Freising, Samstag (Brief): KAH in Straßburg

Mein liebster, bester Karl!
Gerade jetzt wird Dein Stück aufgeführt und ich kann nicht zuhören. Das sind Enttäuschungen!!! Ich hoffte immer, hier doch noch irgendwo hören zu können, doch es geht nicht. Niemand näher Bekannter hat einen großen Radio. Nach München zu Fr. Dr. Schraube fahren konnte ich auch nicht, weil ich zu Papa sagte, Adolf sei mit ihr in Straßburg. Ich habe alles versucht, doch vergebens. Wie schlimm ist es doch, wenn ich Deine Werke nicht einmal von weitem hören kann. Nur hoffe ich, daß ich es bald einmal hier oder wo anders hören kann. Hoffentlich ist alles gut gegangen, o teile mir hierüber bald mit. Und hoffentlich hattest Du viel Freude an Deinem Werk. Das glaube ich ja bestimmt. Dein Können ist ja so groß. Mein Karl, glaube mir, in dieser Stunde lebe ich ganz besonders mit Dir. Doch etwas beunruhigt mich. Es ist noch keine Nachricht von Dir da. Es wird Dir doch gut gehen. Nachdem Adolf bei Dir ist, bin ich etwas ruhiger, doch kann ich mir den Grund Deines nichtschreibens nicht recht erklären. Du wirst mich doch in nichts mißverstanden haben! Wir kennen uns doch so gut, daß wir alles gegenseitig verstehen. Karl, seit Du fort bist gibt es täglich eine andere Aufregung. Es ist schrecklich, wenn ich nur endlich wüßte was mit Dir los ist. Nur wenn Du bei mir bist bin ich ruhig. Schreibe bitte jetzt wieder an Papas Adresse. Noch 6 Tage und dann haben wir uns wieder. Wie freu ich mich!!! Dann können wir und erzählen und uns küssen. Bis dahin lebe wohl, bleib gesund, ich küsse Dich und bleibe Deine Elisabeth.
Schreibe genau den Zug mit dem Du kommst, versuche es so einzurichten, daß Du nachmittags oder gegen Abend ankommst, nicht zu spät.