München (Briefkarte): KAH in Straßburg

Lieber Karl!
Weißt Du auch, daß ich seit Dienstag, – also fast seit einer Woche keine Nachricht mehr von Dir bekommen habe. Ich bin verzweifelt. Wenn Dir nichts zugestoßen wäre, müßte ich doch etwas gehört haben. Ich weiß daß Du wegen d. Geldes einige Tage nicht schreiben konntest, doch Freitag hast Du doch schreiben können. Mein Gott, wenn ich nur wüßte, was mit Dir los ist. Wenn Du auch viel zu tun hast, einen Gruß kann man immer schreiben. Wenn bis Montag früh nichts da ist, schreibe ich an Scherchen, was da los ist. Schon die letzten Tage regte ich mich so auf, weil Du hungern mußtest u. so schlecht dran warst – all das nur wegen Deinen Stolz mir nicht um Geld zu schreiben – jetzt muß ich fürchten, daß Du krank bist od. muß noch schlimmeres befürchten. Es ist entsetzlich!!! Ich kann schon 3 Nächte nicht mehr schlafen. Das Geld mußt Du Freitag früh bekommen haben, also hätte bis Samstag etwas da sein können. O Karl, quäle einen doch nicht so, ich weiß mir ja nicht mehr zu helfen vor Aufregung. Gestern schickte Papa an Dich 200 Fr. ab, er meint im kleinen u. öfters schicken sei besser. Ich lege Dir einige Ausschnitte bei, ich glaube nicht, daß es Dich sehr interessieren wird. Es war hier ein 3tägiges Sommerfest, ich war aber nicht dort. O, Gott wenn ich nur Gewißheit hätte, wie es Dir geht, Stunde um Stunde grüble ich nach, was die Ursache Deines Nichtschreibens ist.
Nun grüße ich Dich herzlich als Deine Elisabeth.
Bitte, bitte erhalte Dich gesund für mich. Ich muß Dich haben!!

  • Year
  • Um den 29.07.1933