Mein liebster Karl!
Heute traf ich Adolf, der mir nun über Dein dortiges Leben und Treiben mehr erzählte. Ich bin froh, daß Du Dich dort endlich etwas mehr eingewöhnt hast. Jetzt kommen ja so viel Persönlichkeiten dorthin, da wirst Du dann auch mehr haben. Ich bin so froh, daß es nun interessanter dort wird, sonst wäre es für Dich ja entsetzlich geworden. Sei nur etwas aufdringlicher, Du bist immer zu bescheiden. Die „Stimmen von Casella“ gingen Donnerstag ab u. die „Motette für Chor“ u. „Antigone“ gingen Samstag ab. Das hat sich etwas verzögert, weil man noch Deckel für die Rolle machen mußte. Papa meinte anders eingepackt würden sie zu leicht zerrissen werden. Hoffentlich machen sie gewellt nichts aus. Der Antigone legte ich auch noch eine Kritik über Egk im Völk. Beobachter bei. Sie ist sehr interessant. Hoffentlich kommt alles gut an. Schreibe lieber selbst noch einmal Donderer, daß er ja nichts versäumt. An Deiner Stelle würde ich immerhin sorgen, daß notfalls ein anderes Stück aufgeführt werden könnte. Spreche hierüber einmal mit Scherchen. Er ist ein großer Schlawiner. An Balanverlag schrieb ich auch. Adolf sagte de Witt sei gestern dagewesen, man bräuchte also Deinen Brief nicht fortschicken. Ich hoffe ich habe jetzt alles bestens erledigt. Diese Woche war ein arger Trubel. Ein Vetter von Mama war da, dessen Tochter z. Z. hier ist, es war Stiftungsfest von seiner Verbindung. Der kam nun öfters. Ich sollte auch mitgehen zu den Tanzveranstaltungen, habe aber natürlich entschieden abgelehnt. Am Donnerstag Abend waren wir dann zusammen noch bei Lisl Karstadt u. Karl Valentin u. hernach im Luitpold. Karl Valentin habe ich das erste mal gesehen. Ich kann aber überhaupt mit dieser Art nichts anfangen. Ich mag einfach diese Komiker nicht. Freitag waren wir dann in Freising. Mama holte Eier ab in Landshut! Samstag kam ein Jugendfreund von Mama mit seiner Frau aus Stuttgart. – „Keine Angst, sein Bub ist erst 12 Jahre.“ Ich bin so froh, wenn jetzt wieder einmal Ruhe ist. Nur Dich möchte ich bei mir haben, sonst gar nichts. Mein Karl, ich habe so furchtbar Sehnsucht nach Dir. Es ist mir den ganzen Tag als müßte ich etwas suchen, was ich verloren habe. Doch sei Du froh, glücklicherweise gibt es ein Wiedersehen, dann ist alles auszuhalten. Ich hab Dich so lieb. Ach Gott – man kann ja in Briefen nichts sagen – so leicht entstehen Mißverständnisse, oder es wirkt kalt, oder es ist irgendetwas anderes. Doch wir kennen uns ja so gut, daß Worte unnötig sind. Ich küsse Dich heiß und bleibe Deine Elisabeth.
Ich weiß nicht, ob Dich etwas aus den Rundfunknachrichten interessiert. Auf jeden Fall lege ich sie einmal bei: Es erscheint jetzt in d. M. N. N. gar keine Musik-Rundschau mehr. Hast [Du] meine ganze Post bekommen? Nochmals alles liebe von Elisabeth.
München, Sonntag (Brief): E.R. in München
- Date
- 23 Jul 1933
- Archivalienkategorie
- Briefe