Hans Werner Henze, Brief 30.12.53

mein lieber carlo, nein ich muss ja sagen, ich bin ganz platt, fast sogar enttäuscht, dass meine theorie über Deine kriminelle schreibfaulheit zusammengebrochen ist. unglaublich!! unglaublich!!! unglaublich!!!!

und sogar ein handschreiben des herrn professor. also ich musste nach luft schnappen und erst dreimal den absender lesen.

zu Deinem briefe über den ich mich überaus gefreut habe: also, noten, die nicht klingen, sind schlechte noten, das ist mal klar. alois hat nicht so die richtige einstellung. er schreibt die noten mit dem federhalter statt mit der netten sache, die uns die schöpfung dafür in die hose getan hat.

die sehr lieben schönen netten feinen nachrichten über die sehr feinen netten schönen lieben collegen haben mich arsch erfreut. also wenn alle operln, dann müsste man eigentlich sonaten für flöte solo schreiben. Aber z.b. Deine oper und meine oper die sind erst fertig wenn die andern opern schon ihren siegeslauf über eine oder auch viele deutsche bühnen hinter sich haben. dann kommt die grosse müdigkeit. und dann tun wir unsere werke anbieten. da kommt dann die ganz grosse müdigkeit.

nono meint nicht, dass er mit boulez zusammengehört. er findet ihn „alt“. mir ist es wurscht, was sie machen, ich mache die piepserei nicht mit. hoffentlich wird nono sich bald besinnen. kurz und gut, dass sein stück Dich nicht so begeistert hat, weiss ich nicht zu begründen, weil ich es nicht kenne. aber mehrere menschen schrieben mir sehr gut darüber. es ist wohl sparsam im einfall? wie mein idiot? also ich sage Dir: es ist nicht so leicht, was gutes zu schreiben, ich merke es jeden tag. mein ganzes leben besteht nur noch daraus, es gut zu machen, zu versuchen, und so kommt man nur sehr langsam voran. tag für tag ein bisschen, mit dem 1. akt bin ich noch lange nicht fertig. habe jetzt das finale angefangen, das aber ist ungefähr die hälfte des 1. akts. weil cramer mich zwingen will, eine grosse form zu kriegen. der 12. ton fehlt oft, auch der 11., und pieps pieps macht es auch nicht. habe jetzt einen flügel, auf dem ich viel herumdonnere, auch nachts, es stört niemanden. der erfolg ist, dass die familie schon manche meiner melodien pfeifen kann.

weihnachten hatten wir windstille und sonne und schönen blauen himmel. gestern hat es geregnet, nun gibt’s frisches gemüse und schöne blumen. ein holzfeuer brennt und so ist das leben sehr friedlich. – es ist wahr, dass meine oper auf dem kongress gespielt wird, es wird furchtbar werden, die römische oper ist wie regensburg. im märz kommt sie in napoli. ich mache hier viel propaganda für Dich. Deine sinfonie kommt ja auch in rom. ich freue mich sehr Dich wieder zu sehen und feine unanständige sachen mit Dir zu sprechen. bring bitte auch elisabeth mit. grüsse ausser ihr und richard niemand. an münchen denke ich ziemlich oft, weil es eine schöne stadt ist, aber ich bin auch sehr traurig manchmal. Euch würde ich gerne öfters sehen, sonst aber niemand aus münchen. aber manchmal sehe ich so die stadt vor mir. habe viel seelenschleim dort gelassen. war nicht immer so ganz gut auf dem posten. bin halt ein armes wurm mit meinen gewissen problemen. hier ist es wie in einem sanatorium, war eine gute idee, sich so zurückzuziehen. lieber carlo, höre Dir mal das band vom „ende einer welt“ an. ich glaube es ist gut geworden. sende mich mal, damit ich mich mal per radio höre, denn ich habe hier ein radio und kriege abends münchen. also ein bis zehn küsse für elisabeth. richard natürlich kriegt keinen, Du nur ganz platoninisch. arbeite schön! Du schreibst nichts darüber! cramer möchte gerne Deine oper texten. er wohnt jetzt in rom: presso Trombetta, Via Angelo Masina Nr. 5b – ich rate Dir, ihn als Librettist zu nehmen, er versteht etwas davon. nun schluss viel feines essen, guten schlaf, erfolg, frisches bier, gesundheit, liebe, gute einfälle, keine intrigen, viel freude für 54 dein hans werner

  • Dokumenten Nummer
  • V 81
  • Jahr
  • 1953

ADOLF HARTMANN: BÜHNENBILDENTWÜRFE ZUR ERSTEN FASSUNG

Entwürfe für eine nicht zustande gekommene Aufführung des Simplicius in den Münchner Kammerspielen.

Meine Kammeroper »Des Simplicius Simplicissimus Jugend« wird im Münchner Schauspielhaus im Februar-März uraufgeführt. Hans Rosebaud hat die musikalische Leitung übernommen, Pawlinin führt Regie und mein Bruder Adolf Hartmann macht die Bühnenbilder (Brief an Alfred Schlee, 26.12.1946). Im Juni 1947 wird die Aufführung in der Rubrik »Kunst und Kultur, Münchner Sommer 1947« in der Neuen Zeitung angezeigt.

Adolf Hartmann verwendet für den Raum des Banketts in seinem vierten Bild Picassos »Guernica«-Bild als Anti-Kriegs-Motiv.

  • Dokumenten Nummer
  • V 67
  • Jahr
  • 1946

Freikarten Musica Viva Saal Stehplatz-Karten

Hartmann lag besonders daran, vor allem die Jugend für seine Konzerte und die Neue Musik zu gewinnen. Unendlich viele Freikarten hat er verteilt, Stehplätze großzügig vergeben, so lange bis die Münchner Branddirektion dagegen protestierte und ein Veto einlegte. Mit großem Bedauern teilt Hartmann dies im ausgestellten Brief der Direktion eines Münchner Gymnasiums mit, die in einem Brief vom 5.12.1961 an die Bayerische Staatsoper um Stehplatzkarten für ihre Schüler gebeten hatte. Somit ist ein wesentlicher Sinn dieser Konzerte, nämlich auch der Jugend Zutritt hierzu zu ermöglichen, zunichte gemacht.

  • Dokumenten Nummer
  • V 54
  • Jahr
  • 1961 (???)

Igor Strawinsky DANK FÜR DIE ZUSENDUNG DER 3. SYMPHONIE

Hollywood Eigenhändiges Widmungsblatt an Hartmann mit Fotografie Strawinskys