München, Donnerstag (Brief): KAH in Lüttich

d. 29. 6. 39.

Mein lieber, lieber Karl!
Nun ist ja doch noch alles gut gegangen und in Ordnung. Um 7 h kam das Telegramm, daß die Noten oben sind bei der Direktion der Wasserausstellung, wie Du ja auch wissen wirst inzwischen. Heute kam die Post von Fritz u. – ob Dus [sic] glaubst oder nicht – 2 Briefe aus Lüttich dabei vom Notar mit dem deutlichen Absender darauf. Nur Liège statt Lüttich und das hat Fritz scheinbar nicht gewußt, daß das Lüttich ist. So etwas finde ich unverzeihlich. Die ganze Aufregung wäre nicht gewesen, wenn Fritz diese 2 Briefe vom 13. u. 20. 6. nachgeschickt hätte. Aber wenn er nur beim Telephonanruf etwas gesagt hätte. Die hat er ruhig liegen lassen. Das versteh ich einfach nicht!! Von Skulsky war auch ein Brief dabei, Du sollst ihm Dein Hotel u. die Aufführung schreiben, er kommt dazu nach Lüttich. Er hat sehr nett geschrieben. Er möchte Dich noch vor der Aufführung sprechen u. will Dich auch in Brüssel in Musikkreise einführen. Redlichs Mutter hat auch aus London geschrieben. Meinen Leuten sage ich natürlich nicht, daß bei Fritz 2 Briefe aus Lüttich gelegen wären.
Hoffentlich ist Dein Auge besser. Paß nur recht darauf auf und tu immer die Binde darüber, wenn es auch komisch aussieht. Schreibe mir rechtzeitig, wann ich kommen soll.
Ich bin so froh, daß nun doch alles gut gegangen ist. Hoffentlich probt der Dirigent fleißig. Mein lieber, lieber Karl, wir hatten am Mittwoch so arg wenig voneinander, hoffentlich bist Du nicht gekränkt. Ich freue mich riesig auf unser Wiedersehen u. bis dahin bleibe ich mit tausend innigen u. lb. Grüßen u. Küssen immer u. stets Deine Dich heiß liebende Elisabeth.
d. Adresse von Skulsky: Bruxelles, 48 rue Vanderlinden.