Riccione, Donnerstag (Brief): KAH in München d. 11. 8. 38

Mein innig geliebter Karl!
Wie geht es dir? Ich denke so viel an dich und gestern am Tage unserer Ankunft wollte ich schon wieder bei dir sein. Schreibe mir viel, ich muß wissen, was Du immer treibst und daß Du gesund bist. Nun muß ich Dir einiges schreiben, wie es hier ist. Die Fahrt verlief gut. Nur hatte in Kufstein ein Wagen, der der ital. Jugend gehörte einen Achsenbruch und die kamen nun alle in unseren Wagen in die 3. Klasse. Das störte aber weiter nicht, wie konnten bis ½ 9 h früh in unserem Coupée allein bleiben und liegen. In Verona kamen Leute, darunter einer, der sicher schwer lungenkrank war, der sich nicht allein aufrecht halten konnte und da gingen wir in das Abteil nebenan, natürlich hatten wir da keine Fensterplätze mehr. Am Schluß war die Fahrt sehr heiß, der Zug hatte 1 Std. Verspätung. Das Hotel hier ist sehr teuer und dann bekamen wir nicht einmal 2 Zimmer, erst in den nächsten Tagen. Weil es so teuer ist ging ich gleich auf Suche nach einem anderen und nach langem rennen hatte ich endlich eines gefunden, das mir zugesagt hätte. Nun läßt mich aber dieses Hotel nicht gehen, außer ich zahle 5 Tage die Pension, weil es vorausbestellt war. Das geht nun natürlich nicht. Ich muß jetzt 14 Tage hier bleiben, den[n] sonst kostet es noch mehr als 55 Lire pro Tag. Aber nach 2 Wochen werde ich mir für die weiteren 8 – 10 Tage etwas anderes suchen. Das Essen ist ja ausgezeichnet, aber sonst habe ich mich schon über das Hotel geärgert. Natürlich ruhe ich jetzt nicht, ehe ich nicht die 2 Zimmer habe, wenn ich schon so viel bezahlen muß. Gestern Abend war noch ein Gewitter, heute herrlicher Sonnenschein. Die Gegend ist schön, aber Alassio war mir lieber, auch war dort d. Vegetation viel südländischer. Der Strand ist viel, viel größer u. schöner, wie in Alassio, Richardi hat heute schon fest gebadet u. Sand gespielt, das Wetter ist sehr warm. Im übrigen wissen die Leute hier alle, was sie verlangen müssen, es ist natürlich Hochsaison. Vor unserem Zimmer ist eine Terrasse, die sehr schön ist. Jetzt habe ich Dir aber alles sehr, sehr ausführlich geschrieben. In der Stadt laufen sie hier alle im Strand- oder Badeanzug herum. Da könnte sich Papas Mutter wieder entsetzen.
Teile mir bitte bald mit, wie es Fritz geht u. welche Nachricht er gebracht hat. Laß es Dir nur recht gut gehen und überanstrenge Dich jetzt nicht mit Deiner Arbeit. Für heute lebe recht wohl, ich küsse Dich innig und bleibe immer und stets
Deine treue Dich heißliebende Elisabeth.
Vergiß bitte nicht an Nijinskys Frau zu schreiben.

  • Jahr
  • 11.08.1938