München, (Brief) KAH in Straßburg

Mein geliebter Karl!
Schwer ist es, dich noch einmal fünf Tage länger entbehren zu müssen, ich habe mich so sehr auf den Donnerstag gefreut. Doch glaube nicht, daß ich Dir böse bin. Nein, ich sehe vollständig ein, dass Du die Gelegenheit benutzen mußtest, in das Innere Frankreichs etwas hineinzukommen und ich bin ja so froh für Dich, wenn Du schönes zu sehen bekommst. Ich finde das reizend von Scherchen, daß er euch da eingeladen hat. Genieße nur, soviel Du kannst. Auch ist es gut, wenn Du mit den anderen noch etwas beisammen bleibst. Nur – natürlich war es eine kleine Enttäuschung im letzten Augenblick zu erfahren, daß Du 5 Tage später kommst. Doch Du hast vollständig recht. – Die Kritiker scheinen überall gleich zu sein. Doch mein Karl, laß Dich nicht beirren, geh Deinen Weg ruhig weiter, wie Du ihn jetzt angefangen hast und Du kommst zum Ziel. Bei den Künstlern hattest Du Erfolg und das ist die Hauptsache. Ich bin so fest überzeugt, daß Du etwas erreichen wirst, daß ich keine Minute daran zweifle. Ich fühle das genau. Hier in Deutschland wird es für Dich ein ruhiges, schönes Schaffen geben. Mein Karl, ich glaube es ist am besten Du fährst Montag 905 h in Str. ab und kommst 1726 h hier an. Bitte komme nicht später, wenn es möglich ist. Das wird der beste Zug sein. Hoffentlich passiert auf dem Ausflug nichts ich habe immer angst und hoffentlich erreicht Dich der Brief noch. Was ist übrigens mit Adolf? Ich habe keine Ahnung, ob er mit Dir fährt.
Nun mein Karl, ich freu mich auf den Montag, Du kannst Dir nicht vorstellen wie. Sei innigst geküßt u. umarmt, auf frohes Wiedersehen und ich bleibe immer Deine Dich heißliebende Elisabeth.
Ich bin ja gespannt, wie Du gesundheitlich dran bist.

  • Jahr
  • Mitte August 1933