Genf, Freitag (Brief): E.H. in München (W: 8)

Mein liebes liebes Elisabethchen!
Vor allem wie geht es Dir – fühlst Du Dich wohl – bist Du gesund. Halte Dich nur, denn Du mußt doch für unseren Buben mal lange leben.
Ich war heute bei Ansermet – war sehr nett er hat mir versprochen sicher entweder „l’Œuvre“ oder „Symphonisches Fragment“ zu machen. Er sagte bestimmt. Ich lasse die Partitur vom „Symphonischen Fragment“ bei Ansermet (vielleicht hat er einen Eisschrank). Ja – ja – es ist schwer – ich glaube ich werde bald irrsinnig, man wird’s bald. Viel Lust zum Leben, das ist schon Heroismus. Sicher ein Westlicher.
Ich habe mich mit Ansermet unterhalten über allerhand wichtige Fragen, die uns heute interessieren. Aber da langts [sic] nicht. Ich weiß nicht, mein Urteil als Musiker muß ich revedieren [sic] – doch bin ich mir noch nicht klar. Vielleicht kann man bei ihm das Wort „interessant“ anbringen. Komisch zwei Männer wie Scherchen und Ansermet. Vieles haben die beiden gemeinsam: eine schlechte Bildung und noch mehr, natürlich spinnen beide – der eine mehr der andere etwas weniger, aber beide kann man nur musikalisch werten.
Heute war ich in der Probe von 9 h – 12 h und 2 h – 5 h. Jetzt gehe ich wieder – 8 h – 10 h . Morgen früh Probe 9 h – 12 h – nachmittag ¼ 4 h – 6 h bin ich bei Pro Arte mit Tautenhahn (Probe), abends Konzert und nachts weiter nach Basel. Es wäre doch schön, wenn es etwas werden würde mit „Symphonisches Fragment“???
Meine Seele – die Dir allein geweiht ist sehnt sich nach meiner Elisabeth Dein Karl.
Sage Adolf = Frau Schnabel ist in Paris. Bei Moos ist eine süssliche Ausstellung.