München, Montag (Brief) KAH in der Schweiz

d. 27. 10. 38.

Mein lieber, lieber Karl!
Mit gleicher Post gehen die Kritikenauszüge ab. Gestern habe ich das „Simpl“ Textbuch eingeschrieben abgeschickt.
Mit Scherchen dachte ich mir gleich, daß es nicht lange anhalten wird. Deswegen darfst du aber nicht gleich sagen „nun ist es aus“. Nun folge einmal unbedingt meinem Rat. Nachdem man sich mit ihm nicht unterhalten kann, so schreibe ihm einmal einen Brief, sorge aber dafür, daß ihn sein sauberer Freund nicht abschnappen kann. Schreibe ihm sehr höflich, aber nicht überschwänglich, ob du ihm denn lästig bist, dann würdest Du ihn natürlich nie mehr belästigen. Nach seiner Handlungsweise Dir gegenüber müßtest Du das schließen. Wenn es so wäre, würde es Dir sehr leid und weh tun, denn Du wirst ihn immer verehren und ihm stets die Stange halten. Mache es mal so, das ist bestimmt der beste Weg. Auch erwähne noch, daß Du den Eindruck hast, daß Dich jemand gewaltsam von ihm zurück hält. Schicke den Brief eventuell nach Neuchâtel. Auf jeden Fall, laße nicht alles fallen und laß Dich in diesem Punkt von keinem anderen Menschen beeinflußen. Glaube mir doch.
Heute kam wieder eine Karte aus Berlin. Der Verlag will dringend Dein Streichquartett. Was soll ich antworten? Teile mir das bald mit.
Mit See fertige ich nun ein Kapitel „Die Pariser Saison“ her, das dann dem Verlag vorgelegt wird. Erst dann entscheidet sich alles weitere. Er hat erfahren, daß man meistens eine feste Summe für Übersetzungen bekommt. Über 600 Seiten gegen 1000 M. Es sind 670 Seiten. Es macht ihm jetzt scheinbar auch Spaß.
Sonst gibt es nichts neues. Richardi ist munter und wohlauf. Er sagt manchmal, er will zum Papa in die Schweiz fahren. Ich habe mich neulich sehr gefreut, nach dem ersten Schreiben, Deine Stimme zu hören.
Mein lieber, lieber Karl, laß es Dir gut gehen u. bleibe mir gesund. Ich brauche Dich ja so notwendig. Sei innigst geküßt von Deiner immer treuen Elisabeth.
Beantworte mir meine Fragen und mache es mit Hermann so, wie ich Dir riet. Gebe eventuell den Brief im Hotel selbst ab. Höflich schreiben aber bestimmt.

  • Date
  • 27 Oct 1938