) bestätigt. Sag es Adolf − aber sehr eindringlich. Frage oder sage ihm ob er geschrieben hat. Er wird ja sagen (ein notorischer Lügner) aber bitte sage ihm, er muß schreiben – nur „danke schön“ sagen. Die wirklich anständigen Leute, darf man doch nicht verschnupfen. Ich schreibe dies nur Dir (kannst den Abschnitt schon Adolf lesen lassen) aber ich schreibe dies nur Dir weil Du ihn jeden Tag drängen kannst. Ich weiß es, Du tust es ja, wenn ich Dich bitte. Er kann auch ruhig öfters schreiben an die lieben Freunde (es kostet nur 25 Pfennig! Zeit hat er! Lasse ihn das lesen: er soll uns keine Sorge machen.
Meine Liebe bitte erledige es. Ich weiß, daß Du alles gründlich machst. Nächste Woche gehe ich in Zürich zu einem Verlag (der größte Schweizer) wegen Nijinsky. ich habe Beziehungen. Darüber schreibe ich Dir dann sehr ausführlich. Darüber werde ich nicht ruhen.
Scherchen habe ich noch nicht gesehen aber einen Artikel habe ich gelesen, den er geschrieben hat über „Englische Musik“ – so Arschleckerisch zum Kotzen. Ich bringe denselben mit. Er ist und bleibt ein Schwein.
Zum Schluße küße ich Dich und den lieben lieben Buben!! Bitte grüße Deine lieben Eltern. Sage beiden meine Grüße. Lasse Adolf auch grüßen. Ich bleibe immer Dein „böser“ aber doch lieber Mann Krl.
Medicin nicht vergessen!

16.03.39

Bern, Donnerstag (2. Brief)

„Wie geht es Euch?“
“Ich habe mich nicht mit Musik befaßt, noch sah ich [Hermann] Scherchen oder ein anderes musikalisches Individuum.“
Bittet um Adressen von: Rascher [& Co, Verleger in Zürich]; Osborn; [Hans Ferdinand] Redlich.
Plan, etwas über Musiker zu schreiben.
Komponisten des Programms IGNM für 1939: [Wladimir] Vogel, [Slavko] Osterc, [Lars-Erik] Larsson, [Luigi] Dallapiccola, [Anton] Webern, [Knudåge] Riisager.
Beabsichtigt zu Lertz (Rundfunk) zu gehen.
Abbruch des Kontaktes mit Bonnant und [Helmut Schmidt-Garré] Schmitt-Garree in München. „Gib Adolf den beiliegenden Brief.“
Brief an [Ernest] Ansermet wegen Rückgabe der Partitur „Symphonisches Fragment“, der das Stück ja doch nicht aufführen wird.

16.03.39

Bern, Donnerstag (Brief): E.H. in München

2. Brief.
zur Zeit in Bern, den 16. März 1939.

Liebe, liebe Elisabeth, und mein lieber Richard!
Wie geht es Euch? Ich habe viel dieser Tage an Euch gedacht. Oft waren meine Gedanken bei Euch. Und plötzlich hatte ich viel Zeitlang nach Euch bekommen. Gerne hättest Du Dich sicherlich bei mir ausgesprochen. Ja, ich dachte es mir gleich. Ich habe mich nicht mit Musik befasst, noch sah ich Scherchen oder ein anderes musikalisches Individuum. Nichts –
Ich bitte Dich schicke mir doch die Adressen von Rascher, Osborn und Redlich. Ich werde mal bzw. sofort schreiben.
Ob Du es glaubst oder nicht, jetzt schreibe ich etwas über Musiker. Nun ja das Interesse kommt immer mit der Zeit erst. Jede Krankheit verlangt zeit. Auf dem Programm des I.G.N.M. stehen Vogel, Osterc, Larsson, Dallapiccola, Webern, Riisager (der grosse Held, eigentlich war ja oder ist ja jeder ein Held von den ebengenannten) und dann noch vier Tschechen. Das Programm ist nicht besonders interes[s]ant, manches würde mich natürlich interes[s]ieren, aber – und jetzt erst recht mit diesen Schwierigkeiten. Danke.
Heute gehe ich noch zu Lertz, wegen im Rundfunk zu dirigieren. Hoffentlich habe ich Glück – obwohl mir ja alles gleich ist. Den Herrn Bonnant brauchst Du nicht anzurufen, auch laden wir ihn nicht mehr ein. An Herrn Ansermet schreibe ich heute er möchte mir meine Partitur „Symphonisches Fragment“ wieder zurück senden. Denn der macht ja doch nichts. Wenn Du Schmitt-Garree siehst, sei kurz, lass den dummen Menschen in Ruh, und gib ihm die Ruh. Gib bitte Adolf den beiliegenden Brief. Sonst weiss ich noch nicht viel neues.
Liebe, liebste Elisabeth und du lieber lieber Richard seid alle zwei herzlichst und inniglich geküsst ich bleibe immer Euer Freund und Kamerad Krl
Grüßt bitte Eure Lieben zu hause und sagt Ihnen meine besten Wünsche euer Kl.

20.03.39

Winterthur (Brief; 3. Brief (4. Post))

„Wie geht es Euch wohl.“
Hermann Albers [= Scherchen] getroffen, der nach dem „Concert“ bzw. „Streicherconcert“ frug [wohl „Werk für Streichorchester“; vgl. auch: „Ich arbeite jetzt an einer Symphonie für Streicher“; spätere „Symphonie l’œuvre“]. KAH soll zu [Werner] Reinhart gehen und die Partitur „des Streichorchesters“ vorlegen, was KAH demütigend findet, weil Reinhart davon nichts versteht. Scherchen fragt nach Aufführungen des 1. Streichquartetts. Kritik Scherchens an [Alban (?)] Berg.
H. fragt nach einer Aufführungsmöglichkeit seiner Oper [Simplicius] in Brüssel oder Winterthur. Sch. Abweisend.
Zürich, Stadttheater: Moliere – Strauss „Der Bürger als Edelmann“
Notabene: Aufführung eines Werks von Hindemith in Florenz während der Festspiele. „Warum nicht Hartmann in Venedig“.
Frage, ob [Luigi] Dallapiccola schon geschrieben hat.
„Nun habe ich zwei Verlage: Obrecht [Verleger von Thomas Mann] und Rascher beide in Zürich“

20.03.39

Winterthur, Montag (Karte)

„Vielen Dank für Eure 2 Briefe und 2 Karten liebe Elisabeth und mein lieber Richard.“
Bittet um die Zusendung seiner Geige, weil er gerne etwas arbeiten würde.
Nachricht, daß Bormanns [Erich Bormann] nicht nach Junkersdorf kommen. KAH hat aber auch keine Lust in München.
Frage, warum es bei Lettenbauers nicht geht.
H. bedauert, daß Mahlers ,Lied von der Erde‘ erst am 5. April aufgeführt wird (Erkrankung der Sängerin).
Bittet um Zusendung des Inhaltsverzeichnisses und des 1. Kapitels des Nijinsky-Buches.
Adolf soll an Fabers schreiben.
„Herr Sutér geht es schlecht – er wird wahrscheinlich sterben.“
→Am Mittwoch Fahrt nach Basel

20.03.39

(P: Winterthur), Montag (Karte): E.H. in München (Wilhelmstraße 8/ III / r.)

Vielen Dank für Eure 2 Briefe und 2 Karten liebe Elisabeth und mein lieber Richard.
Ich würde gern etwas arbeiten mit meiner Geige. Vielleicht ist es Dir möglich mir dieselbe zu schicken. Bormanns kommen nicht nach Junkersdorf, in München habe ich auch keine Lust. Warum geht es bei Lettenbauer nicht. Was ist der Grund! Leider wird das Konzert von Mahler „Lied von der Erde“ erst am 5. April gegeben – da die Sängerin krank ist. Die Hauptsache wird verschoben. Ich fahre Mittwoch mittag nach Basel.
Nehmt meine Grüße und meine innigsten Wünsche und bleibt gesund, Du meine Liebe und der kleine liebe Richard
Grüße bitte Deine lieben Angehörigen (grüße auch mal Resi) und sage doch Adolf er soll uns keine Sorge machen, er möchte doch Fabers schreiben. Herr Sutér geht es schlecht – er wird wahrscheinlich sterben. Immer Dein Kl
Schicke mir noch ein Inhaltsverzeichnis und das 1. Kapitels von Nyinsky.
Pillen nehmen

20.03.39

Winterthur, Montag (Brief): E.H. in München

3. Brief (4. Post)
Winterthur, den 20. März 1939.

Liebe Elisabeth, mein lieber Bub.
Wie geht es Euch wohl. Hoffentlich so gut und glänzend wie mir. Ich fühle mich immer so glücklich und frisch!
Ich habe Hermann Albers getroffen. Er entschuldigte sich dass er nicht geschrieben hatte. Frug nach meinem concert [Streicherconcert]. Ich möchte zu Reinhart gehen, denselben zu begrüssen und ihn zu bitten ob er nicht die Güte hätte meine Partitur des Streichorchesters anzuschauen. Das sind demütigungen, obwohl Scherchen weiss dass er nichts versteht…
Ich frug ihn, hörten sie nichts von Haba, da antwortet er mir: ich stehe mit Haba schon länger nicht mehr in Verbindung. Sonst nichts…
Ich erzählte ihm dass ich unbedingt Geld verdienen muss, da sagte er mir, haben sie Aufführungen gehabt, auch nicht das Quartett, nein – erwiderte ich, dann fing er gleich das Thema abschneident [sic] etwas anderes an, und kritisierte sehr scharf Berg…
Ich sagte (ihm ebenfalls das Thema abschneidend) was er mit der Oper beabsichtige. Was er mit Brüssel in Aussicht hat. Ja, meint er, das geht nicht, aber vielleicht wo anders, ja meinte ich dann nur in Winterthur selbst, wo sein eigenes Orchester ist, das ist unmöglich, und plötzlich verabschiedete er sich… Gut! Da beginne ich ebenfalls wieder, wenn ich ihn wieder treffe. Scherchen legt sein Hauptgewicht bei mir auf das Streicherconcert. (Ja das tut nicht weh.) Ich werde Zürich natürlich nicht fallen lassen, im gegenteil. Das züricher Stadttheater führen den „Bürger als Edelmann“ von Moliere – Strauss im kleinen Schauspielhaus auf. Gut, das ist vielleicht für mich wichtig.
Nebenbei wird dieses Jahr in Florenz ein Hindemith aufgeführt (während der Festspiele). Warum nicht Hartmann in Venedig? Hat Dallapiccola schon geschrieben? Nun habe ich zwei Verlage: Obrecht und Rascher beide in Zürich. Darüber schreibe ich, wenn ich etwas weiss.
Ich schreibe Dir wieder wenn ich etwas weiss. Meine lieben Beide, bleibt gesund (Pillen). Ich grüße Euch und ich bleibe stets Euer Freund Kamerad und Geliebter treuer und nie vergessener Karl.
Grüsse bitte alle lieben Angehörigen.

22.03.39

Zürich, Mittwoch (Karte)

„Ich war gestern bei Reinhardt – habe einen Anstandsbesuch gemacht.“
Am Dienstag bei [Werner Reinhart] Reinhardt.
„Scherchen ist über das symphonische Konzert [Symphonie l’œuvre] begeistert“ und will es bei der Prüfungskommission für die Winterthurer Konzerte vorschlagen. Partitur bei Reinhart.
→Fahrt nach Basel.
Bitte an E.H., zu Horn zu gehen und nach dem Scherchen-Quartett [op. 1] zu fragen.

22.03.39

Basel (Brief)

„Heute war ich in Basel.“
[Paul] Sacher in einer Konzertpause getroffen. Ihm von den Verhandlungen mit dem Züricher Opernhaus (Simplicius) berichtet. Sacher bekundet Interesse, aber nur als konzertante Aufführung. H. möge ihn am 29. März (Mittwoch) anrufen. KAH plant einen Besuch bei Sacher in Basel mit Partitur und Klavierauszug am Donnerstag oder Freitag. Weitere Verhandlungen auch mit Zürich. KAH bevorzugt Sacher statt Scherchen. Letzterer plant eine Aufführung im Schauspielhaus!
Plan, aus arbeitstechnischen Gründen („Symphonie und Konzerte“) bis Mai in der Schweiz zu bleiben. Hofft, daß er dieses Jahr fertig wird.
„Scherchen – dichtet – Scherchen – komponiert wieder.“ „Er komponiert eine Sonate!!! für Klavier – Flöte, chinesische Trommel. Es weiß aber niemand!“

22.03.39

(P: Zürich), Mittwoch (Karte): E.H. in München (W: 8)

Zürich, 22. III. 39.

Meine liebe Elisabeth.
Ich war gestern bei Reinhardt – habe einen Anstandsbesuch gemacht.
War eine halbe Stunde in Audienz. Er war sehr höflich, haben uns Unterhalten über alles. Scherchen ist über das symphonische Konzert begeistert. Scherchen schlägt es bei der Prüfungskommission der Winterthurer Konzerte vor. Bei Reinhardt liegt die Partitur. Jetzt bin ich in Zürich und fahre um 1312 h nach Basel. Gehe bitte zu Herrn Horn und frage nach ob er die Partitur vom Scherchen-Quartett noch hat. Wenn nicht so schreibe es mir. Wenn ja, so sende sie mir – kannst aber gleich schreiben, daß er sie nicht hat. Dann brauchst [Du] kein Geld ausgeben. Ist unwichtig – aber schreibe mir darüber.
Nun lebe wohl! Pillen! Sei Du mit Deinem Buben fest geküßt Dein Kl.

22.03.39

(P: 23.03.1939, Bahnpost), Mittwoch (Brief mit Umschlag und Konzertkarte: Basler Kammerorchester, Hans Huber-Saal; Adresse: Straub, Zürich, Mainaustr. 18): E.H. in München (W: 8)

Basel, 22. III. 39.

Liebe Elisabeth, mein lieber kleiner Richard!
Heute war ich in Basel. Ich habe Sacher nach der Pause getroffen – eigentlich – richtig gesprochen habe ich ihn am Schluß nach dem Concert. (Nebenbei: das Orchester ist gut – er ist auch gut.)
Ich erzählte ihm daß ich mit dem Züricher Opernhaus verhandle wegen dem „Simpl“ – nun zeigt auch er interesse. (Natürlich nur konzertmäßig.) Das ist mir aber gleich. Nun soll ich ihn am Mittwoch anrufen (am 29. März) dann fahre ich mit Partitur und Klavierauszug am Donnerstag (30.) oder Freitag (31.) nochmals nach Basel und spiele ihm die Oper vor. Nun werden mehr möglichkeiten wahr. Natürlich werde ich Zürich nicht fallen lassen. Nur mit Scherchen muß ich vorsichtig sein, wird aber auch gehen.
Auf alle Fälle wäre mir Sacher lieber. 1. bestimmter und 2. ungefährlicher. Scherchen möchte gern in Zürich am Schauspielhaus probieren – also 3 Feuer – eines sollte eigentlich aushalten. Werden wir ja sehen. Ich habe sehr viel zu tun noch – sollte ich bis Ostern nicht fertig werden – dann bleibe ich bis Mai – aber dann mußt Du mich mal besuchen entweder – vor – oder Ostern oder nach Ostern. Meine Arbeit wird immer größer und immer schwieriger. Ich glaube, daß ich dieses Jahr alles fertig bekomme. Probleme – Symphonie und Konzerte. Hoffen wir daß ich dieses Jahr fertig werde.
Noch was neues: Scherchen – – dichtet – und Scherchen – – komponiert wieder. (Er hat mir 3 Gedichte (eins zum 55. Geburtstag für Werner Reinhardt) zum lesen gegeben. Gott sei Dank nichts zum komponieren. Er komponiert eine Sonate!!! für Klavier – Flöte, chinesische Trommel.) Es weiß aber niemand!
Zum Schluß, lebe wohl! Bleib gesund! (Pillen) Nimm Du, meine Liebe, und Du, mein lieber Bub meine allerliebsten Grüße und Küsse ich bin immer Dein Karl. Komm

24.03.39

Zürich, Freitag (Karte)

„Ich habe viel zu tun, am Sonntag schreibe ich einen langen Brief.“
Freitag Besuch bei Rascher & Co., am Samstag früh bei dem Verleger Orell-Füssli.

24.03.39

(P: Zürich), Freitag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Liebe Elisabeth!

Ich habe viel zu tun, am Sonntag schreibe ich einen langen Brief. Morgen früh 9 h beim Verleger (Orell-Füssli) bestellt. Heute gehe ich noch zu einem (Rascher & Co.) Bleibt mir beide gesund. Ich bleibe stets Euer treuer Kl.
Grüßt alle! Pillen

01.06.39

München, Donnerstag (Brief), E.H. in Riccione: privat

„Liebe Elisabeth, ich hoffte von dir eine Nachricht zu bekommen, aber bis jetzt ist nichts gekommen.“
Ausschreibung der Stimmen für die Ouvertüre „Simpl“.
Lektüre von Thomas Manns ,Tristan und Isolde‘; Sehnsucht nach dem „Wagnerschen Werk“.

01.06.39

Alassio, Donnerstag (Briefpapier: Hotel Vittoria): KAH in München?

d. 1. 6. 39.

Mein lieber Karl!
Wie geht es Dir wohl. Hoffentlich erholst Dich jetzt recht, recht gut. Gehe viel an die Luft und schlafe. Vergiß nicht die Pillen zu nehmen. Du hast wirklich Erholung recht nötig.
Also, wir sind gut hier angekommen, allerdings mit fast 4 Std. Verspätung. Schlafen konnten wir nicht gut, da das ganze Coupée voll war, aber das machte nichts aus. Ich glaube, wir waren im ganzen Wagen die einzigen Nichtjuden.
Jetzt sind wir wieder vollständig eingewöhnt. Ich habe schon alle, mir so lieben Plätze wieder aufgesucht. Alassio ist schon unvergleichlich schön. Am Tage unserer Ankunft regnete es sehr stark, ebenso am anderen Tag in der früh, dann hellte es sich aber auf und die Sonne kam heraus. Heute ist es trüb, aber kein Regen. Ich habe heute zum erstenmal gebadet. Die Luft ist sehr, sehr mild, sogar wann keine Sonne scheint und es ist immer warm. Dem Richardle gefällt es außerordentlich gut, er spielt feste Sand. Auch Papa ist ruhiger als sonst, gestern Abend waren wir noch bei einem Delikateßschmaus. Langusten mit Sekt. Spottbillig! Das Essen hier ist auch ganz hervorragend. Es wäre schon schön für Dich, wenn Du auch hier sein könntest. Papa will heute (Donnerstag) in 14 Tagen abfahren. Nun, wir schreiben uns ja noch öfters. Mein lieber, lieber Karl, erhole Dich gut und werde gesund. Grüße Fritz mit Familie herzlichst von mir. Immer u. stets bleibe ich in liebem Gedenken an Dich, mein lieber Mann, Deine sehr treue Elisabeth.

01.06.39

München, Donnerstag (Brief): E.H. in Alassio

1. Juni 1939.

Liebe Elisabeth,
ich hoffte von Dir eine Nachricht zu bekommen, aber bis jetzt ist nichts gekommen.
Mir geht es jetzt gut. Ich habe jetzt begonnen mit den Stimmen der „Simpl“-Ouvertüre.
Sonst gibt es nichts neues. Deiner Mama habe ich ein Aquarell, (das Aquarell das in der Wahl war für das Weihnachtsgeschenk, das Rosen-Aquarell) und ein Bild (mit Märzbecher und Annemonen) von meinem Vater, ein ganz frühes, ein sehr duftig gemaltes Bild, gebracht für das Haus. Allerdings, nun möchte Deine Mama das Bild von meinem Vater ins Schlafzimmer (hinauf) hängen. Leider, dass ich das nicht vorher gewusst habe. Das Rosen-Aquarell möchte Deine Mama in der Königinstrasse lassen, und in den Wintergarten hängen. Nun ja –
Ich lese zur zeit das Buch von Tristan und Isolde. Wunderschön. Das musst Du lesen, es wird Dir sicherlich dann der Wagnersche „Tristan“ klarer. Ich bekomme so viel Sehnsucht nach dem Wagnerschen Werk. Wir sehen uns ja bald.
Grüsse bitte Deine Lieben, was macht denn der Bubi, mit dem vielen Wasser? Herrlich.
Liebe Elisabeth, nun bleibe mal sehr ruhig.
Auf Wiedersehn viele Grüsse und Küsse immer Dein Kl.

04.06.39

München, Montag (Brief): privat

„Vielen Dank für Deine Karte und für Deinen Brief.“
Zusendung eines Briefes von [Paul] Sacher mit KAHs Antwort.
KAH erhält über Jean [Vigue] die Partituren der Streichquartette von Ravel und Debussy.
Lektüre „Tristan und Isolde“ (Thomas Mann). „Nun lese ich den Gogol.“

04.06.39

Junkersdorf, Montag (Brief): E.H. in Alassio

den 4. Juni 1939.

Liebe Elisabeth!
Vielen Dank für Deine Karte und für Deinen Brief. Leider ist das Wetter nicht so wie bei uns. Seit ich hier bin [ist] immer schönster Sonnenschein. Heute wolkenlos!! Die Bauern jammern nach Regen. Heute bekam ich einen Brief von Sacher, ich schicke Dir denselben mit der Antwort. – – – Ausserdem hat Jean mir zwei Partituren (Streichquartett von Ravel und Debussy) geschickt. Sonst gibt es bei mir nichts neues. Ich lese zur Zeit sehr viel. Ganz entzückt bin ich über das Buch von „Tristan und Isolde“. Nun lese ich den Gogol. Sonst gibt es nichts neues. Ich habe gar keine Lust Briefe zu schreiben. Ich bin sehr müde.
Die allerliebsten Grüsse immer Dein treuer und Dir immer guter Kl.

07.06.39

Alassio, Mittwoch (Brief): KAH in Junkersdorf

7. 6. 39.

Mein liebster Karl!
Aus Deinem letzten Brief fühle ich heraus, daß Du sehr deprimiert bist. Lasse Dich doch nicht immer so schnell werfen. Du weißt ja noch gar nicht, ob Sacher es nicht doch noch im Winter aufführt. Selbstverständlich ist es eine Gemeinheit, etwas zu versprechen und dann nicht zu halten. Du mußt ihn unbedingt diesmal besuchen und fragen was eigentlich los ist. Das darfst du nicht versäumen! Übrigens finde ich, daß Dein Brief an ihn etwas zu scharf gehalten war. Du darfst es trotzdem nicht mit ihm verderben. Nun ja, vielleicht wird es damit etwas in Winterthur.
Hier ist es jetzt so heller Sonnenschein, daß mir etwas bewölkt fast lieber wäre. Papa ist die Hitze nicht sehr gut bekommen, er fühlte sich 3 Tage lang gar nicht sehr wohl. Tagsüber kann man jetzt nicht mehr spazieren gehen, es ist zu heiß dazu. Gestern waren wir in Monte Carlo, aber nur Resi u. ich, da Papa sich eben dort nicht wohl fühlte. Es war ein prächtiger Ausflug. Auch habe ich dort gespielt, aber weder gewonnen noch verloren. Richardi sagt immer, er will nicht mehr nach München, hier sei es schöner. Er spielt den ganzen Tag im Sand u. Wasser herum. Lieber Karl, es wäre für Dich hier schon sehr schön. Man sollte es nicht versäumen, die schöne Gegend u. alles zu sehen. Später bereut man es.
Übrigens habe ich Mama noch am Bahnhof gesagt, daß das Bild von Adolf 300 M kostet u. Papa habe ich es auch beigebracht. Nur daß Du das weißt.
Mein lieber, lieber Karl, Du versprachst mir doch, mir zu schreiben wo u. wielange [sic] Du am Tage meiner Abfahrt warst u. daß Du mir alles genau mitteilen würdest was Du treibst, und jetzt bekomme ich immer einen Brief mit fünf Schreibmaschinenzeilen. Du hast jetzt doch Zeit.
Alassio ist ziemlich leer gegenüber anderen Jahren. Nun bleib u. werde gesund, ich denke viel an meinen Karl u. bin [und] bleibe stets in treuer Liebe Deine nur Dir gehörende Elisabeth.
Laß meine Briefe nicht herumliegen.

12.06.39

Alassio, Montag (Brief) KAH in Junkersdorf

Alassio, den 12. 6. 39.

Mein lieber Karl!
Ich habe mich sehr gefreut, daß Du dich entschlossen hast, doch hierher zu kommen. Du kommst also am Montag 19. 6. gegen abend hier an (schreibe mir genau den Zug) am 20. werde ich Dir Alassio mit Umgebung genau zeigen, auch können wir da am Strand liegen und für Mittwoch bestelle ich 2 Karten für einen Ausflug nach San Remo, Bordighera, Ventimiglia und La Mortola. Das muß man gesehen haben, wenn man hier war. Du darfst aber an dem Termin nichts mehr ändern, da die Karten sonst verfallen würden. Da machen wir uns 2 herrliche Tage. Selbstverständlich wohnst Du hier, sonst wäre ich Dir ernstlich böse. Die Pension von Adolf kannst Du Dir ja einmal von außen ansehen. Du mußt mitnehmen: den grauen Anzug, die Leinenjacke, Badeanzug, keinen Hut. Ich freue mich schon sehr auf unser Wiedersehen am 19. abends. Zu Resi werde ich am Samstag sagen, daß Du wahrscheinlich kommst. So das wäre nun alles fest ausgemacht!
Heute morgen ist Papa nach Bozen abgefahren, wo er noch bis Donnerstag Abend bleiben will. Jetzt bin ich wieder Freiherrin. Hast Du auch daran gedacht, Du schlimmer Vater, daß Richardi heute Geburtstag hatte? Er bekam vom Hotel eine große Tüte Süßigkeiten. Er ist sehr lieb und anständig [wie] immer. Heute weht hier der Schirokko, ein recht ekelhafter Sturmwind, der den ganzen Sand in die Augen weht. Zum Baden ist das bewegte Meer allerdings herrlich.
Nun mein Liebster, lebe wohl, auf Wiedersehen und besonders herzliche Grüße an Sepp, der meine Karte hoffentlich erhalten hat, ich bleibe immer Deine Dich innig liebende Elisabeth.

15.06.39

Alassio, Donnerstag (Brief): KAH in Junkersdorf

d. 15. 6. 39.

Mein lieber, lieber Karl!
Ich kann mir wirklich nicht erklären, daß mein letzter Brief am Sonntag noch nicht in Junkersdorf war, ich habe ihn am Mittwoch hier abgeschickt. Die Post scheint unendlich lange zu dauern, oder sie haben Junkersdorf nicht gefunden. Ich habe fast jeden 2ten Tag geschrieben.
Nun auf alle Fälle freue ich mich riesig auf unser Wiedersehen. Da machen wir uns 2 herrliche Tage. Du schreibst, du hoffst ich sei ruhiger geworden, denn Du möchtest nicht mit mir streiten. Mein lieber Karl, die allein Schuldige bin ich höchst selten. Du mußt schon auch ruhiger werden. Für Mittwoch habe ich schon zwei Karten gekauft für einen Ausflug. Also schreibe mir noch genau die Zeit u. den Tag deiner Ankunft. Ich freue mich riesig u. werde Dich lieb empfangen. Nimm zur Vorsorge 10 Schweizer Fr. in Silber mit. Hier bekommst du dafür 43 L. Ich habe mich erkundigt. Aber Du wirst sie nicht gebrauchen. Nur zur Vorsorge. Vergiß Pa[ß] nicht. Bringe keinen Hut mit. Wir hatten jetzt 2 Tage lang starken Wind, das war unangenehm, da bin ich gestern kurz entschlossen für einen Tag nach Genua gefahren, denn hier konnte man gar nichts anfangen.
Sonst gibt es hier nichts neues. Wir sehen uns ja bald. Auf ein frohes Wiedersehen freut sich Deine Dich innig liebende Elisabeth.
Ich werde Resi 2 Tage vorher sagen, daß Du kommst u. bis Genua mit dem Auto mitgenommen wirst. Jetzt ist wieder schönes Wetter. Leider kann ich z. Z. nicht baden. Es ist schade um jeden Tag.

16.06.39

unterwegs [„als ich von Mchn abfuhr“], Freitag (Brief): privat

„Ihr werdet nun allein, zu 3 en, sein.“
Plan, vor der Reise nach Straßburg zu [Paul] Sacher nach Basel zu fahren.
Brief an [Walter] Frey.
Beginn der Skizzenarbeit zur „Trauermusik“ (Concerto funebre): „Ich habe hier schönes Material vorgefunden für einen Choral.“
Plan zu einem „mystischen Ballett“.
Stark von Depressionen geprägter Brief.
→Rückfahrt am Dienstag

16.06.39

München?, Freitag (Brief): E.H. in Alassio

den 16. Juni 39.

Liebe Elisabeth!
Ihr werdet nun allein, zu 3 en, sein. Hoffentlich ist Papa gut nach hause gekommen. Hat er sich nicht gut erholt? Wäre schade! Wie geht es Richard – sicherlich gut. Was macht Dein Befinden? Ich wünsche dir alles erdenkliche Gute. Bleibe nur ruhig. Euch wünsche ich immer Liebe und Glück.
Bevor ich nach Straßburg fahre werde ich mich Sacher verabreden (zuerst telefonisch). Eben schreibe ich noch an Frey. Jetzt beginne ich mit den Skizzen für meine Trauermusik. Ich habe hier schönes Material vorgefunden für einen Choral. Ich denke immer mehr an ein mystisches Ballett?
Als ich von Mchn abfuhr – da sah mich die Wohnung in der Wilhelmstr. ganz traurig an – „Schon wieder gehst Du“ – „leider“ sagte ich „aber ich komme bald und bleibe in Dir“. Sie ist schon sehr schön.
Alles ist sehr traurig – alles verneigt sich immer in Dunkel, selbst die Sonne will alles versengen, immer gleich sterben – oh Gott ist das Leben schwer – Traurigkeit – Traurigkeit –Traurigkeit meine einzige Wonne.
Leb wohl. Bis Dienstag abends 1530 h. Dann bin ich bei Dir in Deinem müden Arm – dann will ich schlafen – immer schlafen – sei geküßt
Dein Kl bleibt immer bei Dir und liebt Dich inniglich
Bestelle mir irgendwo ein kleines Zimmer.
Genieße dort das süsse Leben und bleibe mit Deinen Gedanken immer dort wo das Leben aufhört.

29.06.39

München, Donnerstag (Brief): KAH in Lüttich

d. 29. 6. 39.

Mein lieber, lieber Karl!
Nun ist ja doch noch alles gut gegangen und in Ordnung. Um 7 h kam das Telegramm, daß die Noten oben sind bei der Direktion der Wasserausstellung, wie Du ja auch wissen wirst inzwischen. Heute kam die Post von Fritz u. – ob Dus [sic] glaubst oder nicht – 2 Briefe aus Lüttich dabei vom Notar mit dem deutlichen Absender darauf. Nur Liège statt Lüttich und das hat Fritz scheinbar nicht gewußt, daß das Lüttich ist. So etwas finde ich unverzeihlich. Die ganze Aufregung wäre nicht gewesen, wenn Fritz diese 2 Briefe vom 13. u. 20. 6. nachgeschickt hätte. Aber wenn er nur beim Telephonanruf etwas gesagt hätte. Die hat er ruhig liegen lassen. Das versteh ich einfach nicht!! Von Skulsky war auch ein Brief dabei, Du sollst ihm Dein Hotel u. die Aufführung schreiben, er kommt dazu nach Lüttich. Er hat sehr nett geschrieben. Er möchte Dich noch vor der Aufführung sprechen u. will Dich auch in Brüssel in Musikkreise einführen. Redlichs Mutter hat auch aus London geschrieben. Meinen Leuten sage ich natürlich nicht, daß bei Fritz 2 Briefe aus Lüttich gelegen wären.
Hoffentlich ist Dein Auge besser. Paß nur recht darauf auf und tu immer die Binde darüber, wenn es auch komisch aussieht. Schreibe mir rechtzeitig, wann ich kommen soll.
Ich bin so froh, daß nun doch alles gut gegangen ist. Hoffentlich probt der Dirigent fleißig. Mein lieber, lieber Karl, wir hatten am Mittwoch so arg wenig voneinander, hoffentlich bist Du nicht gekränkt. Ich freue mich riesig auf unser Wiedersehen u. bis dahin bleibe ich mit tausend innigen u. lb. Grüßen u. Küssen immer u. stets Deine Dich heiß liebende Elisabeth.
d. Adresse von Skulsky: Bruxelles, 48 rue Vanderlinden.

30.06.39

Lüttich/Liége, Freitag (Brief)

„Nachdem ich am Mittwoch ½ 6 von Dir wegfuhr war es mir sehr schwer ums Herz für Dich.“
Festkonzerte im Rahmen der Weltausstellung:
Ankunft in Lüttich Donnerstagabend.
Proben zur UA der „Symphonie l’œuvre“; KAH ist das Zuhören untersagt. Aufführung voraussichtlich am Dienstag (4. Juli). Insgesamt werden sieben Werke vorgestellt („3 am Montag – 4 am Dienstag“); am Mittwoch Wiederholung der drei prämierten Werke.
Besuch bei einem Notar, der KAH zu einem „Commissariat General de l’Exposition“ schickte.
Begegnung mit einem (belgischen) Hornisten aus Winterthur, der „bei [Ernest] Ansermet (Genf) spielt“. Mißliche räumliche Bedingungen für die Konzerte. Ungeeigneter Dirigent [M. Marsik, 62 Jahre alt] für neue Musik. [Richard] Strauss und [Igor] Strawinsky seien ihm viel zu modern.
Fragt nach Adolf.
„Nicolay (Brüssel) kommt im August nach Liége. Leider!“
Besuch von E.H. in Lüttich besprochen.

30.06.39

Lüttich/Liège, Freitag (Briefpapier: „Hotel de l’Univers“, 4 Bögen): E.H. in München

Meine liebe liebe Elisabeth!
Nachdem ich am Mittwoch ½ 6 von Dir wegfuhr war es mir sehr schwer ums Herz für Dich. Elisabeth, was soll mit Deinen Nerven? –
Ich bin gestern nachts um ½12 angekommen. Natürlich mit 4 Stund[en] verspätung. Die Fahrpläne!? Ich fuhr im ganzen 26 Stunden. Eine elende fahrerei! Nun ist in Lüttich alles voll. Ich fand doch ein Zimmer – nein kein Zimmer – sondern in einem Bad steht ein Bett. Eigentlich bin ich sehr froh. Ich kann baden so oft ich will. Alle abend – jeden morgen. Das ist ein großer Vorteil. Wenn Du kommst so bekomme ich ein Doppelzimmer.
Was ist mit Adolf, ist er noch so grandig [sic]. Sollte er mitkommen so muß er das Zimmer – bzw. das Bad nehmen. –
Schreibe mir gleich (Eilbrief – oder Telegramm) wann du kommst, wegen zimmerbestellen [sic]. Es ist schrecklich voll. –
Bringe bitte: Messer mit Korkzieher, Nadel u. Faden, Bullrichtabletten, Löffel für Greppfruit [sic]. –
Nun zur Hauptsache: Das gesamte Material ist da. Trotzdem das Material da ist, war erst eine geteilte Probe. Zuerst Bläser – dann Streicher. Ich darf nicht zuhören. Ich darf nichts unternehmen – Nichts – damit mich das Orchester nicht sieht, und dass ich keinen kennen lerne. Aber:
In der Frühe ging ich zu dem Notar, großes Haus – sehr Feudal aber nicht Einer ein Wort: deutsch, nicht mal der Notar. Die Verhandlung war kurz aber wir haben uns gut verstanden. Er schickte mich zum Commissariat General de l’Exposition. Also auf – ich fuhr mit Linie 1 hin. Auch da nicht einer der Deutsch sprach – da plötzlich sass eine schwarze Dame an der Schreibmaschine, die sprach gut Deutsch. „L’Œuvre“ wird am (wahrscheinlich) Dienstag gespielt. Es sind im ganzen 7 Werke. 3 am Montag – 4 am Dienstag. Und sehr wahrscheinlich ist meines das letzte. Und am Mittwoch werden die 3 prämierten Werke nochmals gespielt. Wie gesagt Proben oder Generalproben nichts darf ich besuchen. Oh mein „L’Œuvre“. Ich ging wieder, alsdann ging ich in einen Palast, wo Schlittschuhlaufen getrieben wurde. Ein riesiger Raum. (Eintritt 2 Fr.). Es war schön kühl. Ich war da ½ Stunde – da, wer kommt da: der erste Hornist aus Winterthur. (Ein Belgier – der Deutsch spricht und jetzt bei Ansermet (Genf) spielt.
Wir begrüßten uns. Und da erfuhr ich keine besonders erfreulichen Nachrichten. Der Palast war nämlich, der große Festpalast – tagsüber wird Schlittschuh gelaufen – abends Conzerte. Er erzählte mir, daß das abends der Raum 38o Wärme hat, aber an den Füßen friert man. Es wird nur Holzplatten darüber gedeckt und das Eis ist weg – das Conzert kann beginnen. Der Dirigent (62 Jahre alt) sei ein guter Dirigent für Volkstümliche Musik – aber moderne hat er keine Ahnung (aber ich hatte so ein[e] Ahnung von so einem Dirigenten). Strauß sei ihm zu modern –, „Feuervogel“ von Strawinsky hat er mal gemacht – eine Scheiße. –
Er kannte nur den Namen eines Jurymitgliedes. Ein Franzose (Paris) nun ja = der ist einigermaßen modern. Das Orchester sei bedeutend besser als der Dirigent. Ich habe alles eingehend gefragt – heute nachmittag 5 h nach der Probe treffe ich ihn wieder. Nun weißt Du so ziemlich alles. Teile mir nur mehr Deine genaue Ankunft in Liége mit. Du hast also nichts Großes zu erwarten, im Gegenteil; das meint der Hornist auch. Wir reisen bald nach Bruxelles – Paris. Nicolay (Brüssel) kommt im August nach Liége. Leider!
Bitte lass den Brief Adolf lesen, oder vorlesen.
Nun mein liebes liebes Weib. Ich freue mich auf Dein Kommen. Ich erwarte Dich mit inniger Liebe und ich bleibe stets Dein Karl.
Grüße bitte Deine Lieben. Für Deine Mama erledige ich alles. –
Ich versuch die Tage von Alassio noch schöner und lieber zu gestalten. Immer bin und bleibe ich Dein liebster Kl.
Der Brief hat 4 Bögen.
Wenn ich Durst habe, so gehe ich in den Deutschen Pavillon da gibt es täglich ½ 11 – 12, und 3 h – 5 h alle Mineralwasser umsonst so viel Du willst.

01.07.39

(P: München, Express), Samstag (Karte): KAH in Liège (Hotel de l’Univers)

d. 1. 7. 39.

Mein lieber Karl!
Ich komme Dienstag 1238 oder 1645 in Lüttich an. Das hängt davon ab, wie ich das Visum in Köln bekomme. Das Konsulat öffnet 9 h, wenn ich also den Zug 952 noch erwische, was ich sehr hoffe, so komme ich schon 1238. Verliere nur nicht Mut, wenn auch bis jetzt alles schlecht aussieht für die Aufführung. Ich habe Dir postlagernd einen Brief geschrieben. Gib Skulsky sofort Antwort. Ich freue mich so riesig auf unser Wiedersehen und hoffe, daß es durch nichts getrübt wird. Einstweilen noch alles Liebe u. Gute, mit den innigsten Wünschen bleibe ich
Deine dich innig liebende Elisabeth

03.11.39

(P: Zürich) Winterthur (Klemm), Freitag (Umschlag): E.H. in München (K: 31)

06.11.39

Winterthur, Montag (Brief)

Achtung Briefumschlag: 3.11.1939, Zürich!
„Ich habe heute 2 Karten und einen Brief bekommen.“
Besuch bei [Ernest] Ansermet, der eine Aufführung des „Symphonischen Konzerts für Streichorchester“ im Radio Genf verspricht. Möglichkeit auch in Zürich bei [Walter] Frey.
→Ankunft am 23. November, Donnerstag, in München.
„Das Violinconcertino“ [Concerto funèbre] liegt bei [Hermann] Scherchen in Neuchậtel. Dann soll es zu [Walter] Frey. UA 1940 in St. Gallen, Ltg. Ernst Klug!
„Warst Du bei Lebsche mit Mama!?“

06.11.39

Winterthur, Montag (Brief): E.H. in München

Winterthur, den 6. XI. 39.

Meine liebe liebe Elisabeth!
Ich habe heute 2 Karten und einen Brief bekommen. Vielen Dank! hast Du mein Paket erhalten? Bzw. 2 Pakete an Papa. Schreibe mir mal was Du bekommen hast! Ich war bei Ansermet. Er führt bestimmt „das Symphonische Konzert“ für Streichorchester auf, am Radio Genf. Sonst habe ich noch Möglichkeiten in Zürich bei Frey. Ich komme am 23. Nov. abends an. Das Violinconcertino bringt mir mehr Glück. Das Stück hat jetzt Scherchen in Neuchâtel, dann muß ich es an Frey senden. Was gibt es bei Dir alles Neues? Hoffentlich geht es Dir gut. Bleibe mir mit Bubi nur gesund. Grüße bitte Deine Lieben.
Warst Du bei Lebsche mit Mama!? Ich sage Dir, daß ich Dich immer noch heiß liebe. Ich umarme Dich feste und küsse Dich innig und bin immer und ewig Dein Kl.

09.11.39

Winterthur, Donnerstag (Brief): privat

„Vorgestern schrieb ich Dir eine Karte.“
Hinweis auf ein [Ernst] „Klug-Konzert“, dessen Proben H. besucht hat und ganz ordentlich fand.
→Ankündigung seiner Ankunft in München am 23. November (Donnerstag).

09.11.39

Winterthur, Donnerstag (Brief): E.H. in München

Winterthur 9. XI. 39.

Meine liebe Elisabeth!
Vorgestern schrieb ich Dir eine Karte. Allerdings hat sich nichts ereignet bei mir. Aber ich will Dir mal sehr liebe Grüße senden.
Am Freitag ist hier ein Klug-Konzert. Ich habe die Proben besucht. Diesmal spielte ganz anständig das Orchester. Auch der Dirigent war sehr ordentlich.
Bei mir ist alles beim Alten. Ich denke immer mit viel Sehnsucht an Dich und an unsern Buben. Hoffentlich bleibt Ihr mir alle gesund. Ich freue mich, wenn ich am 23. Nov. abends bei Euch bin. Ich denke immer an Euch und ich hoffe auch, daß Ihr alle gut zusammen seit [sic]. Bitte, nimm von mir alles Liebe und ich bin mit inniger Liebe stets Dein treuer Kl.
Mein Lieb, ich umarme Dich und drücke Dich an mein Herz und bin Dein ewiger liebender Mann und Freund Kl.

11.11.39

St. Gallen, Samstag (Karte)

„Ich habe 3 Briefe geschrieben und 3 Karten!“
Erwähnung eines [Wilhelm] Furtwängler-Konzerts in der vergangenen Woche. „Das war ein Triumph Deutscher Kunst.“ [Hermann] Scherchen wieder in Winterthur; probt ein klassisches Programm.

11.11.39

(P: St. Gallen), Samstag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Meine liebe Elisabeth!
Ich habe 3 Briefe geschrieben und 3 Karten! Hast Du alles bekommen. Über die Päckchen bin ich sehr sehr überrascht. Mit Kaffee ist nichts zu machen. Nun ja es wird schon recht werden. Letzte Woche war Furtwängler hier, der hatte einen irrsinnigen Erfolg. Das war ein Triumph Deutscher Kunst. Gehe nur Abends aus! Sei nur nicht dumm, sondern genieße das Leben. Nun kommt Scherchen wieder und probt ein klassisches Programm. Wenn ich an unsere Opern und Konzerte denke, wunderbar. Doch das Winterthurer Orchester ist wohl etwas ganz einzigartiges. Leider ist das Wetter nicht sehr schön. Doch die Natur ist sehr schön. Hier in Winterthur ist ja nicht viel los. Nun lebe wohl, bitte grüße Deine sehr verehrten lieben Eltern unsern Bubi und Dir alles Liebe und Gute. Für heute küsse ich Dich innig und bleibe in steter Liebe Dein Karl

12.11.39

undatiert, November 1939, Schweiz (Brief, unvollständig): E.H in München

Liebe Elisabeth!
Heute bekam ich Sachers Programm in die Hand. Nun versteh ich allerdings, daß er mich nicht brauchen konnte. Allein das war sicher nicht der Grund daß er mich ablehnte. Denn was er mir schrieb war Schwindel. Daß mein Stück zu schwer sei…!! Und Bartok – Kreneck sind wohl schwerer. Nun ich war bei Scherchen. Ich habe von ihm einen Brief bekommen worin er (er = Reinhardt!!!) schrieb, daß es unmöglich sei (??) (und sonst noch manches) daß ich in Winterthur aufgeführt werden könnte. Am 13. Dezember dirigiert Sacher in Winterthur. Das andere überlass ich Deiner Fantasie!!
[untere Briefhälfte fehlt]
[Rückseite]
Als 1. der in Amerika lebende Krenek. Dann der „einfache“ „gar nicht eingebildete“ Bartok und als letzter Burkhard. Lauter Ban[au]sen. Hier ist nichts zu wollen. Das Klug’sche Kammerorchester ist miserabel. Dann der Solist hat mir vorgespielt sehr unzweideutig. Morgen werde ich sehen war in Bern zu machen sei. Bei Ansermet habe ich mich angemeldet.
Nun habe ich dann noch eine Gelegenheit das ist der Sender: Lugano. Ich werde noch in den Tagen hinschreiben. Dann habe ich Ansermet – Nussio (Lugano) – Frey (Zürich)
[untere Briefhälfte fehlt]

ohne Datum, Ende November 1939?

(Brief)

Beidler Franz,

17.02.40

St. Gallen, Samstag (Karte): privat

„Ich sende Dir alles Liebe“

17.02.40

(P: St. Gallen), Samstag (Karte): E.H. in München (Königinstraße 31/0)

1. Karte

Meine liebe Elisabeth Ich sende Dir alles Liebe und grüße euch alle und ich bleibe stets Dein Kl.

19.02.40

Zürich, Montag (Karte)

„Wie geht es Dir – wie geht es Euch?“
Bittet um die Adressen von [Paul] Collaer, [Abraham] Skulsky, Onkel Wolf (?), Dr. Meisel (?).
→„Am 1. März [Freitag] bin ich in Neuchậtel. [Ernest] Ansermet dirigiert dort – Ansermet wohnt bei [Hermann] Scherchen.“
→„Am 2. [März, Samstag] bin ich in Basel.“
→„Am 21. [März, Donnerstag] in Winterthur ([Hans] (Münch).“
→„Am 23. [März, Samstag] in Zürich – Bläsermusik.“

19.02.40

(P: Zürich), Montag (Karte): E.H. in München (K: 31)

2. Karte

Liebe Elisabeth. Wie geht es Dir – wie geht es Euch? Bitte schicke mir folgende Adressen: 1. Collaer, 2. Skulsky, 3. Onkel Wolf, 4. Dr. Meisel. Am 1. März bin ich in Neuchâtel – Ansermet dirigiert dort – Ansermet wohnt bei Scherchen. Am 2. bin ich in Basel. Am 21. in Winterthur (Münch). Am 23. Zürich – Bläsermusik. Hoffentlich ist alles bei Euch beim Alten! Lass bald mal was hören. Grüße Deine Lieben. Bussi für Bubi Immer Dein Kl Lebe wohl! Bleibe gesund mit allen lieben Grüßen und Küssen Dein Kl

24.02.40

24.02.1940

Bern, Samstag (Karte): privat

„Ich bin gestern nach Bern gefahren.“
Am 23. Februar Fahrt nach Bern. Besuch im dortigen Rundfunk.
Bekanntschaft mit dem Dirigenten [Kurt] Rothenbühler; er beabsichtigt eine Aufführung des „Simplicius“ am Berner Stadttheater im Herbst. Nochmaliges Treffen für den 4. März (Montag) vorgesehen.
Am Nachmittag Einzelprobe „für mein Konzert“.
Grüße an Adolf.
→Am Sonntag Fahrt nach Lugano zu [Otmar] Nussio.
→Neuerliche Probe in Bern am Montag.

24.02.40

(P: Bern), Samstag (Karte): E.H. in München (K: 31)

3. Karte

Samstag, 24. II. 40.

Meine Liebe! Ich bin gestern nach Bern gefahren. War nachmittags im Radio. Heute vormittag habe ich Herrn Rothenbühler (Kapellmeister) kennen gelernt. Ein junger frischer Mensch. Er hat ein reges Interesse für mich – und er beabsichtigt im Herbst am Berner Stadttheater den „Simplicius“ zu machen. Am 4. März fahre ich nochmals zu ihm. Heute nachmittag 4 h habe ich Einzelprobe für mein Konzert und morgen fahre ich nach Lugano zu Nussio. Am Montag habe ich Probe wieder. Hoffentlich geht es Euch alle[n] meine Lieben recht gut. Grüße bitte Deine Lieben, auch Adolf wenn du ihn mal siehst. Hier ist ein schönes Frühlingswetter!! Schön. Schreibe mir mal. Ach, wie gerne hätte ich Dir Bern gezeigt, und der Kaffee und der Schlagrahm. Hoffen wir, daß es bald wieder möglich ist. Ich umarme Dich innig – küsse Dich zärtlich und ich bleibe immer mit treuem Herzen Dein ganzer Karl.

26.02.40

Winterthur, Montag (4. Karte): privat

„Vielen Dank für Deine Karte.“
„Mein Konzert klingt sehr gut, bin selbst überrascht. Die Aufführung wird mittelmäßig gut.“

26.02.40

(P: Winterthur), Montag (Karte): E.H. in München (K: 31)

4. Karte

Winterthur 26. II. 40.

Liebe Elisabeth! Vielen Dank für Deine Karte. Ich sehr froh daß alles beim Alten ist. Grüße bitte Dein[e] lieben Eltern. Was macht mein Bub. Grüße und küsse ihn herzlichst von mir. Mein Konzert klingt sehr gut, bin selbst überrascht. Die Aufführung wird mittelmäßig gut. Lebe wohl ich bin immer Dein Kl. Ich bringe keinen Biss von Schlagsahne oder Süssigkeiten hinunter ohne an Dich bzw. an Euch zu denken.

01.03.40

Basel, Freitag (5. Karte)

Kontrolle Ort
„Das Konzert ging gut vorüber – leider konnte ich keine Proben besuchen, da ich am Mittwoch 39,4 Fieber bekam.“
Konzert (Bläserkonzert).
→Fahrt nach Zürich.

01.03.40

(P: Basel, 2.03.1940), Freitag (Karte): E.H. in München (K: 31)

5. Karte

Zch. 1. III. 40.

Liebe Elisabeth! Das Konzert ging gut vorüber – leider konnte ich keine Proben besuchen, da ich am Mittwoch 39,4 Fieber bekam. Heute mußte ich nach Zürich – dann lege ich mich nachmittag wieder ins Bett. Es geht mir bedeutend besser jetzt. Hoffentlich geht alles gut vorüber! Wie geht es Euch. Grüße bitte Deine Lieben. Dir und unserm Buben alles Liebe Immer Dein Dir treuer Karl.

06.03.40

Bern, Mittwoch (Karte)

„Heute bin ich in Basel.“
Treffen mit [Paul] Sacher nach dem Konzert; beabsichtigt einen weiteren Besuch in den nächsten Tagen mit Partitur.
Brief von [Abraham] Skulsky, daß das „Symphonische Fragment“ wahrscheinlich in Brüssel zur Aufführung gelangt (Winter 1940/41).
Besuche mal Tante Olga, Maja und Ida, auch Onkel Wolf.

08.03.40

(P: Zürich), Freitag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Zürich, 8. III. 40.

Meine liebe Elisabeth! Ich möchte Dir viele liebe Grüße senden. Ich komme am 21. März abends in München an. Mir geht es gesund[heit]lich gut – nur der Husten. Grüße bitte Deine Lieben und meinen Bubi. Sei Du auf das herzlichste gegrüßt Dein dankbarer Karl.

11.03.40

Basel, Montag (Karte)

„Heute, meine liebe Elisabeth, bin ich in Basel!“
Ankunft in Basel. „Über die Proben von [Ernst] Klug habe ich Dir schon geschrieben. Auch über die Marsik-Aufführung meines Violinconcertinos wirst Du Bescheid haben.“
Besuch bei [Paul] Sacher. Erst einmal ohne konkretes Ergebnis. Wünscht das gesamte Material. Partitur hat er behalten. Will Ende Mai/Anfang Juni Bescheid geben.
→Am Mittwoch bei [Ernest] Ansermet in Genf.
→Am Donnerstag bei [Otmar] Nussio in Lugano.
„Es ist alles sehr schwer bis ich etwas anbringe.“

11.03.40

(P: Basel), Montag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Basel. 11. III. 40

Heute, meine liebe Elisabeth, bin ich in Basel! Deine Post habe ich erhalten. Über die Proben von Klug habe ich Dir schon geschrieben. Auch über die Marsik-Aufführung meines Violinconcertinos wirst Du jetzt bescheid haben. Nun war ich heute bei Sacher. Er war wie immer nett. Diesmal hat er nichts versprochen. Aber ich soll ihm das gesamte Material senden. Die Partitur hat er behalten. Doch glaube ich daß er sicherlich Interesse hat. Wir haben sehr ausführlich die Partitur studiert. Er wird mir ende Mai – anfangs Juni Bericht geben. Ich soll Dich herzlich grüßen von Sacher. Am Mittwoch bin ich bei Ansermet in Genf und am Donnerstag bin ich bei Nussio in Lugano. Es ist alles sehr schwer bis ich etwas anbringe. Doch glaube ich bei Sacher wie bei Ansermet Glück zu haben. Hoffentlich! Grüße bitte Deine Lieben. Viele Grüße und Küsse an Richard. Sei Du sehr lieb umarmt von Deinem dankbaren Karl.

14.03.40

Lugano, Donnerstag (Karte)

„Gestern war ich in Bern (auch bei Hartmann) und um 2h nachmittag bin ich nach Genf weitergefahren.“
Am 13. März in Bern. Weiterfahrt nach Genf. Besuch bei [Ernest] Ansermet; auch im Konzert mit Werken von Debussy. „Immer und immer Debussy (Nocturnes). Da muß man doch das Kotzen bekommen. Das sind Heldentaten. Dann hat er von Hindemith die Trauermusik gemacht – ein fürchterlich schwaches Stück.“ Als Dirigenten bevorzugt KAH [Paul] Sacher. Ansermet plant eine Aufführung des „Symphonischen Concerts“ in den nächsten Monaten.
Am 14. März Fahrt nach Zürich, dann weiter nach Lugano.
Besuch bei [Otmar] Nussio. Kleiner Sender.
Baldige Heimreise angekündigt.

14.03.40

(P: Lugano), Donnerstag (Karte): E.H. in München (K: 31)

Meine liebe beste Elisabeth!
Gestern war ich in Bern (auch bei Hartmann) und um 2 h nachmittag bin ich nach Genf weitergefahren. War um 5 h in Genf, auch bei Ansermet – abends im Ansermet-Konzert. Um 115 nachts bin ich nach Zürich gefahren, vor 7 morgens in Zürich, bin sofort weitergefahren nach Lugano und war um 1034 h morgen in Lugano. Und nun am 14. III. bin ich in Lugano! Gestern war ich bei Ansermet. Er will bestimmt mein Symphonisches Concert aufführen. Er hofft bestimmt in den nächsten Monaten. Ich war noch Abends in seinem Concert. Immer und immer Debussy (Nocturnes). Da muß man doch das Kotzen bekommen! Das sind Heldentaten! Dann hat er von Hindemith die Trauermusik gemacht – ein fürchterlich schwaches Stück. Ich halte Sacher für den weitaus begabteren. Ansermet ist nur äußerlich. Das Konzert von Sacher war auch viel viel besser! Ansermet’s Frau ist immer noch krank. Ihm merkt man nichts an. Nun komme ich aber sehr sehr gerne heim. Nun langt es. Das war eine lange Zeit. Gerne bin ich bei Dir und bei Bubi. Ich komme ja bald. Ich freue mich aufrichtig darauf. Und nun zu Nussio. Der Sender ist sehr klein – ich bin bis 4 h bestellt – Das werde ich erzählen – ich gebe die Karte auf! Hier blüht alles. Wunderbar!!! Ich freue mich aufrichtig auf unser Wiedersehn. Ich umarme Dich herzlichst küsse Dich und bleibe Dein dankbarer Kl. Grüße bitte alle Deine Lieben.

02.05.40

(ohne Poststempel, falsches Datum von KAH) Junkersdorf, Donnerstag (Karte): E.H. in München (Wilhelmstraße 8)

2. IV. 40.

Liebe Elisabeth! Ich bin gut angekommen. Das Wetter ist sehr schön gewesen. Hier ist alles beim Alten. Die Gegend ist wunderschön. Ich komme am Montag nach München. Am 3. Mai also morgen kommt Adolf. Er fährt auch am Montag wahrscheinlich, da Fritz nach Nürnberg fährt. Du wirst wahrscheinlich in München sein. Ich schreibe noch genau meine Ankunft. Liebe Elisabeth, lebe wohl! Bleib gesund mit Richardl. Wie geht es ihm. Was treibt er denn. Ich umarme Dich und bleibe stets Dein treuer Kl.

12.02.41

München, Freitag (Brief): E.H. in Bad Gastein (Hotel Mozart)

12. II. 41.

Mein Lieb! Alles beim Alten! Unser alter aber, darüber bin ich froh, immer neuer Spruch! Ich wüsste nicht was ich Dir schreiben sollte. Bitte sorge Dich über nichts – kümmere Dich über Dich selbst. Verbringe schöne Tage! Grüße bitte die Deinen Lieben alle sehr herzlichst; auch Frl. Resi. Was macht die Lippe? Lebe wohl! Du und Richard seid tausendmal gegrüßt und herzlichst geküßt Von Eurem treuen Kl.

21.02.41

München, Freitag (Karte) E.H. in Bad Gastein

„Alles beim Alten!“
Arbeit an der „Ouvertüre“ [Symphonische Ouvertüre]. „Ich glühe voll von Noten!“

21.02.41

(P: München), Freitag (Karte): E.H in Bad Gastein (Hotel Mozart)

Liebe Elisabeth! Alles beim Alten! Verbringe schöne ruhige Tage. Ich bin allein und schreibe stets! Bitte grüße alle Deine Lieben herzlichst! In treuen Gedanken bin ich stets und immer Dein Kl. Ich platze bald, wenn nicht bald die Ouvertüre raus kann. Ich glühe voll von Noten!

13.07.41

Winterthur, Sonntag (Karte)

„Meine Symphonie wird am 29. VII. (Dienstag) 20 Minuten von 18h (6h) uraufgeführt.“
Ankündigung UA der „Symphonie“ [„Sinfonia Tragica“] für den 29. Juli (Dienstag).

13.07.41

(P: Winterthur, 16.07.1941), Sonntag (Karte): E.H. in München (W: 8)

Winterthur, 13. VII. 41

Mein Lieb! Meine Symphonie wird am 29. VII. (Dienstag) 20 Minuten von 18 h (6 h) uraufgeführt. Ich hab es doch durchgesetzt. Bist Du eigentlich am 29. in Starnberg? Mir geht es gut. Hoffentlich geht es Dir und Richardl gut. Grüße Deine lieben Eltern. Ich bin immer Dein treuer Kl

16.07.41

(P: Zürich, 17.07.1941), Mittwoch (Karte): E.H. in München (W: 8)

Zürich 1941, Juli 16.

Meine gute und liebe Elisabeth! Am 29. Juli wird meine Symphonie (20 Minuten vor 6 h) (am Dienstag) uraufgeführt. Morgen ist die erste Probe am Donnerstag. Hermann ist in Winterthur und probt. Morgen besuche ich Job den Direktor vom Funk, vielleicht wird meine Symphonie auf Platten geschnitten! Sonst gibt es nichts neues. Am Freitag fahre ich zu Ansermet. Ich bin auf die Aufführung gespannt, wie das Orchester ist. Grüß meinen Bubi und Deine lieben Eltern. Wie Du weißt bin ich stets und immer Dein Kl.

24.07.41

Poststempel Zürich, Donnerstag (Karte), datiert vom 16. Juli

„Am 29. Juli wird meine Symphonie (20 Minuten vor 6h) (am Dienstag) uraufgeführt.
Ankündigung UA der „Symphonie“ für den 29. Juli (Dienstag). Erste Probe am Donnerstag. „Hermann [Scherchen] ist in Winterthur und probt.“
Plant einen Besuch bei „Job den Direktor vom Funk“; möglicherweise Produktion Konzertmitschnitt.

24.07.41

(P: Zürich), Donnerstag (Karte): E.H. in München in (W: 8)

24. VII. 41. / Mittg.

Meine liebe Elisabeth! Ich sende Dir liebe Grüße! Am 4. August abends komme ich zu Dir. Leider sind nur zwei Proben möglich – daher ist die Aufführung sehr mangelhaft. Es schaut so aus, als ob gar keine Aufführung von statten geht. Es ist klar, eine Symphonie von 30 Min. und musikalisch, wie technisch sehr schwer – und nur 2 Proben. Leider – leider! Gesundheitlich geht es mir nicht gut – immer habe ich Herzschmerzen. Ich freue mich auf unser Wiedersehn – ich bleibe stets und immer Dein treuer Kl. Bitte gib unserm Bubi ein festes Bussi! Grüße bitte auch Deine lieben Eltern herzlichst. H. ist sehr nett und höflich.

10. bis 17. August 1941

H. Scherchen, Ferien- und Dirigierkurs in Winterthur

01.01.42

keine Korrespondenz vorhanden.

Oktober/November 1942

ohne Datum, Wien (Brief): E.H. in München

Meine Liebe!

Es ist abends, ich bin in mein Zimmer zurückgekehrt und will Dir gleich von meinem ersten Besuch bei Webern erzählen. Nachdem ich gestern ein Hotelzimmer gefunden, meine Sachen untergebracht und eine Nacht mit Erwartungsträumen durchschlafen hatte, fuhr ich heut Früh mit der Stadtbahn nach Maria-Enzersdorf, einem hübschen kleinen Weinort. Ich hatte zwar Weberns Anschrift notiert, versuchte aber sein Haus unter den anderen „sympathetisch“ herauszufinden. Du kennst das Spiel und weißt, wie sehr man daher auf den Holzweg geraten kann. Von etwas glücklicher Hellsicht geleitet, stand ich bald ohne viel Umschweife davor, obgleich es unauffällig ist, ein unscheinbares Einzelhaus in einer Villenstraße. Auch darin hatte mich meine geschärfte Erwartung nicht getäuscht – ich hatte nämlich das Gefühl, niemanden anzutreffen, und so verhielt es sich tätsächlich [sic]. Was blieb mir, als ein Spaziergang in die Umgebung, die ich freilich vor lauter imaginierter Gespräche mit Webern kaum wahrnahm: „Ach da sind Sie ja, lieber Hartmann, Scherchen und mein Astrologe hat mir Sie lange vorhergesagt und ich brenne darauf, Ihre Opern und Symphonien zu sehen und zu erfahren, welchen Weg die Musik im kommenden Jahrhundert nimmt!“ In meinen Selbstgesprächen kam ich wieder am Hause vorbei, da werkelte jemand im Garten und ich konnte annehmen, daß es Webern war. Obgleich ich durch die Gartentür eingetreten war, mit den Füßen scharrte und hüstelte, beachtete er mich zunächst überhaupt nicht und in mir keimte der Argwohn, daß ich mich in meinem vorweggenommenen Begrüßungsszenen ein wenig zu weit von der Wirklichkeit entfernt hatte. Schließlich trat ich zu ihm und er bemerkte mich endlich, entsann sich meines Briefes und lud mich freundlich ins Haus ein. Dort brachte ich erneut mein Anliegen vor, erklärte ihm, wo mir [mich] der Schuh drückt und was ich von seinen Unterweisungen erhoffte. Er ging darauf ein und schlug vor, daß wir außerdem klassische Werke so wie einige seiner Arbeiten analysieren wollen. Als seine Frau dazukam [sic] wurde die Unterhaltung allgemeiner, wir berichteten von unseren Familien und ich erfuhr, daß ihre Töchter verheiratet sind. Während er nur bürgerlich wirkt, hat man den Eindruck, daß seine Frau es zutiefst ist, und zwar im schlichtesten Sinne. Nicht ohne meine Schuld kehrte das Gespräch immer wieder zur Politik zurück. Ich hätte es nicht dorthin lenken [sollen], denn da erfuhr ich Dinge, die ich mit meinem starken Hang zum Anarchismus lieber nicht gehört hätte. Er vertrat nämlich ernstlich die Meinung, daß um der lieben Ordnung willen eine jede Obrigkeit respektiert werden müße [sic] und der Staat, in dem man lebt, im jeden Preis anzuerkennen sei. Er rauchte dabei mit Behagen seine Zigarre und ich hatte meine Not, an mich zu halten und nicht despektierlich zu werden. Sein Wohlwollen gegenüber denjenigen, die ihn an die Wand drücken, ist mir unbegreiflich, aber ich bin ja nicht hergekommen, um ihn weltanschaulich zu ergründen. Als ich ihn endlich verließ, war es Abend geworden. Ich stürmte in die Dunkelheit hinaus und war noch recht bewegt von den Gesprächen, „der Hut fiel mir vom Kopfe“! Um mich wieder zu neutralisieren, ging ich in ein Kino. Aber dort gabs neue Aufregung. Da hatte sich einer seine Frau gar schwer zu erkämpfen, und was meinst Du wohl, an wen ich dabei erinnert wurde! Ich unarme Dich sehr innig und auch den [sic] kleinen Richard einen festen Kuß, ich bleibe stets Euer Karl Amadeus.

Oktober/November 1942

ohne Datum, Wien (Brief): E.H. in München

Mein liebstes Elisabeth,

inzwischen war ich mehrmals bei Webern. Der Unterricht läßt sich versprechend an und ich lebe auf. Du wirst fragen, wie sieht er aus? Daß Webern wie ein kleiner Beamter aussieht, kann nur der auf sich nehmen, der ihn nicht gesehen hat. Freilich macht er auf Gruppenfotos eine unscheinbare und bürgerliche Figur. Dabei ist er gerade unter den unbürgerlichen Köpfen der Nichtbürger, denn er stammt ja aus einer alten Adelsfamilie. Wenn Du aber – mit Recht – einwendest, daß hier nicht der Adelsmann, sondern der Abenteurer als bürgerlicher Gegenspieler gilt, muß ich erwidern: die Abenteuerlichkeit von Weberns Existenz bleibt auch hinter der eines genialischen Wirrkopfes nicht zurück, nur daß sie sich ausschließlicher im Werk niederschlägt und nicht auf dem Wege dorthin in Allüren und Bedeutungsmienen steckenbleibt. Dezenz und Unauffälligkeit der Erscheinung ist ja seit Richard Wagner in Künstlerkreisen nicht gefragt, und es sind schon weisse Raben, die sich ihrer befleissigen. Ausser Webern fällt mir nur Paul Klee ein, von der Novellenfigur Tonio Kröger einmal abgesehen. Obgleich sich Webern literarisch umtut und wahrscheinlich auch Klee persönlich kennt – ich muß ihn danach einmal fragen –, ist seine bürgerliche Mimikry doch ein eigenständiger Zug. Das soll nicht sagen, daß er sich von Leitbildern immer frei gehalten habe und daß nicht doch mancher Zug eines Vorbildes bis in sein Äußeres gedrungen sei. Ich denke dabei nicht an Schönberg, der fast gleichaltrig ist und dessen persönlicher ungezwungener Umgang die idolhafte Vergrößerung nahezu ausschloß. Mir schwebt vielmehr G. Mahler vor den zu rühmen er keine Gelegenheit ausläßt. Ich bilde mir ein, daß Webern von dem vogelhaft bebrillten Typus Mahlers etwas mitgeprägt ist. Aber der Gustav-Mahler-Aufblick und die Bürgermiene sind, wie ich ihn jetzt kenne, nur noch Grundierung seiner Züge, die nur für den Kenner der früheren Porträts durchschimmert. Zuoberst trägt er jetzt eine etwas verwitterte Leidens- und Entsagungsmiene, die ergreifend ist, besonders, wenn sie sich in einer freundlichen Aufwallung erhellt. Wie ich Dir schon schrieb, traf ich ihn zuerst bei Gartenarbeiten. Die betreibt er, wie ich inzwischen erfahren habe, nicht aus Hingabe an Goethes Metamorphose der Pflanzen. Er hat es mir beiläufig erklärt, doch es ging mir ein wenig über den Kopf und ich kann den Verdacht nicht los werden, daß es sich dabei um eine Grille handelt. Er ist kleiner als man ihn sich vom Bild vorstellt. Bei der ersten Begegnung, als er das Gartengerät ablegte und mich ins Haus geleitete, stand schon einige Kühle und sachliche Strenge in seinem Gesicht. Als ich mich vorgestellt hatte, löste sich das sogleich und wich einem angenehmen wienerisch gefärbten Entgegenkommen. Dabei geht viel Scharm und Bedeutung von ihm aus, ohne daß er lärmend wirkt oder irgendeine Pose entfaltet. Sieht man von der Brille ab, die ja jedem Gesicht leicht etwas Strenges gibt, so entwickelte er eine herzerwärmende Freundlichkeit, etwa wenn er sagte: „Ach Hartmann, Sie sind da, herzlich Willkommen!“ Sein Gesicht ist hager, er hat eine scharfe, gerade unter dem metallenen Brillenbügel hervorstechende Nase. Die Brille, ich komme nicht von ihr los, ist von rührender Schlichtheit, was das Gestell betrifft und unterstreicht, was man längst von ihm weiß, daß seine Ansprüche nicht auf das Äußere gerichtet sind. Der Mund ist immerhin etwas schmallippig, dessen Stoff nicht Winkelgrade oder Logarithmen sind, sondern Flöte und Geige. Aber das paßt vielleicht nicht schlecht zu seiner Reihenalgebra, die ich ihm ja auch lieber absehen möchte, als Oboenschmachten und Geigenschmelz. Bin ich nicht fleißig im Briefschreiben! Ich werde Dir nochmals schreiben ehe Du nach Wien kommst. Ich freue mich riesig auf Dein Kommen. Sei Du und Richardl herzlichst und innigst umarmt und geküßt immer bin ich Euer Karl Amadeus.

Oktober/November 1942

ohne Datum, Wien (Brief): E.H in München

Meine liebe Elisabeth,

nun bin ich schon etliche Zeit hier, meiner Hochstimmung ist noch immer keine Ernüchterung erfolgt. Webern hat zur Zeit keinen Schüler und ich glaube, es kümmert sich kein Mensch um ihn. Mir kann das nur recht sein, denn er widmet sich mir den ganzen Nachmittag und bei seiner konzentrierten Arbeitsweise ist der Stoff, den wir miteinander bewegen, immens. Drei bis vier Stunden wird jedesmal intensiv gearbeitet. Danach unterhalten wir uns über diesen und jenen Komponisten, dann wertet er, stellt Theorieren [sic] über die Zukunft der Musik auf und ähnliches. Wir haben meinen „Simplicius“ und meine 1. Symphonie durchgesprochen; er ging dabei bis in die kleinsten Verästelungen von Form und Thematik. Dann analysierten wir klassische Werke – Beethoven Sonate op. 2 Nr. 3 und ein Streichquartett von Reger. Reger schätzt er hoch und es macht viel Freude, mit ihm das fis-moll Streichquartett zu zergliedern. Dabei kommt er mir vor wie ein Gelehrter, der unter der Lupe ein Insekt seziert und sich an den Flügeläderungen und dem Facettenauge erfreut. So sehr mir seine Einschätzung Regers einleuchtet, so wenig stimme ich seiner Ablehnung Bruckners zu. Er glaubt nicht, daß Bruckner für die Entwicklung der Musik etwas geleistet hat. Ist denn Bruckner so weit von seinem geliebten Mahler entfernt? Sein Verhältnis zu Strauß steht im Schatten seiner Liebe zu Mahler, und er hat mich überzeugt, daß Mahler für uns wichtiger und richtungsgebender ist als Strauß. Ich kann mich zwar nicht so entschieden auf einen der beiden festlegen. Aber am Ende kommt Mahler auch meinen Absichten weiter entgegen als der Programmdichter Strauß. Riesig freute mich, daß er Scherchen für den besten Dirigenten seiner Werke hält. Kein Wunder bei ihrer Ähnlichkeit, ihrer Aufgeschlossenheit für das Neue und ihrer Bereitschaft, uns Junge zu fördern. Webern läßt nie fühlen, daß er der Lehrer ist. Sein Temperament ist ausgeglichen, beherrscht und liebenswürdig. Es ist jedesmal eine Zeremonie, auf die ich mich schon freue, wenn er sorgfältig die Schublade aufzieht, eine Mappe hervorholt, diese auf die Komodenplatte [sic] legt, dann aufschlägt, durchblättert, ihr ein Blatt – die gesuchte Analyse – entnimmt, die Mappe schließt, sorgsam beiseite legt und nach getanem Werk alle Verrichtungen im Krebskanon wieder rückwärts aneinanderreiht, mit unbeirrter Sorgsamkeit. Jede seiner Kompositionen ist mit peinlich genauen Analysen und mit den Abwandlungen der Reihe versehen. Er stellt mit mir präzise Untersuchungen über Rhythmik, Melodik und Thematik seiner Werke an, wobei er der Thematik den größten Raum gibt. Besonders eingehend besprachen wir heute seine Klaviervariationen op. 27, die ich analysieren mußte. Ein Klangwunder sind diese Variationen, von höchster Konstruktion. Er legt den drei Sätzen eine Zwölftonreihe (es, h, b, d, cis, c, fis, e, g, f, a, gis) mit ihren 4 Grundformen und den 12 Transpositionen zugrunde. Dadurch erhält das Werk einen konstruktiven Zusammenhalt, in dem jede Note ein wohlkalkuliertes Glied innerhalb der Kanons und Variationen bildet. Könnte ich doch über den Aufbau dieser Zopfgeflechte hinaus erfahren, wie er es anstellt und worauf es beruht, daß seine Musik den göttlichen Hauch enthält. [fehlt S. 3] Neulich sagte er mir in aller Treuherzigkeit: „Meine Melodien wird noch einmal der Briefträger pfeifen!“ Ich glaube zwar eher, daß der Briefträger auf seine Melodien pfeifen wird. Zumindest wird der Briefträger ihm die Post der Bewunderer aus aller Welt zu bringen haben, was immer er auch dabei pfeift. In ruhiger und unaufdringlicher Weise findet er Worte für seine Berufung und die Stellung seines Werkes in der Musikgeschichte. Die Ungunst der derzeitigen äußeren Umstände berührt ihn dabei nicht. Die Webernschen scheinen eine gute Ehe zu führen, wobei seine Frau wenig Anteil an seiner Arbeit nimmt und fast ausschließlich an ihre Kinder denkt. Ich habe den Eindruck, daß sie sich über die Bedeutung ihres Mannes nicht im klaren ist. Er dagegen kümmert sich in seiner peniblen Art auch um den Haushalt und übt auf das kleine Hauswesen einen patriarchalischen Einfluß aus. Als ich kürzlich etwas Straßennässe in sein Zimmer getragen hatte, begann der Unterricht nicht, bevor nicht alles sorgfältig aufgewischt war. Du kannst Dir vorstellen, mit welchem Gesicht ich dastand, während er mir mit dem Wischlappen zwischen den Beinen herumfuhr. Am Ende lerne ich bei ihm nicht nur das Winden kompositorischer Zopfgeflechte, sondern werde überhaupt noch ein ordentlicher Mensch.

Oktober/November 1942

ohne Datum, Wien (Brief): E.H. in München

Meine allerliebste Elisabeth,

ich warte so sehr auf Dich – warum bist Du bis jetzt nicht gekommen. Hier in Wien ist ein Musikfest und ich will Dir darüber berichten; aber dies ist mein letzter Brief vor Deinem Kommen. Ich freue mich!! Gestern war ich mit Webern in der Staatsoper und dachte mit viel Sehnsucht an die schönen Feste der IGNM in Prag, Paris und London, wo ich das „German independent“ vertrat. Die Bühne in der Staatsoper war überladen ausgestattet und kompensierte die Ärmlichkeit der Musik. Stell Dir einmal vor, ein zeitgenössisches Musikfest in Wien ohne Schönberg Berg und Webern, eine Veranstaltung, in der Webern leibhaftig, doch wie ein Gespenst umgeht, das keiner sieht und keiner kennt. Ich muß froh sein, daß mich niemand zur Teilnahme aufgefordert hat, denn dann wäre ich mir wie ein Verräter vorgekommen. Webern wird weder zu einer Aufführung, noch zu anderen Feierlichkeiten, geschweige denn zum Empfang des Statthalters eingeladen. In der Oper erkannte ihn keiner der anwesenden Komponisten, die hätten es auch gar nicht der Mühe wert gefunden, seine Bekanntschaft zu suchen. Wir, Webern, Apostel und ich, gingen als Fremde im Theater um her und konnten uns mit Recht als Ausgestossene fühlen. Webern trug es zunächst mit Gleichmut und wirkte unbeteiligt. Doch in der Pause erlebte ich seine eine einzige Auflehnung. Fast aufgelöst eilte er mir im Foyer entgegen und begann, ohne Rücksicht auf die Umstehenden, seinem Herzen Luft zu machen. Wie ein Rasender belegte er, der sich sonst nur gebildet und gesetzt aussprach, die aufgeführte Musik mit alttestamentarischen Flüchen und verdammte alle Plattheit und Pseudomodernität, die sich hier ausbreitete. Es war schmerzhaft und erlösend, wie er unter der Dummheit dieser Musik von Egk und Orff litt und darüber endlich einmal seine Verhaltenheit aufgab. Heute Nachmittag wurde kein Wort mehr von dem gestrigen Theaterabend gesprochen, wir arbeiteten an Analysen und dabei fühle ich, daß er mir besonders zugetan ist. Wie viel wert ist mir diese Zuneigung und wie erwidere ich sie! Am Schluß der Lektion hatte ich noch ein paar Fragen über Schönbergs „Erwartung“. Ich hatte die Partitur mitgenommen und schlug sie auf, obwohl ich Webern mit meinen Fragen genugsam ermüdet hatte. Unvorhergesehen ergab sich daraus ein langes Gespräch. In seinem Verlauf wurde er immer gelöster und entflammter und sprach schließlich so glühend über dieses Werk, dass ich mir vorkommen konnte wie derjenige, den Vergil durch Himmel und Hölle führte. Er begann das Werk vor mir zu entfalten, hob zuerst ein paar Töne hervor, die ein großes, unbestimmtes Gefühl zum Ausdruck bringen und eine wunderbare Architektur offenbaren. Im weiteren Verlauf zeigte er, wie das Werk nach allen Richtungen organisch wächst, bis es seine volle Gestalt gewonnen hat, und ich ahnte etwas von dem Schaffensrausch, der Schönberg ergriffen haben möchte [sic]. Das war seine Festaufführung als Antwort auf den abgeschmackten Vorabend. Ich bringe den Brief heute noch zum Bahnhof, damit Du bald diesen Brief bekommst. Lebe wohl mein Allerbestes, einen festen Kuß für Richardl und auf Wiedersehen! Hoffentlich bald!!! Immer Dein Karl Amadeus.

14.11.42

(P: Wien), Samstag (Telegramm): E.H. in München (W: 8)

Komme am Sonntag 15 um 16.05 nach München freue mich auf ein Wiedersehn heute geht der Kurs zu Ende sehr interessant aber mir fremd kein Kontakt mit Webern vielleicht sehen wir uns an der Bahn Grüße Euch beiden = Karl

05.01.43

München, Dienstag (Brief)

„Körperlich geht es mir gut!“
Hartmanns Arzt, der „heißgeliebte Freund“
„Gestern war ich bei Fleischmann“. Hoffnung auf endgültige Wehruntauglichkeit.
„Otto Fr. Ist ja ein Depp!“

05.01.43

München, Dienstag (Brief): E.H. in Kempfenhausen

München, den 5. I. 43.
Dienstag vormittag 11 ¼ h

Meine liebe Elisabeth! Körperlich geht es mir gut! Besonders das Herz geht gut. Ja, das kommt von meinem heißgeliebten Freund, dem Arzt. Der stellte meine linke Seite wieder her. Heute kamen zwei Kisten 70 kg (140) Äpfel. Ich lasse dieselben zu bis Du kommst. Gestern war ich bei Fleischmann – er glaubt daß ich die nächsten 4-6 Wochen meine sichere Ruhe habe. Was dann weiß er nicht, da ja viel passieren kann. Aber Otto Fr. ist ja ein Depp! Sonst gibt es nichts neues! Lebt alle wohl! Seid herzlichst gegrüßt! Ich bin immer Euer Kl.

–––

Undatierte Briefe

Für die folgenden Dokumente fehlen exakte Datums- und/oder Ortsangaben.

Undatiert, 1932?

(Brief): E.R. in Arnshausen [lt. Angabe E.H.]

Meine liebe Elisabeth! Meine teuerste Braut.
Ich danke Dir für Deinen Brief. Du weißt ja, ich freue mich immer von Dir Post zu bekommen.
Deine Worte – Deine Gedanken – sind für mich der Odem der Liebe. Bist Du bei mir so bezaubert mich Dein ganzes Ich Dein Alles – und ich bin wie betrunken.
Nimm bitte meinen heißen Dank entgegen für jedes Wort das Du mir schenkst; – und nimm als Zeichen unserer Liebe einen Kuß von mir und ich umarme Dich und bleibe Dein Karl.

Undatiert, 1932?

München (Briefkarte): KAH in München

Mein lieber Karl!
Bitte komme morgen nicht, weil ich mit Mama u. Dr. Schw. nach Landshut fahren muß. Höchstens, wenn es in der Früh schüttet, könnte es möglich sein, daß wir hierbleiben. Du weißt, wie ungern ich es tue, doch ich konnte es nicht durchsetzen hierzu bleiben. Deshalb soll auch Adolf erst Mittwoch anrufen, ich möchte gerne, daß für Donnerstag etwas ausgemacht wird. Sonst Freitag. Gell, Du bist mir nicht bös, ich versuchte wirklich alles um hier bleiben zu können. Lebe einstweilen wohl,
Herzlich grüßt und küßt dich Deine Elisabeth.

Undatiert, 1932?

München (Briefkarte): KAH in München

Bitte rufe doch morgen vormittag bei uns an. Mama erwartet auch schon immer einen Anruf.
Elisabeth.

Undatiert, 1933?

Arnshausen (Briefkarte): KAH in München (oder Junkersdorf)

Mein liebster, bester Karl!
Soeben Deine Karte u. Brief erhalten. Es wird Mutter doch besser gehen!!! Ich bin so erschrocken darüber. Was Du doch alles durchzumachen hast! Wenn es Mutter sehr schlecht gehen sollte, so versucht sie auf jeden Fall nach München zu bringen. Vielleicht 2. Klasse, 3 Plätze, wo sie ausgestreckt liegen kann. In Junkersdorf kann sie auf keinen Fall bleiben. Ich werde sorgen, daß die Kosten getragen werden. Aber sie muß zu einem guten Arzt. Ich ging gerade auf die Post, um Dir zu schreiben, hierherzukommen. Doch es ist anders gekommen, es wäre ja so schön gewesen. Du hättest Dich gut erholt, es ist hier auch schön, man kann sogar noch baden. Bitte komme, wenn Gefahr bei Mutter vorbei ist, bald wieder heim. Wir fahren entweder Montag abends oder Dienstag mittag nach München zurück. Helfen könnte ich ja doch nichts, wenn ich zurückkäme, sonst käme ich selbstverständlich. Telegraphiere nur, wenn ich kommen soll.
Lieber Karl, ich wünsch Dir und Euch alles Gute, Du weißt, wie ich mit Dir fühle, bleib nur gesund u. ruhig, ich grüße u. küsse Dich innigst u. bleibe Deine Elisabeth.
Kommst Du an die Bahn?

Undatiert, 1932?

(Brief): KAH in München

Lieber Karl!
Ich will blos feststellen wie die Dinge liegen. – Du schreibst mir am Mittwoch, daß es Mutter sehr schlecht ginge u. daß Du nach Junkersdorf mit dem Zug fährst. Ich bin sehr in angst um Mutter, wie es ihr wohl geht, – Du kannst das nicht so verstehen, weil Du an keinem meiner Eltern so hängst, wie ich an Deiner Mutter. 5 Tage lang, auch am Sonntag laufe ich täglich 2 mal zur Post – nie ist die geringste Nachricht da. Im letzten Brief schriebst Du – Du kämest bestimmt am Sonntag, Montag heim. Da ich nie Nachricht bekam, mußte ich annehmen, daß es Mutter nicht schlechter geht u. daß Du Montag wieder zuhause bist. Papa mußte plötzlich noch 1 Tag nach Garmisch geschäftlich, ich sollte auch mit, doch da ich Dir schon die Zeit meiner Ankunft mitgeteilt hatte, wollte ich es nicht mehr ändern u. fuhr allein heim. Also ich erwarte nachts am Bahnhof, – Du bist nicht da – ich freute mich Dich zu treffen – und jetzt weiß ich nicht einmal mehr, bist Du hier oder in München Junkersdorf. Am Dienstag kommt dann die kurze Karte, „Ich komme heute an“. Sonst schriebst Du nichts, nicht einmal, daß du mit dem Auto kommen wolltest. Ich laufe nun 2 mal zur Bahn. Nichts! Dann kommt heute die Karte, „komme Mittwoch“ wieder sonst nichts. Wieder laufe ich 2 mal zur Bahn. Kann man mir verdenken wenn ich da sehr ärgerlich bin. Wie wärest Du in dem Fall, wenn ich es so machen würde. Zuerst muß ich mich 5 Tage um Mutter ängstigen u. dann nimmst Du Dir nicht einmal die Zeit mir eine etwas ausführlichere Karte über Dein Kommen zu schreiben. Ich fühle mich nicht im geringsten im Unrecht. Der einzige kleine Fehler war vielleicht, daß ich es sofort am Telephon sagte. Es ist immer besser man spricht über solche Dinge zusammen, wenn man sich sehen kann. So jetzt weißt Du wie die Sachlage ist, – jetzt mußt Du sehen, daß die größere Schuld auf Deiner Seite liegt. Du kennst mich, wie ich mich über alles ängstige und nie etwas zu erfahren ist für mich die größte Qual. – Das wirst Du verstehen, – wenn Du auch ein Hitzkopf bist.
Willst Du mich morgen bis 9 h anrufen, nicht später bitte, aber diesmal, ohne wieder einzuhängen!!! Lieber Karl, ich war wirklich sehr erbittert.
Es grüßt und wünscht Dir gute Nacht Deine Elisabeth.

Undatiert, 1932?

(Brief): KAH in ?

Mein Karl! Mein heißgeliebter Karl!
Wie furchtbar schwer wird es mir, Dich immer und immer wieder verlassen zu müssen. Du weißt nicht wie sehr ich darunter leide, doch ich verliere nie den Mut, weil ich dann immer an die schöne Zukunft denke, und es wird schön, das weiß und fühle ich ganz bestimmt, und wir werden auch siegen, daran hab ich nie gezweifelt.
Karl, bitte verliere Deine Nerven nicht, du bist z. Z. in einem Zustand, der mir wirklich furchtbar angst macht. Nur zu gut kenne ich diese Stimmungen, wo man meint, „es geht nicht mehr“, aber da muß man sich mit aller Kraft überwinden und keine trübe Stimmung darf über einen Herr werden. Karl, glaube mir, das alles sind nur überspannte Nerven, und alles geht vorüber. Die vielen Aufregungen in Deinem Beruf und dann unsere Sache, das ist halt zu viel für Dich. Wie leid tut es mir, daß Du meinetwegen so viel zu tragen hast, aber ich kann ja nichts dafür und was gäbe ich drum, könnte ich dir alles abnehmen. Ich bitte Dich nur um eines, schone Dich für mich. Ich liebe Dich ja so übermenschlich, ohne Dich bin ich nichts und kann nicht ohne Dich sein. Meine Gedanken sind immer bei Dir. O, Karl, denke an mich, sei froh, uns liegt ja so viel schönes bevor. Ich vertraue auf Dich in allem, wie ein Mensch nicht mehr jemandem glauben kann. Und niemand und nichts könnte mich von Dir abbringen, ich halte zu Dir mein ganzes Leben lang. Karl, machen wir es uns so schön als möglich bis wir beisammen sind. Ich habe so angst für Dich. Bitte sei wieder guter Dinge und schüttle alle Traurigkeit von Dir ab, wir sind ja so glücklich zusammen. Meine Sehnsucht zu Dir ist jetzt schon wieder so groß, daß ich den Sonntag kaum erwarten kann.
Mein Geliebter, sei tausendmal von mir geküßt, leb wohl, bleibe gesund und ruhig, meine Gedanken bleiben Tag u. Nacht bei Dir. Ich bin und bleibe in heißer Liebe Deine treue Braut u. Frau Elisabeth.

Undatiert, 1933?

(Briefkarte): KAH in ?

Mein lieber, guter Karl!
Ich weiß, es tut Dir weh, wenn ich immer so rasch weglaufe, und Entschuldigung gibt es für mich wohl keine in diesem Fall und doch muß ich Dich bitten mir nicht böse oder gekränkt zu sein. Gerade jetzt, wo Du es wieder so schwer hast, sollte ich vernünftiger sein. Mein Karl, glaube mir, ich selbst leide dann unter so etwas am ärgsten. Bitte rufe mich morgen zwischen 1 – 2 h an, ich weiß nämlich nicht ob Du mich wirklich anrufen wolltest. Vielleicht weiß Du etwas wo wir Donnerstag hingehen können.
Mein lieber Karl, schlafe jetzt wohl, und denke manchmal an Deine Elisabeth, die Dich so wahnsinnig liebt und genau weiß wie weh sie Dir manchmal tut.

Undatiert, Juli 1932

Junkersdorf (Brief) E.R. in Arnshausen

Oh Gott!!
Wie freue ich mich Dir, meine liebe, gute Elisabeth, herzliche Grüße senden zu dürfen. Immer von neuem muß ich Dir schreiben. –
mein bist Du! mein mußt Du bleiben! mein!!
Mein Lieb, bitte erhalte Dich gesund und schenke mir Dein langes Leben. Bitten will ich zu dem Wesen, das uns führet, daß wir zwei eingehen dürfen – als Weib und Mann – in das Reich der höchsten Menschlichkeit. – – und Freude und Glück wird unser Los sein.
Geliebte! Elisabeth hilf mir zu bauen das Glück der Liebe. Nur Du kannst dieses dunkle Reich ergründen. Du bist geschaffen dazu.
Möchtest Du viele herzliche Grüße an Herrn Pfarrer, meinen väterlichen Freund und an Deine Tante, Deiner mütterlichen Freundin – übermitteln, und tausend Dank für alles was mir Liebes gegeben worden ist im Pfarrhaus.
Du, meine über alles Geliebte – Elisabeth sei umarmt – in Sehnsucht nach Dir, geküßt und ich bleibe Dein Karl.
Entschuldige dies Briefpapier, doch ich muß erst nach Bamberg um welches zu holen.

Undatiert, 1932?

(Briefkarte): KAH in ?

Sei so gut und komme morgen Donnerstag 3 h zur Hauptpost. Ich denke da wird es in dieser Woche am besten gehen. Ich versuche es unbedingt möglich zu machen.
herzl. Grüße in Eile Elisabeth.

Undatiert, 1932

Arnshausen (Brief) KAH in München

4. Brief.
Mein über alles geliebter Karl!
Bitte sei mir nicht bös, daß ich nie mehr schrieb, doch wir waren wirklich die ganze Zeit in Kissingen. Ärger gab es eigentlich nie, ich wurde immer schön in Ruhe gelassen. Sie scheinen mir auch keine Schwierigkeiten mit der Heimreise machen zu wollen. O, wie freue ich mich auf den Sonntag, meine Sehnsucht zu Dir ist unheimlich groß. Hoffentlich geht es Dir gut u. daß Du nichts unangenehmes meinetwegen erfahren hast. Sei versichert ich halte zu Dir und wenn sich die ganze Welt dagegen aufbäumen würde. Morgen früh fahren wir um 6 h von hier ab, hoffentlich klappt letzten Endes noch alles. Sonst kann ich Dir nichts neues erzählen.
Leb einstweilen wohl und behalt mich lieb. Es küßt Dich Deine treue Elisabeth
Sonntag um 11 h bei Dir. Dann können wir uns alles mündlich erzählen, wie ich mich freue!!!

Undatiert, 1932?

(Brief): KAH in München

Mein liebster, bester Karl!
Ich müßte Dir so viel erzählen, oh, hätte ich Dich nur heute bei mir gehabt. Morgen Montag versuche ich aber auf jeden Fall zu Dir zu kommen, ich muß Dich wieder sprechen. Wenn ich aber bis 1 h nicht bei Dir war rufe bitte auf jeden Fall um diese Zeit mich an. Du kannst das bestimmt tun.
Mein Karl, lasse den Mut nicht sinken, wir kommen zum Ziel und wenn es auch einen harten Kampf kostet. Wer könnte unsere Liebe auseinanderbringen. Wie bin ich so froh Dich morgen wiederzusehen, nur bei Dir sein zu können. Für heute lebe wohl, ich grüße, küsse und umarme Dich in steter Treue Deine Dich heißliebende Elisabeth.

2.08.1932

E.R. in ?, Dienstag (Brief): KAH in ?

den 2. August.
Mein heißgeliebter Karl! Mein einziges Glück!
Gleich am frühen Morgen, sollst Du meine innigsten Glückwünsche entgegennehmen. Hoffen wir, daß in diesem Deinem neuen Lebensjahr unser beider größter Wunsch in Erfüllung gehe.
Mein Karl, bitte verzeihe mir. Ich bin mir meines unschönen Benehmens völlig bewußt, aber wenn ich Dir alle näheren Umstände erzählt habe, kannst Du mich vielleicht ein ganz kleines bisele entschuldigen. O, könnte ich es mit diesen paar Worten wieder gutmachen. Ich fürchte schwer, ich kann morgen nicht zu Dir kommen, weil es Mama merken würde. Ich erwarte Dich dann beim Zahnarzt in der Uhlandstr. um 6 h. Natürlich kann es etwas länger dauern. Bist Du mir nicht zu bös? O, ich bin ja heute so unglücklich. Wie möchte ich Dir jetzt alles erzählen.
Mein lieber Karl, ich gebe Dir einen besonders schönen Geburtstagskuß und umarme Dich und bleibe mit den besten Wünschen in steter, treuer Liebe
Deine „böse“ Elisabeth.

Undatiert, 1932?

München (Brief): KAH in ?

Mein lieber Karl!
Wie groß war meine Freude, über Deinen lieben Brief. Es tut mir unendlich wohl, immer wieder Deine große Liebe zu mir zu fühlen. Ich weiß so, daß ich einen Menschen habe, auf den ich bauen kann. Karl, ich bin wahnsinnig glücklich! Meine Gedanken sind immer bei Dir. Leider muß ich so kurz schreiben, ich bin immer auf dem Sprung, daß jemand kommen könnte. Heute Abend gehen wir in „Menschen ohne Namen“. Für Deine Besprechungen heute Abend wünsche ich Dir recht viel Glück. Lasse nur nie den Mut sinken. Morgen fahren wir schon um 12 h nach Freising, rufe bitte deshalb nicht an, sondern am Freitag mittag. Vielleicht kann ich da zu Dir kommen, nachmittags. Stichwort „Juryfreien blind“. Einstweilen alles Liebe und tausend herzliche Küsse von Deiner treuen Elisabeth
Ich war in wahnsinniger Eile, Mama ließ mich heute noch keine freie Minute –
Grüße auch an Mutter.
Karl, bitte sei in allem vorsichtig, bleibe mir, ich könnte nicht ohne Dich sein.

Undatiert, 1933

(Brief): KAH in Junkersdorf

Mein Karl!
O Gott, Du wirst doch nicht ärger krank geworden sein. Ich habe so angst für Dich! Bitte, bitte schone Dich und Du darfst auf keinen Fall schon Mittwoch fahren. Bleibe noch diese Woche u. kuriere Dich gut aus in der Sonne. Es hat gar keinen Sinn, wenn Du halb krank nach München kommst. Bitte bleibe mir zuliebe wenigstens bis Ende dieser Woche. Glücklicherweise ist Mutter bei Dir, die alles für Deine Gesundheit tun wird. Ich ängstige mich so sehr. Du mußt mir bleiben, du bist mir ja alles. Wäre ich jetzt doch bei Dir, wie gerne würde ich Dich gesundpflegen. Bitte bleibe mir. Laß bald wieder hören, wie es Dir geht, Mutter od. Fritz sollen ev. eine kurze Karte schreiben, strenge nur Du Dich nicht an. Wenn es schlimmer wird komme ich sofort. Ich werde Papa schreiben, daß er französische Franken besorgen soll u. Adolf wird auch alles besorgen, so daß Du nicht mehr viel zu tun hast in München. Leg Dich nur sobald Du kein Fieber mehr hast in die Sonne, doch daß kein Zug an Dich kommt. Doch dafür sorgt ja die Mutter bestens. Also fahre nur nicht zu bald fort, ich bitte Dich darum. Für heute lebe wohl, werd bald gesund, innigst grüßt u. küßt Dich Deine Elisabeth.
Hier schicke ich die Karte von Scherchen zurück, er hat sehr nett geschrieben u. ich bin froh für Dich daß Du dorthin kannst.

Undatiert, Juli 1933

Arnshausen (Brief): KAH in Junkersdorf

Mein liebster Karl!
Herzlichen Dank für Deine lieben Briefe. Hoffentlich geht es Dir wieder gut, passe ja recht auf. Jetzt habe ich mich etwas erkältet, ist aber gar nicht schlimm. Bitte, nur keine Angst, es ist ja nur ein Katarrh. Jetzt bekommt man keine Ruhe mehr, seit Mama da ist, jeden Tag wird etwas anderes unternommen, daß man kaum noch zum schreiben kommt. Am Samstag fahren wir heim, es kann aber vielleicht sein, daß wir erst Sonntag früh gegen 10 – 11 h ankommen, wenn wir Samstag zu spät in d. Nacht kämen. Auf jeden Fall komme ich am Sonntag zu Dir, ich kann nur nicht bestimmt sagen, ob vormittags od. nachmittags. Ich bin so froh, daß wir uns noch einige Tage sehen können, da müssen wir uns aber dann täglich treffen. Meine Sehnsucht wurde jetzt so stark, daß ich es kaum noch aushalten kann. Nur noch 2 Tage u. dann –.
Entschuldige den flüchtigen Brief, doch ich bin in großer Eile, da ich den Brief noch mit hinüber nehmen will. Also Sonntag!! Bis dahin lebe wohl, sei recht vorsichtig mit Deiner Gesundheit. Hoffentlich bist Du gut angekommen.
Es umarmt und küßt Dich innigst Deine treue Elisabeth.

Undatiert, Juli 1933

Arnshausen (Brief): KAH in Junkersdorf

Mein liebster, bester Karl!
Ja, was tun! Ich war über Deinen Brief sehr erschrocken, denn auch ich kann Dich nicht fortlassen, ehe wir uns gesehen haben. Mama kommt Montag, ich kann ihr nicht abschreiben, und will bis Samstag bleiben. ich denke es ist am besten wir treffen uns am Montag in Bamberg, Du fährst dann nach München weiter. Dort können wir alles am besten besprechen, wann Du fahren sollst und ob wir uns noch einmal treffen können. Irgendetwas muß sich da machen lassen. Also, ich komme am Montag kurz vor 9 h an in Bamberg u. erwarte Dich am Bahnhof bis Dein Zug kommt. Du kannst dann um ¾ 6 h nach München weiterfahren u. ich fahre mit dem Zug 510 h zurück. Dein Schnellzugzuschlag kommt von Bamberg aus nicht zu teuer. Ich werde alles versuchen, daß wir noch länger beisammen sein können, doch das müssen wir dann alles besprechen. Die Mutter hätte Dich halt doch nicht jetzt mit nach Junkersdorf schleppen sollen, dann wäre ich auch noch nicht hierher gefahren und Mama hätte hätte sich nicht so eingerichtet jetzt zu kommen, ihr wäre es später viel lieber gewesen u. aus diesem Grunde tue ich mir jetzt so schwer es zu ändern. Doch für Dich muß alles gehen.
Mein lieber, lieber Karl. Auf Wiedersehen am Montag, lebe recht, recht
wohl es umarmt u. küßt Dich heiß Deine Elisabeth.
Bitte gehe am Sonntag noch ordentlich spazieren. Mir zu lieb! Du mußt doch noch etwas an die Luft.

Undatiert 1933?

(Brief): KAH in ?

Mein lieber Karl!
Hoffentlich bist Du gut angekommen, Nachricht habe ich noch keine, doch habe ich sie auch noch kaum erwartet. Du wirst schon fest in Deiner Arbeit und den Proben stecken. Hoffentlich bringen die Musiker Dein Stück gut heraus. Gestern, Dienstag war ich bei Mutter. Es geht ihr gut, sie hat auch gut ausgesehen. Heute habe ich angerufen, was der Arzt sagte. Er ist zufrieden und hat ihr für die Nacht ein Schlafpulver gegeben. Sie darf jetzt etwas länger aufstehen. Du kannst also ganz beruhigt sein. Morgen werde ich wieder nach ihr sehen. Sonst gibt es nichts neues. Heute ist Mama ein Auto hineingefahren, sie lenkte aber nicht selbst. Eine Schramme am Kinn hat sie abbekommen. Ich bin froh, wenn Du bald wieder kommst, ohne Dich ist alles so einsam und kalt. Schon jetzt meine ich, Du seist eine Ewigkeit fort. Nun wünsche ich Dir noch recht viel Glück zu Deiner Aufführung und daß Du bei den Proben nicht allzu viel Ärger hast.
Leb wohl, sei tausendmal geküßt und umarmt von Deiner Elisabeth.

Undatiert, 1939?

München, Donnerstag (Brief): E.H. in Alassio?

Liebe Elisabeth
Gestern, Mittwoch – war ich abends in Salome. Adolf war dabei – er kaufte 2 Plätze für 22 M 3. Reihe – war eine anständige Aufführung. Ich habe gestern für 10.– Briefmarken gekauft. Heute morgen habe ich ein Päckchen an Euch geschickt. Hoffentlich kommt es bald an. Ich habe alle Süssigkeiten hinein getan. Freut es Euch?
Esst nur auswärts – oder kauft Essen – und esst im Zimmer. Morgen – am Freitag mittag – gehe ich zur Königinstr. zum Essen. Es ist alles beim Alten.
Was macht die Liebeslust? Geht was? Ich bin nicht unzufrieden. Und Du?
Meine zwei Lieben! Hoffentlich gefällt es Euch! Lebt wohl ich bin immer Euer treuer Karl.
Der Keller wird diese Woche fertig. Herr Ganselmeier schickte mir in meinem Briefkasten den kleinen Zettel – ein Arschloch.
Adieu!
Richardi was macht das Essen. Ich bin immer Dein Kl.

Undatiert, wahrscheinlich Mitte Mai 1937

Bad Schachen (Brief): E.H. in Alassio

Mein Lieb.
Ich sitze mit Deinen Eltern hier in Bad Schachen. Es ist sehr schön hier. Deine Mama ist sehr lieb. Dein Vater jedoch – den kennst Du ja.
Mit viel Sehnsucht und mit großer Liebe freue ich mich auf ein Wiedersehn. Glaube mir, mein teures Mädchen, mit unsagbarer Leidenschaft denke ich an Dich. Wie gerne würde ich in Deine Augen sehen und Dich heiß küssen. Elisabeth, Dein Name berauscht meine ganze Seele, mit großer Ungeduld erwarte ich Dich in heißer Liebe. Nimm die Blumen als Pfand meiner Liebe.
Bleibe bei mir und gib mir weiterhin Kraft zum arbeiten.
Dich möchte ich emporführen. Du sollst stolz sein auf mich.
Lebe wohl – Gute Nacht – in treuer heißer Liebe wartet mit großer Sehnsucht
Dein Kl.

Undatiert, wahrscheinlich Anfang November 1939

Schweiz (Brief): E.H. in München

Meine liebe Elisabeth.
Nun werden es schon wieder 8 Tage – und bald bin ich wieder zu hause. Hoffentlich kommen dann freudvollere Tage (ich möchte fast sagen: friedvollere). Und trotzdem freue ich mich sehr, wenn ich wieder bei Dir bin. Wie geht es unserm Bub. Er ist sicherlich sehr lieb. Was macht das Starnberg? Wann gehst Du hinaus? Bis jetzt habe ich noch keine Zeile von Dir. Allerdings braucht jede Post 8 Tage. Meine Karte, die ich am Dienstag schrieb (meine Ankunft) kam erst am Dienstag darauf an. Und ich kam schon am Samstag an.
Gib sofort nachricht, ob Konserve abgekommen ist. Ich sende Dir nun liebe Grüße und ich umarme Dich fest und küsse Dich sehr lieb.
Ich bleibe stets, das sei versichert immer Dein allertreuester Kl.
Konserve nicht aufmachen.
Bitte schicke Deine Mutter zu Lebsche!!!
Ein festes Bussi für Bubi!
Immer Dein Karl.
Leider reinigt Gottlieb nicht mehr, da er zu wenig Arbeit hat.

Undatiert, spätestens 1935

Schweiz (Brief): E.R. in München

Meine liebe Elisabeth.
Ich danke Dir für Deinen Brief, ich habe mich riesig gefreut. Solange nichts zu hören – von Montag bis Freitag ohne Post von Dir. Mein Lieb bald komme ich zu Dir, oh endlich wieder bei Dir!!! Zu erzählen habe ich natürlich viel – viel. Jeden Tag – jede Stunde zähle ich – wann komme ich zu Dir. Scherchen gibt am Mittwoch ein Konzert in Winterthur. Er wird mich bei Bekannten unterbringen – wo weiß ich noch nicht. So komme ich Donnerstag nach München. Oh wie freue ich mich!!
Meine liebe liebe Elisabeth mich zieht es fürchterlich zu Dir. Wie freue ich mich auf den Donnerstag. Komm ich küsse Dich innigst!!
Also ich war in Basel und Zürich – nun ich werde Dir alles erzählen. Könntest Du mir 15 Schweizerfranken senden, ich habe nämlich kein Fahrgeld! Ich weiß auch nicht ob ich dort Essen habe oder nicht. Ich möchte am Dienstag abfahren. Bist Du mir deswegen böse! Ich habe es mir wirklich lange überlegt. Scherchen will haben, daß ich unbedingt komme. Ich hoffe, daß ich mit vielen Leuten zusammenkomme. Hoffentlich! Sei mir bitte nicht böse wegen den 15 Fr. Vielleicht kommt es noch Dienstag Vormittag an.
Wie geht es Mutter! Bitte schreibe mir wenn es schlechter geht. Oh! wie freue ich mich auf Donnerstag. Ich glaube es ist besser, wenn ich nicht am Montag fahre und noch am Dienstag zu Scherchen fahre. Hier sind die Menschen verrückt nach mir. Ich soll bleiben, noch eine Woche. Nein Nein auf mich wartet ein Wesen viel Liebe und Treue – ja Elisabeth. Sei nicht traurig ich freue mich auf unser Wiedersehn. Grüße meine Lieben zu hause
Liebe Grüße an Vater
Und Du – ich umarme Dich – küsse Dich und bleibe Dein Karl.