Arnshausen (Brief): KAH in Junkersdorf

Mein Karl!
Tausend Dank für Deinen lieben Brief aus Bamberg. Du kannst Dir meine Freude über jeden Deiner Briefe nicht vorstellen, jedes Wort ist mir so lieb und immer und immer wieder muß ich ihn lesen. Du hast so unendlich viel Liebe und Verständnis für mich, wie ich es von niemandem gewöhnt bin. Ich will mich aber damit nicht beklagen über meine Mutter. Meine Gedanken sind jetzt nur mehr bei Dir und ich lebe nur für Dich und versuche Dir einigermaßen gleichzukommen. Welches Glück ist es doch, daß wir uns gefunden haben und wie selbstverständlich nimmt man es manchmal hin. Oft denke ich, Mädchen die ihr Brot selbst verdienen müssen sind doch viel höher zu schätzen, während ich daheim sitze und nichts tue. Jetzt seitdem ich Dich habe, kann ich mich im Leben wenigstens darin verdienstlich machen, indem ich versuche einen Menschen glücklich zu machen und in seinen schweren Sorgen u. dem schweren Lebenskampf zu unterstützen. „O Karl, wie glücklich machst Du mich“, das ist das einzige was ich immer nur sagen kann. Gebe Gott, daß Du dasselbe kannst. Es geht mir schon wieder ganz gut, also bitte, keine Angst. Unsere arme Rieke muß morgen oder übermorgen totgemacht werden. Wir sind alles sehr traurig darüber, meine Tante weint viel. Voraussichtlich fahre ich nächsten Sonntag heim. O, Gott, jetzt beginnt wieder meine Angst um Dich, wenn Du nach München kommst, bis jetzt war ich doch ziemlich sicher, daß Dir nichts passieren konnte. Aber glaube mir, es liegt ganz an Dir, ob Du überall gut durchkommst, also handle danach.
Geliebter Karl, lebe jetzt recht wohl, bis wir uns wiedersehen, müssen wir von der Erinnerung an die schönen Stunden, die wir zusammen genießen durften, leben. Ich umarme und küsse Dich in heißer Liebe Deine Elisabeth

  • Jahr
  • Nach dem 16. Juli 1932