Karl Amadeus Hartmann schrieb 1955 dem jungen Luigi Nono in dessen kompositorisches Stammbuch:
„Dein Stück soll virtuos, effektvoll, kühn, avantgardistisch, heutig, seherisch sein.“ Dass diese so gar nicht stille (Heraus-) Forderung, die sich bewusstvon jedweder musikalischen Stilistik befreit, den Fokus auf den Gehalt richtet und unmissverständlich eine inhaltliche Öffnung befeuert, zeitlos gültig ist, möge unser erstes Konzert in diesem Jahr auf das Schönste verdeutlichen. So dürfen wir uns auf der einen Seite auf zwei Werke der Komponisten Philipp Mayer (*1995) und Hans-Henning Ginzel (*1988) freuen, die druckfrisch in unserem Auftrag neu entstanden sind.
Auf der anderen Seite laden uns Gloria Coates (*1938) „Night Music“ und „Sonate für Klavier Nr. 2“, sowie Georges Aperghis (*1945) „Rasch“ zu einer erneuten Entdeckungsreise durch das reichhaltige Œuvre dieser beiden kapitalen Komponisten ein. Gloria Coates, die im vergangenen Jahr ihren 80. Geburtstag begehen konnte, gelang mit der Uraufführung ihres „Music on Open Strings“ (Symphonie Nr. 1) beim Warschauer Herbst 1978 der internationale Durchbruch. Es sollte das meist diskutierte Werk des Festivals werden. In einer lange Zeit männerdominierten Musikwelt debütierte sie zwei Jahre später just mit diesem Stück – als erste Komponistin mit einem Orchesterwerk – in der von Hartmann gegründeten Konzertreihe musica viva. Wie sehr Gloria Coates die Forderung Hartmanns assimiliert, offenbart auch ihr Beitrag für Renate Ulms (Hrg.) Buch „Eine Sprache der Gegenwart – musica viva 1945-1995“, in dem sie sich nicht nur explizit auf Hartmanns vieldiskutierten Essay Warum ist Neue Musik so schwer zu hören? (1957) bezog, sondern ihn – „reflektiert und in die Zukunft gedacht“ – auf ihre Weise fortschrieb.
Das ensemble hartmann21 entführt sie auch diesmal instrumental in neue Welten: Werke für Solo-, Duo- und Trio-Besetzung miteinander verschränkend, erwarten sie durch Saxophon, Viola, Klavier und Gongs die unterschiedlichsten klanglichen Valeurs. Das Konzert beschließt ein Gespräch mit Gloria Coates und den beiden Komponisten der uraufzuführenden Werke Philipp Mayer und Hans-Henning Ginzel.
Eine Veranstaltung der © Karl Amadeus Hartmann-Gesellschaft e. V., gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, das Kulturreferat der Landeshauptstadt München, die LfA Förderbank Bayern und den Bezirk Oberbayern.