Winterthur, 19. Okt. 1936.
Meine beste Elisabeth! Liebe Kameradin!
Endlich komme ich dazu, Dir etwas genauer zu schreiben. Am Samstag war Krěnek –
Dr. Reich – Dubs (Zürich) da. Es war hochbetrieb. Die Tage vorher waren sehr anstrengend. Von Krěnek wurde „Karl V. gegeben – klanglich sehr schön – ohne jedes festes Melos. Ich mußte im Orchester – Glocken schlagen. Ich habe mit Krěnek gesprochen wegen Chorwettbewerb. Es war sehr zurückhaltend. – Er muß etwas Neid haben – da ich immer bei Scherchen war. Dr. Reich war sehr nett; – und Dubs – habe ich nicht viel gesprochen (ein richtiger Schweizer). Prof. Frey mit Frau kam von Zürich herüber. Ich habe mich bedankt für die Aufführung meines Quartettes. Was, – ein sehr schönes Programm das ganze Jahr über. Heute Montag ist es wieder ruhiger. Aber Scherchen hat einen kranken Fuß –. Fürchterlich geschwollen – und ganz Blutunterlaufen am Rist. Gestern (Sonntag) und heute liegt er zu Bett. Hoffentlich wird es bald besser. Er hält sich gar nicht. Immer eine Tücke des Schicksals. Heute schrieb ich an Osterc. Scherchen schrieb auch ein paar Zeilen an meinen Brief. Osterc sollte mit allen Mitteln versuchen, daß er mein Stück durchsetzen sollte u.s.w. – eine schöne Ovation für mich. Also – die Angelegenheit Baden-Baden ist von meiner Seite aus erledigt. Paris so ziemlich auch, nur werde ich noch an Gerhard (Barcelona) und Clark (London), schreiben – das mache ich bevor ich wegfahre. Die Angelegenheit „Simpl“ ist sehr schlimm. Mit dem Corso-Theater-Zürich glaube ich nicht daran. Scherchen hofft! Aber ich weiß nicht – es ist fürchterlich schwer – Scherchens Verlag hat 8 Briefe bekommen – Budapest = Jemnitz – dann Mannheim = Redlich, dann London = Buß und Wien = Reich, Paris = da habe ich den Namen vergessen, die alle begeistert sind und mit vollster Anerkennung über „Simpl“ geschrieben haben. Großartige Briefe – überall Bewunderung – Dr. Kreitner hat Scherchen erzählt wie schön der „Simpl“ wäre – aber es ist schwer an ein Theater zu kommen. Scherchen bemüht sich ehrlich darum. Aber es kommt schon. Nur Geduld. Betreff des Chorwerks habe ich mit Krěnek gesprochen – wenn ich [es] eingeschickt habe so schreibe ich an Reich = und Redlich. Gustl Scherchen werde ich von München aus schreiben. Finkes Concertinos für 2 Klaviere gib Weiler –
Nun zum Schluß das wichtigste: –
Ich erwarte Dich am 28. Okt [in Winterthur]. Du fährst am 28. Okt. morgens 812 in München ab. Um ½ 4 h erwartet Dich Sepp, da ich Probe (Generalprobe) habe. Am 29. Okt. Fahren wir beide nach Zürich – und am 30. Okt. (Freitag) fährst Du morgens nach München und bist um 3 h in München. Wegen Geld – Das Fahrgeld weißt Du ja – (wenn Du nicht so viel hast, rufe Hagen an. Solltest Du 10 M mitnehmen – so kein Deutsches Geld – hat gar keinen Zweck nur Schweizer Franken, laß es gleich wechseln. Es gibt keine Widerrede – du mußt unbedingt kommen – wer weiß ob wir noch nach Paris kommen – man kann nichts sagen. Auf alle Fälle kommst Du – unsern kleinen Richard nimmt Tante Maga – oder Frau Rechtsanwalt Dr. –
Meine liebste und beste Elisabeth!
Ich freue mich, wenn wir beisammen sind – es wird schön, doch mir graust es nach hause [zu] fahren – bei Deinen Eltern wieder zu sein – mich ekelts vor dieser Zeit. Komm – komm – komm – komm komm zu mir meine Liebste!!
ich freue mich auf Dein Wiedersehn! Hoffentlich wird meine Hoffnung kein Traum.
Stets bleibe ich Dein aufrichtiger und treuer Karl. Nimm einen festen Kuss von mir.
Winterthur, Montag (Brief) E.H. in München
- Date
- 19 Oct 1936
- Archivalienkategorie
- Briefe