Riccione, Freitag (Brief): KAH in München

Riccione, den 26. 8. 38.

Mein über alles geliebter Karl!
Wie geht es Dir und Deinem Kopf? Hoffentlich besser! Ich denke so viel an Dich und Deinen Rat zu liegen und zu träumen befolge ich sehr fleißig. Viele, viele Vorstellungen gehen durch mein Hirn und manchmal überwältigen mich die Gefühle jetzt schon sehr stark. Doch bald, bald bin ich wieder bei Dir und dann… Heute war ich mit Richard am Strand und da ging ein kleines Mädchen in seinem Alter vorbei. Da sagte er plötzlich. U, was die für einen dicken Popo hat! Was sagst Du dazu? Erblich belastet!! Ich habe mich halb tot gelacht darüber. Es hat übrigens gestimmt. Etwas sehr früh hat er ja schon ein gutes Auge dafür.
Nun etwas anderes: Warum hast Du meinen Rat nicht befolgt und Scherchen geschrieben wie ich sagte? Übrigens ersehe ich aus der Zeitschrift, daß das Fest in Braunau nicht sehr großartig war. Es steht nichts von einem Modernen darin und dann heißt es doch auch, daß die Zuhörerschaft sehr klein war. Deine Kritik ist fabelhaft. Ich glaube, Burkhardt ist nur unter diesen Fünfen, weil er Schweizer ist.
Mein lieber Karl, ob Du das Gedicht vertonen sollst, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aus den praktischen Gründen, die Du genannt hast, würde ich nein sagen, aber musikalisch verstehe ich nichts davon. Das kannst auch nur Du allein feststellen und denke nur in Ruhe darüber nach, so findest Du bestimmt das richtige, du hast es noch jedesmal gefunden. Du bist ja so schnell bis jetzt mit diesem Werk vorwärts gekommen. Noch einmal sage ich Dir, rege Dich über nichts auf, was meine Leute auch sagen. Zu Papa brauchst Du nicht mehr gehen, wenn Mama fort ist. Besorge für ihn höchstens einmal eine Opernkarte oder einen guten Volkstheaterplatz. Für den 2. 9. brauchst Du keine Karte zu besorgen.
Ich komme voraussichtlich am 1. 9. früh zurück, allerspätestens am 2. früh. Ich fahre wieder die Nacht durch, weil es mit Richard eine so große Plage ist, den ganzen Tag durchzufahren. Meine Beschäftigung hier ist: Früh 8 – ½ h am Strand liegen, baden und Sand spielen. Dann Essen. Dann ruhen, Kaffee trinken. Dann geht Richard immer zum Spielplatz, der hier sehr schön ist und dann zu den Fischerbooten, da könnte er stundenlang zuschauen, wie die Segel aufgezogen werden u.s.w. ½ 8 h Abendessen und dann gehe ich meistens noch bis ½ 10 h in die Stadt, Läden anschauen. Altstadt gibt es hier leider keine. Sage noch nicht, wann ich komme.
Nun mein Alles, für heute lebe wohl, in 6 Tagen liege ich in Deinen Armen. Bis dahin bleibe ich in treuer Liebe Deine Elisabeth.
Hast Du schon eine dicke Frau gefunden zum…