d. 8. 8. 33.
Mein über alles geliebter Karl!
Jetzt bleibst Du doch nicht allein! Adolf kommt mit dem Zug am Mittwoch. Ich bin froh, daß Du dann nicht mehr so allein bist. Von Donderer war es eine Schlamperei, die Stimme so spät fortzuschicken, er wollte sie Freitag abschicken, dann hätte sie Samstag dort sein müssen. Armer Karl, auch noch unnütze Arbeit hast Du bekommen. Gut, wenn Du bald wieder herkommst, daß Du etwas ausspannen kannst. Adolf habe ich Deine Uhr, Zigaretten u. eine kleine Krawatte mitgegeben, vergiß nicht sie zu verlangen, wenn Adolf nicht daran denken sollte. Am Freitag lasse ich noch 100 F. schicken, hoffentlich reicht Dir das. Bitte schreibe von nun an nach − Freising b. München − Tuchfabrik Bayern − Deutschland. Und sei im schreiben vorsichtig, ich fürchte immer es könnte mir jemand öffnen. Hoffentlich hast Du keinen Brief geschrieben, der erst Mittwoch abend ankommt, weil Papa verreist, und Mama traue ich nicht recht, ob sie ihn mir nachschickt ohne zu öffnen. Auf jeden Fall schreibe mir bitte, wie oft Du in letzter zeit geschrieben hast, daß ich mich auskenne, ob nichts unterschlagen wurde. Am Mittwoch fahre ich also nach Freising, ich komme ganz gern auf einige Tage etwas hinaus. Wie furchtbar schade, daß ich Dein Stück nirgends hören kann, doch wüßte ich wirklich nicht wo. Trotz allem freue ich mich ja so sehr darauf. Wie schön ist es an Deinem Schaffen Anteil nehmen zu dürfen. O, Karl ich bin so glücklich mit Dir. Ich weiß auch ganz genau, daß Du viel erreichen wirst und durchdringen wirst. Das ist für mich Gewißheit. Dann können wir den Menschen zeigen, wie Unrecht sie einem tun. Hier in Deutschland geht es gut, es sind jetzt überall geordnete Verhältnisse. Ich lese zur zeit viel, besonders Balsac. Ich hatte noch nie etwas von ihm gelesen und bin ganz begeistert von ihm. Besonders seine Auffassung über Liebe ist so hoch. Über diesen Punkt habe ich nie gerne gelesen, weil es mir bei den anderen Schriftstellern immer profan vorkam, wie ich überhaupt finde, daß man hierüber nicht sprechen sollte, doch bei Balsac ist das anders. Man fühlt da das Höchste heraus. – Doch mein Karl, hiermit sollte ich Dir jetzt nicht kommen, Du hast wichtigeres zu tun, als Dich mit meinen Gedanken zu befassen. Die größte Freude wird für mich der 17. August. O, dieses Wiedersehen. Du – ! Meine Sehnsucht nach Dir ist kaum noch auszuhalten. Ich muß mich gewaltsam betäuben, um nicht zu traurig zu werden. Doch weißt Du, das bringe ich bei Dir nicht fertig. Du lebst so sehr in mir. Komm gleich nach der Tagung!!! Ich küsse Dich tausendmal umarme Dich und hab Dich so lieb als Deine glückliche Elisabeth.
Im Münchener Konzertleben ist z. Z. nichts los.
Besten Dank für Brief und Programm. Ich bin ja so froh, daß sich noch alles zum Guten wandte, u. daß Dein Werk doch noch aufgeführt wird. Vergiß nicht, mir von nun an nach Freising zu schreiben Deine dichinnigliebende Elisabeth.
München, Dienstag (Brief): KAH in Straßburg
- Date
- 8 Aug 1933
- Archivalienkategorie
- Briefe