Alassio, Mittwoch (Brief): KAH in München

Alassio, den 19. Mai 1937
Mein inniggeliebter Karl!
Heute habe ich keine Nachricht von Dir bekommen. Hoffentlich geht es Dir gut? Warum schreibst Du mir eigentlich nicht, wann Du dort abgefahren bist.
Ich freue mich nun wirklich sehr auf unser Wiedersehen. Es ist ja hier ganz prachtvoll und ich genieße die Gegend hier von ganzem Herzen, doch wird mir die Trennung von Dir wirklich etwas zu lang. Ich sehne mich unendlich nach Dir. ich weiß nicht, wer schlimmer dran ist, Du oder ich. Du weißt schon was ich meine!! Das wird eine schöne erste Nacht bei uns werden.
Gestern hat wieder die Baderei bei mir aufgehört, das ist aber ganz gut so, dann ist, bis ich bei Dir bin ist alles vorüber. Übrigens ist es diesmal wieder fast 2 Wochen zu spät gekommen, das machte aber sicher die Luftveränderung. Da geht es mir immer so. Das Wetter ist hier herrlich. Ich habe jetzt so ziemlich die ganze Umgebung hier erforscht. Es ist einfach prachtvoll die Riviera. Wo man geht und steht gibt es etwas neues. Am Freitag mache ich noch einen Ausflug nach Mortola, Ventimiglia, Bordighera, Ospedalletti u. San Remo. Ich fahre allein dorthin, denn mit Richard ist es eine zu große Schlepperei. Der spielt lieber Sand. Es fährt da ein Omnibus zu 25 Lire.
Bringe Mama auch etwas Tee, wenn Du nichts dagegen hast, da kannst Du Dich etwas einschmeicheln. Natürlich nicht viel.
Ich lege Dir einige Photos bei. Das ist ein kleines 9jähriges Ungarnmädel, mit der spielt Richard furchtbar gern. Bei der Aufnahme war er verlegen, deshalb streckt er die Zunge heraus. Schicke mir bitte auf jeden Fall die Adresse vom Freunde Deines Vaters in Verona. Ich weiß nicht, ob ich dazukomme ihn zu besuchen, doch immerhin ist es gut, wenn man eventuell zu einem Bekannten gehen kann. Bitte erkundige Dich doch nochmals in der Bank, ob ich bestimmt diese Woche noch mein Geld bekomme. Das wäre schlimm, denn sonst könnte ich ja gar nicht abreisen u. länger bleiben könnte ich auch nicht, da mir dann die 100 M dazu auch nicht reichen würden. Also bitte frage nochmals nach an der Bank und treibe, daß ich sofort das Geld bekomme.
Mein lieber, lieber Karl ich schwelge schon immer in dem Gedanken an unser Wiedersehen. Ich freue mich so riesig darauf. Ich umarme Dich, küsse Dich und bleibe immer Deine treue, Dich heiß liebende Elisabeth.

  • Date
  • 19 May 1937