München, Dienstag (Brief): KAH in Straßburg

München, d. 18. Juli 33.
Mein lieber, guter Karl!
Von ganzem Herzen wünsche ich Dir, daß Du Dich besser eingewöhnt hast!! Gut, daß Ihr 12 Stunden arbeiten müßt, dann hast Du nicht viel Zeit zum nachdenken. O, sei fröhlich, alles andere hat ja keinen Sinn. Auch ich weiß nur allzu gut, wie schwer einem oft ist, da hilft dann auch kein Trost und keine Aufheiterung. Und doch muß man sich zusammennehmen sonst wird es immer schlimmer. Mein Karl, immer mehr fühle ich, wie ich Dich liebe, wie ich mit Deinen Gedanken und Deinem Ich verbunden bin, ohne Dich könnte ich nicht leben. Trotz allem bin ich jetzt so glücklich wie nie zuvor. Hoffentlich hast Du meine Post bekommen. Papa behauptete gestern meine „Kl“ könnte man in Frankreich nicht lesen. Gestern schrieb ich Richard sofort, er solle mich heute anrufen, hörte aber bis jetzt noch nichts von ihm. Hoffentlich finden sich alle Deine Sachen, ich schicke sie ab sobald ich alles habe. Papa meint, ich müsse sie in einer Rolle schicken, da sie sonst leicht verbogen od. zerrissen werden könnten. Heute schickte ich die Tanzsuite von Riisager ab. Soll ich Donderer nichts mehr ausrichten? Daß er ja nicht zu spät dorthin kommt!! Wenn Du noch Geld brauchst, schreibe es rechtzeitig, damit [Du] nichts entbehren mußt. Ich verstehe nicht, wie Sch. schreiben konnte, Du könntest ein Zimmer um so u. soviel haben, wenn er gar keines bereit hatte. Bitte spare dort nicht zu viel, Du sollst es schön haben. Auf Dein Konzert freue ich mich auch sehr. Heute war ich in den Juryfreien, die Ausstellung ist, nach meinem Ermessen, sehr schön, schöner als die letzte. Auch Adolfs Bilder machen sich außerordentlich gut. Ich lese z. Z. viel Bernard Shaw in englisch. Ich schätze ihn sehr. Ich muß viel lesen, um d. Zeit totzuschlagen, tue es allerdings auch sehr gern. Wenn ich Dich nur endlich einmal stärker unterstützen könnte! Nichts ist doch schöner als füreinander arbeiten. Ich hoffe nun, daß ich Dir Deine Sachen bald zuschicken kann, das geht nämlich nicht so einfach, weil Richard so selten zuhause ist. Nun mein lieber Karl, leb recht wohl für heute. Meine Gedanken sind fast den ganzen Tag bei Dir, was ich auch treibe. Ich küsse Dich u. bleibe Deine treue Elisabeth.