Riccione, Donnerstag (Brief): KAH in München

Riccione, den 18. 8. 38.

Mein lieber, lieber Karl!
Besten Dank für Deine lb. Briefe, die zwar immer sehr kurz sind. Du hast doch nichts postlagernd geschickt?! Als erstes möchte ich Dir sagen. Gehe doch endlich einmal zum Arzt wegen Deiner Kopfschmerzen und wegen dem Magen. Du darfst das nicht so lange hinziehen. Und dann mache Dir abends immer kalte Umschläge auf die Stirne, das tut doch auch gut. Wenn ich nur bei Dir wäre, ich würde Dich schon pflegen. Es ist ja nicht mehr lange, daß wir uns wiedersehen. Glaube mir, ich habe sehr, sehr Sehnsucht nach Dir.
Mama schrieb gestern, und da sagte sie ich solle froh sein, daß ich schon weg sei, ob sie noch fortkämen wüßte sie nicht. Was soll das heißen? Bitte teile mir mit, was los ist, ich bin so unruhig. Aber die Wahrheit bitte. Soll ich kommen?
Hier geht alles seinen alten Gang. Baden, am Strand liegen, das ist unsere Hauptbeschäftigung. Ich habe ein Freilichtkino entdeckt, da bin ich gestern hineingegangen. Es war aber nichts besonderes. Es ist fein, daß Du die Devisen für die Schweiz schon bekommen hast. Fährst Du nicht gleich hin? Oder erst im Oktober? Hast Du Ansermet geschrieben? Der Brief an Frau Nijinsky ist richtig, nur hast Du etwas wenig betont, daß ich das Buch auch seinetwegen übersetzen möchte. Nun wir werden ja sehen. Bis jetzt bin ich noch ohne Schlafmittel!!
Mein lieber, lieber Karl ich umarme Dich und bleibe mit heißen Küssen immer Deine treue Dir allein gehörende Elisabeth.

  • Jahr
  • 18.08.1938