Bern, Donnerstag (Brief): E.H. in München

2. Brief.
zur Zeit in Bern, den 16. März 1939.

Liebe, liebe Elisabeth, und mein lieber Richard!
Wie geht es Euch? Ich habe viel dieser Tage an Euch gedacht. Oft waren meine Gedanken bei Euch. Und plötzlich hatte ich viel Zeitlang nach Euch bekommen. Gerne hättest Du Dich sicherlich bei mir ausgesprochen. Ja, ich dachte es mir gleich. Ich habe mich nicht mit Musik befasst, noch sah ich Scherchen oder ein anderes musikalisches Individuum. Nichts –
Ich bitte Dich schicke mir doch die Adressen von Rascher, Osborn und Redlich. Ich werde mal bzw. sofort schreiben.
Ob Du es glaubst oder nicht, jetzt schreibe ich etwas über Musiker. Nun ja das Interesse kommt immer mit der Zeit erst. Jede Krankheit verlangt zeit. Auf dem Programm des I.G.N.M. stehen Vogel, Osterc, Larsson, Dallapiccola, Webern, Riisager (der grosse Held, eigentlich war ja oder ist ja jeder ein Held von den ebengenannten) und dann noch vier Tschechen. Das Programm ist nicht besonders interes[s]ant, manches würde mich natürlich interes[s]ieren, aber – und jetzt erst recht mit diesen Schwierigkeiten. Danke.
Heute gehe ich noch zu Lertz, wegen im Rundfunk zu dirigieren. Hoffentlich habe ich Glück – obwohl mir ja alles gleich ist. Den Herrn Bonnant brauchst Du nicht anzurufen, auch laden wir ihn nicht mehr ein. An Herrn Ansermet schreibe ich heute er möchte mir meine Partitur „Symphonisches Fragment“ wieder zurück senden. Denn der macht ja doch nichts. Wenn Du Schmitt-Garree siehst, sei kurz, lass den dummen Menschen in Ruh, und gib ihm die Ruh. Gib bitte Adolf den beiliegenden Brief. Sonst weiss ich noch nicht viel neues.
Liebe, liebste Elisabeth und du lieber lieber Richard seid alle zwei herzlichst und inniglich geküsst ich bleibe immer Euer Freund und Kamerad Krl
Grüßt bitte Eure Lieben zu hause und sagt Ihnen meine besten Wünsche euer Kl.