München, Donnerstag (Brief). KAH in Straßburg

Mein lieber, guter, armer Karl!
O, in welchem Zustand wirst Du wohl jetzt sein!!! Mein Gott ich habe ja so angst. Du bist dort allein, ganz kaputt und noch dazu so unbeholfen. Bitte, bitte iß jetzt richtig, ruhe Dich aus, rege Dich über nichts auf. Ich werde jetzt sorgen, daß Du immer Geld hast. Ich konnte ja nicht wissen, daß Du so schlecht daran bist. Ich habe doch immer gefragt, ob Du nichts brauchst. Auch sagte mir Adolf heute, daß Du das Zimmer schon vorausbezahlt hast, sonst hätte ich doch gleich etwas geschickt. Karl, glaube mir, es tut sehr weh, wenn man merkt, daß mein Karl in diesem Punkt so fremd mir gegenüber ist. Doch, Du brauchst jetzt nichts mehr darüber zu schreiben, ich schicke es von nun an selbst. Hoffentlich bist Du nicht krank. Sch. hätte Dir doch bestimmt etwas geliehen, Adolf meinte dasselbe. Oder Deine Hausfrau hätte doch bestimmt Dir etwas zu essen gegeben. Wie froh bin ich, wenn Adolf wieder bei Dir ist, da weiß ich Dich wenigstes in guter Hand. Du kleiner Karl! Du bist zu sehr Künstler um im praktischen Leben zurechtzukommen. Doch Du bist schon recht so, ich werde später schon für Dich sorgen. Wegen Donderer sei ganz ruhig, wir sorgen schon dafür, daß er kommen kann, doch von Sch. ist das eine Rücksichtslosigkeit sondergleichen. Adolf hat ihm gestern geschrieben, einen sehr lieben aber entschiedenen Brief. Hoffentlich kam d. Brief auch ordentlich an. In den letzten Tagen habe ich gesehen, wie viel Adolf doch für Dich tut u. wieviel Mühe er sich um alles gibt. Gestern kam Mutter an, es geht ihr gut u. sie sieht sehr gut aus. Ich besuchte sie gleich um nach ihr zu sehen. Natürlich jammerte sie etwas, wie d. Wohnung aussah. Gestern war auch Hilde da, ich habe den Eindruck, daß sie R. ziemlich verhetzt. Hier ist starke Hitze, hoffentlich ist es nicht so schlimm bei Dir. Gehe nur jetzt nicht zum baden, Du bist geschwächt, da ist kaltes Wasser nicht gut. Sorge Du nur, daß Dein Stück gut herauskommt. Noch eine Bitte, schreibe bitte, wenn Du wieder Geld hast eine Karte an Papa, nur Grüße, es wird ihn sehr freuen. Er ist auch ganz außer sich, daß du so schlimme Tage hattest u. kein Wort an mich hierüber geschrieben hast. Von nun an lasse es Dir gut gehen. Bitte, bitte, bitte!! Ich habe noch in Adolfs Namen ein Telegramm geschickt, daß Du nicht heimfährst.
Mein Karl, glaube mir meine Gedanken weilen Stunde für Stunde mit großer Liebe bei Dir, ich freue mich so riesig auf unser Wiedersehen. Sei tausendmal geküßt von Deiner Dich so heißliebenden Elisabeth.
Wen ich nur wüßte wie es um Dich steht!!! Geld geht noch diese Woche ab. Du hast mir einen so wahnsinnigen Schrecken eingejagt. Ich bin noch immer ganz aufgeregt. O, hab doch Vertrauen zu mir!! Auch in diesem Punkt.

  • Date
  • 27 Jul 1933