Mein inniggeliebter Karl!
Soeben erhielt ich diesen Brief von Mendelsohn:
„Sehr geehrter Herr Hartmann! Antwortlich Ihrer Karte gestatte ich mir Ihnen mitzuteilen, daß die diversen Auszüge noch immer im Hotel Imperial liegen und die Leitung des Hotels die Noten nicht herausgibt, bis eine Vollmacht von Dr. Scherchen eintrifft. Ich habe diese Vollmacht bereits mehrmals urgiert aber bis jetzt ohne Erfolg. Ich halte es für das beste, wenn Sie direkt an das Hotel schreiben und um die Einsendung der Noten ersuchen, zugleich aber den Betrag für das Porto beilegen, da gerade in dieser Angelegenheit die Hotelleitung sich mehr als unfreundlich benimmt…! Es gibt vielleicht noch eine Möglichkeit. Dr. Redlich fährt nächste Woche
nach München. Da dieser auch noch Partituren dort liegen hat, könnte er so Ihre Noten gleich mitnehmen (angeblich setzen nämlich die Autoren bei persönlicher Vorsprache im Hotel doch die Herausgabe durch) so daß die Noten durch sichere Hände zu Ihnen kämen. Schreiben Sie doch bitte sofort an ihn und ersuchen Sie ihn um diese Gefälligkeit. Ich kann leider derzeit nicht mehr für die Sache tun.“
Lieber Karl, ich habe Dir nun die genaue Abschrift des Briefes geschickt. Mein Brief an Redlich ist schon fort, ich habe ihn sehr dringend gebeten, sich um Deine Noten zu kümmern. Ich schickte den Brief eingeschrieben fort. Es ist nun das beste Du gehst sofort zu Scherchen, er soll dir die Vollmacht geben. Die Adresse von Redlich ist: Wien I, Rothenturmstr. 14 bei Frau Pogány. Schreibe du ihm auch noch einmal. Hoffentlich kommt die Sache bald in Ordnung.
Sonst ist hier alles in Ordnung. Richardi ist wieder fast gesund. Heute um 5 h kommt Miss Osborne. Ich hatte schon eine fürchterliche Hetze heute. Bis man für einen Besuch alles gerichtet hat, dann wählen, und noch dazu Sonntag. Heute schrieb Jean eine Karte aus Tunis von einer Konzertreise. Karl Hagen schrieb auch einen gesalzenen Brief wegen seiner Bilder, recht hat er ja. Miss Osborne hatte eine unglückliche Liebe und da sollen nun einige Assistenten von Prof. Schmidt sie abends manchmal zum tanzen mitnehmen. Darum bat ihre Mutter. Das ist mir ja ganz angenehm.
Mein lieber, lieber Karl bleibe mir gesund, und komme Donnerstag froh in meine Arme. Ich freue mich schon so darauf!! Tausend innige Küsse in heißer Liebe bleibe ich Deine Elisabeth.
Dies ist meine letzte Post. Ich erwarte dich ½ 10 h am Zug