Meine liebe Elisabeth.
Bist du mir wirklich böse. Ja – ! das wäre traurig. Ich glaube vielmehr, Du bist zu ängstlich für mich. Mein Lieb. Glaube mir: ich bin gesund, ich bin nicht überarbeitet: aber ich [bin] nur – verrückt nach Dir. Elisabeth. Nimm mir’s nicht übel – doch ich muß morgens 8 – 11 h arbeiten. Letzte Tage war ein Krach, 3 Herren sind abgefahren – mein Stück war gefährdet. Doch jetzt hat sich alles gelegt. Tautenhahn muß sofort zu Scherchen. (Du wirst wohl wissen, daß Tautenhahn fristlos entlassen worden ist.) Mir tut Tautenhahn sehr leid. Mir ist’s ein großer Schaden, doch ich habe mit Scherchen darüber gesprochen, er wird tun – was er kann. Ich habe heute ein Telegramm an Tautenhahn abgeschickt. Also – Du siehst, es kommen immer neue Einwände und Hindernisse.
Mein Trompeten-Konzert wird sehr wahrscheinlich in Brüssel aufgeführt. Heute spreche ich noch mit Haba wegen Prag und mit Prof. Frey wegen Basel oder Zürich. Vieles ist nicht zum schreiben – darüber spricht sich besser. In 14 Tagen bin ich wieder bei Dir, ich freue mich das kannst Du dir denken. Mein Lieb!!! Oh wie freue ich mich! Du –
Jetzt habe ich Probe!!
So, diese Probe wäre vorbei! Hoffentlich kommt Tautenhahn bald. Er wird Freitag, Samstag hier erwartet. Die „Musikalische Situation“ ist überall gleich. Alle jammern. Viele aber ohne Grund. Nun ja – das kann man nur Erzählen. Mein Lieb. Ich freue mich riesig auf unser Wiedersehn, da ich sehe, daß ich allein bleibe. Du und Adolf kommen wahrscheinlich nicht. Leider! Morgen muß ich auf das Consulat – Paßverlängerung – für 10 Tage. Wie geht es eigentlich bei Euch zu hause. Was macht Deine Mutter – ist sie ruhig. Für heute küsse ich Dich bleibe Dein treuer Karl.
Telegramm: ich bin sehr erschrocken, mein Lieb! mehr übers Telegramm als über den Inhalt. Ich dachte es wäre jemand krank – von Euch allen in München meine Lieben. Ach bin ich froh, daß nichts von Krankheit darin stand.
Nun mit Donderer? Saudumm Scherchen sagt: das Konzert muß steigen! und ich bin schwer dahinter her. Wie, weiß ich noch nicht. Heute habe ich meine wichtigsten Daten und meine wichtigsten Werke angegeben für eine kleine Biographie, die vor der Aufführung meines Werkes im Rundfunk vorgetragen wird. Also eine großartige Reklame, es werden nur 4 Konzerte übertragen. Und nun soll mein Konzert ausfallen. Nein – Nein – Nein. Liebe Elisabeth sei ruhig, gehe zur Mutter und sage, daß alles gemacht wird. Du kannst Dir denken, wie ich jetzt arbeite. Tautenhahn hat ein blödes Telegramm an Scherchen gesandt. Ein dummer Bub. Er telegraphierte: Klarinette in Reperatur [sic] – Brief folgt. Man glaubt, man arbeitet mit Kindern. Mein Konzert muß steigen! und wenn ich –
Elisabeth! bleib mir nur gesund. Dann bin ich auch glücklich und nur dann erreichen wir das Ziel. Komm! ich umarme Dich mein Lieb. Komm! ich küsse Dich und mit heißem Verlangen sehne ich mich nach Dir. Grüße Vater und die meinen alle herzlichst.
Lebe wohl! bleib gesund und froh ich denke jede Minute an Dich – oh mein Lieb
In unserer festen Liebe küsse ich Dich mein liebe Elisabeth Dein Karl.
Bringe Mutter auch ein Programm
(P) Straßburg, Freitag (Brief [Briefpapier und Umschlag: „Conservatoire de Musique“] mit Umschlag): E.R. in München (K: 23)
- Date
- 4 Aug 1933
- Archivalienkategorie
- Briefe