(falsche Datierung) München, Dienstag (Brief): E.H. in Alassio

München, 4. April. 37.
Heute kam Dein Brief. Vielen Dank meine liebe liebe Elisabeth!
Ich habe gleich nach Berlin telegrafiert, daß ich gute Nachricht von Dir habe. (die Adresse lautet: A. Reussmann Berlin – Hessler-Hotel am Bahnhof Zoo.) Ich schreibe den Brief ab, lass natürlich bestimmte Sätze aus und zeige denselben Deinen Vater und schicke denselben Deiner Mama.
Ich bin so froh, daß es Dir wieder gut geht. Elisabeth ruhe Dich aus, Du darfst nicht vor Ende Mai zurück. Das ist ganz ausgeschlossen. Sollte Resi mit Bubi raufkommen – so bleibst Du allein noch unten. Du mußt Dich richtig erholen. Ich bin so froh, daß es Dir so gut gefällt. Essen! Essen! Ich finde das Essen, wie Du es schriebst nicht sehr italienisch! Gehe mal in „Eden-Hotel“ und iss mal dort. mich würde es sehr interes[s]ieren. Esse mehr Spaghetti und Huhn – und alles andere spezielle italienische. Wein!!
Ich war am Samstag und Sonntag mit Stefi und Genossen fort (mit dem Auto ((Adolf und ich würden mit dem Auto mitgenommen))). Ich hab’ aber wieder genug mit der Gesellschaft. Es war wohl lustig, doch ein zweitesmal hab’ ich keine Lust mehr. Es war wohl billig, aber das ist nichts für uns. Nun ja, Du weißt ja mein Lieb, ich muß alles zuerst erleben – richtig erleben – dann ist es wieder aus. Gestern Montag war ich in der Früh bei Deinem Vater dann war ich zu hause – abends traf ich Satzinger und Adolf bis 9 h (von 7 h – 9 h) um ½10 war ich wieder zu hause. Wie ich bei Deinem Vater war, erzählte er mir, daß Frau Dr. Kleine da war und erzählte ihm was für große Erfolge ihr Mann in Berlin hat und wie viel Geld er verdiente und wie fleißig und arbeitsam ihr Mann ist. Immer wieder fing Vater an zu erzählen wieviel Geld – wie fleißig – wie große Erfolge ihr Mann hat – ja sie ziehen jetzt für ständig nach Berlin – Frau Kleine erzählte auch wie andere Komponisten in Berlin (z. B. Kreuder) Geld verdienen – der langen Rede – kurzer Sinn ist, sie wollte hetzen als Antwort des Briefes von uns, bei Vater, und siehe da sie fand ein gutes Opfer – ich gehe die Woche nicht mehr zu Vater, erst wenn Deine Mama wieder da ist. Mit Deiner Mama kann man sich viel besser unterhalten.
Dein Vater hat jetzt die Nase voll – Geld verdienen. Weißt Du mein Lieb die Kleine ist schon eine Matz, ein richtiges Dreckmensch! Schreibe Du nicht an Vater ich übergehe die Angelegenheit vollständig. Schau nur zu, daß Du mir gesund wirst, ich brauche Dich notwendig. Post ist nicht gekommen. An Tautenhahn kannst Du jetzt schreiben. Redlich fährt am Sonntag den 9. Mai nach Wien. (((((ich bin auf den 9. Mai neugierig))))) kommt wieder am 15. Juni zurück und fährt mit Familie nach Italien (Gardasee). Sonst passiert nichts, heute Dienstag bin ich den ganzen Tag zu hause. Ich habe an Deine Mama telegraphiert – Dein Vater ist bis Mittwoch nachmittag verreist (seit Montag mittag). Schreibe Deiner Mama! Dein Vater macht ein Gesicht – nun ja wie immer! Grässlich! Adolf sagt, daß das Freilichtkino: Moulin Rouge (rote Mühle) heißt.
Meine liebe Elisabeth, werde mir nur gesund. Ich freue mich von ganzem Herzen und wirklich aufrichtig, daß es Dir so gut gefällt. Komm mein Lieb ich küsse Dich fest und ich bleibe stets Dein aufrichtiger und treuer Krl.
Gib Bubi ein Küsschen von mir.

  • Date
  • 4 May 1937